Nehmen wir mal an, dass Ihr Euch als Blogger ausgehend von 2003 (mein eigentliches Startjahr) folgenden Änderungen gegenüber seht:
– die Netz-Umgebung ist von 1 auf 2 Mrd User angewachsen
– die Vernetzungsdichte hat über soziale Technikinnovationen zugenommen (wesentlicher Faktor für Informationsflüsse)
– die mobile Nutzung ist drastischer als die stationäre Nutzung angestiegen (wesentlicher Faktor für weitere Zunahme der Netznutzung, aber auch Blog-Nutzung)
– es sind u.a. große User-Cluster mit Twitter, YT, FB und G+ entstanden (Faktor für Bestimmung von Verteilerknotenpunkten)
– Blogs verlinken sich untereinander nur noch selten und beziehen sich dementsprechend auch weniger aufeinander
– die Wirtschaft und Presse hat die Blogger umarmt, statt sie zu bekämpfen
– Blogs sind vom technischen Grundkonzept her mehr oder minder in ihrer Entwicklung stehengeblieben (wesentliche Innovationen wie Permalinks, RSS, Trackbacks, Plugin-API sind über 5 Jahre alt)
Kurzum, es hat sich Einiges geändert,… ach was! Und ich soll Euch jetzt erzählen, was man damit anfängt? Nö. Keine Lust und keine List. Ach was? Das habe ich damals bereits getan.
Ich erzähle Euch einfach, wie einfach es ist, auf Facebook zu bloggen. Alles was man dazu benötigt, ist die eigene Timeline, die Eingabebox und voila! Das ist Bloggen? Jo mei, was ist denn Bloggen? Eine dicke, fette, große Seite mit chronologisch angeordneten Elementen, wo nur Ihr tanzt und die Krümel klatschen? Meine Definition von Bloggen ist, sich auszudrücken und mit anderen Spaß am Quatschen über Gott und die Welt auszuleben. Wie es mir gefällt und wo es mir gefällt. Ob auf dicken, fetten, großen Seiten, die Euer eigen sind oder auf noch dickeren, noch fetteren, noch größeren Seiten, die nicht Euer eigen sind.
Aber verliert man dann nicht das ganze, eigene Geschreibsel? Gehört mir das überhaupt? Wenn eines Tages zweifellos Facebook Morgen nicht mehr so wie Facebook Heute sein wird? Erneut ein Jo Mei. Ich kann mein Geschreibsel heute schon sichern. Und mein Geschreibsel ist mein Geschreibsel, ob es auf Facebooks Servern läuft oder auf irgendeinem anderen mit Apache befeuerten Webserver. Aber ich hege einen Zweifel, dass mein Geschreibsel der Nachwelt auf Deibel komm raus erhalten bleiben muss. Insofern ist das alles sehr entspannt.
Und was, wenn mir die Lust auf Facebook abhanden kommt? Dann kann ich immer noch zu Googleplus wechseln (woran ich momentan weniger Lust habe, da mir dort die Dichte der Besserwisser – bin selbst einer – zu groß ist, die es besser wissen, aber nicht mal ansatzweise wissen, wie man eine eigene GlasGoogle baut geschweige denn sagen, wie man es besser macht, what ever). Oder ich kann wieder auf meiner dicken, fetten, großen Seite bloggen. So wie jetzt.
Aber wird man denn nicht in der Masse untergehen? Wirkt nicht ein Blog stärker auf die eigene Präsenz? Klar geht man in der Masse unter. Ich bin auch nur einer von 7 Milliarden Menschen, einer von über 2 Milliarden im Netz. Das mit dem Untergehen ist so gesehen eine sehr relative Sache demnach. Klar wird Euch ein Markenfuzzi erzählen, dass die Vernachlässigung der eigenen Präsenzseiten von Nachteil ist. Blanker Unsinn in meinen Augen.
Diese ominöse Präsenz ist die Präsenz der eigenen Person. Was ist besser? Je näher die Präsenz (ich spüre schon die Macht… Yoda…) an die Menschen heranrückt, wo sie sich selbst gerne wohl fühlen und aufhalten oder wo sie sich weniger aufhalten (namentlich auf Eurem Blog, und komme mir keiner mit dem Argument, wir seien Huffington Post)?
Was ist aber mit den Firmen? Werden sie einen weiterhin mit Produkten und Anfragen zuschütten, wenn man sein eigen Blog so vernachlässigt? Ist das meine Aufgabe, sich darum Gedanken zu machen? Ich kann – und den Spaß hatte ich schon mehrfach – im direkten Gespräch darauf einwirken, sich die Definition eines einzuladenden Bloggers (wir sind mächtige Multpilikatoren, aber ja doch…) zu überlegen. Taucht man in den Informationsstrom am Rande ein 8(99,99999% aller Blogs befinden sich an den Rändern und sind lediglich Zuflüsse zu einem gigantischen Strom.. elementar, aber eben Zuflüsse halt) oder mitten drin, wo es fließt? Klar wird es nochmals 5-10 Jahre dauern, Menschen seitens der Wirtschaft zu akzeptieren, die kein Blog haben, aber dennoch bloggen.
Und das beste an einem Facebook-Blog ist was? Die Reaktionszeit ist drastisch niedrig. Ich muss nicht warten, bis über Tage verteilt irgendwelche Kommentare reintröpfeln. Ich muss nicht warten, bis sich vielleicht der User bequemt, die Kommentare zu abonnieren (auf Blogs? Es machen nicht mal 1% der User), so dass er meine Antwort mitbekommt. Und noch was ist gnadenlos geil: Ich kann im Vorbeigehen sehen, was gut kommt und was aufs eigene, dicke, fette, große Blog gehört. Um es dort ausufern zu lassen. Besser geht es nicht mehr.
Warum es Facebook sein muss? Es ist mir egal, wie es heißt. Es ist einfach nur ein Platz. Plätze kommen und gehen, ich bleibe. Oder in Yodas Worten: Präsenz ist es, die uns durchdringt. Plätze es sind, die unsere Präsenz zu Plätzen macht, nicht wahr, junger Rob?
Für mich persönlich sind Blogs im 21. Jahrhundert im Gegensatz zum 20. Jahrhundert nicht die bloße, gedankliche Erweiterung zentraler Plätze wie Städte, Burgen und Schlösser. Sie sind lediglich ein Vorbote des Zeitalters, in dem jeder Mensch zu einer Art Blogger wird (nicht des Bloggen willens natürlich, ein kleiner Joke). Jeder Mensch wird zu einer vernetzten Kommunikationspräsenz. Blogs sind nur Zwischenschritt auf diesem Weg, den wir schon längst beschritten haben.
(für langsam arbeitende Lesehirne: Das ist keine 0-1 Argumentation oben, keine „blog da aber nicht mehr dort“-Sesamstraße, … nochmals lesen oder lassen, wenn Chip zu wenig RAM hat)
04.07.2012 um 11:23 Uhr
Sei konsequent, mach hier zu ;)
04.07.2012 um 11:24 Uhr
Du nochmals lesen muss den Text, junger Caschy :)
04.07.2012 um 11:31 Uhr
Geh und blogg diesen Quatsch bei Facebook und mach die Seite hier zu. Rausch rein in die noch größere Bedeutungslosigkeit. Guck zu, wie Facebook lustig jede zweite Woche das Design „deiner“ Präsenz und die Nutzungsbedingungen verändert und wie die Postings spätestens nach einer Stunde nach Veröffentlichung von niemandem mehr gelesen werden. Guck dir an, wie witzige Katzenbilder tausend likes kriegen, aber dein sehr ausführliches Posting ignoriert wird, weil auf Facebook niemand irgendwas lesen will. Go RTL2 – You can do it!!
04.07.2012 um 11:35 Uhr
Ja, bitte = Du besser lesen musst, was Meister Rob geschrieben hat. Du nicht ungeduldig mit eigenen Lesebrain sein darfst, gib ihm mehr Zeit zu processen…
04.07.2012 um 11:35 Uhr
Schöner Artikel. Und recht hast du: Prinzipiell ist jeder heutzutage, der Inhalte aus seinem Leben und seinem Umfeld postet, so etwas wie ein Blogger. Die Grenzen verschwimmen mehr und mehr. Und ein eigener Blog oder auf wordpress.org ist nicht das Einzige, was einen Blogger zu einem Blogger macht. Ob nun Facebook, Google+ oder andere Seiten. Ich behaupte mal, dass wahrscheinlich gerade einmal 1% der deutschen Blogger (wenn überhaupt) etwas „Wichtiges“ im Einzelnen für die Gesellschaft beitragen. Die meisten Inhalte sind (und ich nehme mich da selber nicht aus) eher Aggregatoren bzw. Weiterleiter von Informationen, die sie für ihre eigenen Leser erneut posten. Aber : Bloggen hat den Hype von „damals“ zwar verloren aber für mich gehört sie mittlerweile fest zu meiner eigenen Medienlandschaft dazu. Neben Spiegel Online lese ich selbstverständlich Inhalte auf Facebook, Twitter, Vimeo und Co. – und das nicht nur von Verlagen und Unternehmen sondern von zahlreichen Privatpersonen. Blogs sind Alltag geworden und das ist gut so.
04.07.2012 um 11:50 Uhr
…ja, ich fand es auch amysant, diese Worte ausgerechnet im RSS-Feed zu lesen. Aber beim zweiten nachdenken, ist das RSS-Publikum ja auch das richtige für diesen Blogpost.
Und ein Tip an den anonymen „Ja-Bitte-Kommentator“: Wenn Du Robert nicht mehr lesen willst, dann brauch er doch das Blog nicht dichtmachen. Dann reicht es, wenn DU ihn aus DEINEM Feedreader rauswirfst.
Ich schreib‘ bei Gelegenheit mal ein Tutorial ;)
04.07.2012 um 12:13 Uhr
Ich finde nicht das Blogger den „Hype“ verloren haben. Die Technologie entwickelt sich weiter; die Leser auch. Gerade neue High Tek Hardware & Software löst klassische Formate ab. Flipboard macht aus Twitter ein unterhaltsames Magazin. Ich denke, der Fokus auf die eigene Auswahl der Inhalte und Medien macht es einem zukünftig noch einfacher, sich nicht nur von RTL News berieseln zu lassen.
04.07.2012 um 12:15 Uhr
Robert, Du bist ja wirklich ein guter Schreiber.
Dennoch sind viele Deiner Posts zu langatmig. Wenn ich Lust auf epische Ausführungen haben, lese ich das FAZ Feuilleton. Bei Blog-Artikeln sollte doch immer noch gelten: „In der Kürze liegt die Würze“, oder?.
04.07.2012 um 12:27 Uhr
@Sven, da gebe ich Dir gerne recht. Die Ideallänge ist ein Mysterium für sich, da jeder Leser seine eigene Lesewert-Zeit-Funktion hat. FAZ Feuilleton Artikel sind zu lang da zu langweilig und ohne Wert für mich. Das ist meine Funktion dort, hat einen flacheren Verlauf. Man kann natürlich mit Essenzen arbeiten, aber um ehrlich zu sein, bin ich mir dessen zu faul, um das Maximum an Übersichtlichkeit zu schaffen, aber auch zu anspruchsvoll, um das vorzukauen, was des Lesers ist, wenn er dazu willens ist, selbst nachzudenken.
04.07.2012 um 13:07 Uhr
Da muss ich Sven recht geben! Lese zwar keine FAZ nur BILD Überschriften aber ehe du auf den Punkt kommst vergehen 20 Zeilen :) Aber ein interessanter Ansatz, werde ich mal verfolgen wie du dich auf FB schlägst.
04.07.2012 um 13:20 Uhr
ich bin aber freudig überrascht, dass Du Texte von oben nach unten liest. Ich mache das irgendwie anders: unten lesen, oben hin springen, eventuell Mitte lesen :)
04.07.2012 um 14:29 Uhr
Letztlich ist es Dein Ding, was Du wie wo machst. Du findest es gut? So what – dann mach.
Ich persönlich finde diesen Schritt nicht wirklich gut. Mir ist schon aufgefallen, dass Du doch recht viele Themen seit geraumer Zeit auf FB anstösst und ich dachte schon die ganze Zeit: warum haut er das Ding nicht aufs Blog?
Haust Du bei FB etwas raus, und ich schau ne Stunde später in mein FB bekomme ich davon im Zweifel nix mit. Hier hab ich dennoch im Reader und kanns lesen wenn ich die Zeit für habe.
Klar FB & Co. haben schon gewisse Vorteile aber in der Summe, also unterm Strich fühle ich mich in meinem „Blog“-Haus wohler als bei FB & Co.
Vielleicht ist Dein angestrebter Mix aber genau Dein Ding und es funktioniert… nevertheless: It´s your choice. :)
04.07.2012 um 15:45 Uhr
Naja auch, wenn der Text in der Gegenwart seines lebendigen Augenblicks tiefgründig ist, denke ich, jeder hat andere Motive um zu Bloggen. Ich nutze meinen Blog um andere Menschen aufzuklären, um ihnen tiefes Wissen eines Jodas zu vermitteln. Könnte ich das auf einer blauen facebook Seite? Nein natürlich nicht. Könnte ich das unter einer fremden Domain. Natürlich nicht. So bleibt mir halt nichts anderes übrig als eine eigene Domain zu nehmen. So sei es, so ist es und so will ich es halten.
04.07.2012 um 20:09 Uhr
Ich glaube ein großes Problem damit ist, dass deine Posts dann vermutlich von keine Suchmaschine gefunden werden.
Sie sind viel kurzlebiger. Nach 3 Tagen wird sie keiner mehr lesen.
Das ist bei klassischen Blog-Posts anders. Ich finde oft sehr gute Blog-Posts zu einem Thema oder Problem, obwohl die Posts schon mehrere Jahre alt sind.
05.07.2012 um 08:35 Uhr
Das historische Argument:
Ich sag immer: Mir ist egal ob einer mein Blog bei facebook, twitter, RSS oder auf meiner Page liest.
Während bisher noch JEDES Social Network und JEDE Suchmaschine wieder weggegangen ist, kann man bei Google und Facebook nicht sicher sein, ob sie nicht so eine Art ‚Times‘ sind: Nicht totzukriegen.
Für mich sind und bleiben FB & Co lediglich der Platz, wo ich meine Blogsachen promote. wenn einer dann dort dosutieren will: von mir aus. (Seit ich Facebookkommentare meiner Blogposts erlaube, kriege ich mehr Kommentare, auch prima.)
Das Medienargument:
Vor gefühlten 100 Jahren fragte Martin Röll mal, wieso man eigentlich Bloggertreffen mache, man mache ja auch keine emailertreffen.
Ich antwortete: Bloggern ist die Idee gemeinsam, dass man das Publizieren im Netz nicht den etablierten medien überlassen sollte (auch wenn die inzwischen Blogs aufmachen, die aber nur manchmal Blogs SIND.)
Das sah er ein.
Das technische Argument:
Scher zu sagen, wie es bei deinem Blog ist, aber meines finden viele, weil sie genau die Frage, die ich beantworte, googeln.
Hast du bei der suche schon mal einen Einzelbeitrag von facebook gefunden? man findet leute, Marken, Firmen, Organisationen — aber idR keine Einzelbeiträge.
Diese Beobactung führt zum ’nachhaltigkeitsargument‘.
ich hatte mal versucht den begriff ’soziodigitale Nachhaltigkeit‘ zu prägen, damit meinend, dass mein kanal aufmerksamkeit zieht, auch wenn ich garde NICHT poste.
früher war es so, dass ich meine Tagesbesucher von 100 auf 200 verdoppeln konnte, wenn ich einen Tag fließig gebloggt habe.
Das funktioniert nicht mehr, denn bei 5000 Beiträgen gibt es ein ‚Google-Grundrauschen‘ an 300-600 Visits, in dem jeder Fleißanfall einfach statistisch absäuft.
Anders: Das funzt bei G+ oder Facebook nicht, wenn du nicht an der Streamkurbel drehst, hast du NULL Attention.
Und grade ‚gestandene Blogger‘, die sich auf twitter & Co gestürzt hatten, finden zurück zum Blog. Zu recht.
Jedem Kunden, dem ich obige Zusammenhänge (einfacher as hier) erkläre, versteht, warum ein Blog ins Zentrum der Kommunkation gehört.
Und wo XING grad ne Blogplattform wird, wird man das ja nicht grade aufgeben wollen.
Wolltest du ja auch nicht, du hast (wenn ich recht verstehe) den Ansatz: „Themen bei Facebook antesten, was rockt kommt ins Blog.“ Kann man machen.
05.07.2012 um 10:19 Uhr
Hallo Robert,
du hast da eine sehr interessante Ansicht vom bloggen. Man muß dem nicht zustimmen, aber man kann darüber nachdenken!
Einen kurzen und uninterssanten Beitrag kann man sicher bei Facebook veröffentlichen, mehr aber auch nicht. Man kann damit zwar sehr viele Leute auf einmal erreichen, aber der Beitrag verschwindet halt nach kurzer Zeit in der Timline. Genau das ist aber nicht der Sinn eines Blogs, dort soll ja der neueste Artikel in’s Auge springen.
Das man z. B. über Goggle eher selten einen Beitrag in Facebook findet sollte ebenfalls beachtet werden, da findet man ja eher noch einen Artikel auf meinem relativ kleinen und unbekannten Blog!
Facebook als Blog zu verwenden finde ich unter solchen Umständen eher unsinnig, das bringt nicht wirklich etwas.
Ein anderes Thema ist die Verlinkung von Blogs untereinander, je nach Thema des Artikels setze ich auch dementsprechend einen oder mehrere Links zu anderen Blogs. Ich bin der Meinung, daß sich das so gehört. Allerdings muß ich sagen, daß sich da leider sehr viele Blogger nicht daran halten.
Ein eigenes Blog ist einfach etwas besonderes, da kommen Facebook und Co. einfach nicht hin. Mein kleines „Castle“ existiert nun insgesamt seit über 5 Jahren, auch wenn ich nicht regelmäßig dort schreibe. Ich verwende dort verschiedene Themen und verfasse nur dann einen Artikel, wenn mir das auch wirklich etwas wert ist!
Bloggende Grüße nun aus TmoWizard’s Castle zu Augsburg
Mike, TmoWizard
09.07.2012 um 13:33 Uhr
„wo nur Ihr tanzt und die Krümel klatschen“ iLike (#manuell #bloggisch)
16.07.2012 um 19:28 Uhr
Ich verweise mal auf einen Artikel der genau das Gegenteil prognostiziert … http://karrierebibel.de/corporate-social-media-warum-blogs-wichtiger-sind-als-facebook-oder-twitter/