Nachdem wir uns angeschaut haben, wie man ein Blog über die einzelne Artikelpopularität, RSS-Abozahlen und Besucherzahlen ungefähr und recht zügig einschätzen kann, kommen wir auf die „restlichen“ Möglichkeiten zu sprechen.
Hierzu sind Wikio und Topsy recht hilfreich. Beide Onlinetools erleichtern das Scannen des fremden Blogs. Zuerst Wikio. Schnappen wir uns hierzu die Polit-Watchblogs Netzpolitik, Weisgarnix, Sprengsatz, Schall und Rauch, Spiegelfechter und Nachdenkseiten.
Wikio Ranking
Übers Wikio Ranking bekommt man eine Einschätzung, ob das Blog populärer ist oder nicht. Gebt einfach auf dieser Seite die Blog-URL ein.
So wird Weissgarnix auf Position 8 unter den Politblogs und auf Position 142 über alle von Wikio erfassten Blogs hinweg gelistet. Wie kommt Wikio auf das Ranking? Im Grunde recht simpel. Wikio zählt die gewichteten Links von anderen Blogs (ähnlich Google werden Links von höher bewerteten Blogs stärker gewichtet) und Tweets. Facebok Likes/Shares leider nicht. Ein Schwachpunkt, den man je nach Leserschaft und Social Media Affinität berücksichtigen muss. Das Wikio Ranking ist letztlich eine sehr simple und schnelle Möglichkeit, ein unbekanntes Blog einzuschätzen. Und hat einen gewissen Vorteil: Es unterteilt die Blogs in Themenschwerpunkte. Gar nicht mal so doof, wenn man ähnliche Blogs sucht. Als erster Anlaufpunkt eine prima Stelle um einzutauchen. Obacht: Ich würde mich auf die manchmal nur merkwürdig erscheinende Einordnung des Blogs zu Themenschwerpunkten nicht sonderlich verlassen. Und abermals Vorsicht: Nur, weil ein Blog von anderen Bloggern nicht/kaum verlinkt wird und in Twitter selten Erwähnung findet, muss das entsprechend schlechte Wikio-Ranking nichts Wildes bedeuten. Meistens kann man sich auf Wikio verlassen bzw. deren Messfaktoren, aber es ist eben nicht die einzige, mögliche Wahrheit.
Artikelhäufigkeit
Zusätzlich hilft Wikio beim Messen der „Artikelhäufigkeit“ = Anzahl der Artikel pro Monat. Man muss die Artikel nicht selbst nachzählen. Warum ist die Frequenz als Einschättungsfaktor überhaupt wichtig? So wissen wir schon lange, dass Blogs mit höherer Artikelfrequenz eher (<>immer) zu populären, etablierten Blogs gehören denn Blogs mit einer sehr niedrigen Artikelfrequenz. So kommt das Spiegelfechter-Blog auf einen überdurchschnittlichen Schnitt von 20-30 Artikeln pro Monat. Netzpolitik – das mit Abstand bekannteste Politblog Deutschlands – wartet mit 120-130 Artikeln pro Monat auf. Schauen wir uns kurz andere, sehr bekannte Blogs an: Nerdcore (200-300), Fefe (200-300), Netzwertig (40-80), Fünf Filmfreunde (80-120). Wie Ihr seht, das Publikationsvolumen ist eines der markantesten Faktoren, Blogs zu bewerten.
Und anders herum? Zeineku (von ehemals 30 runter auf 1 Artikel). Suxxes 24 Blog (ehemals 20-25 Artikel, nun nur noch sehr sporadisch). Beide Blogs sind nicht zufällig ausgesucht. Sie dienen als Beispiel, wie sich ein Blog verhält, das von einem überdurchschnittlichen Publikationsoutput zu einem unterdurchschnittlichen wechselt. Die allermeisten Blogs mit einem unterdurchschnittlichen Output werden kaum wahrgenommen, kaum gelesen, kaum verlinkt. Es klingt zwar logisch, ist aber im Grunde nicht unbedingt logisch. Es hätte ja ebenso gut sein können, wer selten schreibt, schreibt genial und dauerhaft nachwirkend.
Unterteilen wir das Publikationsvolumen, was ist typisch für Blogs:
1-4 Artikel pro Monat = Ein Blog mit geringer Aktivität, womöglich kaum bekannt.
4-16 Artikel pro Monat = Ein Blog mit durchschnittlicher Aktivität, womöglich einigermaßen bekannter.
16-30 Artikel pro Monat = Ein Blog mit überdurchschnittlicher Aktivität, womöglich recht bekannt.
ab 30 Artikel im Monat = Blog mit Aktivität weit über Normalniveau, vermutlich sehr bekannt und etabliert.
Solltet Ihr demnach auf ein Blog treffen, das locker 5-10 Artikel am Tag rausfeuert, könnt Ihr ohne Weiteres davon ausgehen, dass das Blog gut läuft und angenommen wird.
Ok, soweit dazu, im abschließenden Teil 3 dann Topsy, Tweets/FB Likes, Links.
12.06.2011 um 16:35 Uhr
Wieder einmal ein sehr guter Artikel, allerdings finde ich das Fazit nicht wirklich zutreffend, zumindest nicht bei neuen Blogs.
Denn es gibt auch viele neue Blogs, die täglich 5-10 am Tag raushauen, aber noch nicht wirklich von vielen angenommen werden.
Aber in Bezug auf etablierte Blogs, die schon einige Jahre dabei sind, trifft dies zu. Da hast du Recht.
12.06.2011 um 16:38 Uhr
Stimme Berkay zu. Kenne einige Blogs mit solchen Artikel-Zahlen, aber keiner Nachhaltigkeit. ;)
12.06.2011 um 16:47 Uhr
Hallo Robert,
herzlichen Dank für deine zahlreichen und guten Tipps zur Bewertung fremder Blogs. Hinsichtlich der Bedeutung der Artikelhäufigkeit würde ich aber eine Einschränkung vorschlagen. Es ist natürlich verständlich, dass Blogs mit hoher und regelmäßiger Artikelhäufigkeit auch eine gute Popularität aufweisen. Häufig werden solche Blogs aber auch von mehreren AutorenInnen betreut.
Gerade in meinem Themenbereich (Social Media für NPOs, Fundraising) gibt es viele populäre Blogs, die häufig nicht mehr als 5-10 Artikel pro Monat erreichen und dennoch von hoher Relevanz sind. Möglicherweise liegt es daran, dass das Thema eher noch zu den Nischenthemen hinzuzuzählen ist, aber eine pauschale Bewertung solcher Blogs mit geringer Artikelhäufigkeit als „womöglich kaum bekannt“ würde ich nicht vornehmen.
Beste Grüße,
Katrin
12.06.2011 um 17:09 Uhr
Ich weiß nicht, ob ich mich meinen Vorrednern anschließen möchte. Grundsätzlich finde ich den Artikel, wie auch den 1. Teil sehr empfehlenswert und das sage ich als jemand, der noch nicht soo lange dabei ist und dem beim ausprobieren der genannten „Kniffe“ fast die Tränen kommen. ;-)
Ein Blog, eine Website, einen Menschen oder was auch immer allerdings nur nach den statistischen Zahlen zu bewerten, halte ich generell nicht für unbedingt angebracht. Ich selbst schaffe es aus zeitgründen meist nicht mehr als einen Artikel am Tag zu schreiben. Dafür – und das sage ich mit stolz – allerdings JEDEN Tag! Wenn ich mir das Ganze so angucke muss sich das mal irgendwie ändern um auch mal ein bisschen von der Sonne abzubekommen. :-)
Wenn ich mir manche Blogs angucke, die täglich 10 oder 20 Dreizeiler raushauen, stellt sich jedoch wieder die Frage was jeder für sich mit (s)einem Blog verbindet.
Posts um jeden Preis ist auch nicht unbedingt meine Sache.
Bin gespannt auf Teil 3!
Viele Grüße
Typeerati
12.06.2011 um 17:16 Uhr
@Typeerati:
Es kommt hierbei ganz auf das Thema an. Viele Tech-Blogs kommen mit wenigen Zeilen pro Beitrag zurecht und das passt auch nach meiner Ansicht.
Wenn man allerdings über ein komplexeres Thema berichtet und sich darauf spezialisiert hat, reichen wohlmöglich nicht einige Zeilen für den Beitrag.
12.06.2011 um 21:38 Uhr
Wie immer im Leben, alles Ansichtssache bzw. Bewertungssache.
Mein Blog besteht seit 2005, ich schreibe nur einen Blogbeitrag pro Woche. Allerdings ziemlich lang. Trotzdem bin ich mit der Besucherfrequenz (ca. 1200 pro Tag) und vor allem der Anzahl und Qualität der Kommentare sehr zufrieden.
Letzteres halte ich übrigens für ein wichtiges Qualitätskriterium, das im Beitrag gar nicht erwähnt wurde.
Die Abonnements im Feed-Reader sagen nichts darüber aus, ob und wie intensiv die Posts gelesen werden.
Trotzdem danke für Ihre beiden informativen Beiträge. Das Addon Postrank kannte ich noch nicht und habe es gleich installiert.
13.06.2011 um 10:07 Uhr
Bewerten? Erfolgreich? Erfolg?
Lieber Robert, darüber würde ich mich gerne mit Dir näher unterhalten. Was ist Erfolg? Und mit welchen Faktoren lässt sich Erfolg wirklich bewerten?
Zuerst müsste der, der das Blog des anderen bewerten will, erfahren welche Ziele der Betreiber des Blogs gesetzt hat. Erfolg ist nichts was Allgemeingültigkeit hat. Ebenso ist der Versuch „Bewertungskriterien“ aufzustellen etwas völlig einseitiges, wenn man die Ziele nicht kennt.
Je kleiner die Nische eines Blogs, desto schwieriger wird es die hier vorgestellten „Werkzeuge“ als „Erfolgsmesser“ zu verwenden. Ich frage mich jedoch eh, wozu dieses Messwerkzeug gut sein soll. Ob ein Blog „erfolgreich“ ist oder nicht, ist mir als Leser doch völlig egal. Mir ist wichtig ob ich eine Info erhalten habe, die ich gesucht habe oder ob mich der Verfasser des Blogs unterhalten hat. Der Erfolg seines Blogs ist für mich in diesem Fall absolut kein Gradmesser.
In diesem Sinne sehe ich Deine Bewertung als Versuch die „effektive Reichweite“ eines Blogs zu messen und den Sinn dafür kann ich nur bei altmodisch denkende Medienmachern wiederfinden. (Was mich bei Dir wiederum wundert…)
Natürlich lässt sich mit Deinen Bewertungskriterien eine Metrix abbilden, die es klassischen PR-Abteilungen erlaubt, eine Wertung abzuleiten, welcher Blogger hofiert wird und welcher nicht. In diesem Sinne :)
13.06.2011 um 10:36 Uhr
@Bjoern das kann man so sehen, überhaupt kein Thema und ist genauso richtig. Ich betrachte mehr den Fall, wenn man versucht, sich objektiver ein Urteil zu bilden. Das ist für mich eher der Fall bei Fachblogs denn bei privaten Hobby-Blogs. Englischsprachig oder deutsch. Ich kenne viele Blogs nicht, wenn ich dann auf eines stoße, frage ich mich schon, ob das Fachblog „etwas zu melden hat“ oder nicht. So einfach zu erkennen ist das nicht durch das bloße Überfliegen der Artikel. Erzählt der Blogger nur Unsinn, auch wenn es sich toll liest, oder hat das Hand und Fuß, selbst wenn ich es zunächst nicht verstehe? Ähnlich wie in der Wissenschaft ist es hier dann sehr nützlich, wenn man nicht nur durch das eigene Lesen das Blog erfährt, sondern auch über das bewusste Erfassen der Popularität und der Akzeptanz Zusatzinfos bekommt, um den Inhalt des Blogs einzuordnen.
@Katrin, Berkay, ja, richtig, es kann junge Blogs geben, die sich noch nach oben wuseln, um Akzeptanz zu erfahren, es kann auch Blogs geben, die nicht so viel schreiben, dennoch gut ankommen. Obgleich die Statistiken zu Blogs darauf hinweisen, dass es wahrscheinlicher ist, dass ein Blog mit mehr Output und steigenden Alter etabliert ist (wir gehen davon aus, dass wir das Blog nicht kennen!), kann es umgekehrt natürlich auch der Fall sein, nur eben seltener. Kennt Ihr Blog-Beispiele, die ich oben einfügen soll, damit man nicht verleitet wird, sich an meine Einordnung festzukrallen, sondern stets mitdenkt?
@Roland, guter Hinweis, den ich im nächsten Teil gerne mit aufnehmen, da ich selbst darauf sehr achte, ob ein Blog kommentiert wird oder nicht