Das Leistungsschutzrecht ist vom Bundestag verabschiedet und steht laut Expertenmeinungen kurz vor der Ratifizierung. Zahlreiche Unsicherheiten gingen durch die Netzlande, ob man als Blogger betroffen sei. Meine klare Kante und Meinung dazu, wenn man das Gesetz liest (genauer: Änderungen am Urheberrechtsgesetz), könnt Ihr im separaten Artikel nachlesen. Nein, es betrifft uns nicht. Wir können eindeutig weiter wie gehabt zitieren. Die Dummen sind lediglich Newsaggregatoren und Suchmaschischenanbieter wie Google.
In diesem Sinne wäre es doch im klaren Interesse seitens der bekanntesten Medien – die online ausschließlich von Wahrnehmung leben – Blogger zu ermutigen, weiterhin auf Quellen zu verweisen und wie gehabt zu zitieren. Ein klares Statement müsste doch drin sein. Kein Problem?
Ich habe folgende Verlage – die am meisten verlinkten Medienorgane im deutschen Netz – um ein Statement gebeten. Wie man denn zu dem Zitatrecht und Zitaten der Blogger stehen würde, die sich auf die jeweiligen Medienquellen beziehen.
– FAZ (Stellungnahme liegt vor, siehe Update)
– WAZ
– Spiegel (Stellungnahme liegt vor)
– ZEIT (Stellungnahme liegt vor)
– Axel Springer (Stellungnahme liegt vor, siehe Update)
– Focus (Burda Verlag)
– Süddeutsche (Stellungnahme liegt vor, siehe Update)
Die Werkwoche ist fast um und bisher habe ich lediglich eine klare Meinung seitens der ZEIT
Nachdem das Gesetz relativ kurzfristig geändert wurde und auch noch nicht ratifiziert wurde, sind wir selber noch dabei, die spätere Nutzung und Sachlage zu eruieren. Klar ist, dass wir auch weiterhin in der Blogospähre stattfinden möchten und weiterhin von Bloggern verlinkt werden möchten, solange diese uns im bisher gelebten Umfang zitieren. Die Anwendung des LSR richtet sich ohnehin nur gegen Aggregatoren, die unsere Inhalte zu kommerziellen Zwecken nutzen. Hier werden wir im Einzelfall entscheiden ( Silvie Rundel, Leiterin Unternehmenskommunikation und Veranstaltungen)
Extreme Zurückhaltung beim Spiegel Verlag
Ein Telefonat mit der Unternehmenskommunikation ergab im Grunde nichts. Man hatte mir ein Statement aus Gründen verweigert. Die Gründe wären? Das Gesetz sei nicht ratifiziert. Zudem stehe man hinter der Haltung des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger pro LSR. Und außerdem müsse man sich intern noch mit den Redaktionen abstimmen. Diese Haltung ist seitens des Spiegel in meinen Augen eine klare Enttäuschung. Ein Organ, das auf seine Geschichte als Demokratiewächter stolz sein kann. Und wenn es um Meinungsfreiheit und Stärkung der Meinungsfreiheit nicht nur für den Spiegel, sondern auch um die der Bürger und Blogger geht, versagt Spiegel klare Kante zu zeigen. Ausgerechnet der Spiegel! Es ist irrelevant, dass sich der Spiegel vor der Abstimmung im Bundestag öffentlich geäußert hatte, dass man weiterhin zitiert werden möchte. Altes Spiel. Neues Gesetz, neue Änderungen, neues Spiel, klare Ansage, Fehlanzeige!
Ein Anruf bei der FAZ ergab nichts. Man stehe zwar auch hinter der Meinung des VDZs, aber offiziell wolle man mir etwas sagen, wenn ich per Mail mein Anliegen äußern würde. Getan, aber unbeantwortet. Seit Montag Schweigen, erneute Anfrage ergab nichts. Siehe Update, FAZ hat sich mittlerweile gemeldet.
Blogger bekommen keine Sicherheit durch die Verlage
Weitere Anrufe bei anderen Verlagen ergaben klassisches Ping-Pong. Man müsse mich hierin und dorthin verweisen, Zuständigkeit und dies und jenes. Niemand drängelt sich vor. Der Grundtenor klingt beinahe so, als wären die professionellen Medien und Wächter der Demokatrie nicht in der Lage, professionell zu agieren, wenn es mal selbst um klare Meinugsbekundung in eigener Sache geht. Ich bin absolut erstaunt und auch froh, dass mein einfaches Experiment und Anliegen so auf Widerstand und Schwierigkeiten stößt.
Anstatt Sicherheit für Blogger verkünden zu können, stelle ich fest, wie extrem verunsichert die Großmedien sind. Starkes Stück deutscher Mediengeschichte. Die ZEIT hält bisher alleine die Fackel hoch, uns Blogger als Medienmacher zu unterstützen und Sicherheit zu geben. Das ist an breiter Front zu wenig bisher! Für mich ein weiterer Indikator, die Rolle der Blogger stärken zu müssen. Wir brauchen mehr als nur die bisherigen Medien, die im Alltag des Wettbewerbsdrucks und Wandels im eigenen Interessenssaft gefangen sind. Freie Meinung und klare Kante sind Aufgabe von uns allen, das wir der Presse nicht überlassen dürfen.
Wie es weitergeht? Sobald neue Statements oder nicht hereinkommen, werde ich den Artikel updaten.
Updates
– Der Chefredakteur der Süddeutschen verweist explizit auf die Copyright-Regelung des Verlages. Die weiterhin nichts anderes besagt, dass Zitieren ob nun mit oder ohne LSR weiterhin für Blogger keine Probleme darstellt.
– Die FAZ äußert sich ausführlich zum LSR
– Axel Springer gibt ebenfalls Entwarnung
07.03.2013 um 15:34 Uhr
Robert, ich weiß nicht, wie andere Blogger das halten und wie „weh“ ein nicht zitieren können von Zeitschriften denen tut.
Für mich ist die Entscheidung aber definitiv gefallen. Im Blog habe ich (wie heise, golem etc.) eine Klarstellung (http://bit.ly/13HpBRA) veröffentlicht. Ansonsten werde ich nicht mehr auf die gängigen deutschen Zeitschriften/Verlage verlinken – gibt in der Tech-Szene eh genügend US-Medien, die da relevanter sind.
Zudem kann ich als Blogger durchaus Phantasie walten lassen und Informationen aus Quellen im Wortsinn inhaltlich wiedergeben (bei xyz findet sich ein Hinweis, das …). Wo man früher einen Link für den Leser gesetzt hat, lässt man das halt jetzt weg. Damit bleibt für die Verlage eigentlich nur noch, sich irgendwo möglichst breit in einer LSR-Whitelist aufzustellen, um von der Blogosphäre überhaupt noch berücksichtigt zu werden.
07.03.2013 um 15:37 Uhr
Ich halte es für völlig normal, dass man seitens der LSR-Befürworter ohne Not keine Statements dazu rausrotzt.
Der Nutzen ist gleich Null. Und der potentielle Schaden groß.
Umgekehrt sollte man als Blogger nicht auf irgendwelche Statements von Verlagsheinis setzen, sondern sich den Gesetzestext anschauen. Der ist in Bezug auf Blogger recht eindeutig.
LG vom Wannsee,
Sebastian
07.03.2013 um 16:51 Uhr
Ich glaube dass diese Frage von etlichen Entscheidern in den Verlagen ohnehin falsch verstanden würde. Für die existiert die klare Dichotomie „Medienunternehmen, Geld, Professionalität, Qualitätsjournalismus“ und „Blogger, Hobbyschreiber, Freizeitbeschäftigung“. Wenn Du also ggf. die Antwort erhältst, dass Zitieren für Blogger in Ordnung wäre, dann kann das aus reiner Jovialität heraus geschehen. Das bedeutet, wenn du anfängst etwas mehr als einen Zuverdienst oder einen bescheidenen Lebensunterhalt aus deiner Bloggerei zu bestreiten und unter Umständen sogar eine kleine Redaktion aufbaust, dann bis du ohne gut gefüllte Kriegskasse zwangsläufig Kanonenfutter für deren Rechtsabteilung.
Das mag sehr pessimistisch klingen, aber ich befürchte, dass in den Chefetagen der Verlage keine Minute vergeht, in der nicht irgendjemand an einem Plan arbeitet, mit dem die gute alte Zeit (TM) wieder hergestellt werden kann. Es dürfte auch nicht mehr lange dauern, bis irgendjemand mit der Idee „Sendelizenzen“ für das Internet zu verteilen, um die Ecke kommt.
08.03.2013 um 10:51 Uhr
Naja, der Heise – Verlag hat dazu auch ein ziemlich deutliches Statement abgegeben – öffentlich auf der Webseite. Also ist die Zeit nicht alleine….
08.03.2013 um 11:05 Uhr
Es gibt immer mehr Verlage, die sich von der Verlegerzwangsabgabe Leistungsschutzrecht distanzieren. iBusiness.de beispielsweise erlaubt seit vielen Jahren ausdrücklich die faire Verlinkung und die Übernahme der Anlauftexte: http://www.ibusiness.de/aktuell/db/417814jg.html
08.03.2013 um 13:06 Uhr
Es werden wohl erst wieder Grundsatzentscheidungen aus Karlsruhe dazu kommen müssen. Und bis dahin fließen Hunderttausende Euro an Medienrechts-Anwälte und es werden sich viele Verlage mit kleinen Publizisten herumschlagen.
Dabei ist das Urheberrecht mehr als deutlich und unmissverständlich: Zitieren nie ohne Quelle, nie ohne Einordnung, nie ohne konkreten Bezug, Zitatrecht nur im Rahmen des Nötigen und gerade in diesem Zusammenhang nur mit konkretem Bezug.
Wer also passagenweise zitiert oder fast wortgleich indirekt wiedergibt ohne gute Begründung, wird vor Gericht verlieren. War bisher so, wird auch so bleiben. LSR, ab in die Tonne.
08.03.2013 um 14:47 Uhr
Hat die Zeit wirklich „Blogospähre“ geschrieben?
08.03.2013 um 19:48 Uhr
Hier werden die ersten Klagen wahrscheinlich erst die nötige Klarheit bringen, denn egal wer es tut, wenn ein Kläger eine Überschrift für schützenswert erachtet und damit durchkommt, sind Hyperlinks lizenzpflichtig und dann betrifft es einfach jeden, besonders uns Blogger.
08.03.2013 um 21:24 Uhr
Ich hatte auch einige Verlage angefragt, besonders im Bezug auf Net-News-Express. Dieses könnte ja als Nachrichtenaggregat aufgefasst werden. Wir sind dort nun dazu übergegangen wesentlich weniger aus dem Mainstream einzustellen und viel mehr Blogs. (Dadurch bin ich übrigens auch hier auf der Seite gelandet ;) )
Einige Verlage haben sehr schnell geantwortet, wie zum Beispiel Heise, Spiegel war telefonisch sofort begeistert und meinte „nein auf jeden Fall weitermachen“ schriftlich aber bisher kein Feedback. Ich denke die Verlage sind sich nicht wirklich klar, was das für die wirklich bedeutet, wenn die aus der Blogosphäre verschwinden. Immer mehr Menschen informieren sich abseits des Mainstreams und bisher nimmt diese Dynamik nicht ab.
Wozu das Leistungsschutzrecht dienen soll, weiss nur der liebe Gott. Normal reicht das Urheberrecht und jene auf die das LSR angeblich zielen sollte, wurden ausgeklammert.
Mal wieder blinder aktivismus der auf die falschen zielt. Können die Verlage nur hoffen, das es nicht zu einem Eigentor wird.
08.03.2013 um 23:37 Uhr
@jens blecker: „…Immer mehr Menschen informieren sich abseits des Mainstreams und bisher nimmt diese Dynamik nicht ab…“ kannst du das mit zahlen belegen?
09.03.2013 um 00:44 Uhr
Wie ist es denn andersrum? Darf eine Zeitung in Zukunft noch kostenlos aus einem Blog zitieren?
09.03.2013 um 16:27 Uhr
nicht vergessen: jeder von uns stirbt allein.
.~.
11.03.2013 um 12:07 Uhr
Was mich nur wundert: die Befürworter des LSR müssen doch eigentlich schon vorher eine Vorstellung gehabt haben, wofür das Gesetz gut sein und wie es aus ihrer Sicht von Anderen berücksichtigt werden soll. Jetzt stellt es sich so dar, als ob man überrascht sei und eigentlich noch gar keine eigene Meinung habe, wie man sich konkret daran zu halten habe.
Aber siehe da, selbst das wissen sie nicht.
11.03.2013 um 21:19 Uhr
>Die Dummen sind lediglich Newsaggregatoren und Suchmaschischenanbieter wie Google.
Seriöse Newscrawler/Suchmaschinen können mit „robots.txt“ durchaus etwas anfangen. Man kann die Suchmaschinen/Aggregatoren also einfach ausschließen – dann werden diese Bereiche allerdings auch nicht in den Suchergebnissen gelistet. Also möchte man offenbar am liebsten beides – die Nutzer sollen die Seite (über eine Suchmaschine) finden UND die Suchmaschinenbetreiber sollen dafür eine Kleinigkeit zahlen :augen roll:
Edit: >Darf eine Zeitung in Zukunft noch kostenlos aus einem Blog zitieren?
Mir fällt in diesem Zusammenhang die Tagesschau ein – „Quelle: Internet“ oder „Quelle: Internet-Video“.
12.03.2013 um 09:46 Uhr
Uns gibt es ja auch noch — und wir haben gleich klargemacht, dass sich an unseren seit längerem bewährten Zitatregeln nichts ändern wird: sz.de/copyright. Herzlich, Stefan Plöchinger, Chefredakteur SZ.de
12.03.2013 um 09:49 Uhr
Tip top und besten Dank!!
Werde ich oben gerne updaten