Seitdem ich mich mit der Bloggerei befasse, war und ist das Thema „Werbung in Blogs“ ein Gebiet, das gerne diskutiert wird. Werbung ist hierbei im weitesten Sinne zu verstehen. Welche Formen von werblicher Ausrichtung kennen wir im weitesten Sinne, die sich in Blogs wiederfinden?
1. Das klassische Banner (am bekanntesten: Google AdSense)
2. Der offene oder verdeckte Linkverkauf
3. Der bezahlte Artikel („Sponsored Posting“)
4. Die bezahlte Rezension einer Dienstleistung/eines Produktes (hierzulande über „Trigami“)
5. Die Einladung zu einem Firmenevent (mit/ohne Reisekostenübernahme, mit/ohne Honorar)
6. Affiliate-Links auf externe Webseiten/Landeseiten (Provision gegen Click, Lead, Sale)
7. Sonstiges
Zu jeder einzelnen Werbemaßnahme fanden allerorten – nicht nur in Deutschland übrigens – rege Diskussionen statt.
So kann ich mich an Diskussionen erinnern, die den Einbau von Google AdSense bereits als unerwünschte Maßnahme betrachteten. Warum? Was meinten die Kritiker dazu? Der Blogger würde mit Einbau von AdSense seine finanziellen Interessen vor die Interessen des inneren Antriebs zum Verschriftlichen seiner Gedanken stellen. Das Blog wäre damit quasi verunreinigt, da finanzielle Interessen als negativ bewertet wurden. Der innere Antrieb – als ein respektabler, hoch angesehener Motivationsfaktor – steht dem gegenüber.
Erst jüngst fand eine der sehr selten gewordenen, Blog-übergreifenden Werbediskussionen statt: Das Truckonline-Blog wurde wegen Schleichwerbevorwürfen aus der Blogroll der Thüringer BlogZentrale herausgenommen. Sven (Betreiber der Thüringer BlogZentrale) äußert sich ausführlichst zu seinem Weltbild, Werbebild und Blogbild. Ein interessanter Einblick, der aufzeigt, wie differenziert die Sichtweisen von Individuen sein können, nicht nur die Individuen selbst. Übrigens, mit Blog-übergreifend meine ich nicht die gesamte, globale Blogosphäre, auch nicht die deutsche Blogosphäre. Es handelte sich dabei um … drei Blogs! War das nicht klar? Blog-übergreifend ist eine Diskussion, wenn mindestens zwei Blogs daran teilnehmen. Ach? Stichwort Verallgemeinerung.
Was festzustellen ist? Verallgemeinerungen sind kaum zu treffen. Es gibt weder die eine noch die andere Grundrichtung, was OK ist und was nicht OK für 100% (!) der Leser ist. Und, es gibt am allerwenigsten die vorherrschende Meinung von den Bloggern und den Lesern. Zu unterschiedlich und divergierend sind die Sichtweisen, nicht nur auf allgemeiner Ebene, sondern bis hinunter zum expliziten Einzelfall. Was für das eine Blog „gilt“, muss nicht für das andere Blog Grundlage sein. Bei einem Blog betrachtet man den Einbau von Affiliate-Links als legitim, bei einem anderen Blog würde es wohl zu minderschweren Diskussionen kommen (stellt Euch vor, Netzpolitik macht auf Affiliate). Bei Techcrunch würde niemand über den Einbau von Bannern diskutieren, doch sehr wohl über die Verquickung zwischen Artikeln und der Investorentätigkeit von Michael Arrington (dem Betreiber eines der bekanntesten Startup-Blogs weltweit).
Die Verallgemeinerung ist dabei verführerisch. Wenn diskutiert wird, könnte man als Außenstehender schnell zur Meinung kommen, dass ein spürbarer Anteil der Leser pro/contra Werbung ist. Je heißer und anregender diskutiert wird, desto stärker der Eindruck. Weit gefehlt. Das, was wir sehen können, ist ein Ausdruck Weniger. Auf einem Blog melden sich gerade einmal höchstens 10% der Leser zu Wort (was ein Spitzenwert wäre). Der Regelfall ist, dass sich 1% der Leser kommentierend zu Wort melden. Entsprechend nehmen bei einer werblichen Diskussionen Wenige teil.
Selbst die Intensität der Diskussion ist irreführend. Man könnte meinen, es ist eine religiöse Glaubensfrage mit großen Auswirkungen für Blogger. Zwar liest es sich sehr emotional, doch täuscht das nicht selten. Wirklich wichtig ist das den Menschen kaum, wenn man es mit ihnen persönlich bespricht. Oder hat jemand wirklich ernsthaft daran geglaubt, dass Diskussionen ob der richtigen Zubereitung von Spiegeleiern unwichtiger als der korrekte Einbau von Werbebannern sind?
Und noch ein Punkt. Je heißer die Diskussion, zieht sie unter Umständen Kreise. Somit stoßen weitere User außerhalb des Blogs hinzu und melden sich auf dem Blog (oder per Twitter/Facebook) zu Wort. Echte Leser sind das keine. Nicht, dass sie kein Recht hätten, eine Meinung zu haben oder sich gar zu Wort zu melden. Der Punkt ist, dass sie eben nicht zu der eigentlichen Leserschaft des Blogs gehören.
Eine Verallgemeinerung verbietet sich im Grunde genommen in doppelter Hinsicht. Wenige nehmen an diesen Diskussionen teil, von den Wenigen gehören mitunter Außenstehende dazu. Und die Intensität täuscht. Dennoch tendieren wir als Mensch fast schon manisch dazu, zu pauschalisieren, Wortmeldungen Weniger auf das Grós der Leser zu übertragen. Und treffen letztlich auf dieser Basis zufällig richtige oder falsche Entscheidungen. Die Fähigkeit zur Verallgemeinerung und Pauschalisierung ist ein Fluch und Segen zugleich. Wir können fast nicht anders, denn es ist für uns eine wichtige Fähigkeit, den Alltag zu sortieren.
Welche Strategie ist daher für Blogger am besten? Bezogen auf den Einsatz von Werbemitteln und die möglichen Reaktionen? Wenn wir schon keine zuverlässigen Ableitungen aus Reaktionen Weniger ziehen können – die entweder aus dem eigenen Blog oder fremden Blogs zu entnehmen sind -, müssen wir andere Leitplanken finden. Im Grunde ist es ganz simpel, simpler als man denkt:
1. Zieh das durch, wovon Du überzeugt bist.
2. Lasse Dich von aufkommenden/ausbrechenden Diskussionen nicht ins Schwimmen bringen.
3. Beobachte und messe
– den Traffic,
– das Kommentarvolumen und
– die „social media“-Reaktionen
über 8-12 Wochen. Kurzfristige Ausschläge sind zu ignorieren.
Zieh durch, beobachte, messe. Wenn die Abweichungen aus Deinen Vorstellungen ex ante und den Messungen ex post zu groß für Dich sind, kannst Du immer noch korrigieren. Und auf die Essenz der einzelnen Diskussionspunkte zurückgreifen, wenn Du etwas korrigieren möchtest.
Meine eigene Erfahrung? In all den Jahren und dem vielen Geschrei ob Werbemitteln- und formen, kann ich für mich feststellen, dass die Diskussionen – krass ausgedrückt – scheißegal waren. Werbegläubige und Werbeungläubige haben auf ihre Art und Weise zwar Recht, doch auf das Blog wirkt es sich mittel- und langfristig nicht negativ aus, wenn man die eine oder andere Werbemaßnahme einbaut. Sponsored Postings sind böse? Paid Links auch? Paid Postings noch viel mehr? Geschrei groß? Es ist egal. Obacht :) Meine Erfahrung – „just do it“ – muss nicht Deine sein :)
Ich finde, man kann seit jeher als Blogger an das Thema sehr entspannt herangehen. Geschrei muss man nicht derespektierlich mit Gegengeschrei beantworten, aber ignorieren kann man die Emotionalität durchaus.
06.06.2011 um 11:45 Uhr
Cooler Artikel! Ich finde Werbung im Blog auch nicht schlimm. Es kommt schlicht und einfach auf den Blogger und das Ziel des Blogs an. Möchte man einfach nur ein „Tagebuch“ führen, informieren oder möchte man für die teilweise echt lange Arbeit auch ein paar Taler bekommen?! Es ist sicherlich eine unendliche Geschichte, aber cool mal deine Sicht der Dinge zu lesen…
06.06.2011 um 11:49 Uhr
„Es gibt weder die eine noch die andere Grundrichtung, was OK ist und was nicht OK für 100% (!) der Leser ist.“
Es gibt immer noch das Wettbewerbsrecht:
Nach § 4 (3) des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist Schleichwerbung unzulässig, weil jede Werbemaßnahme so beschaffen sein muss, dass ihr werbender Charakter von den Angesprochenen erkannt werden kann.
Das Telemediengestz legt fest: “ §6 Besondere Informationspflichten bei kommerziellen Kommunikationen – (1) Diensteanbieter haben bei kommerziellen Kommunikationen, die Telemedien oder Bestandteile von Telemedien sind, mindestens die folgenden Voraussetzungen zu beachten: 1. Kommerzielle Kommunikationen müssen klar als solche zu erkennen sein.
Die deutsche Presse hat sich im Pressekodex in Ziffer 7 zur Trennung von Werbung und Redaktion verpflichtet. Was zwar nicht für elektronische Medien gilt, aber als Ethik-Standard akzeptiert wird.
06.06.2011 um 12:01 Uhr
Irgendwo ist es abwre müssig sich darüber Gedanken zu machen, da eh gilt: Erlaubt ist was gefällt und nicht geahnded wird. Stattdessen wäre viel damit geholfen, wenn die Blogger auch ihre Honorare, Zuwendungen, Werbeeinnahmen usw. auch regelkonform versteuern würden. Wenn ich mit Bloggern rede, dann scheint da eine ausgeprägte Brutto=Netto-Kultur zu herrrschen.
06.06.2011 um 12:07 Uhr
usw usf. schon Cicero meinte, „quae scripto sancit quod vult, aut iubendo, aut vetando“ = „das schriftlich bestimmt, was gutgeheißen oder abgelehnt wird“. Gott sei Dank regeln Gesetze nicht den Kern, sondern die Extrema :)
06.06.2011 um 12:33 Uhr
Gutes Thema, schöner Artikel.
Habe dazu eine ganz klare Meinung (und die hatte ich auch schon, bevor ich selbst Werbung auf dem Blog hatte): Wir dürfen alle täglich im Internet lesen, 99 Prozent davon ist gratis. Einfach so. Das wird VIEL zu wenig wertgeschätzt.
Finde Kritik an Werbung auf Blogs (oder anderen kleinen oder großen Webseiten) eine Unverschämtheit.
Was die Werbung selbst betrifft: Da mag ich Klares und Deutliches. Versteckter nicht als Werbung kenntlich gemachter Krams gefällt mir nicht. Pop-Ups und -Unders (die in Deutschland leider viel zu verbreitet sind) finde ich ganz übel. Dann lieber groß und fett ein Werbebanner oben über dem Blog.
xoxo
06.06.2011 um 16:02 Uhr
Jeder muss das machen, was er für sein Projekt richtig hält.
Wenn man der Meinung ist, dass keine Werbungen geschaltet werden müssen, das ist dies halt so. Dies gilt dann natürlich auch im Umkehrschluss, wenn Projekte monetarisiert werden.
Deswegen teile ich die Meinung auch von Jens: „Mein Blog, mein Abenteuerspielplatz!“.
06.06.2011 um 15:19 Uhr
Wenn man sich dafür entscheidet seine Webprojekte zu monetarisieren, dann muss man darauf gefasst sein dass man dafür in der einen oder anderen Form attackiert wird: „Du bist Geldgeil“, „Muss das sein?“, „Werbung nervt, ich komme nie wieder“, „Hättest du was anständiges gelernt, dann müsstest du das nicht machen“ etc.
Mir ist das ganze schleierhaft. Ich gehe auch nicht zum Schreiner um die Ecke und greife ihn an, dass er sein Geld mit Holz verdient. :-)
Mir scheint es so dass viele nicht verstehen können/wollen, dass manche Leute ganz oder zum Teil ihren Lebensunterhalt dadurch verdienen in dem sie auf ihren Projekten Werbung schalten.
Diese Ablehnung der Werbung geht teilweise so weit, dass man angekeift wird wenn man Eigenwerbung (für eigene Bücher und Artikel) betreibt.
aber so sind die Leute halt. Entweder man arrangiert sich damit oder man schaltet Werbung nicht.
06.06.2011 um 15:45 Uhr
@Timm – dann kennst du die falschen Blogger, ich kann dir mehr Blogger nennen die die Blogeinnahmen ordnungsgemäß versteuern, ich finde den pauschalisierten Vorwurf schon echt „hart“.
Ich bleib bei meinem Standpunkt, der sich seit mehreren Jahren jetzt manifestiert hat: „Mein Blog, meine Spielwiese!“ – seit letzten Jahr, wohl eher „Mein Blog, mein Abenteuerspielplatz!“!
06.06.2011 um 16:46 Uhr
Ich mag den 1. Punkt deiner Strategie-Empfehlung. DER ist der wichtigste; korrigieren kann man immer noch! Ich bilde mir sogar ein, dass ich das ziemlich exakt so befolge.
Wer mal in meinen (sehr sporadisch nach vorne gebrachten) ‚Vermarktungsprozess‘ reinsehen will…biddesehr: http://doktorsblog.de/tag/monetarisierung/
Kritik und Ideen dazu sind gerne erwünscht!
07.06.2011 um 00:02 Uhr
Bin auch der Meinung, dass jeder nach seinem Gusto entscheiden sollte. Nach ner Weile sollte man dann schon sehen was geht und was nicht. Try and error halt. Gewisse Dinge sollte man aber von vornherein lassen. Popups, Layer und anderer Nervkram wird wohl nur bei Suma Besuchern funzen.
07.06.2011 um 12:21 Uhr
Seltsam ist das, ist doch der Ursprung des Blogs zum großen Teil die Idee, seine eigene Meinung, seine eigenen Ansichten in die Welt zu tragen. Frage mich an der Stelle: Sind Blogger Sozialisten und dürfen kein Geld verdienen? Das führt uns zur bekannten Neid Diskussion – der eine verdient eben Geld mit seinen Inhalten, der andere nicht. Wo ist das Problem – leben und leben lassen! Jede Zeitschrift, Jede Zeitung bringt redaktionelle Beiträge zu Werbekunden, ansonsten könnte kein Verlag mehr überleben. Was gibt es zu beachten? Schön mal alles diktieren lassen, wie das schon immer war in der Welt: Nofollow, weil sonst der Gockel spinnt, Kennzeichnen, weil sonst die Bloggemeinde aufschreit, warum lassen wir uns immer in ein System pressen, das wir am Ende gar nicht haben wollen? Jeder sollte tun, was er für richtig hält und was Ihn weiter bringt, soweit meine Meinung zum Thema.