Es ist prinzipiell nie einfach, Kommunikationsziele zu erreichen, klar. Es wäre allen Unternehmen lieb, wenn die klassische Presse aber auch moderne Netzlandschaft alles aufsaugen und verteilen würde, was man ihnen so dahingibt. Reines Wunschdenken und kein Problem für mich. Davon rede ich demnach nicht.

Wovon ich hier sprechen möchte, ist ein spezielles Problem im Umgang mit Bloggern. Die sich in den vielen Jahren als Muster herauskristallisiert haben. Vorneweg: Wir Menschen sind Erfahrungstierchen. Wir leben und zehren von unseren Erfahrungen. Als Individuen und in der Gruppe. Bis gute und schlechte Erfahrungen als Allgemeinwissen gelten, inlusive der Frage, wie man schlechte Erfahrungen vermeidet, dauert es teilweise Jahrzehnte und manchmal sogar länger. Die Kommunikation der Unternehmen mit Bloggern ist ein Zeitproblem.

time will tell

Warum schreibt der Blogger nix?

1. Wer Blogger zu Events einlädt, muss damit rechnen, dass der Blogger entweder nichts schreibt oder aber Wochen nach dem dann kalten Event ein Artikelchen vom Stapel lässt. Es ist nicht so, dass die Unternehmen weder der Presse noch den Bloggern vorschreiben, was sie zu schreiben haben und auch nicht dazu zwingen. Aber, bei der geladenen Presse gehen sie aufgrund ihrer Erfahrungen davon aus, dass in der Regel (!) ein Artikel erscheint. Sie sind daran gewöhnt. Und Gewohnheiten legt man nicht ab, man verallgemeinert sie sogar. Bei den Bloggern macht man sich sogar mehr Mühe. Man sucht mühsam Blogger aus, telefoniert mit ihnen, bequatscht das Event, stößt auf reges Interesse und erfährt sogar eine aktivere Teilnahme am Event denn bei den abgebrühten Journalisten. Man bekommt demnach ein förmlich tolles Bild vom Blogger, der mit Herzblut am Thema hängt.

Doch dann? Nichts, eben wie gesagt. Nichts kommt danach oder nur sehr viel später. Das passiert nicht in der Regel immer, aber es passiert häufiger denn bei der Presse. So führt die gestiegene Erwartungshaltung durch die Kommunikation vor dem Event und während des Events seitens des Unternehmens aber auch der beauftragten Agentur zu einer deutlicheren Negativreaktion. Man ist enttäuscht! Die Agentur ist dem Auftraggeber gegenüber in Erklärungsnöten, warum manchmal bis zu 1/3 (oder sogar mehr) der geladenen Blogger nichts von sich hören lassen. Das Unternehmen denkt sich, wozu die Mühe, wenn die „no-show“ Schreibrate so hoch ausfällt, so markant höher als bei der Presse? Wozu die Mühe mit einzelnen Bloggern, die doch sowieso weder eine Marke sind im Gegensatz zur Presse und nicht einmal deren Reichweite aufweisen? Das bisschen Entgegenkommen trotz all der Marken- und Reichweitenprobleme der Blogger wird dann so belohnt? Das wurmt die Unternehmen.

Das Ergebnis? Die Summe der Erfahrungen führt dazu, dass Blogger in einen Topf geschmissen werden. Die Blogger, die schnell sind und die Blogger, die lahm sind. Am Ende des Tages haben „die Blogger“ ihren Ruf weg, schwierig zu sein. Nicht zu vertauschen mit kritisch, dagegen haben die meisten Unternehmen wirklich nichts, im Gegenteil (wir reden von Kritik und nicht Rants!).

Heilmittel?

Was können Unternehmen/Agenturen tun? Ein Verständnis dafür gewinnen, dass Blogger keine bezahlten Journalisten sind, die für Geld schreiben müssen, weil das eben ihr Job ist. Wir würden salopp „locker machen“ sagen. Aber Unternehmen können nicht „locker“ sein, da Mitarbeiter für ihre Jobs bezahlt werden und sich vor dem Chef nicht gerne locker machen, wenn es um Ziele und Geldausgaben geht. Wozu das Risiko eingehen, knappe Kommunikationsressourcen in als unzuverlässig geltende Blogger investieren?

Und was ist mit der Erwartungshaltung im Vorfeld und während dem Event, die durch die Begeisterungsfähigkeit eines Bloggers geweckt wurde? Kann man da etwas reparieren? Aber ja doch, natürlich brennen Blogger, da sie ihr Thema mit Herzblut beackern. Aber ja doch, sie schreiben nicht 10 Artikel am Tag, mangels Zeit. Begeisterung heißt nicht, die Erwartung zu haben, dass der Blogger tatsächlich aktiv wird.

Was können sie also noch tun? Sie können genauer auswählen. Ok, einfacher Gedanke, schwer in die Tat umzusetzen. Wie erkennt man zuverlässige Blogger? Weiß ich nicht. Aber, man kann die Zuverlässigkeit steigern. Wie? Feedback geben, Bloggern natürlich „helfen“, dass sie ihren Artikel verfassen. Wir sagen dazu nachtelefonieren bzw. nachmailen. Diese Ressource kostet 10-30 Minuten pro Rundmail/Rundcall. Bitte nicht mit Druck, sondern mit netten Nachfragen und weiteren Infostückchen locken. Und es gibt weitere Maßnahmen, wie die Bildung von Facebook-Gruppen, um Blogger dort intern einzuladen. Sagen wir dazu „Weight Watcher“-Prinzip mit dem Fokus auf gruppendynamische Effekte („schreibt er, schreibe ich auch“).

Zweites Problem: Warum reagiert der Blogger nicht?

2. Die zweite Problemzone hat erneut etwas mit dem Thema Erwartung und Zuverlässigkeit zu tun. Das Unternehmen bzw. die Agenturen bauen mühsam Blogger-Kontaktdatenbanken auf. Das kostet Zeit und Geld. Doch das Problem ist? Eine regelmäßige Kommunikation, sogar eine aufwändig angepasste Kommunikation via Telefon, meistens PR Nachrichten per Mail versandet bei vielen Bloggern. Keine Reaktion, keine Rückmeldung. Obgleich das Problem bereits aus der klassischen Pressearbeit bekannt ist, dass mit zunehmender Informationsüberflutung die Presse immer seltener reagiert, wiederholt sich das Spielchen bei Bloggern. Man begann das Spiel neu, betritt unbekanntes Terrain und macht schlechte Erfahrungen. Das wirkt doppelt so stark wie bei dem Spiel mit der Presse, woran man sich gewöhnt hat mittlerweile. Obwohl man versucht zu lernen, auch glaubt sich zu verbessern, funktioniert es nur sehr, sehr zäh. Es mag sein, dass die Unternehmen und Agenturen die Noten nicht gut genug und nicht häufig genug treffen, aber auch das Echo durch als mangelnde Reaktionsbereitschaft der Blogger, die als unprofessionell empfunden wird, wirft schlechte Erfahrungen zurück. Natürlich sieht das Unternehmen nicht die Schuld bei sich, sondern bei den Bloggern. Irre Welt, aber sie ist nun einmal so.

Was können die Unternehmen hier tun? Nachdenken, nicht auf Robs Gedanken hoffen, wenn Ihr selbst schon keine habt. Es ist auch hier eine Arbeit im Detail gefragt. Es gibt genügend Wege. Der erste Weg beginnt damit, sich durch die Versprechungen der Agenturen nicht blenden zu lassen, sondern den Weg der kleinen Schritte zu gehen. Der alte Spruch gilt immer noch: „Noch ist kein Meister vom Himmel gefallen“.

Fazit

Ich persönlich empfinde es als verdammt unfair im Sinne des Wortes, gleiche Maßstäbe bei Bloggern wie bei der Presse anzulegen. Unternehmen, die sich selbst durch größere Erwartungen blenden lassen, sind in meinen Augen unprofessionell. Das gilt auch für die Mechanik, alle Blogger in einen Topf zu werfen. Wir haben es immerhin mit Menschen zu tun, die für ihr Thema brennen und in meinen Augen die besseren Journalisten sind, wenn es schon um das Verbreiten von Heilsbotschaften geht, die man persönlich spannend und interessant findet. Und nicht, weil ein Chefredakteur das Blatt befüllt haben will, um des Verlegers Druckmaschinen auszulasten. Die – die Blogger – sind mir immer noch lieber denn ein Journalist, der zwar sein Handwerk versteht, aber aus Liebe zur Schreibe denn weniger zur Liebe zum Thema etwas verfasst (auch so ein Pauschalurteil, aber ist nun einmal meine Erfahrung, wer mehr Herzblut einbringt). In diese Welt gilt es sich hineinzudenken und nicht umgekehrt, dass der Blogger sich in die Belange und Ziele eines Unternehmens hineinversetzen müsste. Beide Welten sind weiter auseinander denn die wirtschaftlichen Welten der Presse und Wirtschaft. Wo sind demnach Brückenbauer? Es gibt sie, nur in der Routine der täglichen Kommunikationsaufgaben stellen sie nicht die Mehrheit dar. Und die Mehrheit hat die Macht der Meinung. Das ist nur zu real.

Wer sich demnach wundert, warum es Blogger immer noch schwer haben, an Inhalte heranzukommen und warum man mit ihnen immer noch nicht gut genug kommuniziert, ist ungeduldig. Es dauert noch Jahre und Jahrzehnte, bis sich das Spiel der Kommunikationskräfte ausgependelt hat. Ein Erfahrungskilometer wird dem anderen folgen. Eine salomonischeres Fazit kann ich nicht mehr ziehen ;)

Foto von MattW, Lizenztypus CC BY-NC-ND 2.0