Mercedes hat uns Bloggern und Presse auf dem hauseigenen „Telematik-Day“ seine Online-Lösungen präsentiert. Wie stellt es sich Facebook im PKW vor, wie Google, wie Twitter? Für mich war es besonderer Tag, denn nach wie vor steckt das Internet im PKW in den Kinderschuhen. Und erst seit diesem Jahr können wir vermehrt auf Lösungen blicken, die in PKWs langsam aber sicher Einzug halten.
Warum das „Internet“ überhaupt im PKW implementiert wird? Das erklärende Stichwort 1 ist „Kunde“, Stichwort 2 „Zeitgeist“, Stichwort 3 „Always On“. Mehr und mehr Kunden erwarten, dass sie auch im PKW online sein können und nicht wie vor 20 Jahren offline durch die Gegend fahren. Sie erwarten, dass die Anbieter mit eigenen Lösungen aufwarten. Das betrifft natürlich nicht „den“ Kunden, sondern manche Kunden. Was hierbei alles vorstellbar ist, welche Dienste und Daten im PKW abrufbar sein könnten, zeigt diese Chart von Mercedes:
Es geht jedoch nicht nur darum, einen ollen Screen ins Auto zu klatschen und mittels Browser ins Netz zu gehen. Halten wir uns das vor Augen, auch nachfolgend, wenn wir vom Heute und Morgen sprechen. Wie man sich vorstellen kann, werden passende Daten, Dienste und Anwendungsmöglichkeiten eine eigene Einheit im Straßenverkehr bilden müssen, die nicht unbedingt mit dem spiegelgenau übereinstimmen muss, was wir bereits von zu Hause über unseren Wohnzimmer-PC gewohnt sind.
Der Wagen der Zukunft wird mehr und mehr mit dem Fahrer interagieren, mit anderen PKWs und mit Straßenverkehrsteilnehmern allgemein. Selbstverständlich sprechen wir hierbei auch von mehr Sicherheit im Straßenverkehr (siehe bspw. „Car-to-X„-Projekt). Warum sollte ein Kind nicht davor gewarnt werden, jetzt über die Straße zu rennen? Damit das passiert, werden wir noch zahlreiche, technologische Weiterentwicklungen im PKW beobachten. Im Bereich Hardware und Software.
Der Wagen will mit Sensoren und Schnittstellen ausgestattet werden, die immer ausgefeilter interagieren. Wie weit sich das auf die Spitze treiben lässt, zeigt die Studie F125 (siehe auch FTD-Report). Ein mit Sensoren und HightTech vollgestopfte Maschine, die möglicherweise in dem Technikpaket in nicht einmal 5-10 Jahren auf der Straße nix mehr Neues sein wird. Was Sensoren im PKW ermöglichen? Apps natürlich! Links seht Ihr eine Smart-App (vom eSmart).
So hatte mich persönlich eine weitere App begeistert, die F125!Drive-App. Eine App, begeistert? Es war doch klar, dass Technik in Kombination mit den Ideen des Internets auch im PKW-Bereich zu neuartigen Lösungen führt, wie ich es oben bereits aufzuzeigen versucht hatte: Die Fernbedienung eines PKWs. Sozusagen auch die Tamagotchisierung der eigenen Kiste.
Wie ich es auf G+ bereits erklärt habe, es – die Vernetzung mit unserem Auto – wird unser Bild vom PKW verändern. Und es wird zu einem erweiterten Kaufargumentationsszenario. Welcher Hersteller wird es verstehen, ein Gesamtpaket zu bauen, dass auch den Geek und Nerd anspricht? Werden es bestimmte, geniale, spaßige, extrem nützliche Services sein, die nur der Hersteller exklusiv anbietet? Werden wir ein „iPad X“ ins Auto beigelegt bekommen? Die Möglichkeiten und Ideen sind mit der Vernetzungs-Eroberung des PKWs unbegrenzt. Für Hersteller und Käufer.
Kommen wir aber zurück zum Heute. Wie sieht Facebook im Mercedes-PKW aus? Visuell sehr unspektakulär. Welche Funktionen werden angeboten? Nochmals, denkt dran, dass es um eine fahrbezogene Situation geht. Im Vordergrund steht das zügige Informieren und Sharen, nicht das stundenlange Herumspielen:
„Places“ = Welche Facebook Places umgeben mich, sind meine Buddies in der Nähe
„Friends & Request“ = Meine Buddies
„Events & Invites“ = Was bietet sich an, wen ich was unternehmen möchte
„Wall“ = Was machen meine Buddies, in der Nähe
„Change my Status“ = Bin noch [30 Minuten] unterwegs, bin bei [Ort] und stecke aktuell im [Stau]
=> von den vorgefertigten (!!!) Statimeldungen mit dynamischen Angaben gibt es rund ein halbes Dutzend, und das ist eine ideale Umsetzung bzw. Anpassung der FB App, denn wer schon mal selbst mühsam was Verkehrsbezogenes in FB/Twitter reingehauen hat, hat sich sicher fertige Statuspakete gewünscht
„News Feed“ = Weiß ich nicht mehr :)
Einige Funktionen bzw. Informationen sind unmittelbar mit dem Navigationsgerät verbunden, so dass man im Handumdrehen zu einem Buddy / Place /Event in der Nähe fahren kann, ohne die Adresse mühsam kopieren zu müssen. Ebenso ist das knappe Mitteilen von ortsbezogenen Infos durchaus für Geschäftstermine und Familie/Freunde sehr praktisch. Das alles händisch einzutippen ist meistens murks.
Folgende Dinge sollte man verstehen:
1. Es ist Daimlers erste FB App im PKW. Die via „Comand Online“ – so nennt sich das gesamte System – für die A/B/C/M/CLS/SLK-Klasse verfügbar sein wird/ist.
2. Daimler arbeitet eng mit den Netz-Giganten San Francisco/Palo Alto zusammen
3. Die Lösung wird über ein eigenes Mercedes-Serversystem abzusichern versucht
Man kann sich vorstellen, dass PKW-Hersteller die größten Sorgen haben, wenn ein Virus den Wagen beeinflussen würde. Daher wird an sicheren Lösungen gebaut.
4. Wer ein iPhone hat, schaut in die Röhre, denn es braucht Bluetooth, um sich mit der jetzigen Lösung zu verbinden (das Handy ist sozusagen der notwendige WLAN-Hotspot, ohne das ist die Onlinelösung von Mercedes offline :). Daimler will dem Problem in Zukunft mit NFC beikommen. Eine Art Nahbereichsfunk = vereinfacht ausgedrückt stellt man sein Handy auf einer kleinen Fläche ab und gut ist, der Rest ist „Magie“.
5. Mercedes ist aufgrund der Infrastruktur in der Lage, die neueste Version einer App im Wagen zu installieren, man muss nicht in eine Werkstatt fahren. Heißt auch, dass Mercedes Twitter, YouTube, Spotify what ever aufspielen kann, wenn man soweit ist, eine fahrzeugtüchtige Appp frisiert zu haben.
6. Ab 2012/2013 soll „Comand Online“ => „@YourComand“ heißen.
7. Es steht noch nicht fest, ob es jemals sowas wie einen AppStore für Mercedes geben wird, wovon ich persönlich ausgehe. Mercedes argumentiert damit, dass eben nicht 20 Mio Einheiten pro Jahr verkauft werden (iPhone/iPad), sondern nur 2 Mio Einheiten. Sprich, es ist fraglich, ob sich genügend externe, freiwillige Developer finden würden.
Wie stellt sich Mercedes die Zukunft vor? Was uns auch zeigt, wo wir heute noch nicht stehen;) Zitat aus dem F125-Projekt, achtet auf einige Punkte, die Euch sicher auffallen und als missing links = next steps interpretierbar sind
Mit „@yourCOMAND“ zeigt der F 125! eine Vision zukünftiger Mercedes-Benz Telematiksysteme. Das Spektrum umfasst unter anderem:
• Natural Handling: Die Bedienung erfolgt weitgehend durch natürliche Sprache, ergänzt wird sie durch intuitive Gesten und Berührung.
• Seamless Experience: Die Multimedia-Systeme sind nahtlos und inhaltlich übergreifend miteinander vernetzt, sozial interaktiv und lenken nicht ab.
• Remote Convenience: Das Fahrzeug und sein Multimedia-System sowie alle Anwendungen und Inhalte lassen sich vollständig aus der Ferne vorkonfigurieren.
• Sensory Perfection: Der F 125 ! bietet High-End-Klang und hochauflösende Bildschirme mit brillanten und individuellen Anzeigen
Alles das, was wir hier sehen, ist nur ein winziger Teil vom Ganzen. Eines Ganzen, das die nächsten Jahre im PKW deutlicher nach vorne treten wird. Die Eroberung des noch Internet freien Raums PKW hat begonnen.
06.11.2011 um 19:46 Uhr
Hallo Robert,
ich bin was das Thema Internet im PKW angeht ein wenig skeptisch. Diese Entwicklung wird natürlich kommen und ist in einigen Bereichen sicherlich sinnvoll. Streaming-Apps für die Unterhaltungselektronik damit die Kinder auf der Rückbank Ruhe geben, okay…im Stau mag das ganze auch ganz nützlich sein. Aber mit Twitter & Facebook habe ich schon ein kleines Problem was Ablenkung und Verkehrssicherheit angeht. Und wenn ich solche Systeme wie von AUDI und dem M.I.T. sehe (http://www.zukunft-mobilitaet.net/5086/strassenverkehr/aida2-navigation-mit-vw-audi-3d/), wird mir erst recht ganz anders… Solche Systeme dürften nur in Pkw verbaut werden, die hochgradig autonom handeln, d.h. automatisch fahren.
Zur Car-to-car-Kommunikation: C2C wird ein ganz großes Ding, wenn es richtig gemacht wird. Das heißt als MANet oder MESH. Und es wäre vollständig abgekoppelt von dem was wir heutzutage unter Internet verstehen. Das wird sich eher zu einem System wie ein Smart Grid im Energiesektor entwickeln. Ich glaube sowieso, dass wir in einigen Jahren nicht mehr nur das Internet haben werden, sondern drei nebeneinander existierende Netze: das was wir heutzutage unter Internet verstehen, Smart Grid und eben die Car2car-Kommunikation). Und das hat einen einfachen Grund: Wir schaffen es ja heute noch nicht einmal die generierten Daten von e-Ticketing Systemen für die Verkehrsplanung zu nutzen. Die Datenmenge ist einfach zu groß um anständig analysiert werden zu können (die DB kann z.B. die Daten der Onlinebuchungen nicht anständig nutzen) und Entscheidungen müssten so schnell getroffen werden, dass es eher zu einem technischen Eingriff auf Fahrzeugseite kommen wird statt ein Kind davor zu warnen über die Straße zu rennen. Denn das bedeutet wieder Datenübertragung, erkennen der Warnung und Reaktion. Das kann der menschliche Körper ab einem gewissen Alter auch in der Realität und braucht keine Technik. ;-)
Aber die F125!Drive-App ist echt geil!
06.11.2011 um 21:19 Uhr
Sind wir jetzt schon beim Pressemappen abschreiben angekommen. traurig traurig
08.11.2011 um 10:32 Uhr
Die Entwicklung zum vernetzten Auto ist unausweichlich. Doch wieviel Technologie kann der Mensch vertragen ? Kann der Geist überhaupt noch Schritt halten ?
Man verbindet sich den Kopf, ohne eine Wunde zu haben.
Irgendwann darf kein Sackreis mehr umfallen, ohne dass es die halbe Welt erfährt.
Beten wir, dass Roberts „Denkspiel: Ein Fukushima im Netz“ nicht realität wird…
10.11.2011 um 21:12 Uhr
Richtig … Technik für Geeks und Freaks…
Dabei hat man mittlerweile festgestellt, nach gut 20 Jahren mit der Technik am Markt, dass nicht nur Handytelefonierer beim fahren (was ja eigentlich verboten ist) eine schlechte Reaktionszeit aufzeigen, sondern auch Autofahrer, beim benutzen einer Freisprechanlage haben im Schnitt eine Reaktionszeit wie angetrunkene.
Doch niemand spricht offen darüber, es könnte ja noch weitere negative Aspekte der „Strahlentechnik“ beleuchten, die die breite Masse (noch) nicht auf dem Schirm hat, wie gesundheitliche Probleme a la Kopfschmerzen, Tinitus, Schlafprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten, Burn out etcetc.
12.11.2011 um 12:18 Uhr
Ich finde es voellig uebertrieben. Wir koennen mit unseren Mobiles ueberall online sein, da gibt es erstaml keinen Grund warum die Technologie ins Auto eingebaut werden soll.
Abgesehen davon bin ich sehr skeptisch, was die Sicherheit auf den Strassen angeht. Es wurde ein Telefonverbot erhoben, wie soll die Sicherheit gewaehrleisten werden, wenn wir die ganze Zeit facebooken?
Claudia
18.11.2011 um 11:09 Uhr
Bin auch etwas skeptisch. Internet im Auto wenn fast jeder ein Handy mit Internet hat? Für Navigation mit aktuellen Staumeldungen ist das OK. Auch um Tankstellen oder Restaurants zu finden. Aber Facebook und Co? Ich weiß ja nicht.
18.11.2011 um 13:42 Uhr
So gefällt mir die technische Entwicklung. Das geht ja schon so auf die Scheine von BMW mit connected drive, hoffe das wird irgendwann mal Serien-Ausstattung :=)
18.11.2011 um 14:01 Uhr
„Vernetzung ein erweitertes Kaufargumentszenario.“ Wow, ein Ausdruck wie frisch aus der Marketingküche von Daimler. Die Autobauer in Untertürkheim (so die einhellige Meinung vieler Ingenieure, mit denen ich zu tun habe) sollten allerdings dringend am Design, an der Laufkultur ihrer Motoren und an der Verarbeitungsqualität arbeiten, statt sich mit Hirnfürzen wie Facebook für’s Auto zu befassen.
18.11.2011 um 15:01 Uhr
Irgendwann wird das Auto noch per Netz gesteuert. Die Entwicklung macht schon Spaß – aber man kann auch Angst davor bekommen.
19.11.2011 um 13:11 Uhr
reine Mercedes PR, die Botschaften 1:1 rübergebracht – warum? weil die so nett sind Blogger extra einzuladen? gab es Geschenke? haben die deine Reise bezahlt? Transparenz würde vielleicht erklären, warum so was hier steht
19.11.2011 um 21:59 Uhr
ich bin untröstlich, dass Dir meine Gedanken nicht zusagen, … nicht
20.11.2011 um 17:03 Uhr
nichts für ungut aber eine etwas differenziertere Betrachtung der Materie hätte dem Artikel wirklich gut getan.
21.11.2011 um 10:51 Uhr
Karsten, das hier nennt sich Blog, eine Art gemeinsames Gut was Inhalte angeht und nicht etwa eine Zeitung. Du bist daher herzlich eingeladen, Deine Aspekte einzubringen, damit es differenzierter wird.
23.11.2011 um 11:21 Uhr
Zum Thema Sicherheit denke ich schon, dass es sinnvoll ist. Auch wenn es auf den ersten Blick als Ablenkung aussieht, sieht man doch momentan an jeder Ampel im Nebenauto den Fahrer mit seinem Handy rumspielen. Das ist schon toll, wenn sich da die Autobauer schon gedanken machen.