Die Deutsche Bahn hat am 08.12.121 ihre Serviceseite auf Facebook gestartet: DB Bahn. Parallel ging die Deutsche Bahn Konzern Facebookseite an den Start, die abseits von serviceorientierten Themen Informationen rund um Beschäftigungs- und allgemeinen Bahnergeschichten bietet. Hierzu war ich kurz vor dem Start mit den drei Hauptverantwortlichen des Projekts zusammen mit einigen anderen Bloggern eingeladen (Disclosure: meine Reise nach Berlin wurde mir bezahlt) und konnte mir selbst ein klitzekleines Bild machen.
Nur um mal einige wenige Reaktionen über die Bahnseite zu verlinken:
– André Vatter: Auf ein wirklich Neues – die Deutsche Bahn auf Facebook
– Marcel Wenger beschwert sich über gelöschte Beiträge: Die Bahn traut sich noch einmal – Neuer Facebook-Channel online
– Internetworld listet einige beliebige Kommentare zum Start
Da seit dem Start etwas Zeit ins Land vergangen ist, hatte ich die Bahn um ein Zwischenresümee gebeten, das von Svea Raßmuss stammt (Teamleiterin Social Media Management, die beruflich zuvor bei eBay und den VZ Netzen sozusagen im Community Management ihre Eliteausbildung auch in Stahlnervencoolness genossen hat):
Wir sind von den ersten Tagen positiv überrascht. Die Kunden haben die DB Bahn Seite gut angenommen. Nicht erwartet haben wir den doch erheblichen Fanzuwachs, da jeder Facebook-User auch ohne Fan-Sein auf der Unternehmensseite agieren kann. Es gab wie erwartet kritische Äußerungen zum Fahrplanwechsel und der Preiserhöhung. Dabei war es wichtig, die Kritik auf- und anzunehmen und in vielen Fällen auch Helfer zu sein. Sehr positiv überrascht sind wir, dass das „User hilft-User-Prinzip“ von Anfang an auf der Seite stattgefunden hat und anhält.
Die Kommunikation auf der Pinnwand bildet sehr gut ab, wie kontrovers die Bahn wahrgenommen und erlebt wird. Die Menschen sagen sowohl, was sie ärgert als auch was ihnen gefällt – auch wenn es in manchen Fällen sehr allgemein ausfällt. Vereinzelt ist uns vorgeworfen worden, dass wir einzelne Beiträge löschen würden, was wir aber im direkten Dialog aufklären konnten. Auffällig war dabei, dass viele gerne ins gleiche Horn stoßen, wenn die Behauptung einmal im Raum stand. Nicht ganz nachvollziehbar ist uns dabei die automatische Sortierung der Postings und Kommentare in „verborgene Beiträge“, also quasi den Spamfilter der Fanpage. Die Logik, die FB dort anlegt, ist nicht verständlich. Viele „normale“ Beiträge verschwinden dort drin, obwohl keine Links oder Spam enthalten sind. Das bedeutet erhöhte Aufmerksamkeit beim Team.
Die tägliche Arbeit ist nun, ein gutes Community Management und ein gutes Serviceangebot im Kundendialog anzubieten.
Ok, die „tägliche Arbeit ist nun, ein gutes Community Management und ein gutes Serviceangebot im Kundendialog anzubieten„. Wie schaut denn das auf Facebook in der Praxis aus, grau ist alle Theorie? „Packen“ die das? Ich persönlich hatte vom Projektteam einen sehr guten und professionellen Eindruck, es waren keine Amateure noch Laberfritzen, die uns ihr Projekt vorgestellt hatten. Das merkst Du schon nach wenigen Minuten Small Talk. Und was ist schon wichtiger als die agierenden Personen? Der Projektleiter hat Rückgrat, die Communitymanagerin eine großen Erfahrungsschatz und der IT Leiter dahinter ist ein pfiffiger, „alter“ Bahner mit allen Wassern gewaschen. Reichen gar telefonbuchdicke Prozesshandbücher, die man im Rahmen des Bahnprojekts auf die Beine gestellt hatte, für einen endgültigen Gütesiegelstempel aus? Solche Handbücher kannst Du als Indikator für die Sorgfalt bei den Projektplanungen nehmen, nicht aber als Beweis, das die Praxis übersteht. Obgleich ich einige Unternehmen kenne, die sich gerade für solche Prozesswerke die Finger abschlecken würden:)
Also, wie schaut das in der Praxis aus? Handelt es sich um tausende von Serviceanfragen pro Tag? Wie schnell wird reagiert?
Vergleichen wir hierzu folgende Servicepages auf Facebook:
Telekom Hilft, DELL Privatanwender Deutschland und DB Bahn. Nein, ich werde nicht exakte Responsetimes, Häufigkeiten und Anfragetypen auflisten, da ich das für diesen Zweck nicht benötige.
Telekom Hilft:
– 27.705 Liker
– „Betriebszeit“: MO – SA 08-20 Uhr
– Teamgröße: 32
– 50 Einträge: Ab Sonntag 18 Uhr bis Montag 09:15 Uhr
– Die Telekom beantwortet Anfragen innerhalb von 60 Minuten, habe wenige Ausreißer gesehen. Es werden auch Anfragen außerhalb der Betriebszeit beantwortet, nachträglich am Folgetag natürlich
– Sehr auffällig ist, dass sich die User untereinander helfen! Das fiel mir gestern – am Sonntag – auf, da an diesem Tag auf Facebook die Telekom keine Serviceanfragen beantwortet
– Tatsächlich gibt es immer wieder Kunden, die sich bei der Telekom für ihre Hilfe bedanken
– Insgesamt scheint das Telekom-Angebot gerne angenommen zu werden
Deutsche Bahn
– 75.517 Liker
– Betriebszeit: MO-FR 6-22 Uhr, SA-SO 10-22 Uhr
– Teamgröße: 13
– 50 Einträge: ab Samstag 19:34 Uhr bis Montag 09:30 Uhr
– Auch die Bahner beantworten die Anfragen zügig, kaum Ausreißer. Anfragen außerhalb der Betriebszeit werden nachträglich beantwortet. Allgemeine Befindlichkeitsmeldungen werden nicht beantwortet (Beispiel), solange sie nichts Stichhaltig-Konkretes bieten. Sprich, reine Meinungen werden stehen gelassen, keine Serviceantworten
– Auffallend ist, dass bereits in der Frühphase des jungen Projekts die User untereinander Hilfe und moralische Unterstützung leisten. Offensichtlich wird die Seite als Social Place akzeptiert
DELL
DELL gilt als die Referenzklasse für zahlreiche Unternehmen weltweit, wie man es schafft, sozusagen via Internet Kundendialog, Kundenfeedback, Kundenideen- und Meinungen mit dem gesamten Unternehmen zu verbinden. In Deutschland auch? Die Facebook-Seite von DELL ist ein Paradebeispiel dafür, was es ausmacht, wenn man mit sich mit Manpower und großer Sorgfalt an ein Serviceangebot heranmacht. Die Deutsche Bahn und Deutsche Telekom sind hierbei Referenzklasse, nicht etwa DELL Deutschland. „DELL Privatanwender Deutschland“ darf man ruhig im Mittelfeld der Facebook Serviceseiten platzieren. Das betrifft sowohl den schludrigen Aufbau der Seite, fehlende Hilfehinweise, schlechte Antwortzeiten aber auch Kleinigkeiten wie die mir unbekannte, da nicht angegebene Teamgröße (ebenso wenig wie unbekannte Servicezeiten). Und, man hilft sich mit einem Link zu der englischsprachigen FB-Page, die wiederum ein ganz anderes Bild abliefert. Deutsche Kunden auf englische Supportlinks zu verweisen zeugt nicht gerade von „hey, wir haben Budget, lass es uns ordentlich machen“. In Deutschland hat wohl DELL die heiße Facebook-Service-Nadel herausgeholt.
P.S. An alle Serviceagenten in Deutschland, Ihr habt mein Beileid. Was ich bei dem Sichten von Useranfragen auf Facebookpages nebenbei gesehen hatte, übersteigt meine persönliche Freundlichkeitsbereitschaft mit links.
19.12.2011 um 11:22 Uhr
Danke für Dein persönliches Mitleid. Als Community Manager hat man’s nicht immer leicht, aber schön, dass man damit nicht alleine ist.
19.12.2011 um 11:47 Uhr
Trost :) You never walk älone…
19.12.2011 um 11:56 Uhr
„Wir sind von den ersten Tagen positiv überrascht. Die Kunden haben die DB Bahn Seite gut angenommen.“ Wenn man sich selbst ein gutes Zeugnis ausstellt, erscheint mir das sehr PR-lastig. Fakt ist: Kommentare wurden gelöscht. Sprachlich ist noch viel Potential nach oben da. Und der Auftritt erscheint wie eine klassische Kommunikationsmassnahme. Man versucht schnell die Anfragen/Probleme in Richtung Emailverkehr zu drücken. Das sieht dann keiner mehr, wenn die Ergebnisse und Lösung für den Kunden unbefriedigt enden. Alles selbst erlebt… Ist das dann Social Media?
19.12.2011 um 12:05 Uhr
kein Ahnung, was „Social Media“ ist, da mich das nicht juckt.
Ich habe nur verstanden, dass es ein weiterer Servicekanal ist, nicht mehr und nicht weniger, so wie Telefon, Mail, Fax, Mobile etcpp / Viel mehr sehe ich nicht dahinter. Als reine Kommunikationsmaßnahme wäre die Bahn schön dumm, eine Facebook Serviceseite aufzutun. Dafür reicht die FB Page DB Bahn Konzern vollauf. Selbstverständlich meine Meinung, als Kontrast zu Deiner.
19.12.2011 um 12:15 Uhr
Den feinen Unterschied zu erkennen, diverse Massnahmen zu trennen, ist die Herausforderung. In meinen Augen… Anyway. Wünschen wir ihnen, dass diese Servicekonzept funktioniert. Ich bezweifel es.
19.12.2011 um 16:08 Uhr
Für mich als „Customer Service-Menschen“, der versucht Customer Service für Fachverlage auch im Social Web zu etablieren, sind die Serviceseiten der Telekom und der Bahn ohne jede Ironie Referenzseiten, wie ich mir (den Beginn vom) Kundenservice im Social Web vorstelle.
Ich bin sehr oft auf diesen Seiten, um Kommunikationsabläufe mitzulesen. Ich lerne am lebenden Objekt, so wie wahrscheinlich alle Community Manager am lebenden Objekt lernen. Es ist ein weiterer Kommunikationskanal, den sie dort etablieren. Die Leute dort machen einen tollen Job. Und das sie mitunter Fehler machen bzw. „Sprachlich ist noch viel Potential nach oben da“ ist, halte ich für vollkommen normal.
Achso: Nein, ich bin weder Mitarbeiter,Fan oder sonstwas beider Unternehmen.