Google gehört zweifellos zu einem der sogenannten „Player“ im Internet, die den Markt beherrschen und beeinflussen. Die in der Lage sind, etablierte Geschäftsfelder zu verteidigen, Bedrohungen in der Frühphase zu eliminieren, neue Felder zu eröffnen, aber auch Märkten eigene Spielregeln vor die Nase zu setzen. Was bedeutet diese Fähigkeit, warum kann das Google und was heißt das auch – neuerdings – für Facebook und Microsoft Bing? Wir werden uns zudem näher anschauen, warum manchmal auch Big Player wie Google ins Grübeln und Stolpern kommen und dann doch ihr Business umstellen wollen, obwohl die momentane Lage finanziell super ausschaut.

Gehen wir es Stück für Stück durch. Befassen wir uns zunächst mit einem der wichtigsten Hebel überhaupt, die Unternehmen erst in die Lage versetzen, eroberte Märkte zu halten, auszubauen und zu beeinflussen. Geld. Geld allein bedeutet nichts und dennoch dient es als Wertmaßstab bzw. Ausdruck für ökonomische Macht und Flexibilität. Hierzu muss man erst verstehen, wie viel Geld im Spiel ist. Was verdienen die Player im Netz und was geben sie aus? Reden wir von 1.000 USD Einnahme und 1.000 USD Ausgaben, so dass jeder popelige Kleinstwettbewerber mit wenig Mitteln und besten Ideen wie auch Produkten einfach so in kürzester Zeit nach oben kommen kann, um mit den Big Playern mitzuheulen?

Wettbewerb: Jetzt und Morgen
Bevor wir aber auf die Dimension Geld zu sprechen kommen, müssen wir ein Prinzip zuvor verstehen lernen. Das Prinzip des Wettbewerbs. Kurz gesagt: Immer da, wo es etwas zu verdienen gibt, entstehen Unternehmen und versuchen den Markt zu erobern. Manche Märkte sind jedoch so gereift und so gewaltig, dass der Wettbewerb für Neueinsteiger aufgrund bestehender, dominierender Marktteilnehmer schlichtweg zu stark ist, um spürbare Anteile zu bezahlbaren Ressourcen zu gewinnen (Automobilbranche). Andere Märkte sind wiederum so jung, dass zunächst mit recht wenig Ressourcen wichtige Schlüsselpositionen von kleinsten Firmen erobert werden können, die sich aufgrund des späteren Marktwachstums tausendfach auszahlen. Konkrete Beispiele für junge Branchen und Kleinstfirmen? Denkt an die Heimcomputerbranche der 70er Jahre, aus der kleinste Hardware/Softwarefirmen wie Apple, DELL oder Microsoft mangels großen Wettbewerbern als Giganten hervorgegangen sind. Wir wissen aber auch, dass neue Märkte etablierte Märkte durcheinandermischen können, dabei schlafende Giganten ins Wanken bringen. So hat ist IBM der Transformationsprozess in die Neuzeit zwar gelungen, aber die damals aufgekommene Heimcomputerbranche und der anschließende Wettbewerb hat dieses Riesenunternehmen fast an den Rand der Existenz gebracht. Nichts muss bleiben wie es ist im Wettbewerb. Lange Zeit sieht der Wettbewerb wie festbetoniert aus, Neue haben keine Chance. Ändern sich aber wichtige Faktoren, rüttelt es die Märkte auf. Einst große Player gehen unter oder ändern sich, neue kommen hinzu.

Bezogen auf die heutige Internetlandschaft?
Ändern sich Märkte im Internet wirklich so schnell, weil kleine Wettbewerber mit neuen Ideen dazustoßen und müssen die Großen reagieren? Nein, natürlich nicht wirklich. Der Internetmarkt ist nicht mehr jung. Einige große Player haben sich wichtige Schlüsselpositionen gesichert. Um als neues Unternehmen bestimmte Niveaus zu erreichen, muss man in das Territorium der Großverdiener einbrechen. Auf welchen Wegen auch immer. Die Großverdiener sind natürlich nicht dumm, und haben Eintrittshürden aufgebaut. Eintrittshürden?

Eintrittshürden
In bestehenden Märkten, gerade auf großen Märkten, die schon recht etabliert sind und spürbare Summen abwerfen, existieren die besagten Eintrittshürden. Eintrittshürden können wie aussehen? Es kann sich um bestehende Patente handeln, die neue Marktteilnehmer daran hindern, bestimmte Techniken einzusetzen, um Konsumenten alternative Produkte und Services anzubieten. Eine weitere Eintrittshürde kann der extrem teure und langwierige Aufbau von Marken sein, die neue Teilnehmer daran hindern, ihre eigenen Angebote spürbar am Markt von den bestehenden Playern auszudifferenzieren (say „Apple“, „Google“, „eBay“). Es kann sich um Kostenvorteile -„economies of scale“ – handeln, die Player aufgebaut haben. Die Etablierten können jedes Angebot eines neuen Teilnehmers funktional überbieten und preistechnisch unterbieten, da zu jeder abgesetzten Menge die Kosten pro Kunde niedriger sind. Heißt? Der neue Anbieter muss zu höheren Kosten pro Kunden Anteile gewinnen. Gegen einen Wettbewerber, der von „economies of scale“-Effekten profitiert, ist das nahezu unmöglich. Beispiel? Um der Leistungsfähigkeit von Googles Suchmaschine ökonomisch Paroli zu bieten, müsste der neue Anbieter Milliarden von Dollar investieren, um überhaupt konkurrenzfähig zu sein (schnelle Berechnung der Suche, großer Index, komplexe Rankingberechnungen, Einkauf und Administration der Computerpower, zudem Markenbekanntheit und Marketing). Eine Garagenfirma? Ökonomisch wird niemand dieses Wagnis finanzieren, da man Jahre brauchen würde, um die Kostenvorteile von Google zu erreichen. Microsoft versucht sich mit einer wahren Ressourcenschlacht daran, und selbst diesem IT-Megakonzern – dem es weder an Cash noch Personal mangelt – gelingt es kaum. Die Eintrittshürden sind daher nicht nur ein Wort, sondern so drastisch hoch, dass neue Marktteilnehmer den Etablierten nichts entgegenzusetzen haben. Eintrittshürden sind strategisch gesehen das wichtigste Instrument von Etablierten, gerade die Big Player verstehen sich bestens darauf.

Was ist die Logik hinter Eintrittshürden? Nun, das ist recht einfach zu verstehen. Es gilt, den Wettbewerb zu unterdrücken, um bestehende Margen auf einem großen Markt zu schützen. Denn, je mehr Teilnehmer in den Markt eindringen und sich gegenseitig Anteile wegschnappen, führt das zu einem Umsatzrückgang für bestehende Teilnehmer, meistens geht das mit einer Margennivellierung einher. Marge heißt? Den Abstand von Kosten und Einnahmen zu erhöhen. Wo wir das beobachtet haben? Nachdem der Telefonmarkt in Deutschland dereguliert wurde – eines der Wege, Eintrittshürden zu Fall zu bringen, indem ein Markt durch Eingriff des Staates im Sinne des Wettbewerbs verändert wird – und sich dadurch der Monopolist „Deutsche Telekom“ im Wettbewerb mit Dritten befand, sanken die Einnahmen der Telekom, ebenso die Margen. Vorbei die Zeit, dass die Telekom Preise, Produkte, Mengen und Services diktieren konnte. Was lernen wir daraus? Eintrittshürden sind mit das wichtigste Instrument für bestehende Marktteilnehmer.

Welche Eintrittshürden hat Google aufgebaut?
„Internet“ kann man auf „Processing Power“ herunterbrechen. Das Internet kann man sich als Informationsstrom vorstellen. Information müssen zwingend verarbeitet werden. Das Verarbeiten von Informationen übernehmen vernetzte Maschinen und Softwareprozesse. Wer extrem viel Processing Power besitzt, die eigenen Maschinen kostengünstig vernetzt hat, zudem exzellente Software zum Verarbeiten hergestellt hat, besitzt den Schlüssel, alle erdenklichen Datenströme durch die Maschinen zu jagen und damit jeden Service zu günstigeren Kosten als Wettbewerber anzubieten. Ein fantastischer Hebel für den Markt. Der zudem Flexibilität beim Aufbau neuer Services verspricht, ebenso bestehende Angebote schützt. Wirtschaftsmenschen sprechen von den besagten „economies of scale“. Amazon hat Processing Power, Microsoft, aber auch Google. Die selbst davon sprechen. In unterschiedlichen Bereichen, für unterschiedliche Segmente. Aber alle sprechen von „Cloud Services“ und stehen unweigerlich im Wettbewerb, wie sie diese Rechenpower ausnutzen wollen. Jeder Anbieter außerhalb der Liga der Big Player, der auch nur annähernd an Googles Powerhouse kratzen will, muss nahezu unfinanzierbare Hürden bewältigen. Und Google – sorry für das Wort – ist eine echte „Sau“. Es bietet die Rechenleistungen für alle Nutzer quasi zu einem Nullpreis an.

Neben der Rechenpower zu „economies of scale“-Kosteneffekten verfügt Google über einen nahezu unbezahlbaren Wert. Den Namen. Google ist eine der bekanntesten Marken der Welt. Google arbeitet fleißig daran, neue Services am laufen Band aufzusetzen. Warum? Um Möglichkeiten vorzubauen, die sich aus den Services ergeben, neue Geldquellen aufzutun? Ja, auch. Aber noch viel wichtiger ist, dass Google mit jedem weiteren Service seine Marke stärkt. Maps, Google Office, Google Mail, Youtube, Google News, Google Earth, Google Books, Google Finance, Google überall. Wenn Du als Anbieter im Netz dermaßen präsent bist, 1 Mrd. Nutzer erreichst, hast Du eine nahezu unangreifbare Marke aufgebaut. Marke sein, eine derart große Marke, schützt Dich vor Angreifern. Eric Schmidt hatte Recht mit „one click away“. Ja, der Nutzer ist einen Klick davon entfernt, andere Suchmaschinen zu benutzen. Die nicht unbedingt schlechter sind. Aber die Marke führt zum Klick auf Google. Google kann sich aufgrund seiner Rechenpower jeglichen Service leisten. Die Rechenpower sichert Googles Einnahmestrom, die Einnahmen sichern Googles Möglichkeiten, ausnahmsweise auf neue Bedrohungen zu reagieren, statt sich alleine auf die Marke und Rechenpower zu verlassen.

Google hat einen dritten Wert, der eine Eintrittshürde darstellt. Die Mitarbeiter. Google ist als beliebtester Arbeitgeber der Welt in der Lage, nahezu jedes Talent, jeden fähigen Kopf an Bord zu holen, um seinen Vorsprung zu sichern. Wo auch immer eine Antwort notwendig ist, der Mitarbeiterpool ermöglicht jede ökonomisch vertretbare Reaktion. Brainpower sichert Kreativität, Produktivität, Kostenvorteile, Einnahmeströme. Googles Personalmanagement hat ähnliche Niveaus erreicht, die man nur noch mit Firmen wie Procter&Gamble, Daimler, IBM, Samsung oder Apple vergleichen kann.

Das hört sich aber toll an, eine Firma die ewig bestehen wird. Hinter diesen Eintrittshürden ermöglicht das Google, neue Dienste in Ruhe aufzubauen. Nope, so sicher ist nichts. Aber dazu später mehr, was Google kann und wo Google gescheitert ist. Wir werden auch sehen, was Google strategisch bedroht. Niemand ist unangreifbar. Am schwächsten ist jede Firma dann, wenn sich Marktbedingungen verändern. Wie gesagt, später.

Nachdem wir nun Wettbewerb und Eintrittshürden definiert haben, die Prinzipien dargestellt haben, füllen wir das ganze mit etwas Fleisch aus. Money. Eintrittshürden könnten ja schließlich 1.000 USD betragen oder eben Milliarden. Von was reden wir denn hier, von welchen Summen? Schauen wir uns hierzu die Dimensionen im Sinne von Ausgaben und Einnahmen, aber auch Mitarbeiterschaft an, mit denen technologisch orientierte Firmen auffahren.

Finanzen der Big Player
Google wird mit rund 168 Mrd USD an der Börse bewertet. Der Umsatz belief sich 2010 auf rund 30 Mrd USD, das Betriebsergebnis (grob: Umsatz-Kosten) betrug 10 Mrd USD. Für Google arbeiten rund 24.000 Menschen. Umsatz pro Kopf: 1.250.000 USD.

Internet-Player, die Google berücksichtigt
Wer spielt im Internet als Player noch eine Rolle, finanziell ausgedrückt?
Amazon: Marktbewertung 95 Mrd USD, Umsatz 34 Mrd USD, ~24.000 Mitarbeiter
eBay: Marktbewertung 42 Mrd USD, Umsatz 9 Mrd USD, ~16.000 Mitarbeiter
Microsoft: Marktbewertung 219 Mrd USD, Umsatz 62 Mrd USD, ~89.000 Mitarbeiter
Apple: Marktbewertung 316 Mrd USD, Umsatz 65 Mrd USD, 46.000 Mitarbeiter
IBM: Marktbewertung 213 Mrd USD, Umsatz 100 Mrd USD, ~400.000 Mitarbeiter
Oracle: Marktbewertung 167 Mrd USD, Umsatz 36 Mrd USD, ~105.000 Mitarbeiter
Intel: Marktbewertung 119 Mrd USD, Umsatz 44 Mrd USD, ~80.000 Mitarbeiter
Cisco: Marktbewertung 87 Mrd USD, Umsatz 40 Mrd USD, ~70.000 Mitarbeiter

Die Marktbewertung fußt auf aktuellen Daten, die Umsätze beziehen sich auf das letzte Geschäftsjahr der Unternehmen, die Mitarbeiterdaten beruhen auf den Angaben von Google. Von Google? Richtig, Google orientiert sich bei der Bezahlung seiner führenden Angestellten auch an anderen Unternehmen. Neben den oben genannten Firmen handelt es sich zusätzlich um Qualcomm, Walt Disney, Hewlett-Packard und Yahoo. Nach welchen Kriterien werden diese Firmen gelistet? Google kennt fünf Kriterien, von denen mindestens drei erfüllt werden müssen.
1. High-technology or media company
2. Key labor market competitor (e.g., Microsoft, Yahoo, Amazon, eBay)
3. High-growth, with a minimum of 50% of Google’s revenue and/or headcount growth over the previous two-year period
4. $10 billion or more in annual revenues
5. $50 billion or more in market capitalization

Internet ist für die Player extrem einträchtig aber auch sehr teuer
Betrachtet man die Volumina, versteht man ansatzweise, von welchen Werten wir im Internetgeschäften reden. Um welche Summen es sich bei den Firmen dreht, die große oder „kleinere“ Teile ihres Geschäfts über das Internetbusiness machen. Wir verstehen auch, wie intensiv Technologiewettbewerb sein kann, sprich wie groß die Aufwendungen dafür sind, um überhaupt zu einem dominierenden Player zu werden und um sich am Markt auch weiterhin zu halten. Denn, was wir oben sehen, sind lediglich Zahlen aus 2010. Was ist mit all den Jahren zuvor? Da flossen ebenso Unsummen an Geldern rein und raus. Was wir heute sehen, ist das Ergebnis der Anstrengungen der Unternehmen über Jahre und Jahrzehnte. Wir verstehen jetzt vielleicht zudem besser, wie groß Google ist und gegen wen es bestehen muss. Wie groß der Markt überhaupt ist und gegen wenn neue Firmen bestehen müssen. Wenn wir die Werte der o.g. Firmen zusammenfassen, kommen wir auf gewaltige Summen:
internet player

Die o.g. Unternehmen werden mit rund 1,4 Billionen USD am Markt bewertet. Ihr Gesamtumsatz 2010 betrug 420 Mrd USD, nahezu 1 Mio Menschen arbeiten bei diesen Firmen. So verdienen Google wie auch Amazon und eBay das Geld rein über das Internet. 73 Mrd USD!

Natürlich verdienen nicht alle Firmen rein über das Netz unmittelbar ihr Geld. Microsoft würde gerne über das Internet Geld verdienen, allerdings bleibt unter dem Strich ein Minus über. So beliefen sich die Einnahmen 2010 auf rund 2 Mrd USD (Werbeeinnahmen über Bing+MSN), nach Abzug der Kosten verbleiben -2 Mrd USD. Allerdings muss man betonen, dass Microsoft zwar sein Kohle über Windows, Office und die XBox verdient, doch zur Zeit erfolgt ein gewaltiger Umstellungsprozess Richtung Cloud Computing. Das folgende Zitat aus dem Annual Report 2010 von Microsoft verrät viel, wie die Internetplayer im Moment ticken:

The cloud is revolutionizing computing by linking the computing devices people have at hand to the processing and storage capacity of massive datacenters, transforming computing from a constrained resource into a nearly limitless platform for connecting people to the information they need, no matter where they are or what they are doing. This has profound implications for the way people use technology across their lives to work, learn, communicate, and have fun.

With our unique position in the industry, it’s not enough just to ride this great wave – we intend to grow it and shape it. This is why we’ve made a company-wide commitment to Microsoft’s solutions, bringing the benefits of the cloud to the billion people who use computing today and the billions more who will gain access to digital technology for the first time in the years ahead. In fiscal 2010, Microsoft invested $8.7 billion in research and development, with most of that devoted to cloud technologies. Today, roughly 70 percent of Microsoft’s 40,000 engineers work on cloud-related products and services, and in fiscal 2011 that number will grow to nearly 90 percent.

8,7 Mrd USD in F&E, ein Grotßeil davon in „cloud technologies“, 28.000 Entwickler seitens Microsoft denken „internet“, 2011 sollen es 36.000 Menschen sein.

Was heißt also in der obigen Auflistung „F&E“ und warum ist das wichtig?
F&E = Forschung und Entwicklung. Keine Firma besteht am Markt, wenn sie ihre Produkte und Services nicht weiter entwickelt. Es ist ein Indikator und Größe zugleich, Aufwendungen überhaupt zu begreifen. So gab Google 2010 3,7 Mrd USD aus, um seine Produkte über F&E-Aufwendungen weiter zu entwickeln. Immerhin 12% vom Gesamtumsatz. Insgesamt gaben die o.g. Firmen 39 Mrd USD aus. Außerdem können wir am Beispiel von Microsoft beobachten, wie man als Firma F&E Investitionen versteht, welchem Zweck sie dienen, auf welche Karte die Firmen setzen. Wer im Internet Geld verdienen will, muss investieren. Gerade die großen Player investieren gewaltige Mengen an Geldern in Weiterentwicklung und Aufbau des Internetgeschäfts.

Vergleich mit realphysischen Playern
Nur mal so zum Vergleich, wenn es um derartige Summen geht. Man kann „Internet“ als Produkt kaum begreifen. Kostet der Spaß Firmen viel oder wenig im Vergleich zu physischen Produktanbietern? Ist das viel Geld, was man einnimmt? Ist das viel Geld, um das Geschäft zu betreiben? Wenn man von den Großen spricht. Was geben denn z.B. Autokonzerne aus, was nehmen sie ein? Daimler beschäftigt rund 260.000 Mitarbeiter. Sie haben 2010 fast 100 Mrd Euro verdient. Für Forschung und Entwicklung wurden 4,8 Mrd Euro ausgegeben. Rund 90% des Umsatzes werden über den Verkauf von PKWs, LKWs, Bussen und Vans generiert, dabei wurden rund 1,9 Mio Einheiten abgesetzt. Zum Vergleich mit Google: Google hat 2010 fast 1 Mrd. Kunden bedient, dabei 20 Mrd. Euro eingenommen (Daimler: 100 Mrd.), in F&E hat Google 2,6 Mrd. Euro gesteckt (Daimler: 4,8 Mrd.). Würden wir alle Autokonzerne und großen IT-Player mit Ausrichtung auf den Internetmarkt über die F&E Daten vergleichen, kommen wohl vergleichbare Summen heraus.

Wie aufwändig ist es denn, das Geschäft zu betreiben?
Was gibt Daimler aus, um das Geschäft zu betreiben und was bleibt damit unter dem Strich ohne Steuern über? Daimler kassierte 97 Mrd Euro anno 2010 ein, gab dafür aber 90 Mrd Euro an Kosten aus. Unter dem Strich blieben 7 Mrd Euro über. Google kassierte 29 Mrd USD ein, gab dafür 18,9 Mrd USD aus. Unter dem Strich blieben 10 Mrd USD über. Heißt? Für jeden Euro Einnahme muss Daimler 93% an Kosten abzwacken, Google hingegen lediglich 65%. Wie sieht es bei Amazon aus? Amazon nahm rund 34 Mrd USD ein, gab dafür fast 33 Mrd USD aus, so dass unter dem Strich exakt 1,4 Mrd übrig blieben. Für jeden Dollar muss Amazon 96% ausgeben. Apple nahm 65 Mrd USD ein, gab 46,8 Mrd USD aus, muss demnach 72% für jeden USD-Verdienst ausgeben. Microsoft muss nur 61% pro 1 USD Einnahme ausgeben.

Im Vergleich, was die Firmen für 1 USD Einnahme ausgeben:
Microsoft: 61%
Google: 65%
Apple: 72%
Amazon: 96%
(Daimler: 93%)

Je weniger ich als Big Player für mein Geschäft ausgeben muss, damit es brummt, umso eher kann ich am Markt – in dem die Firma tätig ist – bestehen, Wettbewerber ausspielen, den Markt nach eigenen Regeln bespielen, bestehende Produkte verbessern, Dienste erweitern, neue Produkte und Services aufsetzen.

Fassen wir kurz zusammen: Ein Internetplayer verfügt über gewaltige Ressourcen, bestehend aus Mitarbeitern und Finanzen. Das bestehende Geschäft ermöglicht die Sicherung der jetzigen Position und den Aufbau neuer Geschäftsfelder, dank der Einnahmeströme. Was ist aber mit all den schönen, jungen, tollen, hoffnungsvollen Startups? Kommen die denn gegen die Großen gar nicht mehr an? Werden sie kleine bis mittlere Betriebe bleiben? Ist das ihre regelmäßiges Schicksal?

Startups
Hält man sich diese Zahlenspiele auch nur gröbstens vor Augen, wird es eventuell klarer, wenn wir von Startups und deren Bedeutung sprechen. Startups können großartige Ideen hervorbringen. Doch, um die Niveaus der Big Player zu erreichen, relativiert sich der „Hoffnungsträger Startup“ recht schnell. Sie müssten Eintrittshürden durchbrechen, das allein ist schon eine verdammt langwierige und große Aufgabe. An der wohl 99,9999% der Startups scheitern. Wenn wir von Startups sprechen, können wir fasziniert sein, begeistert, sie sogar für Markt beeinflussend halten. Doch letztlich sind das im ökonomischen Sinne nur kleinste Player im Internet. 9 von 10 Startups schaffen es niemals bis zur Überlebensfähigkeit. 1 von 10 Startup überlebt die ersten Jahre, eher weniger, viel weniger. Die Überlebenden werden reihenweise von etwas größeren bis ganz großen Fischen aufgekauft. Wenn 1 von 1.000 Startups überhaupt in 5 Jahren noch selbständig ist und sich tatsächlich als Marktteilnehmer mit über 100 Mitarbeitern und gesunden Millionenumsätzen etabliert, wäre das gut. In Deutschland? Xing und wer noch? Wird allerdings ein Startup einem Großen auf globaler Ebene „gefährlich“, wird es spätestens dann entweder aufgekauft oder es gerät ins schwerste Kreuzfeuer. Wie oft passiert das? Seltenst. So hat ein mittelschwerer, globaler Player des Webs, Facebook, die VZ-Netze nahezu eliminiert. LinkedIn knabbert sich an Xing heran. Google hat sich YouTube unter den Nagel gerissen. Kein Wunder, YouTube hätte finanziell alleine nicht überleben können (Ihr erinnert Euch, „econonies of scale“-Problematik). Es gibt aber Gott sei Dank Startups, die sich auf globaler Ebene etablieren können, damit im Sinne eines Wettbewerbs neue Impulse den Markt zu Gunsten der Konsumenten erreichen. Und nicht alles durch die großen Player kontrolliert wird. Leider zu selten, wie gesagt. Wer das ist und warum?

Ökosystem verstehen und schaffen
Facebook? Ja, kann man als Beispiel nehmen. Facebook hat es geschafft, ein eigenes Ökosystem zu schaffen, statt sich auf sich alleine zu verlassen. Und erst dadurch überhaupt die Chance bekommen hat, zu einem globalen Player aufzusteigen. Facebook selbst beschäftigt zur Zeit rund 2.000 Mitarbeiter (keine offiziellen Quellen verfügbar, beruht auf Schätzungen). 2010 soll Facebook 2 Mrd USD umgesetzt haben. 2009 sollen es 800 Mio USD gewesen sein, 2008 300 Mio. Hübsche Steigerung, oder? Da wir nun die obigen Zahlen der Big Player kennen, kann man darüber schmunzeln. Sicher. Aber dennoch hat es Facebook geschafft, global bekannt zu werden und rund 750 Mio Mitglieder anzulocken. Aus eigener Kraft hat das natürlich nicht funktioniert.

Facebook hat hierzu auf etwas zurückgegriffen, das allen großen Playern zu eigen ist. Die Schaffung eines bewusst geförderten Ökosystems. Facebook App Developer, Werbekunden, PR-Agenturen, SEO-Agenturen, und und und. Die von Facebook geschaffenen Schnittstellen zum Produkt haben womöglich rund 1 Mio und mehr Menschen einen wie auch immer gearteten und wie auch immer bezahlten Job verschafft (Quelle). So trägt jede einzelne, externe Ressource dazu bei, Facebook in der Welt zu verzahnen. Beratungsgespräche über „Social Media“-Agenturen mit Firmen, die wiederum ihre Kunden anfixen, auf Facebook aktiv zu werden. Apps wie Farmville, die User millionenfach anlocken und binden. Ohne die externen Ressourcen, eben das Ökosystem, wäre Facebook nicht in der Lage gewesen, dergestalt zu wachsen und sich global auszubreiten. Selbst die Facebook-Pages von TV/Radio/Presseorganen tragen unmittelbar zum medialen Dauerfeuer bei, ein fantastischer Hebel für Facebook, um Kunden zu generieren. Die Schaffung eines Ökosystems ist gewiss kein einfaches Spiel, kein Klacks. Schon alleine der kostentechnische Aufwand ließ Unternehmen wie VZ, Sevenload, Xing nicht einfach so die Facebook-API imitieren, nicht einmal ansatzweise. Xing hat die API-Bemühungen neuerdings zurückgefahren.

Ökosystem der Großen
Was bleibt vom Prinzip her? Das Ökosystem kann man sich als ökonomische Chance vorstellen, auf externe Ressourcen zurückzugreifen, die selbst große Unternehmen – unsere big player – nicht ignorieren. Microsoft? In Redmond sollen 20.000-30.000 Menschen vor Ort arbeiten, die nicht von Microsoft finanziert werden, sondern Mitarbeiter von Microsofts Partnership-Firmen stammen. Microsoft hätschelt und tätschelt mehrere Millionen Developer weltweit, hält Kontakte zu einer Unzahl von Partnerfirmen. Klar jetzt, warum? Jede externe Ressource, die das Produkt von Microsoft wertvoller, flexibler, variabler macht, ist wichtig. Es stärkt die Position von Microsoft als Software-Anbieter gegenüber Firmen- und Endkunden. Zementiert ihr hohes Margengeschäft. Apple braucht Partner. Partner, die Apps/Software/Hardware bauen. Die Kunden verzaubern und verzücken. Süchtig nach Apple-Produkten machen. eBay hat ein starkes Ökosystem. Amazon. Oracle. Alle Big Player verfügen über ein ausgeprägtes Ökosystem. Und es ist zugleich eine weitere Eintrittshürde für neue Marktteilnehmer. Wer will sich schon symbiotisch an kleine Startups binden, um 10 Kunden zu erreichen?

Googles Ökosystem
Salopp gesagt, das Ökosystem lässt draußen Menschen für dich herumlaufen, die mit Deiner Hilfe ihr Geschäft machen, damit Dein Geschäft exponentiell vervielfachen. Ohne Ökosystem müsste jeder Player am Markt ein Vielfaches an Kosten aufbringen. Ein weiterer Effekt ist, dass es dein Geschäft nachhaltig vor Risiken schützt, Pufferzonen schafft. Bevor es zu schnell nach unten geht, hat man genug Zeit, zu reagieren. Denn das Ökosystem kommt mit einer eigenen Trägheitsmasse daher. Kein abhängiger Partner wird sein Geschäft über Nacht einstellen. Nur, weil es heißt, dass Google Microsoft Office-Kunden abzieht, wird kaum eine Microsoft Partnerfirma ihre geschulten MS-Mitarbeiter entlassen. Google verfügt nicht einmal annähernd über ähnlich umfangreiche Partnership-Netzwerke, um Kunden persönlich, vor Ort, beratend auf Google Office zu ziehen. Google hat stattdessen an welcher Stelle ihr zentrales Ökosystem aufgebaut? Naturgemäß an der Stelle, wo das Geld fließt. An den Werbeeinnahmen. Google informiert, lädt ein, schult alles, was nicht niet- und nagelfest ist, damit Firmen das Werbesystem nutzen. Webseitenbetreiber, Agenturen, Firmen selbst.

An welcher Stelle hat Google noch Ökosysteme aufgebaut? Das mobile Web bedrohte Googles Stellung, proaktiv auf Marktveränderungen agieren zu können, eigene Regeln zu setzen. Google hat daher strategisch sehr geschickt agiert. Das System Android ist gezielt als Ökosystem aufgebaut worden, wohlwissend, dass man die Aufwendungen alleine nicht aufbringen kann und will. Um gegen die Telcos zu bestehen, die den mobilen Bereich dominieren. Als ISPs, als Hardware-Seller, als Kundeninhaber, als Regelmacher. Als Multimilliarden-Kolosse jederzeit in der potentiellen Lage, zu agieren. Dabei hat Google Apples Strategie des Ökosystems kopiert. Erfolgreich? Momentan schaut es danach aus, dass Googles Strategie aufgeht.

An welcher Stelle hat Google noch ein Ökosystem aufgebaut? Der zentrale Zugang zum Internet ist auf dem Desktop-Rechner nach wie vor der Browser. Wer das Fenster baut, den Zugang zum Internet, dem bieten sich Möglichkeiten an, den Internetmarkt mit zu formen und mit zu bestimmen. Google hat den Browser Chrome als Waffe benutzt. Die Schnittstellen sind für App-Anbieter offen. Der Appstore ist mittlerweile vorhanden. Der Release-Speed schockiert alle anderen Wettbewerber. Ergebnis? Schätzungen sind schwierig, so spricht die Wikipedia davon, dass 15% Chrome nutzen. Andere Quellen sprechen von 20%. Wir können jedoch annehmen, dass Chrome den Browsermarkt spürbar aufgemischt hat. Ob es nun 100 oder 200 Millionen Menschen sind, es werden zunehmend mehr. Der Browser ist sowohl für Microsoft, Apple, aber auch Google zu einer strategischen Waffe geworden. Wer den Zugang zum Netz beherrscht, setzt die Regeln, wie das Internet „gesehen wird“. Technisch? Wer setzt über die GUI welche Standards? Für Google? Sie können mitspielen und damit den Informationsfluss sicherstellen, dabei modernere Möglichkeiten gewährleisten, um letztlich ihr eigenes Geschäftsmodell zu fördern. Wundert es denn, dass manch einer darüber rätselt, ob Facebook tatsächlich und angeblich einen eigenen Browser herausbringt?

Das verdammte Ding ist, ein Ökosystem aufzubauen. Tja.

Break, mache nachher weiter….