die Welt hat die Donnerstags-Ausgabe (01.07.2010) der Welt Kompakt zusammen mit „20 Bloggern, Wikipedianern, Amazon-Rezensenten, Facebook Entertainern, Qypern und Twitterern“ erstellt. Auf der Projektseite „Scroll Edition“ kann man sich ein Bild von der Aktion machen. Wenn Ihr auf der Startseite ganz nach unten scrollt, findet Ihr das „Special Team“ im Einzelnen vorgestellt. Und Ihr findet einige Videos zu dem Produktionstag.
Was war das Ziel bzw. die Idee dieser Sonderaktion? Die Welt schreibt:
Die WELT KOMPAKT will es wissen, und überlässt in einem mutigen Experiment zwanzig ambitionierten Bloggern, Wikipedianern, Amazon-Rezensenten, Facebook Entertainern, Qypern und Twitterern ihre Redaktion – inklusive der Verantwortung für die redaktionellen Inhalte einer regulären Ausgabe der WELT KOMPAKT. Einen Tag lang werden die Grenzen zwischen Online und Offline, Objektivität und Subjektivität, Journalisten-Ethos und freier Meinungsäußerung kurzerhand aufgehoben.
Soweit zur Idee und dem eigentlich Produktionstag.
Wie kam nun die Ausgabe an, wie empfanden es die Verantwortlichen der Welt Kompakt, wie empfanden es die Netz-Mitmachenden, wie die Leser der Welt Kompakt, was sagen die Netzpublizisten zu dem Ausgang des Projekts?
1. Auf der Facebook-Seite „Weltkompakt“ finden sich Stimmen zu der Ausgabe.
2. Auf dem Zeit-Blog findet Ihr eine Blog-Schau.
3. Frank Schmiechen / Welt Kompakt resümiert es seitens des Ideengebers: Blogger sind auch nur Menschen. Er schließt leider etwas taktlos aber auch mutlos das Resümee mit folgendem Satz: Heute erscheint WELT KOMPAKT wieder in bewährter Form. Die meisten von Ihnen werden erleichtert sein. Wir sind es auch. Lieber Frank, ich verstehe Dein Resümee nur zu gut, das Wagnis, das Ihr eingegangen seid, aber wenn Du so erleichtert bist, hättest Du gar nicht erst das Projekt vertreten dürfen. Dass Ihr Bammel hattet, Stress, Probleme, einen guten Schuss Kontrolle ins Projekt eingebracht habt, versteht sich von selbst. Ihr habt etwas gewagt, was ich Euch hoch anrechne, ein grandioses Experiment. Ich an Deiner Stelle würde dazu stehen, statt als Gastgeber Deine Gäste und die grundsätzliche Idee so zu verraten. Diese Inkonsequenz Deiner Aussage erschüttert meinen Glauben an Dich, ich habe Dich anders kennen gelernt. Wo ist der Blick nach vorne? Wo ist das Gefühl für Chancen geblieben? Schließt man mit diesen Angsthasen-Sätzen? Zeitungsmachern von heute scheint der Mut ihrer Pionier-Vorfahren abzugehen. Schade, mit der Einstellung kann man eine Zeitung nicht ins 21. Jahrhundert führen.
Meine Forderung an Euch:
Ich erhoffe mir von Dir und Deinen Chefes nicht nur dieses vorsichtige Quäntchen an Resümee, ich erhoffe mir ein offenes Feedback, eine Einladung zur Diskussion mit den Teilnehmern des Projekts, Euren Lesern und den Netzbewohnern. Ihr habt die Tür aufgemacht, einfach so zumachen werdet Ihr diese Tür nicht können. Ich möchte von Euch wissen, was Ihr aus dem Projekt gelernt habt, lernen möchtet, wie die Parameter zu justieren sind, ob es weitere Experimente geben wird. Und, ich erwarte, dass Ihr eine kostenlose Ausgabe als PDF zur Verfügung stellt.
Update: Franks Antwort
4. Auf dem Boschblog und dem Lumma Blog finden sich meiner Meinung nach die Key-Findings.
No. 1:
„Was für mich an diesem Tag etwas enttäuschend war, ist die Tatsache, dass der größte Teil der Ausgabe für den 1.7. bereits feststand.“ (Bosch)
No. 2:
„Ich hätte die Blogger allerdings nicht zum freien Riemenschreiben animiert, sondern unter Zeitdruck zu einem Thema recherchieren lassen, das wäre bestimmt interessant geworden.“ (Lumma)
Dieses Projekt schreit nach einer Fortsetzung. Angsthasen-Redakteure haben weder eine Zukunft noch stellt sich ihnen diese Aufgabe. Vordenkern und Mutigen ist diese Aufgabe vorbehalten. Den Anfang in dieser Tragweite haben die Macher der Welt Kompakt gemacht. Wer setzt es fort?
Es führt kein Weg für die Zeitungsmacher (online und offline) daran vorbei, sich Gedanken zu machen, wie man die Demokratisierungs-Trends durch das Aufkommen des Internets in die Prozesse der Newsgenerierung mit einbezieht. Gleichzeitig eröffnen sich über die Kollaborationspotentiale der jungen Kommunikationstechnik Internet völlig neue Möglichkeiten. Angefangen bei der Informationsrecherche über Themenwahl, Themenaufbereitung, Produktion bis hin zur Distribution. Die bisher recht abgeschotteten, ingesourcten Produktionsprozesse sind nicht mehr zeitgerecht. Die Zeitung des 21. Jahrhundert unterliegt einem großen Änderungsprozess. Das wissen die Macher schon längst, sie versuchen lediglich die Zeit bis zum point of no return über leicht angepasste Produktionsabläufe zu verlängern.
Welch grandioses und lehrreiches Projekt würde dabei herauskommen, wenn die FAZ oder die BILD tatsächlich eine komplette online- und offline Tagesausgabe der Power der Netzbewohner überlassen? Ohne doppelten Boden und vorbereiteten Artikeln. Die Auswahl der Themen, die Aufbereitung der Themen, die Zusammenarbeit mit dem Netz während der Produktion. Es wäre ein furioser Start ins Unbekannte an vielen Stellen. Es wäre eine Würdigung der zunehmend stärker werdenden Stimme der Vielfalt der Netzbewohner. Damit der Bürger. Es wäre ein Signal. Nur, das Projekt wäre ein ganzes Stück weit professioneller, aufwändiger und sorgfältiger vorzubereiten. Es würden sich neue Interpretation auftun, was moderner Journalismus ist und wie sich moderner Journalismus anfühlt, ebenso sind die Kollaborationsprozesse während der Produktion und die damit einhergehenden Kosten nicht allzu schwer analysierbar, um dauerhafte Elemente zu identifizieren.
Zu den Kritiken dieses Projekts, die keinen Blick nach vorne bewiesen haben
Ich erwarte nicht von einem Welt Kompakt Leser die Bedeutung dieses Experiments zu erkennen. Dessen Erwartung endet beim Lesen einer Tageszeitung. Ich erwarte ebenso wenig von Journalisten, deren Denke im 20. Jahrhundert zurückgeblieben ist, dass sie das Projekt und dessen Chancen erkennen. Mehr als bloße Feststellungen, dass Amateure keine Zeitung machen können, sind nicht zu erhoffen.
Ich kann aber von den meisten Bloggern und Blog-Kommentierenden erwarten, dass sie offener sind, dass sie den Mut des Experiments erkennen und sich gleichzeitig konstruktiv Gedanken machen können, was noch gehen würde, wie man das Projekt in vielen Belangen verfeinern und verbessern kann. Sicherlich kann es einem von mir wegen völlig egal sein, dass die Zeitungen des 20. Jahrhunderts ausgedient haben, ebenso kann es einem egal sein, dass die meisten Medienmacher mangels Rentabilität in wenigen Jahrzehnten einpacken können und die Konzentration der Medienhäuser zu ungesunden Ballungen führt. Das Bedürfnis nach Informationen ist zu groß, um zu befürchten, dass wir keinen Informationsapparat in Zukunft haben, der Vielfalt, Aktualität und Übersichtlichkeit zu vertretbaren Kosten bietet. Die Nutznießer dieser Entwicklung werden sich keinen Kopf machen. Die Macher dieser Entwicklung aber schon.
So bin ich unendlich von dem Artikel aus der Basic Thinking Feder enttäuscht. Das Fazit, das Web sei belanglos, das Format der Scroll Edition unpassend und weiteres Blabla lassen mich an Basic Thinking zweifeln. Jeglicher Sachverstand und Weitblick fehlt. Nichts.
Ebenso verstehe ich das Geblöke nicht, die Welt habe die Blogger und Co. für einen PR-Coup benutzt. Das ist ein reiner Nebenkriegsschauplatz, der zu nichts führt. Trommeln gehört zum Tagesgeschäft, nicht mehr und nicht weniger. Ein übliches Geschäftsgebahren, nur 68er kapieren das nicht.
Auch vermisse ich den Tenor bei den vielen Kritiken, dass ein klassisches Unternehmen Netzbewohnern überhaupt die Gelegenheit gegeben hat, sich auf Papier auszubreiten. Haben diese Nasen überhaupt verstanden, welches Wagnis hierbei eingegangen und welche immensen Widerstände inhouse überwunden werden mussten?
Mir fehlt der gesamtheitliche Blick, das Projekt ausgewogen einzuschätzen. Ich hätte mir von vielen Bloggern und Kommentierenden da draußen mehr als bloßes Geblöke erhofft und erwartet. Die Kritiken greifen viel zu kurz, eine Würdigung des Vorhabens mangelt allerorten, der Blick nach vorne ist dürftig bis gar nicht vorhanden. Wir alle haben immer noch nicht mal wirklich begonnen, die Tragweite der neuen Informationswelt zu begreifen, nach Chancen zu suchen, den Vielzahl an Millionen von Netzstellen in Richtung weiterer Informationsverdichtung (der bisherige Job der Newsorgane) eine Struktur zu geben, aber herumschreien, dieses Experiment sei gescheitert, doof, blöd.. ne, meine Haare streuben sich bei diesem Gedanken, es mit dermaßen vielen Nein-Sagern unter Bloggern zu tun zu haben. Nur weil jemand etwas versucht hat, es selbstverständlich an tausenden von Punkten Verbesserungs- und Lernbedarf gibt? Das kann es wohl nicht sein.
Deutschland, das Land der Macher und Mutigen? So viel Wissen, so viel Power, so viel Potentiale. Ich will einfach nicht glauben, dass dem nicht so ist. Da muss mehr möglich sein. Und ich lasse mir von niemandem erzählen, es gäbe keine Potentiale, Informationsproduktion neu zu denken. Alleine das Thema Facebook, das weltweit größte Social Network, produziert eine gigantische Menge an Informationen. Zeitungsmacher, die sich keine Gedanken zu diesem Informationsnetzwerk machen, sind richtiggehend dämlich. 500 Millionen Produzenten und Konsumenten an einer Stelle und niemand von denen wagt sich an das Thema „Facebook-Zeitung“ heran? Nur damit alleine könnte man ein exzellentes Projekt aus dem Boden stampfen. Und unendlich viel daraus lernen, wie man in Zukunft produziert, wo man distribuiert, wo man Quellen generiert. Diese Mutlosigkeit und Ideenlosigkeit der Zeitungsmacher ist zum Haare raufen. Sie stehen an der Seitenlinie und beschäftigen sich in herkömmlichen Denkbahnen mit der Zukunft. Jesus…
05.07.2010 um 11:26 Uhr
Robert, ich stimme Dir in sehr vielen Punkten zu. Vor allem zu Deiner Reaktion auf Franks Fazit, das mich enttäuscht hat. Wobei ich nicht so drastisch darüber urteilen möchte, wie Du es tust. Ich habe mit negativen Reaktionen gerechnet – von innen wie außen. Damit nicht. Aber gut.
Mein persönliches Fazit: Es hat mir Spaß gemacht. Und ich weiß jetzt auch ein wenig besser, wie die Zeitung in Zukunft aussehen kann. Es ist nicht die Zeitung, die wir produziert haben. Es ist auch nicht die Zeitung, die man sich sonst täglich kaufen kann. Es ist etwas ganz Anderes.
Aber wie lautet doch sogleich der Slogan der Welt Kompakt: „Sind wir reif für eine neue Zeitung?“ Franks Reaktion und natürlich auch die der Leser zeigen mir, dass wir noch warten müssen.
05.07.2010 um 11:27 Uhr
Hallo,
das Ganze war nicht viel mehr als ein PR-Aktion. Um neue Leser zu gewinnen, holen wir uns doch einfach die bekanntesten Blogger und hoffen darauf, dass deren Leser uns nach der Aktion auch lesen.
Vergessen wurde bei der Geschichte, dass das Internet mittlerweile so schnelllebig geworden ist, dass solche Aktionen innerhalb von nur Tagen wieder verpuffen, außer ein paar Links also kaum etwas bringen.
Zeitungen sollten ihre Pforten nicht für einen Tag einigen ausgewählten Bloggern öffnen, sondern dauerhaft ihren Lesern die Tür aufmachen und sie zum regelmäßigen Mitmachen animieren ;-)
Grüße
Gretus
05.07.2010 um 11:32 Uhr
Ich kann diesem Beitrag nur 100%ig zustimmen. Ich habe mich bewusst nicht auf den Pfad begeben das Projekt zu loben oder zu hassen (dazwischen gab es leider wenig) sondern meine Gedanken erst einmal für mich behalten.
Ist es nicht auch ein Zeichen von Größe, Erfahrung und Respekt wenn man sich zurückhält, statt Dinge zu schreiben deren Tragweite man selbst nicht abschätzen und deren Bedeutung man nicht immer erahnen kann ? Ich habe mich viel zu wenig damit beschäftigt wie die Zeitungslandschaft aussieht.
Aber was bedeutet für viele (nein, nicht alle) Blogger und Twitterer schon Recherche ? Es wird allzu oft ein möglichst emotionaler und nach Aufmerksamkeit heischender Artikel rausgehauen – denn das bringt, wie wir mittlerer Weile wissen, am meisten flattr-Einnahmen.
Ich denke vielen ist nicht bewusst welche Chance hier gegeben wurde und nur weil etwas beim ersten Anlauf nicht perfekt läuft, ist es doch kein gescheitertes Projekt. Wie viele Flugmaschinen bauten die Gebrüder Wright bevor eine wirklich funktionierte ? Gerade bei jahrelang eingefahrenen und eingeübten Mustern wie in großen Unternehmen kann man meist nicht einfache einen Schalter umlegen und in eine andere Richtung laufen – also Respekt! für den mutigen Schritt es durchzusetzen und es zu machen. „Machen“ ist ein Wort das viele abschreckt, weil jeder sich Gedanken darum macht was denn die anderen darüber denken werden. Mein Gott, wenn wir alle Angst vor den anderen haben dann können wir gleich stehen bleiben, uns niedersetzen und nichts mehr tun, um nichts mehr falsch zu machen. Raus mit euch – ab an die Front der neuen Medien, des neuen Kommunikationszeitalters und neue Wege beschritten!
05.07.2010 um 12:02 Uhr
Ist es nicht so, dass manche Menschen/Organisationen pseudo-modern wirken und „neue Ideen“ nur zulassen, um am Ende sagen zu können, diese Ideen taugen nichts und führen zum Scheitern? Meist steht das abschließende Urteil doch schon vor dem Beginn des Projekts fest. Vielleicht auch hier.
05.07.2010 um 12:17 Uhr
Mein Fazit in WK kam vielleicht ein bisschen missverständlich rüber. Zur Erklärung: Wir hatten harte Tage und Nächte der Vorbereitung, auch der Produktionstag war sehr intensiv und dann kam auch noch der verspätete Bundespräsident. Am Erscheinungstag dann die Reaktionen. Lob war spärlich, weder unser Mut, unsere Entschiedenheit anders zu sein, noch der Versuch an sich wurde respektiert. Hatte ich auch nicht erwartet. Trotzdem schlaucht das. Dazwischen dauernd Interviews mit allen Mediendiensten, dpa, Radio, Fernsehen. Ich war am Donnerstag Nachmittag einfach froh, dass wir es hinter uns hatten. Wie nach einem großen Spiel mit Verlängerung und Elfmeterschießen. Nicht weil das Projekt schlecht gelaufen ist, sondern ich mit meinen Kräften am Ende war.
Die Kräfte sind inzwischen zurückgekehrt. Ich liebe die Scrolledition und es wird weitergehen. Wir haben gelernt. Es geht nicht aus dem Stand, es muss sich entwickeln. Neue Ideen sind da. Das nächste Mal wird es noch besser… Danke an alle Beteiligten.
Bis später
Frank
05.07.2010 um 12:27 Uhr
das ist der Frank, den ich kenne und respektiere :) Danke.
05.07.2010 um 13:24 Uhr
Welcher Satz könnte sprechender sein als dieser:
„Ich erwarte nicht von einem Welt Kompakt Leser die Bedeutung dieses Experiments zu erkennen.“
Das ganze Elend der deutschen Bloggerszene drückt sich darin aus: Dass die Leser egal sind, solange man sich an der Spitze des Fortschritts sehen kann.
Hier eine etwas längere Auseinandersetzung damit: http://www.blogger.de/Klardeutsch
05.07.2010 um 13:46 Uhr
Dein Interpretationsschritt reicht mir viel zu weit, was als Auslöser auch daran liegt, dass ich es bei dem kurzen Satz habe verbleiben lassen. Der Leser kann die Bedeutung nicht erkennen, da man ihn weder vorher noch nachher so abgeholt hat, um bei Interesse in das Projekt involviert zu sein, was ganz klar eine der größten Projektlücken offenbart. Woran kann ich mitwirken, worauf sollte ich achten, was würde ich mir wünschen, etcpp… und auf den Leser kommt es am Ende an, denn er ist der Brötchengeber. Also sorry für die Kürze des Satzes, der intepretationsfrei blieb.
Und was Deinen eigentlich Artikel angeht, dass die Zukunft nicht im deutschen Blogwesen liegt, kann ich das weder auf den Bezugspunkt Medienlandschaft noch auf Gesellschaft bezogen bejahen.
05.07.2010 um 13:57 Uhr
Interessante Idee, ich finde vor allem den Mut dahinter bewundernswert, aber wer hätte denn erwartet dass diese Ausgabe der Welt Kompakt den Pulitzer-Preis abräumt?
Es war ein Experiment. Und für die Welt Kompakt ein Marketing Gag. Auch wenn jetzt die Stimmen überwiegend negativ sind, so viel Aufmerksamkeit für eine einzige Ausgabe der kleinen Welt Kompakt? Ist doch auch schon nicht schlecht.
Und wenn man die Idee optimiert, die Rahmenbedingungen besser steckt und vielleicht eher eine „supported by Blogger“ Version macht, vielleich klappts ja dann besser?
05.07.2010 um 13:59 Uhr
Alle Kritiker sind doof. Alle Welt-Kompakt-Leser auch. Hätte man auch kürzer schreiben können.
@Klardeutsch: Sehr richtig. Was für eine substanzlose Arroganz und Selbstüberschätzung. Früher hieß misslungen misslungen. Heute heißt es vordenken. Man kann sie gar nicht mehr zählen, die Netzpropheten, die sich selbst „Vordenker“, „Querdenker“ und „Blabla Evangelist“ ins Profil schreiben.
05.07.2010 um 16:01 Uhr
…hat eigentlich je mal einer definiert wer oder was ein Blogger ist?
Zum Ethos meines Bloggens gehört journalistische recherche von denen sich so manche eine Scheibe abschneiden sollten, mit der notwendigen Selbstkritik und dem Beleuchten mehrere Aspekte. Transparenz, meine Herren (Damen ziehen sich im sog. Medienmachendengewerbe dann doch auf die Kreativ-Barrikaden zurück, vor lauter Mann-Ego-Selbst-Gebläse macht es ja auch kein Spaß…)
Die Debatte macht kein Spaß weil sie in dem abgeschlossenen Universum – Eurem – stattfindet und den Menschen da draußen weder interessiert noch berührt weil es einfach keinerlei objektiven Dinge um das Thema gibt. Es bleibt eine Nerd-Sache, und in DE schießen sich die Nerds bekanntlich am liebsten gegenseitig ab.
Und wenn WELT oder wer auch immer immer noch nicht begriffen hat, dass man online Medien nicht in den Print Bereich EINFACH SO übertragen kann, sorry.
Dennoch chapeau vor dem Mut und der Initiative – es wird hoffentlich einen zweite Runde geben wo beide Parteien schlauer sind.
Hört auf warmes Gebläse zu erzeugen und leistet ein wenig mehr selbstkritische Aufklärungsarbeit, das und nicht weniger erwarte ich von den Medien. ALLEN Medien.
Wie wäre es mal mit einer vernünftig recherchierten Reihe über Blogs und Bloggen?
(sorry, die Hitze, die Hutschnur *puff*)
05.07.2010 um 18:40 Uhr
@Tim, vom Text oben nix verstanden oder was lässt dich so rumpaulen?
@Andrea, was lässt dich vermuten, dass die Diskussion ob einer künftigen News-Welt niemanden da draußen interessiert und es sich nur um Nerds dreht?
05.07.2010 um 19:55 Uhr
@Tim: ACK. Man mag sich die eigene Teilnahme an so einem PR-Stunt ja noch irgendwie schönquatschen: Kindergeburtstag, Neugier, interessante Erfahrung, … aber ein klein wenig mehr Reflektion, warum man gescheitert ist, wäre im nachhinein schon förderlich.
Aber nein, das lässt der eigene Größenwahn nicht zu:
@Basic:
Ist es auch nicht. Schließlich gibt es in diesem Land deutlich mehr talentierte, motivierte und gut ausgebildete Journalisten, als der Markt durchfüttern kann. Das Problem liegt nicht auf der Seite derer, die die Inhalte liefern (könnten).
Was es ganz sicher braucht, sind Blogger mit epischem Realitätsverlust.
Genau, wen interessiert schon ein öffentlicher Arschtritt in 260.000 Print-Exemplaren, wenn sich der Verantwortliche anschließend so nett beim Basic im Blog entschuldigt. ROTFL.
05.07.2010 um 20:25 Uhr
jo, danke für die fundierte Betrachtung, bitte nicht weiter meine wertvolle Fläche mit solchen Expertisen verschönern.
05.07.2010 um 22:41 Uhr
Stimme Dir zu 100% zu Rob.
Die gesamte Diskussion – nicht nur hier sondern um die gesamte Ausgabe WELT Kompakt – ist vor allem eines: Typisch deutsch.
Anstatt mal drei Schritte zurück zu treten und zu würdigen, was da gemacht wurde, wird halt- und sinnlos drauf eingeprügelt.
Da traut sich ein Unternehmen mit Gewinnabsicht, eine Zeitung mit um die hunderttausender Auflage mal KOMPLETT anders zu machen. Ein echtes Risiko einzugehen. Mit der gesamten Maschinerie, die da hinter steht: Layout, Druckerei, Distribution (die Bundespräsidentenwahl nicht gebührend mit reinnehmen können – hier hat den Vollblutjournalisten glaube ich das Herz geblutet *g*)…
Und alles was als Kritik einfällt sind „das Format war doof“, „die Texte waren doof“, „das war ja gar keine Tageszeitung“, „die Nachrichten fehlten“…
Ähm. Ja? Genau das war doch das Ziel: Etwas ANDERS zu machen. Nicht nur Blogger mal Journalisten spielen zu lassen.
Ich persönlich habe mich während der Redaktionssitzung dagegen ausgesprochen, eine „richtige“ Zeitung zu machen, in der Blogger tagesaktuelle Nachrichten verarbeiten. Zum einen, weil dafür die mit viel Liebe vorbereiteten Texte raus geflogen wären. Zum anderen, weil dafür zu wenig Zeit und zu wenig Vorbereitung da war. Sowohl inhaltlicher, als auch technischer Natur. Dafür hätte es mehr Struktur gebraucht.
Natürlich wird das Argument des PR-Stunts aus dem Hut gezogen. Was bitte ist schlecht an einer PR-Aktion? Ausser natürlich, dass man gerade in .de immer wieder Gefahr läuft, dass eine PR-Aktion gnadenlos verrissen wird. Nicht auf Grund ihres Inhalts oder Performance, sondern nur WEIL es eine PR-Aktion ist.
Ich bin mit Sicherheit kein Profi für klassische Öffentlichkaitsarbeit – dafür ecke ich zu gerne an, aber ich verstehe PR als „ins Gespräch bringen“, „sich mit Kunden und Öffentlichkeit austauschen“. Davon ausgehend und dem hierzulande geltenden Grundsatz : „Nicht gemeckert ist genug gelobt“ folgend ist das Projekt auf jeden Fall ein Erfolg.
Wie ich in meinem Blogartikel zur Scrolling Edition schon schrieb: Auf dem Rückweg von Berlin habe ich einige Menschen auf dem Bahnhof auf die Kompakt unter ihrem Arm angesprochen – erster Eindruck durchweg positiv bis überrascht. Meine Sitznachbarn im Zug fanden das Scrolling-mäßige Hochblättern besonders im Zug sehr viel angenehmer als das nordische Format ihrer BILD-Zeitung.
Ich glaube als Fazit können wir festhalten:
Eine tägliche Zeitung ist nur mit sehr viel mehr Vorbereitung von Bloggern realisierbar.
Das Scrolling-Format ist praktisch, braucht aber Zeit um sich zu etablieren.
Es braucht mehr als einen einzelnen Versuch um eine Aussage über Erfolg oder Mißerfolg zu treffen
Frank Schmiechens Fazit hat mich in der ersten Sekunde auch ein wenig gewundert. Da ich aber Franks Begeisterung und Freude am Abend der Produktion miterlebt habe, war ich mir sicher, dass da erstmal der abgefallene Druck und die Erschöpfung aus ihm sprachen.
Mein Fazit ist übrigens, meine bisherige Einschätzung am eigenen Leib erfahren zu haben: Dass _FÜR MICH_ Bloggen und Nachrichtenjournalismus durchaus unterschiedliche Dinge sind. Und alleine das ist für mich eine wertvolle Erfahrung.
Hoffentlich gibt es eine Fortsetzung, an der ich noch einmal teilnehmen darf. Mit mehr Vorlauf. Klarer Zielsetzung und messbarer Erfolgskriterien. Mehr Beteiligung der Blogger an den Vorbereitungen und dem Layout. In einem eigenständigen Produkt, mit Laufzeit von mind. 1 Woche am Kiosk und optimalerweise 3-4 Ausgaben, um sich kontinuierlich weiter zu entwickeln.
Rom wurde nicht an einem Tag erbaut, Edison brauchte X Anläufe für seine Glühbirne, da muss auch ein Zeitungsexperiment beim ersten Wurf nicht gleich perfekt sein.
05.07.2010 um 22:53 Uhr
Hallo Robert. Gut, dann bin ich heute einmal der, der alles schlecht redet, dazu noch mies informiert ist und seine Recherche besser hätte machen sollen.
Ich bin selbst Blogger und hab es mir angewöhnt, aus der Sicht eines Anwenders zu schreiben. Was im Hintergrund der Produkt der „Welt kompakt“-Ausgabe gelaufen ist, wer für das Layout zuständig war, dass es gutes Essen gab und dass die meisten Texte schon vorproduziert waren, wusste ich am Donnerstagmittag, als ich meinen Text schrieb, nicht. Wusste wohl niemand außer denen, die am Projekt beteiligt waren.
Und das Gefühl wurde ich beim Lesen der Ausgabe nicht los: Dass der Leser irgendwie außen vor blieb und dass ein paar Blogger, die es eigentlich besser können, etwas auf Papier gebracht haben, das maßgeblich Leute aus der Webszene interessieren dürfte. Und kaum jemanden sonst.
Da bin ich wirklich ins Grübeln gekommen: Ist da wohl doch was dran an der viel kritisierten Selbstreferenzialität? Als Blogger wundert man sich oft, dass die Welt da draußen nur langsam ins Web findet und Blogs verschmäht. Aber macht man sich jemals Gedanken darüber, ob das überhaupt die Masse da draußen interessiert, was man so schreibt? In dem Moment hatte ich leider gar nicht den Eindruck.
Verbrennt mich auf dem virtuellen Scheiterhaufen, wenn ihr müsst, aber ich muss bei meiner Meinung bleiben: diese Ausgabe der „Welt kompakt“ hat unserer kleinen deutschen Blogszene keinen guten Dienst erwiesen.
Darf man das schreiben, auch wenn man sich dann selbst als nicht konstruktiv outet? Ja, ich denke schon.
Hätte ich es selbst besser gemacht? Ist das ein Grund, den Versuch nicht zu wiederholen? Ist das die Erlaubnis dafür, alles in Grund und Boden zu schreiben und die Beteiligten zu kränken?
Nein, ist es nicht…
Der Tonfall hätte nicht sein müssen, ebenso wenig die Polemik und die destruktive Kritik. Ich bin weit über das Ziel hinausgeschossen. Tut mir leid, wenn ich jemanden gekränkt habe!
06.07.2010 um 10:32 Uhr
Mut wird selten belohnt, wenn man an Gewohntem und Eingefahrenem rüttelt.
Nach und nach werden nun Artikel veröffentlicht, die es wegen Platzmangel nicht in die Scroll Edition geschafft haben. Eine gute Sache. Das Modell der Zukunft: Streuen statt Stopfen. Ab und zu ein Artikel von einem Blogger. Es sind ja nicht alle schlecht!
06.07.2010 um 10:32 Uhr
„Welch grandioses und lehrreiches Projekt würde dabei herauskommen, wenn die FAZ oder die BILD tatsächlich eine komplette online- und offline Tagesausgabe der Power der Netzbewohner überlassen?“
Naja, nach allem, was ich auf den Blogs der Teilnehmer gelesen habe, wäre solch ein Projekt sicherlich lehrreich für diejenigen, die teilnehmen, aber höchstwahrscheinlich nicht grandios für diejenigen, die es anschließend lesen… Wie einer meiner Vorkommentatoren geschrieben hat: Es gibt viele ausgebildete Journalisten auf dem Markt, darunter auch viele junge, internetaffine und online tätige. Was gibt einigen in der deutschen Blogosphäre eigentlich die Arroganz zu glauben, allein sie besäßen genug Intelligenz und Kreativität für praktikable Lösungen?
Was mir bei all den Rückblicken auf Bloggerseiten fehlt ist die selbstkritische Reflexion: Was hätte man anders, was besser machen können? Warum hält sich die Begeisterung bei denen, die nicht dabei waren, so in Grenzen? Kann das alles nur Neid sein?
Als Gegenreaktion auf Kritik das Experiment als zukunftsweisend und visionär in den Himmel zu loben scheint mir keine Erfolg versprechende Strategie…