Am 23.06. hatte ich einen Artikel mit der Überschrift „Politische Kopftuchträgerschaft“ verfasst. Es ging um das islamophobe Blog „Politically Incorrect“. Einen Monat später, am 22. Juli 2011 hatte Anders Behring Breivik 77 Menschen womöglich aufgrund einer fatalen, ideologischen Haltung ermordet. Soweit uns bisher bekannt ist, war Anders kein Freund einer multikulturellen Gesellschaft, allen voran gegen die Kultur des Islams.

Im o.g. Blog-Beitrag hatte ich mich gefragt, welche Rolle das Blog spielt, ob es eine gewisse organisierte-politische Kraft entfaltet oder nicht.

Interessant zu sehen, dass sich aus einem Blog heraus eine Art von politischer Minimalkraft entfaltet. Angst ist ein großer Instinkt und starker Anrtieb. Die Klammer des PI-Blogs. Das ändert sich nicht. Tja, was soll es nun werden? Soll dieses Blog wieder vom Radar verschwinden? Soll man auf die Justiz vertrauen, die sich das bis zu einem gewissen Punkt anschaut, so dass die PI-Ängstlichen kein Unheil anrichten? Oder muss man sich keine Sorgen machen, da es eben Teile in der Gesellschaft gibt, die immer schon vor Veränderungen jeglicher Art, besonders kultureller richtiggehend Angst haben und hatten? Weil dieser Teil der Gesellschaft einen minderheitlichen Anteil ausmacht, ist er nicht relevant?

Dieses unwohle Bauchgefühl und die offen gebliebenen Fragen sehe ich natürlich mit dem Hintergrund des norwegischen Szenarios nun doch etwas anders. Hatte ich soweit gedacht, dass sich Menschen derart mental verrennen können, um eine solch exzessive Tat auszuführen? Diese Fantasie brachte ich nicht auf. Mein Bauchgefühl ging mehr in eine diffuse Gefühlsrichtung „Bevor etwas Schlimmeres passiert“. Das hat sich nun erledigt, auf schreckliche Art und Weise.

Die Mordlust des einen politischen Kopftuchträgers ist mit Sicherheit nicht auf alle Individuen übertragbar, die man im weitesten Sinne als Anhänger islamophober Ideen – u.a. über Blogs wie PI ausgeprägt – bezeichnen kann. Schnell fällt der Begriff „Nährboden“, aber auch „Mentorenschaft“, im Sinne einer Ursache-Wirkung Diskussion.

Und das ist nicht einmal so schlecht, denn natürlich haben sich manche Leser kommentierend auf PI zu Wort gemeldet. Die Tat habe der Sache auf lange Zeit geschadet, so der Wortsinn. Islamophobe werden nun vorsichtiger agieren? Extremistische Szenarien eher ablehnen denn zuvor? Ich weiß es nicht. Das ist in meinen Augen weniger relevant. Relevant ist, dass islamophobe Kopftuchträger von nun an mit dem Makel der potentiellen Mordlust behaftet sind, ob sie es wollen oder nicht. Sprich, die Abwehrkraft gegen diese ideologische Strömung hat sich potenziert. Und ich bin nicht traurig darüber.

Unbeantwortet bleibt das Thema Angst. Warum haben Menschen Angst vor Menschen, die man als anders empfindet? Weil das Menschenbild per se als negativ empfunden wird? Oder ist das mangelnde Abstraktions- und Differenzierungsvermögen von Ängstlichen die Ursache? Auffallend ist – verfolgt man die Argumentationsmuster der Islamophoben – eine eklatant auffallende Schwarz-Weiß Neigung, sich die Welt zu erklären und zu malen. Als ob man mit komplexen Problemstellungen überlastet sei oder nie gelernt hat, ausgewogen zu analysieren und zu denken.

Unsere Antwort auf Gewalt ist noch mehr Demokratie, noch mehr Menschlichkeit, aber nicht noch mehr Naivität

Diese Antwort Stoltenbergs, amtierender Regierungschef Norwegens, ist in meinen Augen die richtige Antwort. Ob es die Lösung ist, Angstgräben zu überwinden?