These: Problembären Blogger sind ruhigen, sachlichen Bloggern überlegen, wenn es um Reaktionen und Reichweiten geht.
Was ist ein Problembär-Blogger?
Einer, der Probleme kritisch thematisiert. Das geht nicht selten mit einer Lautstärke zu, die an den klassischen Rant erinnert. Wir kennen zahlreiche, vaD bekannte Blogs, die entweder mehrheitlich oder gerne unregelmäßig laut werden. Indiskretion Ehrensache, Niggemeier, Bildblog, Netzpolitik, Blogbar, Spiegelfechter, Nachdenkseiten, Politically Incorrect, Fefes Blogs, Lawblog usw usf etcpp.
Ich kann es selbst schon lange an meinen Beiträgen beobachten. Drehe ich an der Lautstärke, pegle ich die Sachlichkeit herunter, gehen mehr oder minder automatisch die Reaktionsquoten hoch. Die in der Regel die sachlichen, ruhigen Beiträge hinsichtlich Kommentierung, Verlinkung und Zitierung (ob Twitter oder FB oder Blogs) links liegen lassen.
Ist das nun besser?
Wenn es rein um die Aufmerksamkeit geht, ist das per se besser. Sollte demnach ein Blogger darauf abzielen, bitteschön. Je häufiger und kontinuierlicher dieses Style genutzt wird, umso eher wird sich das Blog als eines der bekannteren etablieren. Eine recht einfache Strategie. Was ist der Preis? Es gibt den schönen Spruch „If you can’t stand the heat, get out of the kitchen„. Soll heißen? Der Blogger wird mit teils heftigen Gegenfeuer rechnen dürfen. Von sachlichen Kritiken bis runter zu persönlichsten Beleidigungen. Das muss nicht so sein, je nachem, ob man des Lesers Mund populistisch bedient oder aber man vertritt eine recht einsame Position. Dem Rant ist es zu eigen, das er polarisiert und emotionalisiert. Das kann dem Blog schaden auf Dauer. Wirklich?
Menschen haben emotionale Erinnerungen wie ein Schweizer Käse. Entweder schraubt man mit der Zeit die Rants herunter, wird zugleich sachlicher. Und nimmt den Schwung aus der Rant-Zeit mit. Oder man erwirbt sich den Ruf eines „anerkannten“ Bloggers, der durch die Bekanntheit selbst quasi unangreifbar wird in seiner Position, die er sich selbst geschaffen hat. Eines der bekanntesten Beispiele weltweit ist Perez Hilton. Ein .. vor dem Herren. Aber, die Celebrity braucht ihn, die Presse spricht schon fast anerkennend von ihm, viel Feind viel Ehr eben, ein ehernes Prinzip.
Kann man die Wirkung eines Problembären-Bloggers grob quantifizieren?
Wenn ich auf einer Skala einen sachlich-fachlich-ruhigen Blogger und einen unsachlichen-emotionalen-lauten Blogger platzieren müsste, wäre der letztere Blogger am Ende der oberen Fahnenstange. Der Sachblogger eher am unteren Ende. Was die Skala darstellen soll? Wie schnell sich das Blog herumspricht. Das eine Blog, das Laute, ist in nicht einmal sechs Monaten meilenweit dem ruhigen, sachlichen Blog davongeeilt. Wenn beide zugleich starten würden. Das Lautere kann dann locker +1.000 Besucher pro Tag anlocken, das leise Mauerblümchen 10-100. Sicher, 10-100 Nobelpreisträger zu erreichen ist besser als 1.000 Nullchecker. Das Stille schlägt das Laute? Die Wahrscheinlichkeit und Normalverteilung nach Gauss besagen, dass man weder Nobelpreisträger noch Nullchecker erreichen wird. Es wird sich mischen.
Welches Prinzip verbirgt sich dahinter?
Die Presse hat es schon lange erkannt. Problembären-Beiträge kommen beim Menschen eher an. Man redet intensiver und häufiger darüber. Es verkauft sich besser. BILD, TV News, Spiegel, der gesamte Infochannel ist durchsetzt mit Problemthemen. Sie spielen exzellent auf der Klaviatur der menschlichen Gier nach schlechten Nachrichten und beschädigen dabei kaum ihren Ruf, obwohl sie Rant-Meister vor dem Herren sind.
Empfehlenswerte Strategie?
Tja, was soll ich sagen. Ich habe selbst darauf zurückgegriffen. Aus meiner schlechten Eigenschaft heraus, sich über die Vorhersehbarkeit menschlichen Verhaltens im Guten wie im Schlechten amüsieren zu können. Ich gieße gerne Öl ins Feuer, wenn mir danach ist. Sprich, ich plane es nicht, ich mache es, wenn es mich bockt. Wohlwissend, weder gerecht noch ausgleichend zu sein. Doch zugleich macht es mich als Blogger menschenähnlicher, da Menschen eben positive und negative Eigenschaften in sich bergen. Wozu nur den Jesus spielen, wenn man keiner ist? Also? Wie einem danach ist? Zum Beispiel. Wie man es prinzipiell als Mensch hält, sein Gesicht zu zeigen? Auch. Selbstverständlich kann man es auch wie die Presse bewusst und strategisch anwenden, wenn man eher der berechnende Kalkulator ist und die Emotion lediglich ein nützlicher Spielball für die Wirkweisen und Ziele ist. Die Risiken sind klar. Firmenblogs werden davor zurückscheuen, wollen sie doch die Kunden nicht abschrecken, heile PR Welt rollenspielen. Wissenschaftliche Blogger meiden Emo, meiden Rants. Ihnen eilt der Ruf voraus, ihrer Rolle als objektive Beobachter gerecht werden zu müssen. Die meisten, deutschen Science-Blogger halten sich dran. Die meisten Juristen-Blogger ebenso. Ergo? Jedem das seine, kürzen wir es ab:)
23.06.2011 um 12:14 Uhr
Ich finde mich vor allem im letzten Abschnitt wieder:
Danke für diesen Satz! Diese Eigenschaft schätze ich sehr an Robert Basic. Und das ist m. E. auch der Hauptgrund dafür, dass „Basic Thinking“ ohne R. Basic eben nicht einmal mehr halb so gut ist wie von und mit R. Basic.
Hier noch ein Beispiel für den Problembären in mir … ;-)
23.06.2011 um 12:15 Uhr
link kabutt
23.06.2011 um 12:24 Uhr
Einerseits hast du recht wenn es allgemein um Blogs geht. Aber nicht unbedingt im fachlichen Bereich. Schau dir die SEO-Szene an. Wer hat sich in all den Jahren einen Riesenbekanntheitsgrad aufgebaut? Sistrix. Mit Provokation? Nein, mit sachlich fundierten Analysen. Es geht also auch anders.
23.06.2011 um 12:31 Uhr
Jetzt müsste er gehen …
23.06.2011 um 12:32 Uhr
geht;)
23.06.2011 um 12:33 Uhr
@Loewenherz na, das wäre schlimm, wenn der Weg nicht gehen würde. Hier wird das Thema Brandbeschleunigung thematisiert. Nutzt es oder nicht.
23.06.2011 um 17:07 Uhr
Ich finde, es stellt sich aber auch folgende Frage:
Kann man es ehtisch Vertretten immer negative Beiträge zu Schreiben?
Würde jeder Artikel bei mir ein negativ Beitrag sein, würde mir das Bloggen irgendwann kein Spaß mehr machen.
Da ist es auch nicht entscheidend, dass man vielleicht eine große Lesergemeinschaft hat.
26.06.2011 um 17:19 Uhr
Auch „laute“ Beiträge können sachlich sein. Allein durch die Textwahl auf sachlich oder unsachlich zu schließen, ist Quark.
Oder anders ausgedrückt: Was bringt mir ein in ruhigen Worten geschriebener Text, wenn er nur Unsinn enthält.
Beiträge sollen die Meinung des Verfassers widergeben. Wenn jemand auf Krawall aus ist und dessen Texte polarisieren, ist das doch ok. Dann gönne ich demjenigen auch tausende Besucher täglich.
07.07.2011 um 12:02 Uhr
nun kommt endlich die lautstärke mit ins spiel aus einschaltquoten, information retrieval, linkanalyse und oft auch künstlich geschaffenener popularität.
so wie es auch im musikbusineß öfters zugeht, setzen sich wohl die durch, die sich technisch verstärkt profilieren.die die in diskussionen gerne lauter werden um dadurch die besseren argumente ihres gegners zu entkräften. die, die ihre texte durch die mega-anlagen mit den meterhohen lautsprecherboxen und den tausenden kanälen und sender verkünden können.
wenn der kritiker auch nur leise antworten kann.
schade.
das prinzip des sensationsjournalismus in der blogosphäre wurde 2005 schon treffend in http://www.spreeblick.com/2005/07/12/erfolgreich-bloggen-so-gehts/ persifliert.
doch aus wissenschaftlicher perspektive besteht immer noch hoffnung,
denn es galten 2002 in der wissenschaft die sich „information retrieval“ nennt schon nicht mehr die klassischen kriterien für pagerank, sondern es wurden zum beispiel innerhalb des WebTango projektes http://webtango.berkeley.edu/ 157 (!!) einzelne maße untersucht die über die qualität einer webseite entscheiden sollten..
http://sensiblochamaeleon.blogspot.com/2010/05/echte-wissenschaft-und-objektive.html
so einfach wird es also hoffentlich nicht werden, stillschweigend die gedämpften schreie der leisen sachblogger zu überbrüllen.