im Artikel „Social Media und die Unsichtbare Hand“ habe ich zum Abschluss auf die Gesetzeslage in den USA verwiesen. Die Unternehmen, aber auch Blogger und Endkunden werden dazu gesetzlich verpflichtet, sämtliche Maßnahmen offenzulegen, die zu einer positiven Empfehlung geführt haben. Und zwar wann? Sobald die Vermutung nahe liegt, dass es sich um eine positive Kundenempfehlung handelt, die durch Aktionen seitens des Unternehmens unmittelbar verursacht wurde. Banal gesprochen: Geschenke, Einladungen, Sach- und Geldsponsoring jeglicher Art, enge Beziehungen zum Unternehmen und dergleichen. Die Offenlegung ist gesetzlich verpflichtend. Sie dient zum Schutz des Verbrauchers, der in den USA vor beeinflussten aka gekauften Meinungen so gut es geht geschützt werden soll.
Erfahrungsgemäß liegt in Deutschland welche Situation vor? Zahlreiche Unternehmen aber auch dienstleistende Marketing/PR-Agenturen achten nicht bei ihrer Social Media Arbeit auf die freiwillige Offenlegung. Weder im Kontaktgebahren mit Bloggern noch mit Twitter/Facebook-Usern. Sie weisen ihre Kontakte eben nicht darauf hin, warum eine Offenlegung bestimmter Vorteile (die ich oben genannt) für alle Seiten von immens hoher Bedeutung ist. „Du, lieber Blogger, bist gerne dazu eingeladen.. und wir möchten Dich ausdrücklich darauf hinweisen, eine Offenlegung zu verfassen, wenn Du über uns schreibst. Die Offenlegung kann wie folgt aussehen… und hat folgende Gründe…„.
Ich hatte jüngst auf Haul-Videos verwiesen. Exakt diese Problematik hat in der deutschen Haul-Szene zu Turbulenzen geführt. Warum? Nicht etwa, weil die YouTublerinnen zu doof sind, sondern die Unternehmen haben es verpasst, über Offenlegungs-Gründe zu informieren. Sie verschicken Kosmetik-Geschenke. Toll! Toll? Ein Unding schlechthin, Geschenke zu verschicken und das Entscheidende „zu vergessen“. Dummheit ist ein abgeschwächtes Wort, sowohl was die Kosmetikfirma aber auch Agentur angeht. Das ist nur ein Beispiel aus vielen Szenarien (Bloggergate und renommierte Unternehmen).
Ich bin regelrecht schockiert, wie leichtsinnig Unternehmen Kunden/Blogger involvieren, ohne sie richtig und vollständig zu informieren, was die Offenlegung und Interessenskonflikte angeht. Hier wird oftmals ohne Standards gearbeitet, gemauschelt, vergessen, ganz bewusst manipuliert. Der Betroffene – nämlich der Blogger / Kunde – bekommt das Fett ab, die Reputation kann über Nacht weg sein, doch das Unternehmen sitzt es aus.
Ich hoffe, dass sich der Gesetzgeber demnächst an den USA ein Beispiel nimmt, bevor die Schadenssumme zu groß wird und zu viele Social Media Leichen den Weg pflastern. Warum die Unternehmen das nicht selbst gemeinschaftlich in die Hand nehmen? Entweder wollen sie keine Ahnung haben, sind blind und langsam im Kapieren oder sie nehmen die Konsequenzen bewusst hin. Beide Zustände sind inakzeptabel. Dem Kunden / Blogger kann man tatsächlich i.d.R. keinen Vorwurf machen, wenn er/sie in die Falle tappt Was übrigens auch zivilrechtlich im Sinne des Verbraucherschutzes so gesehen wird. Dem Unternehmen gegenüber werden höhere Anforderungen gestellt denn dem Kunden gegenüber.
07.04.2011 um 11:42 Uhr
Hier wird ein schon lange bestehendes Problem von der Presse auf Blogger und Hauler ausgeweitet. Will sagen: Verkappte „Bestechung“ von Journalisten (manchmal gezielt mit Hintergedanken, manchmal nur aus Dummheit und Gewohnheit) hat es schon immer gegeben, jetzt kommen halt Blogger und Hauler dazu. Soviel zur Frage, ob Blogger auch Journalisten sind… :-) Aber wie doof Unternehmen sein können, sieht man ja jüngst an Opel: http://meedia.de/details-topstory/article/opels-unmoralisches-angebot-an-ps-presse_100034185.html
10.04.2011 um 13:52 Uhr
Hauler.. ich muss zugeben, dass dieser Begriff definitiv nicht allgemein passt, und Haulvideos ja auch nicht alle Beauty Videos umfasst, sondern nur jene, in denen die Leute vorstellen was sie sich grad gekauft haben. Haul = Fang, Ausbeute. Es gibt auch Bloggerinnen und Youtuberinnen, die Haulvideos komplett ablehnen, da allein das Berichten über einen Kauf keinen wirklichen inhaltlichen Mehrwert darstellt sondern höchstens die User bei Stange hält und sie neugierig macht wie derjenige das Produkt findet. Neben Haul Videos gibt es zB noch Tutorials, wie man bestimmte Looks nachschminkt und nachfrisiert. Die sind meiner Einschätzung nach sogar in der Überzahl. Haul Videos sind also nur ein wirklich kleiner Teil der Beauty Videos.
Jetzt aber zum oberen Thema. Ich glaube dass sich das Problem mit der gesetzlichen Offenlegung nicht auch in dem Bereich wirkungsvoll durchsetzen lässt.
Youtuberinnen und Bloggerinnen fangen schon sehr früh an. 13 oder 14 sind die jüngsten, die mir bekannt sind. Kaum eine Bloggerin auf dem Gebiet hat in ihrem Blog zB ein Impressum.
Aber die Reputation ist ihnen in dem Fall wichtiger als gesetzliche Vorgaben.
Nach den kleinen Skandälchen von gesponsorten Sachen ist die Überlegung umgegangen wie man damit umgeht. Es gibt Leute, die lehnen Sponsoring generell ab, weil sie der Meinung sind, dass dann keine offene Meinung mehr haben kann. Andere hingegen kennzeichnen Artikel nach „selbst gekauft“ und „PR Sample“.
Ich kennzeichne meine Artikel nicht durch Grafiken, sondern erwähne den Bezugsweg in dem Artikel selbst. Dass meine Meinung nicht gekauft ist, sollte aus den Artikeln selbst ersichtlich sein. Meine Meinung ist dazu, dass man zu seinen Lesern IMMER offen sein sollte. Ich bekomme für mein Beautyblog auch von Zeit zu Zeit Sachen gestellt. Ich nehme allerdings Testprodukte nur dann an, wenn mir garantiert wird, dass keinerlei inhaltliche Vorgaben für meinen Test gemacht werden. Ich schreibe nichts schön und betrachte Produkte von allen Seiten.
Das hat für das Unternehmen den Vorteil ein ehrliches Feedback zu bekommen und für mich den Vorteil interessanten Content für mein Blog zu bekommen, ohne Geld ausgeben zu müssen. Ich kaufe ja für mich selbst nur Dinge, die ich auch wirklich gebrauchen kann und nicht hauptsächlich fürs Blog.
Eine positive Erfahrung habe ich zB mir einer Firma gemacht, die mir ein Produkt zur Verfügung stellte, welches in meinem Test nicht sehr gut weg kam. Daraufhin wurden meine Kritikpunkte sofort für das Produkt umgesetzt und es dahingehend verbessert. Für beide Seiten eine win/win Situation.
Solang es aber 13 jährige gibt, die Produkte gutreden, weil sie sie geschenkt bekommen haben, werden die Firmen nicht umdenken. Hier würde eine gesetzliche Grundlage zumindest die Firmen zum Umdenken bringen, da hast du schon recht. Die Bloggerinnen wahrscheinlich nicht.
Dass viele übrigens das Bloggen deswegen beginnen, weil sie unbedingt Free Samples haben wollen, merkt man daran, dass das Feedback auf Artikel zu gestellten Produkten zu 70% aus der Frage besteht, wie man an Free Samples kommt. Im Gegensatz zu anderen Bloggerinnen die darauf sehr aggressiv antworten versuch ichs immer ruhig zu erklären.
Man kann es den jungen Mädels nicht verdenken, wenn sie mit ihrem kleinen Taschengeld das ein oder andere Produkt umsonst haben wollen. Mit ehrlichem Bloggen hat das dann aber nichts zu tun.