Asymmetrische Kriegführung ist:

…auch Kriegsführung, bezeichnet die Art einer militärischen Auseinandersetzung unter Parteien, die waffentechnisch und strategisch stark unterschiedlich ausgerichtet sind. Typischerweise ist eine der beteiligten Kriegsparteien waffentechnisch und zahlenmäßig so überlegen, dass die andere oder anderen Kriegsparteien militärisch in offen geführten Gefechten nicht gewinnen können. Langfristig können jedoch der überlegenen Partei zugefügte nadelstichartige Verluste durch Zermürbung zum Rückzug der eigentlich stärkeren Kriegspartei führen.

Bis dato wurden die positiven Seiten – im Zuge der unzähligen „Social Media“ Diskussionen – aufgezeigt, dass es eigentliche eine tolle Sache sei, wenn Kunden näher ans Unternehmen heranrücken und die Unternehmen sich öffnen. Und wie Unternehmen sich schwer damit tun. Alles schön und gut. Doch, was ist eigentlich mit dem Kunden selbst?

Wer schon einmal mit Kunden zu tun gehabt hat (ob nun mit externen Kunden oder internen Kunden aka Support), weiß um die Problematik: Kunden lügen, betrügen, verzerren Sachverhalte, handeln und schimpfen in völliger Unwissenheit. Immer? Nicht immer, aber gerne immer wieder. Wer kennt das nicht? Man – der Kunde – hat ein Problem, ruft den Support an, das dauert und dauert, irgendwann bemüht man das Netz und kotzt sich öffentlich aus. Die Firma sei inkompetent, habe keine Ahnung, es ist eh ein Scheißprodukt. Natürlich ist der Kunde auf einmal der beste Kenner der Materie, hat Ahnung über Organisatorik, Arbeitsabläufe, Marketing, Produktmanagement, der beste Mitarbeiter ever. Mister Oberschlau kotzt sich aus „wenn ich den Laden führen würde, würde das alles besser laufen“ (und schaut auf seinen Gehaltsauszug, 1.400 Euro Brutto, dem Kompetenznachweis seiner Fähigkeiten). Mister Oberschlau kompensiert seine Unfähigkeit, nutzt die öffentliche Bühne, um seinen eigenen Frust abzulassen. Und auf keinen Fall würde er öffentlich jemals seine Blödheit eingestehen, wenn er erkennt, dass er im Unrecht ist, die Firma im Recht.

Das Blöde ist? Die Firma kann sich kaum wehren. Wie soll sie denn auch öffentlich kundtun, dass der Kunde zu doof war, mit dem Produkt korrekt umzugehen? Nicht etwa, weil das Produkt so komplex ist, sondern der Kunde schlichtweg zu doof ist. Dazu auch noch ziemlich verquere Dinge behauptet, felsenfest Dinge in den Raum stellt, die offensichtlich Lügenkonstrukte sind. Die Firma darf – Kunde Doofmann ist ja König – ruhig bleiben, muss sich Kritik gefallen lassen, sonst ist sie ja weder offen noch dialogbereit.

Wie, der Kunde beschimpft, verunglimpft, beleidigt die Firma, die Mitarbeiter? Und die Firma mahnt ab? Kumbaya, wir halten uns alle an den Händen und halten dem Kunden – aka Lügenbolzen und Beleidiger – die Patschehändchen. Die plöde Firma holt die pöse Rechtskeule heraus. Wie kann sie nur? Sobald aber jemand von den Kumbaya-Gruppentierchen auf der Straße beleidigt wird, läuft er umgehend zu Polizei und krakelt herum, Strafanzeige, Beleidigung, wie kann der Nachbar nur?

Kunden können echte Nervbolzen sein. Und sie nutzen das weidlich aus. Gerade das Netz verschafft diesen „netten“ Kunden ein super Feld, um sich auszutoben, ihre Anspruchshaltung und Arroganz vermeintlich als „ich armer Kunde, du doofe Firma“-Botschaft einzupacken, um Mitkrakeler und Mitleidserbarmer zu suchen. Gruppendynamische Effekte verstärken den Kundendruck. Meinungen schaukeln sich auf, andere Motzköpfe gesellen sich dazu. Bilden förmlich einen Mob.

Und in der Firma? Fragt der Oberboss nach, warum da draußen eigentlich so ein Geschrei herrscht? Ne, er fragt nicht nach, sondern holt den Hammer raus, denn die Schuld trägt stets eine arme Sau im Support. Bauernopfer. Dem Kunden ist das Jacke wie Hose, dass Mitarbeiter unter seinem obszönen Verhalten leiden. Der Kunde ist ja König.

Welche Firma traut sich zu sagen, dass Social Media auch asymmetrische Kriegsführungsprobleme nach sich zieht? Muss sie dann gleich verschlossen, zu blöd zum Kapieren der Umstände sein, ein Verkenner der Chancen im Netz? Wenn sie Social Media und zuviel Kundennähe meidet? Nein, sie ist lediglich ratlos, wie man mit diesen motzenden Kunden umgehen soll, sobald es um öffentliche Schauspiele geht.

Social Media? Vermutlich wird sich der Produktpreis erhöhen, über den Schmerzensgeldaufschlag. Kunde ist König, Brötchengeber, Narr und Arschloch zugleich. Aber das wissen wir schon lange. Es zeigt sich im Netz nur deutlicher.