Es war einmal ein Stamm von 100 Leuten. Der Stamm besaß keinen Staat. Wie kam es aber zu Staatsbildung? Es gab ein Problem, wie immmer eigentlich. Die ersten Beschwerden kamen auf.
„Hey, Willie, wenn wir uns ständig gegen andere Stämme verteidigen müssen, wie sollen wir dann den Acker umpflügen?“
„Hey, Erna, wenn unsere Männer ständig im Krieg sind, wie sollen wir unsere Kinder durchfüttern?“
Da meinten die Ältesten, nachdem sie lange nachdachten:
„Lasst uns einen Häuptling für 1 Jahr wählen, der dem Stamm voransteht. Der kümmert sich darum, eine Berufsarmee auszuheben. Die Männer werden rekrutiert, gut ausgebildet und mit den besten Waffen ausgestattet. So müssen viel weniger Männer in den Krieg ziehen, während die meisten zu Hause bleiben können, um unsere Äcker umzupflügen“.
Alle so: „Ok!!!“
Der Staat, der Häuptling und die Armee ward erfunden worden.
Nach einiger Zeit wurde der Häuptling gewählt und eine Armee ausgehoben. 10 Männer, die besser als Spartaner ausgebildet werden sollten. Doch schon nach 3 Tagen trat der Häupling vor die Ältesten:
„Wir haben Hunger, nichts zu essen. Waffen können wir uns auch keine leisten!“
Die Ältesten überlegten und kamen auf die Idee:
„Ok, Häuptling, du erhebst eine Steuer. Den Zehnt! Jeder von uns 89 wird dir ein Zehntel für deine Männer abgegen. Vom Essen und von unserem Geld!“
Das Geld war damit erfunden, die Steuern auch.
Doch schon nach 100 weiteren Tagen kam der Häuptling schon wieder auf die Ältesten zu:
„Meine Soldaten beklagen, dass ihre Familien leiden. Sie können nicht die Äcker bestellen, weil sie dauernd im Krieg sind. Außerdem sind manche Kinder krank. Sie können sich keinen Arzt leisten.“
Die Ältesten überlegten und kamen auf eine weitere Idee:
„Ok, Häuptling, wir erheben eine neue Steuer. Die Gesundheitssteuer und eine Umlagesteuer für Hunger. Jeder von uns 79 wird dir einen Zehnt geben. Dann hast du zwei Zehnt, das muss reichen!“
Man erfand die Sozialsteuern!
Doch nach 100 weiteren Tagen kam der Häupling schon wieder auf die Ältesten zu:
„Ich habe eine Idee. Da mein Jahr bald um ist, würde ich gerne wieder antreten. Es macht so viel Spaß. Damit das klappt, würde ich gerne meinem Stamm Kindergärten und Schulen schenken!“
Die Ältesten leicht genervt: „Aber wir 79 können nicht noch ein Zehnt dafür aufbringen. Das ist zuviel!“
Der Häuptling: „Das passt schon. Ich kenne da einen befreundeten Stamm, der wird uns das Zehnt leihen. Nur für kurze Zeit, denn wir werden nach zwei Jahren durch besser ausgebildete Stammesmitglieder mehr zu Essen haben, bessere Soldaten und mehr Geld!“
Die Ältesten: „Klingt gut, aber nur dieses eine Zehnt noch!“
Man erfand die Staatsverschuldung.
10.000 Tage später versammelten sich alle 999 Stammesmitglieder und klagen ihr Leid:
„Wir haben zwar einen Häuptling, doch die vielen Zehnt fressen uns die Haare vom Kopf. Für die vielen Kriege, Kindergärten, Hungersteuern, Gesundheitsabgaben, Stammesbeamten, Ackersteuern, Handelssteuern, aber vor allen Dingen die vielen Schulden bei den anderen Stämmen, die drohen uns mit Krieg, auf jeden Fall wollen die uns nichts mehr leihen!“
Der Häuptling war erzürnt: „Ihr habt mich gewählt, ich habe Euch eine goldene Zeit verschafft und nun soll alles nicht gut gewesen sein? Wir haben alles was wir wollen. Und das mit den Schulden bekommen wir schon hin. Ich schaffe einfach die Kindergärten und Schulen ab!“
Die Mütter: „Aber unsere Kinder, das geht nicht!“
Der Häuptling: „Gut, dann schaffen wir die Hungersteuer ab und nehmen es uns von den anderen Stämmen, meine Soldaten sind stark!“
Die Väter: „Nein, nein, nein, dann müssen noch mehr von uns sterben, soviele Kinder können wir nicht zeugen und außerdem dauert es, bis wir einen Krieg gewinnen, solange werden die anderen, die nicht genug haben, hungern!“
Der Häuptling: „Gut, dann halt auch nicht. Also schaffe ich die Stammesbeamten ab!“
Die Stammesbeamten: „Dann kannst Du aber unseren Stamm nicht mehr führen!“
Der Häuptling: „Wer kam auf die Scheißidee, einen Staat zu erfinden? Jedem, dem ich was gebe, kann ich nichts mehr nehmen. Jedem, dem ich was nehme, will mir nichts mehr geben. Was soll aus uns noch werden, wenn keiner mehr geben will noch nehmen darf? Ich dachte, wir wären ein Stamm!“
Die Ältesten sprachen: „Hört, wir sind nicht mehr ein Stamm. Lasst uns hinausgehen, in zehn Stämmen aufgeteilt. Dann machen wir alles besser.“
So verstreute sich der Stamm in alle Winde, aus dem 1 Stamm wurden 10 Stämme aus dem wiederum 100 Stämme entstanden. Jeder mit seinem eigenen Staat, jeder mit eigenen Steuern und Schulden, keiner löste die Probleme besser als die anderen.
Die 10 Ältesten kamen viele Tage später wieder zusammen und beratschlagten, was zu tun sei.
„Wisst ihr, die Sterne, die Sterne bieten Platz für uns. Lasst uns nach den Sternen greifen. Dort wird alles viel besser!“
Sollte es jemand besser machen wollen oder sich das denken, dem emfpehle ich gerne den Vortrag von Dr. Michael Wohlgemuth (Walter Eucken Institut/ Freiburg, „Social Market Economy and Socialist Market Economy: A Comparison“ = .pdf). Dort erfährt man etwas über die grundlegenden Austarierungselemente des Staatswesens. Nix Sterne, nix Stamm, nur weit und breit die Suche nach dem richtigen Gleichgewicht, in Abhängigkeit der Denkweisen.
17.10.2011 um 19:27 Uhr
Die Hauptkritik die ich raushöre ist, das was einmal vom Staat gegeben wurde, kann er nicht wieder zurück nehmen. Da muss ich dir zustimmen. Die Geschichte hätte alternativ auch so enden können: Die 10 Ältesten kamen viele Tage später wieder zusammen und beratschlagten, was zu tun sei. „Zusammen können wir viel mehr ausrichten, seht nur den angrenzenden Stamm, er setzt uns einzeln unter Druck. Lasst uns wieder zusammenkommen, so können wir uns besser verteidigen.“ Ein anderer sagte “ Dann wären wir wieder da wo wir vor einiger Zeit waren“ „Dann lasst uns doch unabhängig bleiben was die Gesetze angeht, aber eine gemeinsame Armee brauchen wir“. So entstand die erste Förderation.
17.10.2011 um 19:32 Uhr
gibt irgendwie keine technologischen und wissenschaftlichen Verbesserungen im Staat, welcher die Arbeitszeiten verkürzt und die Lebensverhältnisse anhebt und günstiger werden lässt.
18.10.2011 um 14:21 Uhr
Hehe,
das ist ja mal eine nette Geschichte. Nun gut, es hat nicht gerade viel mit Hobbes oder Rousseau zu tun, aber na ja, da hat jeder so seine eigenen Ansichten.
Die Frage lautet aber wirklich, wo macht man einen Schnitt und wo ist es noch okay solidarisch zu leben?
Grüssle
23.10.2011 um 18:08 Uhr
Ein interessanter Aspekt, der mir in den Sinn kam: Forscher zweifeln inzwischen daran, dass der Mensch überhaupt biologisch geschaffen ist, in Gemeinschaften von mehr als 100-150 Personen zu leben. Nur zu so vielen können wir im Laufe unseres Lebens tatsächlich stabile soziale Beziehungen aufbauen. Archaische Stämme, wie es sie ja heute in Urwäldern noch gibt, leben typischerweise bis zu dieser Gruppengröße zusammen.
Anfänglich fand ich den Gedanken befremdlich, je länger ich darüber nachdenke, desto einleuchtender finde ich ihn…
23.10.2011 um 19:18 Uhr
Kommunen haben oft eine Begrenzung von 75 Mitgliedern. So ist es zumindest in Niederkaufungen. Hast du, Paul, dazu einen Link?
06.11.2011 um 09:16 Uhr
Ein entscheidender Abschnitt fehlt in dieser Geschichte, Die der drei Bauer und des Schmiedes. Die kauften und produzierten, stellten die eigenen Leute zu Billigpreisen ein. Und weil Ihnen fast das ganze Stammesgebiet gehörte, sagten Sie dem Häuptling, ihre Arbeit sei so wichtig und systemrelevant, das sie gar keine Steuern mehr zahlen könnten. Also mußten die verbleibenden auch ihre Steuern bezahlen. Und weil die Schmiede soviel Energie verbrauchte sagte der Schmied: Häuptling ich bin nicht mehr konkurrenzfähig, ich werde deshalb die Energiepreise nicht mehr bezahlen. Also sagte der Häuptling, gut dann müssen die Energiepreise auch die anderen zahlen. So kam dann der Rat der Alten zu dem Schluss, das man das Geld für Schulen und Kindergärten einsparen muß um die Steuern der drei Bauern und die Energiekosten des Schmiedes bezahlen zu können.