Am vergangenen Mittwoch fand bei Grey in Düsseldorf der Twittwoch statt. Nach der Veranstaltung traf ich Frank Dopheide, der Chairman bei Grey ist. Wir unterhielten uns über sein Buchprojekt „Die Strahler“. Und hatten für den Folgetag ein Videointerview vereinbart, denn ich finde die Idee dahinter vorstellungswürdig.
Vorab, wer vorab wissen möchte, um was es in dem Buch geht, kann sich das vom Frank vorlesen lassen (von André aufgenommen):
Kommen wir zum Interview. Im Interview geht Frank auf Ehrenamt-Probleme, Corporate Social Responsibility, die Buchidee, das Gesamtkonzept, aber auch die Rolle des Internets ein. Grundidee ist, dass Dritte Inhalte für ein Folgebuch beitragen und durch ein Engagement weiterer Unternehmen zusätzliche Einnahmen für das deutsche Kinderzentrum für herz- und krebskranke Kinder generiert werden können (die Einnahmen aus dem Buch gehen nicht in die Taschen von Frank/Grey). Zum Buch – das bald erscheinen wird- gibt es übrigens auch eine Facebook-Page.
Vorhang auf:
Danke für das Gespräch, Frank!
04.09.2010 um 08:32 Uhr
Sehr schönes Interview unterstützt wo hier könnt, wir freuen uns auch über ein gefällt mir auf Facebook
04.09.2010 um 08:53 Uhr
Ja, also wissen sie, einer unserer größten Kunden ist ja E.ON, und die haben immer noch nen voll großen Anteil so an Atomstrom. Das variiert so zwischen 14 und 41%, je nach Region.
Und da hab ich mir gedacht, wir nehmen mal das Logo von der Radioaktivität, pappen das vorne drauf und reden drin über „gute“ Aktivitäten, so im storyteller-style, wegen der authenticity. Damit man da mal ’nen positiveren Ton reinkriegt und nicht dauernd alle über Endlager und so reden.
Und weil die Leute wegen diesem Internet ja jetzt glauben, wenn sie bei irgendeiner bescheuerten Pseudo-Gutmenschen-Aktion einer profit-geilen Firma Mitglied auf der Facebook-FanSite werden, würde die Welt ein Stück besser werden, machen wir jetzt auch Social Media. Wie geil ist das denn bitte?
Damit bedienen wir pro-aktiv die „Heile Welt wär‘ doch schön“-Momente der Konsumenten. Dann sind sie noch verwirrt glücklicher und gehen noch weniger auf die Strasse, um gegen die krassen Ungerechtigkeiten unserer Kunden zu demonstrieren. Also bitte ganz viel klicken, kommentieren und so – wir monitoren alles und lachen uns einen Ast.
Wir sind ja die Profis, wenn es darum geht, die Schwächen der Menschen auszunutzen, um sie von den eigentlich wichtigen Problemen abzulenken, hauptsächlich davon, dass unser ganzes System total verkorkst ist.
Naja, und seit über zwei Jahren red‘ ich mir ja jetzt den Mund wund, um zu erklären, das es jetzt um Emotionalität geht. Wie in dem SZ-Interview, in dem sag ich doch ganz klar: „Werbung muss Glücksgefühle auslösen. Wie beim Koksen“ – Nun haben meine Praktikanten mir gesagt, dass Koksen jetzt uncool ist und alle irgendwie social. Dann laber ich halt ein wenig über Ehrenamt. Das ist drogenfrei -Da kann keiner was gegen sagen.
Jetzt ist es ja unsere Aufgabe, Wünsche zu kreieren für Dinge, von denen ich gestern noch nicht wusste, dass ich sie heute unbedingt haben muss. (Zitat aus SZ-Interview) Das ist die beste Methode, um Menschen von den wirklichen grundlegenden Herausforderungen ihres Lebens abzulenken.
Der Tasso (Enzweiler) von unserer Schwesteragentur Hering Schuppener ist ja voll der Hengst, was politische Kommunikation angeht. Der war ja auch vorher Geschäftsführer bei der Initiative Soziale Marktwirtschaft und inspiriert total so im Agenda Setting, Campaigning, Issues Management, Corporate Responsibility und strategischer Positionierung. (Pause) Tolle Worte, oder? Ich fand Propaganda klang einfach doof.
So, jetzt stellen ’se mal ihr kleines Video online. Wenn ich richtig informiert bin, sind sie ja so ein Influencer in dieser Szene der neunmalklugen, „ich google mir meine Wahrheit selbst zusammen“ Blocker-Kreise. Ganz ehrlich. „Blocker“ – das klingt irgendwie negativ. Sind sie denn nicht glücklich?
04.09.2010 um 10:27 Uhr
Mh komisch, dass E.ON gar nicht mehr Kunde ist und das ein rein privates Projekt ist.
Naja manche finden an allen Sachen was zu nörgeln.
Wüsche ihnen, dass sie / angehörige nicht mal auf so eine Station müssen!
04.09.2010 um 10:40 Uhr
@Jens, musste gut schmunzeln ob der vielen Worte. Nicht ganz verstanden, was Du sagen willst, nehme an, findest das Projekt doof, weil es irgendwas mit Wirtschaft zu tun hat und Ökonomie grundsätzlich zielgetrieben im egoistischen Sinne gewertet wird? Hessisch knackig kurz, oder:) Ich finds klasse, da es gute Eckpunkte hat, pfiffig ist.
04.09.2010 um 10:55 Uhr
(deleted by admin)
Und tatsächlich, die Gutmenschen bei DDB haben jetzt den EON-Etat. Aber der nächste Pitch kommt bestimmt……
Mh, wenn „Nörgeln“ für dich ein Synonym für „Kritisch bleiben“ ist – dann, yo, nehm‘ ich das mal als Kompliment.
Und weil du so schön argumente-frei geblieben bist in deiner reply noch einen Nachtisch für dich:
OooooH, und ja, das ist bestimmt keine schöne Sache, auf einer Kinderkrebsstation zu sein. Ich wünsche es DIR und DEINEN Angehörigen auch nicht. (deleted by admin)
04.09.2010 um 11:02 Uhr
Jens, wir kennen uns und soweit Du mich kennst, kann ich es nicht ab, wenn man im Zwischenmenschlichen den Respekt vermissen lässt. Daher habe ich Deinen Beitrag gekickt, der vor lauter persönlichen Rumgebashe nur so trieft.
04.09.2010 um 11:09 Uhr
@robert
Will sagen, dem Chef einer Propaganda-, sorry, Werbeagentur, der sich eindeutig in Interviews zu den Aufgaben seiner Branche äußert, kann man schwer Unüberlegheit unterstellen, wenn er ausgerechnet das Radioaktivitäts-Logo benutzt, wenn er ein inhaltlich sicher total bewegendes und wichtiges Kinderbuch verkaufen will.
Jemand, der beruflich über die Beeinflussung der Öffentlichkeit u.a. durch Bildsprache nachdenkt und der sich auch mal der Atomindustrie verdingt hatte…..naja, der sollte sich der Bedeutung des Radioaktivitäts-Logos bewusst sein.
Positive Neubesetzung dieses Logos in nachwachsenden Generationen durch ein vielleicht erfolgreiches Kinderbuch ist vielleicht ein unbeabsichtigter Nebeneffekt, aber man weiss ja nie….
Aber Hauptsache, wir drücken alle mal auf der Facebook-Fanpage aus, wie wichtig wir dieses Engagement finden. Gehen die Einnahmen aus dem Buch eigentlich als Spende an die Kinderkrebsforschung?
04.09.2010 um 11:22 Uhr
@Robert
„Piss die Wand an“ ist eine Hommage an die herausragende Performance von Johnny Depp in „Donnie Brasco“ –
http://www.youtube.com/watch?v=gK6MUiEW5fo
Wie würdest du reagieren, wenn ein Nachwuchsblogger und Junior Werbeberater mit so schlagkräftigen Argumenten wie „Naja manche finden an allen Sachen was zu nörgeln.“ auf einen Text von dir antwortet?
Man könnte es einfach missachten, klar. Aber man könnte auch versuchen, ihn aus der Reserve zu locken, weil man sich denkt „Der versteht nicht mal im Ansatz, was ich sage“?
Ach das waren noch Zeiten, als man sich schön ein wenig battlen konnte und es einfach nur um die Sache ging. Heute ist der ein oder andere ja schon beleidigt, wenn man ihn „Werber“ nennt…
04.09.2010 um 11:23 Uhr
@Jens Best Ich weiß zwar nicht was ein E-ON Etat mit der Hilfe für krebskranke Kinder zu tun hat und auch nicht was Du hier versucht zu sagen, aber ich finde es definitiv daneben, um es noch milde auszudrücken!
Da ich selbst schon verschiedene ehrenamtliche Tätigkeiten hinter mir habe, weiß ich, es wird jeder Cent gebraucht. Und ja ich hätte mir oft gewünscht, das viele wohltätige Aktionen professioneller umgesetzt hätten werden können.
Man Man, wie auch immer, wenn Du persönliche Probleme mit Grey oder Mitarbeitern hast, dann geh hin und kläre das vor Ort, aber lass deinen Unfug nicht bei Aktionen raus die damit nichts zu tun haben.
Was bleibt zu sagen, den Strahlern viel Erfolg und viele Einnahmen für die Kinder, würde ich meinen!
04.09.2010 um 11:39 Uhr
@Frank
Wer „Ehemaliger Atom-Werber macht Kinderbuch mit Radioaktivitätszeichen“ gut findet,
dem gefällt auch „greenwashing“ und „astroturfing“.
.
Und „for the sake of the poor kids“ – du hast recht. peace.
PS: Wann war eigentlich nochmal das wöchentliche Düsseldorfer „Ringelpiez mit Anfassen“-Meeting. Ihr wisst schon, wo wir uns danach immer alle so lieb haben. Hier das Video vom letzten Treffen:
http://www.youtube.com/watch?v=Gmouvlr0R6E
04.09.2010 um 16:05 Uhr
Gray hat den E.ON Werbeetat in Sachen „gesellschaftliche Akzeptanz der Kernenergie“.
Jetzt hat sich der Robert vor den Karren spannen lassen. Traurig
04.09.2010 um 17:17 Uhr
@Molotok
Nun, die Firma heisst GrEy nicht GrAy.
Könntest du uns auch einen Link zur Quelle dieser interessanten Information geben? Der geneigte und tastenflinke Leser findet nämlich diesbezüglich nichts bei Google, Wikipedia usw. in der gegebenen Kürze.
05.09.2010 um 08:26 Uhr
So, damit ich mir nicht noch mehr Betroffenheits-Geweine von engagierten Jung-Marketing-Menschen anhören muss, die meinen es wichtig finden zu müssen, dass es mehr „professionelle“ Wohltätigkeit gibt ->
Hier ein schönes Video der 250 Jahre alten Royal Society for the encouragement of Arts, Manufactures and Commerce (RSA) über „Charity – First tragedy, then FARCE“
http://www.youtube.com/watch?v=hpAMbpQ8J7g
Jemand, der mich kritisieren will, weil ich die selbst-beweihräuchernde Wohltätigkeit eines Atom-Werbers als Beleidigung jedes denkenden sozialen Menschen empfinde, sollte dieses Video zuerst schauen und dann gerne versuchen einen spannenden Argumentationspunkt zu finden.
Bis dahin gilt, dass das was der Grey-Chef hier macht nichts weiter ist als ein copycat/eine Variation von „Product Red“ und dass man sich bei ihm allgemein nicht sicher sein kann, was sein Antrieb ist.
„Creative Social Responsibility“, wie Dopheide es im Video nennt, ist imho nichts weiter als der Versuch das schlechte Gewissen, das aus der „eigentlichen“ Arbeit entsteht, ein wenig zu streicheln.
05.09.2010 um 09:25 Uhr
Danke Jens, das Video ist toll gemacht und hochinteressant.
05.09.2010 um 09:54 Uhr
Kann ich Jürgen nur zustimme, wirklich toll gemacht, kannte ich noch gar nicht!
Sehr sehr geil gemacht, danke für den Hinweis