Nehmen wir an, Ihr stoßt auf ein Blog, das Ihr noch nicht kennt. Nun könnte man sich die Frage stellen, wie man das Blog einigermaßen objektiv einordnen soll, nach welchen Metriken, statt sich bloß einem subjektiven Gefühl hinzugeben?
Hierzu können Euch folgende Quellen und Tools helfen.
1. Wie kommen die Blog-Artikel an? PostRank Google Reader
Ihr findet unter den Google Chrome Extensions das Zusatzprogramm „Postrank“ (weitere Quelle, auch für Safari). Was macht das Addon im Chrome-Browser? Es wird die Blog-Artikel im Google Reader mit einer zusätzlichen Information ausstatten. Dem „PostRank„. Einer Skala von 1 (niedrigster Wert) bis 10 (höchster Wert). Was der Wert besagen will? Je höher der Wert ums höher das Engagement der Leser auf dem Blog und außerhalb des Blogs. Postrank erklärt das auf einer eigenen Seite, welche Quellen man hierzu beobachtet (Postrank wurde übrigens erst kürzlich von Google übernommen). Aus der Messmethode ergeben sich Stärken und Schwächen von Postrank! Wir kommen später gleich drauf zu sprechen.
Wie schaut das im Google Reader für mein Blog aus, nachdem man sich die Erweiterung installiert hat?
Über einen PostRank-Optionsschalter lasse ich mir die Artikel anschauen, die gut (>5,4) bis sehr gut (>7,6) bewertet werden. Die anderen Artikel werden leicht ausgegraut. Über diese Darstellungsform bekommt man recht schnell eine gute Übersicht, dass knapp die Hälfte aller Artikel laut Postrank gut/sehr gut ankommen.
Wie bewertet man die Daten grob?
unter 1/3 gut bewertet: Blog kommt eher weniger gut an
zw. 1/3 bis 2/3 gut bewertet: Blog kommt recht gut an
über 2/3 gut bewertet: Blog wird extrem gut angenommen
Übrigens, auf diese Weise kann man einen Haufen Blog-Artikel im Google Reader prima filtern, so dass man mit dem Scannen recht schnell vorankommt. Zeitersparnis beim RSS-Lesen!
Einen Nachteil hat Postrank: Twitter wird in die Bewertung beim Postrank-Wert mit hinzugezogen, dafür leider wird aber Facebook außen vor gelassen. Da FB in Deutschland neben Google zum wichtigsten Informationsverteiler geworden ist, muss man die Postrank-Zahlen natürlich mit leichter Vorsicht genießen, wenn man ein Blog bewerten will. So käme man allein mit dieser Postrank-Blog-Bewertungsmethodik nicht auf die Idee, dass das meistbesuchte Blog Deutschlands (was man ja zunächst nicht weiß) MyDealz heißt, weil es laut PostRank-Werten gar nicht so dolle gigantisch ankommt. Rund die Hälfte aller Artikel werden nämlich mit einem Postrank von +5 angezeigt. Warum? MyDealz ist im sogenannten „Super Social Media“-Netz bestehend aus Twitter (und Facebook, was aber Postrank nicht auswertet) nicht sonderlich stark verankert. Zumindest nicht adäquat zum mächtigen Trafficniveau.
Learning? Sich nur auf einen Indikator zu verlassen, bringt es nicht! Bei Weitem nicht alle Blogs leben von Social Media Awareness (das bildet nun einmal PostRank wesentlich ab, kennt zwar auch Blogkommentare beim Signal „Engagement“ – auf das Postrank so sehr abheben will -, bewertet diese nur sehr anteilig = MyDealz hat irre viel Kommentare gegenüber Normalblogs pro Artikel, Postrank unterbewertet das imho)! Man muss leider Gottes das Messinstrument selbst gut kennen und verstehen, bevor man die Messdaten bewertet. War doch einfach, oder?
2. RSS Leser
Wenn wir schon im Google-Reader sind, kann man einen weiteren Indikator nutzen: Die Anzahl der RSS Abonnenten zu einem Blog. Da Google Reader der populärste RSS Online-Reader weltweit ist, auch in Deutschland, muss man nicht irgendwie weitere RSS Abo-Zahlen erforschen, an die man sowieso kaum herankommt (die Anzeige des „Feedburner-Buttons“ ist wenigen Blogs zu eigen und recht unzuverlässig). Also? Im Google Reader das Blog ansteuern, rechterhand auf „Show Details“ klicken und die RSS Abonnenten entnehmen. Hier +700.
Wie bewertet man die Daten grob?
0-100 RSS Leser: Nicht sehr viel, das Blog ist noch recht jung, kein technisch affines Publikum, oder es kommt nicht gut an
100-1.000: Schon recht nett, das Blog kommt anscheinend an, Publikum scheint technisch bewandert zu sein
+1.000: Alles, was über diese Zahl hinausgeht, ist bekannten/gut ankommenden Blogs zu eigen.
Spielereien mit den RSS-Daten:
So hat MyDdealz knapp 7.000 RSS Abonnenten, gegenüber meinen 700. Heißt das, MyDealz ist rund 10x so „groß“ wie mein Blog? Was heißt das letztlich bei RSS, „größer, mehr“? Erstens ist MyDealz ein Schnäppchenblog, ein Vergleich ist demnach schwierig. Zweitens? Kann man auf das Besucheraufkommen schließen? Besucheraufkommen ist doch Besucheraufkommen. Aus den RSS-Daten abgeleitet? MyDealz kommt auf rund 500x so viel Traffic wie mein Blog. Sprich? Aus den RSS-Abozahlen kann man nicht linear auf Trafficdaten ableiten oder aber Blogs einfach so vergleichen.
Sie -die RSS Abozahlen – sind eher vergleichbar, wenn sie – die Blogs dahinter – ein ähnliches Themengebiet beackern. So kann man Dealdoktor und MyDealz vergleichen, beide sind Schnäppchenblogs. Dealdoktor kommt auf rund 500 RSS Abonnenten bei Google Reader. MyDealz auf die besagten 7.000. MyDealz hat also 14x so viele Abonnenten. Und der Traffic ist mit 7,7 Mio Page Impressions gegenüber knapp 0,5 Mio PIs auch um den Faktor 13 größer. Vergleichen wir Schnäppchenfuchs gegen MyDealz: 1.200 vs. 7.000 RSS Abonnenten laut Google Reader. Faktor 5,8. Und der Traffic? Faktor 5,4 (siehe bspw. Quelle 1/Quelle 2).
Learning 2? Blogs mit sich selbst zu bewerten, ist etwas mühsam. Relativierenden Sinn ergeben die Zahlen erst, wenn man gleichartige Blogs miteinander vergleicht.
3. Besucheraufkommen
Das Besucheraufkommen eines Blogs ist recht schwer heraus zu bekommen. Wenn das Blog – so wie oben gezeigt – keine öffentlicher Counter von Blogoscoop oder Bloggerei eingebaut hat. Dann bleiben Euch nur Schätzdaten über Googles AdPlanner oder aber die nur sehr grobe Schätzung über RSS Abozahlen („weniger – viele Leser“). Für Blogs, die nicht mal annähernd 1.000 Besucher pro Tag erreichen, spuckt Google AdPlanner meistens nix aus oder aber sehr gewagte Schätzdaten. Immerhin weiß man dann schon mal einigermaßen, dass das Blog trafficseitig nicht unbedingt der Burner ist. Auch doof, wenn das Blog über eine Subdomain läuft, damit kann der AdPlanner nicht wirklich was anfangen.
Was kann man zu Besucherzahlen sagen, wie diese bewerten, wenn man diese in den Fingern hält? Ganz grob gilt:
– Blogs unter 10.000 Seitenaufrufen im Monat: Nischenblogs, sehr junge Blogs
– Blogs zwischen 10k-100k: mittelgroße Blogs, meistens etwas älter
– Blogs zw. 100k-1.000k: größere Blogs, meistens bekannt und etabliert
– Blogs ab 1 Mio PI/Monat: in D die meistbesuchten Blogs, selten
Je nachdem, wenn Ihr die Seitenaufrufdaten oder Besucherdaten bekommt, könnt Ihr das Verhältnis zwischen Besuchern und Seitenaufrufen grob mit 1,5 ansetzen. 1 Besucher generiert 1,5 Seitenaufrufe. Die Zahl schwankt eher nach unten denn nach oben. So sind Blogs mit 3 Seitenaufrufen pro Besucher und mehr sehr selten. Warum? Die sehr blogtypische, chronologische Artikelablage lädt nicht zum Durchblättern ein.
Ach ja, für einen visuellen Vergleich mehrerer Blogs probiert übrigens Google Trends aus, ein Beispiel:
Achtet auf die Angabe „Also Visited“. Man bekommt mit etwas Glück artverwandte Blogs angezeigt, muss demnach nicht sooo lange suchen, wenn man sich in einem Themenfeld umschauen möchte (zB via Exciting Commerce => weitere Blogs dieser Art).
In den weiteren Abschnitten kommen wir auf Wikio, Topsy und SEOMOZ zu sprechen. Stichworte „Artikelhäufigkeit“, „Tweet-Links“, „Topics“, „Links“. To be continued….siehe Teil 2
11.06.2011 um 17:01 Uhr
Sind die RSS Leser innerhalb vom Google Reader nicht auch nur Google Abonnenten? Also die User, die via Google Reader einen Blog abonniert haben. Oder zeigt der alle Abos an? Feedburner geht eh nach dem Mond und der beste ist derzeit der Feedzähler vom Bültge.
11.06.2011 um 16:52 Uhr
Sehr schön zusammengefasster Artikel, Robert. :-)
Die Liste könnte aber natürlich noch erweitern, indem man eventuell das „Alexa-Ranking“ hinzuzieht. Ich weiß, dass die Zahlen nicht unbedingt sehr verlässlich sind, aber um sich einen groben Überblick zu verschaffen, reicht das Ranking auf jeden Fall aus.
11.06.2011 um 16:56 Uhr
ab welcher Größenordnung würdest Du auf Alexa zugreifen, um den Schätzfehler (mangels geringster Installationsbasis in D) für deutschsprachige Blogs überhaupt kompensieren zu können? Meine Meinung: Erst ab Trafficgrößen, die auf allerwenigste Blogs zutreffen, damit wird Alexa leider wertlos
11.06.2011 um 16:57 Uhr
Klasse Artikel – vielen Dank dafür!
11.06.2011 um 16:59 Uhr
@Robert:
Natürlich würde ich Alexa nur bei größeren Blogs als Messinstrument hinzuziehen. Bei kleineren Blogs macht es selbstverständlich hierzulande weniger Sinn.
11.06.2011 um 17:01 Uhr
@Carsten nur „Google Nutzer“
11.06.2011 um 17:06 Uhr
@Robert: Wie ist die Anzahl der Facebook-Fans und Twitter-Follower zu bewerten?
Einige deutsche TopBlogs haben bereits 10.000 und mehr Facebook-Fans und/oder Twitter-Follower.
Kai Pflaumes Facebook-Fanpage folgen übrigens schon über 200.000 Fans ;-)
11.06.2011 um 17:08 Uhr
@Alexander, wollte im „to be continued“ darauf zu sprechen kommen, ob man damit etwas anfangen kann
11.06.2011 um 17:22 Uhr
Danke dir für die Tipps! ;)
11.06.2011 um 18:33 Uhr
Toller Artikel, konnte viele Infos gut gebrauchen. Gruß und schönes Weekend :-)
11.06.2011 um 20:41 Uhr
Interessant!
11.06.2011 um 21:05 Uhr
Ich dachte immer in Blogs geht es um Inhalte und nicht darum möglichst viele Klicks zu bekommen um in den Affiliat Programmen oben zu stehen. Traurig das sich das Blog und die Kommentare neuerdings wie die Dialerforen vor 5 Jahren lesen. Fehlt nur noch das Geschwurbel um Seitenlayouts und SEO-Blah.
12.06.2011 um 21:42 Uhr
Natürlich sind die dargestellten Quellen in der Tat geeignet, objektive Kennzahlen zu gewinnen, anhand derer man gewisse objektive Bewertungen vornehmen kann. Insofern bedanke auch ich mich zunächst für die Aufstellung, die wirklich interessante Ansatzpunkte liefert.
Dennoch muss ich gestehen, dass ich dem Artikel in Teilen kritisch gegenüberstehe:
Die Frage ist doch, inwiefern man eine objektive Einordnung überhaupt vornehmen will? Im kommerziellen Sektor -also bei möglichen Kooperationen- ist das gewiss ein Thema. Wenn es jedoch rein um Blogs geht, welche ich privat lesen möchte, sieht die Sache -meiner Ansicht nach- gänzlich anders aus. Da kann ein Blog objektiv noch so tolle Kennzahlen liefern, wenn er mich subjektiv schlichtweg nicht anspricht, weil mir beispielsweise die Artikel, welche ich beim ersten Überfliegen gesichtet habe, nicht gefallen, werde ich ihn mit großer Wahrscheinlichkeit nicht weiter lesen.
Umgekehrt wird ein Blog, der mich auf subjektiver Ebene einfach anspricht, weil er optisch gut gestaltet ist und thematisch das bietet, was ich persönlich subjektiv gerne lese oder in der Art und Weise geschrieben ist, die ich persönlich gerne lese, dann werde ich unabhängig von objektiven Kennzahlen diesem Blog eine Chance geben.
Auch unabhängig vom gerade dargestellten Sachverhalt sehe ich bei der rein objektiven Bewertung eines Blogs noch ein weiteres Problem: angenommen, ich stoße auf einen recht neuen, jungen und unbekannten Blog mit einem interessanten Artikel zu Thema XY. Da er recht jung und unbekannt ist, wird er vermutlich über wenige RSS-Leser und ein geringes Besucheraufkommen verfügen. Auch der PostRank dürfte sicherlich jenseits von Gut und Böse irgendwo nahe an der Bedeutungslosigkeit ein Dasein fristen. Alles spricht für einen nach objektiven Maßstäben uninteressanten Blog. Hält man sich nunmehr nur an die objektiven Maßstäbe, wird man dem Blog keine Chance geben und ihn wieder verlassen, mit der Folge, dass er weiter keinen neuen Feed-Abonnenten haben wird, der Besucherstrom nicht steigt und er daher auch im PostRank nur schwerlich steigen kann.
Geht man rein nach objektiven Maßstäben, würde es für neue Blogs schwer werden, bekannt(er) zu werden. Das wäre ungefähr so, wie der Umstand, dass manche nur Feeds der „großen“ Blogs abonnieren, die in irgendwelchen Rankings weit oben angesiedelt sind, mit der Folge, dass diese immer größer werden, wohingegen manche kleine Perle vielleicht ewig unentdeckt bleibt.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: ich will hier keine Diskussion zum Thema „arme kleine Blogger vs. übermächtige große Blogger“ vom Zaun brechen. Mir geht es nur darum, deutlich darauf hinzuweisen, dass man sich bei der Bewertung neu entdeckter Blogs eben nicht ausschließlich auf objektive Kriterien verlassen sollte, sondern dem subjektiven Gefühl und dem eigenen Geschmack durchaus auch ein gesundes Maß an Entscheidungsspielraum einräumen sollte. Ich gehe davon aus, dass du -Robert- hier auch nicht unbedingt anderer Meinung bist, nur kommt es in diesem speziellen Artikel hier halt nicht so eindeutig herüber.
13.06.2011 um 10:41 Uhr
@Sascha, korrekt, die Fokussierung auf die These, dass man ein unbekanntes Blog, auf das man stößt, zügig objektiv beurteilen kann, bedingt bei der „Durchschnittsbetrachtung“ einige Macken. Beim jeden Punkt habe ich versucht, darauf einzugehen, wo die Schwächen liegen. So bei Postrank. Dass es am Ende auf die subjektive Bewertung des Betrachters ankommt, ist klar letztlich. Wenn das Blog für den eigenen Geschmack zu langweilig oder unverständlich geschrieben wurde, nutzen die Kriterien kaum etwas. Nur, davon bin ich nicht ausgegangen, weil man sich dann auch nicht mehr die Mühe macht, das Blog genauer anzuschauen.
14.06.2011 um 12:16 Uhr
Ein super Artikel. Danke für den Tipp mit der Post Rank Extension, habe sie soeben installiert.