Zitat von marieclaire.com
Love or hate them, an army of shopaholic video bloggers is becoming a major force in the fashion world.
Schon mal von Haul-Videos gehört? Von Haulern? Was das sein soll? Ich bin darauf gestoßen worden, nachdem mich Verena vom Bayerischen Rundfunk um ein Statement gebeten hatte, wie Blogger Werbung/Sponsoring handhaben. Warum diese Frage? Hauler werden zunehmend von der Werbeindustrie wahrgenommen und umschmeichelt. Jetzt aber zur Begriffsklärung:
Abgeleitet aus dem Englischen haul = Fang, Ausbeute, Fischzug, sind diese Videos demnach moderne Formen der Zurschaustellung von „erbeuteten“ Produkten aus dem Kosmetikbereich. Hierbei klären manche Personen in Haul-Videos nicht nur über die von ihnen gekauften Produkte und deren Herkunft auf. Sie stellen sich dabei selbst in die Öffentlichkeit, um einen gewissen Bekanntheitsgrad innerhalb der Online-Community und Freunden zu erlangen, und um über die in den Online-Plattformen üblichen Kommentarfunktionen ein Feedback über die vorgestellten Produkte und über sich selbst zu erhalten. Ähnlich wie „unboxing“-Videos bei Technikbegeisterten (early adopters), bilden die Haul-Videos demnach einen weiblichen, auf kosmetische Produkte fixierte Gegenbewegung zu der technikversessenen und eher männlich dominierten Nerd-Commnunity.
Entweder hat der Beitrag im Bayerischen Rundfunk eine Disclosure-Welle ausgelöst oder nicht, auf alle Fälle schauen wir uns zunächst ein klassisches Video mit einem Disclosure vornweg an. Von ChrissyCosmetic, die mit ihren Videos auf mittlerweile 4 Mio Views kommt:
Dieses Video wurde bisher rund 41.000x angeschaut. So ungefähr sehen alle Videos von Haulerinen aus.
Eines der US Haul-Superstars ist übrigens JuicyStar07, die mit ihren beiden Accounts auf fast 200.000.000 Views kommt. Einmal lunzen?
Mein Ohr blutet, danke :))
Was heißt das letztlich? Power! Kein Wunder, dass die Fashion-Industrie darauf abfährt:
Among the devoted viewers: executives at fashion and beauty companies. The corporate honchos are now marketing directly to the vloggers, sending loads of free stuff (bath bombs from Belle Amé, miniskirts from Hot Miami Styles) in the hopes of getting a good review. The strategy appears to be working: When an online retailer called Shoes of Prey sent Fowler a complimentary pair of gladiator heels, she discussed her glossy new shoes in a video, and nearly 200,000 visitors flooded the shoe site.
Alles supi, toll, geil, kaufen? Könnte man meinen, aber so ist es nicht ganz. Wie sieht es mit konsumkritischen Bewusstsein aus? Schauen wir uns dazu ein Video von MeinJadore an, die mit ihren Videos auf knapp 6 Mio Gesamtaufrufe kommt (lieben Dank an Cornelia Diedrichs, die mich auf dieses Video hingewiesen hat).
MeinJadore hatte anscheinend in jüngster Zeit Kritik um die Ohren gehauen bekommen. Offensichtlich ist es wie bei Bloggern und Bloglesern. Man reagiert empfindlich auf Einflussnahme und den Mangel an Disclosures:
Dazu auch das Video von Lady Firstify, die mit ihren Videos auf insgesamt knapp 500.000 Views kommt. Überschrift „die gekaufte Meinung“:
Die Welt der Hauler? Kannte ich bisher vor wenigen Wochen noch nicht wirklich, jetzt schaut es etwas anders aus. Im Vergleich zu Blogs sind die Aufrufzahlen jenseits von Gut und Böse. Das aber nur am Rande :)
Ach ja, lest die Kommentare, sehr aufschlussreich!
05.04.2011 um 11:24 Uhr
Willkommen in der Welt der Mädchenblogger (denn viele der Youtuberinnen führen nebenbei noch Blogs). Tja Hauling ist ja nur ein Teilbereich dessen was die ganze Kosmetikblogwelle ausmacht und das Sponsoring ist tatsächlich derzeit ein großes Thema.
Ich behaupte einmal es gibt im Kosmetikbereich nicht weniger Sponsoring als im Technikbereich, auch wenn es hier produktbedingt um kleinere Summen geht.
Wieso das Thema aber momentan große Wellen schlägt ist, dass die Zielgruppe für solche Beiträge oft der unsichere Teenager ist, der sich Hilfe für Anleitungen für sein Aussehen erhofft. Diese Hauptzielgruppe ist größtenteils unkritisch und noch relativ naiv, da seht jung (ab 13-19) . Es herrschte zumindest unter den zahlreichen Abonnenten auf Youtube und den verschiedenen Blogs immer die Meinung, dass es sich bei den Mädels um sowas wie die große Schwester oder das nette Nachbarsmädchen von nebenan handelt, die einem völlig selbstlos Tipps gibt.
Jetzt wo allerdings die ersten Youtube „Gurus“ ihre eigenen Firmen gründen, offen dazu stehen, dass sie eigentlich fast ihr komplettes Leben mit diesen Dingen finanzieren können, ging ein Aufschrei durch die Massen. Wenn man sich mit Blogs und Marketing auskennt, wird einen sowas nicht überraschen. Die ganzen jungen Mädels hat es überrascht, dass die Bloggerin oder Youtuberin, die sie anhimmeln plötzlich eine offizielle Firma ist, die vielleicht schon eigene Produkte auf den Markt bringt.
Negativ waren dann aber auch viele vermeintliche Gefälligkeitsvideos und Reviews von gestellten Produkten, weil die Reviewer Angst hatten, bei kritischen Beiträgen gegebenenfalls keine Produkte mehr zu bekommen.
Alles das kocht in der Beautyszene derzeit ein bisschen über und wird, vermutlich auch wegen des recht jungen Alters der Beteiligten, nicht wirklich vernünftig diskutiert.
Eine Bekannte von mir, die sich offen zu dem Thema äußerte und dabei auch Anspielungen auf verschiedene Leute machte, ohne Namen zu nennen, bekam tags drauf anonyme Drohungen, sie solle ihren Mund über diese Dinge halten. Hat ein bisschen was von Mafia.
Schlussendlich lässt sich sagen, es ist nicht alles Gold was glänzt und im Bereich Kosmetik suchen nicht weniger Leute Selbstbestätigung durch ihre gekauften Produkte als im Technikbereich, nur dass da eben viele Frauen eine Sparte besetzen und es da allein deswegen anfühlt wie in einem LKW voller Dynamit ;)
05.04.2011 um 11:26 Uhr
Ja, das ist schon eine eigene Welt. Generell sind YouTuber eine bisher noch unterschätzte „Generation“. Habe momentan sehr intensiv mit dem Thema Beauty-Blogger/ Youtuber zu tun – verfolge aber die „Stars“ schon seit 2 Jahren.
Diese „Hauls“ sind ja nur ein Teil des Contents neben Reviews, „Outfit of the day“, Tutorials etc.. Am Anfang war es auch wahnsinnig schwer für mich nachzuvollziehen, wie man sie 10 Minuten anschauen kann, wie sich jemand Lippenstift aufträgt oder was an den Videos der „Aussenseiter“ so lustig sein soll. Ehrlich gesagt: „verstehen“ kann ich es immer noch nicht ;)
Die Kids (und der Großteil der Fans uns Abonnenten ist zw. 10 und 17 Jahren) sehen sich selbst in den YouTubern wieder. Die nehmen ihre Sachen ja auch teilweise nur mit einer WebCam im Kinderzimmer auf. Und doch sehen sie die YouTuber als „Stars“. Nur eben mit anfassen und Fan-Kontakt.
Aufgrund der Reichweite und des direkten und konzentrierten Konsums der Videos durch die „Zielgruppe“ sind die YouTuber wahnsinnig interessant für unternehmen und einige verdienen mit ihren Channels nicht schlecht. Da geht die Schere zwischen Authentizität und „gekaufter“ Meinung nach und nach weit auseinander. Und dieses Thema ist bei der Generation gerade noch am Anfang.
05.04.2011 um 11:34 Uhr
@Ricarda / Stefan großartig, danke für den Input!!!
05.04.2011 um 12:05 Uhr
Wenn es um Werbung geht werden ja meist „die Professionellen“ gefragt … und ist ja auch nicht ganz falsch, was Sie, Herr Basic, da mal wieder zu Protokoll geben, aber mal im ernst: „Verhaltenskodex“? Orly? Welcher Teenager soll sich denn bitte an den Scheiß halten und warum? Warum, wenn die Werbeindustrie die authentischen Gesichter (= kein
DisclaimerDisclosure) mit noch glänzenderen Glöckchen und Glasperlen lockt? Warum, wenn es zu viele falsche Vorbilder gibt? Warum, wenn man überhaupt nicht versteht, daß man vielleicht mißbraucht wird? Warum, wenn darüber nachzudenken nervt?(Ähnlich verhält es sich mit den Massen an Hobby-SEOs, die weite Teile des WWW mit ihrem Spam zukleistern und deren Blick nur nach vorne auf ihr Konto und auf gefeierte Vorbilder gerichtet ist und nicht nach hinten auf die verwüsteten Landschaften, die sie hinterlassen.)
05.04.2011 um 12:16 Uhr
@Julius, habe den Teil mit dem Disclosure (Disclaimer ist etwas anderes) nicht verstanden.
05.04.2011 um 12:41 Uhr
Darf man gerne anders sehen und es gibt bestimmt auch Gegenbeispiele, aber mir kommt es immer noch so vor, als wolle mir die Werbeindustrie gerne positive, „authentische“ Kundenerfahrungen unterjubeln, die aber natürlich gescriptet sind: Werbespots, die Straßenbefragungen von Passanten vorspielen, scheinbar journalistische Texte in Zeitungen und Zeitschriften, die direkt von den Agenturen kommen etc. etc.
Und dann stellen irgendwelche Kinder kleine Produktvideos ins Netz oder Blogger schreiben über Produkte – authentische Gesichter, die dann auch wieder mit Pröbchen und Testgeräten gekÖdert werden.
Ich glaube der Gedanke liegt nicht ganz fern, daß viele Werbetreibende ein Interesse daran haben, daß nicht überall groß das Wort „Anzeige“ steht.
05.04.2011 um 13:07 Uhr
Was soll man als Mann dazu sagen? Außer vielleicht, ja mir bluten auch die Ohren von der Dame aus dem Video, 2Minuten, dann war Ende im Gelände bei mir.
@Julius Die Sache mit den Vorbildern, die fehlen, ist so langsam ein Henne / Ei-Problem. Wer es authentisch mag, der findet das auch, muss wohl dann aber auch damit leben, dass nicht jedes servierte Stück einem auch schmeckt. Hier ist die Frage vielmehr, wollen manche es überhaupt noch authentisch / echt oder verkriecht man sich lieber hinter schönen Fassaden? Ich sehe das einfacher, willst Du bessere Vorbilder, dann sei selbst eins!
Also mich kann man z.B. auch mit Technik oder halt Malwerkzeugen beschäftigen, auch auf Wunsch hin. Aber von Ködern kann keine Rede sein, ich serviere dann authentisch und echt, inklusiver aller Kanten und Ecken, sofern sie mir auffallen. Fakt ist, viele Hersteller sind sich da aber noch nicht so ganz klar, ob sie das wollen oder nicht.
Was Schminken und Mode angeht, kann ich nicht viel dazu beitragen. Da ich es auch da natürlich mag und nicht auf Schichten von Schminke stehe oder gar auf Stundenlange Shopping Trips. Aber auch hier liegt es wieder an jedem selbst, für Bücher dagegen könnte ich Stundenlang einen Laden belagern, ohne Rücksicht auf Verluste. :-D
Ich denke mal eine Marke im Bereich Kosmetik könnte viel erreichen, wenn sie ganz einfach Aufklärt und praktische Tipps gibt. Infos zu Gefahren und zu Naturprodukten nicht zu vergessen. Sowohl an diese Hauler als allgemein. Schwarzkopf hat da glaube vor einer Weile umgestellt und geht in diese Richtung. Den Artikel darüber finde ich gerade nicht, deshalb der direkte Link zu Schwarzkopf.
http://www.schwarzkopf.de/sk/de/home/haarstyling/tipps_und_tricks.html
05.04.2011 um 13:51 Uhr
Thx Rob! Ich kannte diese faszinierende Welt auch nicht… auch keine von den Ladies. Und die junge Dame, die jadore macht, wird von der Kamera durchaus geliebt, scheint mir.
Lange angehalten scheint die Selbsterkenntnis aber nicht zu haben, legt zumindest das Video vom 3. März nahe. Jedenfalls frag ich mich jetzt, wie Frau Jadore ungeschminkt ausschaut. Hast da vielleicht auch einen Link?
05.04.2011 um 14:06 Uhr
ungeschminkt? Oh… ungeschminkt…? Ketzer!
05.04.2011 um 14:30 Uhr
http://www.netbooknews.de/37885/kommentar-ihr-fanboys-geh/ – Hier ist noch ein sehr gutes und faszinierendes Beispiel für so einen Haul-Blogpost, der die anderen Hauler ziemlich bashed. Großes Konsumkino.
05.04.2011 um 15:06 Uhr
Klar gibt es von MeinJadore ein ungeschminktes. Ihre Foundation Routine. http://www.youtube.com/user/MeinJadore#p/u/106/GNo4XWSpRMQ
Aber sie hat auch ein Video wo sie ihre Haare ungemacht mal gezeigt hat. Sie hat nämlich eigentlich Locken.
Ungeschminkt zeigen sich übrigens sehr viele Beautys dort. Bei Foundation Routine oder Tutorials kommt man ja gar nicht drum herum sich ungeschminkt zu zeigen. :)
05.04.2011 um 20:11 Uhr
Ich habs bis Minute 3:40 geschafft ;-) – musste das auch mal lernen für einen Job, also welche Schminkteile es gibt, wie die heissen, wie man die benutzt… Nun, nix für Männer. Was gut zeigt, wie zielgruppenspezifisch die Videos sind.
Wer versucht, sich zu schminken, wird verstehen, warum die Videos so rocken. Das hat wenig mit Marketing zu tun, ausser, das die meisten Firmen immer noch nicht verstanden haben, was Wissensgesellschaft für Ihre Kunden meint ;-)
Wir haben der Zielgruppe darunter – so 6-12 – gezeigt, wie schminken geht. War die erfolgreichste von vielen Sites aus meiner Zeit bei der Firma… Lange vor Blogs ;-)
06.04.2011 um 07:35 Uhr
Ich kenne die „Mädels“ schon länger und hier steht noch vieles auf Anfang, denn wird man durch die YT videos erst einmal entdeckt, bekommt man durch die Industrie schnell mal ein paar Sachen „gestellt“. Einige können nur durch die Channels leben und hätte die auch eine eigene Page, würden die das x-fache damit verdienen. An den channels verdient YT mehr wie wenn man einen eigenen (V-) Blog hat, weil der traffic ja nur auf YT aufläuft und adsense dort auch geringer ausfällt. Für die Hersteller ein Dorado weil man so auf „ehrliche“ Weise seine Produkte an die Frau bringen kann.