als Blogger kommt es hin und wieder vor, dass PR-Agenturen mit Dir Kontakt aufnehmen möchten. Auch wenn es vielen klar sein dürfte, warum die das machen, möchte ich gerne einige Fragen formulieren, die man der PR-Agentur stellen kann. Warum? Nun, um sich als Blogger im Klaren darüber zu sein, was die Ziele des Kunden sind. Welchen Kunden? Na, den Kunden, der die PR-Agentur bezahlt. PR-Agenturen agieren nicht von sich aus, weil sie zuviel Zeit haben und altruistische Freude am Kommunizieren mit Bloggern empfinden. Nicht nur das Abtasten der Ziele ist erhellend, sondern einige Dinge darüber hinaus:
1. Die erste Frage sollte lauten, wer der Auftraggeber der PR-Agentur ist. Wenn die Agentur nicht bereits bei der Kontaktaufnahme darüber informiert hat, sollten die Alarmglocken hochgehen. Gibt die Agentur den Auftraggeber an, ist diese Frage damit erledigt. Standard sollte sein: PR Agenturen geben immer an, wer der Kunde ist. Aktuelles Beispiel? Ein Blogger hat nachgefragt, warum er bestimmte Informationen zugeschickt bekommen hat, bevor er sich zum Artikeldeppen gemacht hat.
2. In manchen Fällen wird die PR Agentur keine Namen preisgeben. Das wird gerne bei Spielen gemacht, wo am Ende herauskommt, wer der Kunde ist. Du bekommst ominöse Post mit irgendeinem Quatsch im Umschlag? Weißt noch nicht einmal, von wem die Post stammt? Dann weißt Du, dass wieder eine virale Kampagne am Laufen ist. Die Blogger sollen gemeinsam rätseln, was es damit auf sich hat. Ich kann an dieser Stelle nur empfehlen, nicht mitzumachen. Am Ende ist es einem unangenehm, für eine ungeliebte Firma, ein bescheidenes Produkt quasi Werbung gemacht zu haben.
3. Erkundige Dich bei der Agentur, was sich der Kunde davon erhofft, dass Du über seinen Service/sein Produkt/sein Unternehmen schreibst. Das mag banal klingen, doch die Ziele können höchst unterschiedlich sein. Kannst Du diese Ziele vertreten? Und, mit den Informationen kannst Du womöglich auf neue Artikelideen kommen. Kann durchaus sein, dass Du zwar nicht am eigentlich Ziel interessiert bist, weil Dich das Produkt nicht anspricht, aber eventuell siehst Du eine andere Möglichkeit, über die Firma zu schreiben, einen ganz anderen Aspekt? Immerhin hast Du einen Kontakt. Den kannst Du nutzen.
4. Frage nach, warum man Dich ausgewählt hat. Was war der Grund? Weil Du als Designblogger zwar nix mit dem Produkt, aber dem Branding zu tun hast? Stichwort „Lifestyle“? Es ist gut, wenn Du auch diesen Punkt verstehst.
5. Frage nach, wie die PR-Agentur/deren Kunde zu kritischen Beiträgen steht? Diese Testfrage bzw. eine Antwort offenbart Dir einerseits den Druck, den die PR-Agentur empfindet und andererseits wirst Du schnell merken, ob der Kunde ein echtes Dialoginteresse hat (sollte das Dein Ziel/Wunsch sein) oder lediglich Trommelaffen sucht. Viele Firmen werden ihr „echtes, wahres, dialogbereites Interesse“ bekunden, mit Bloggern und Kunden gerne offen zu kommunzieren, zuzuhören, blabla. Mag sein. Doch Du wirst Wochen später erfahren, wie ernst es dem Kunden und PR-Agentur damit war: Wenn Du nix mehr von denen hörst, die Kampagne vorbei ist, auch zu Deinem Blogeintrag keine Fragen beantwortet wurden, auf Kritiken nicht eingegangen wurde. Spätestens dann weißt Du, dass der Kunde und die PR-Agentur im Verständnis ob der Belange von Bloggern und Kunden nicht weit vorgedrungen ist. Ein weiterer Punkt beim Abtasten der Kritikaffinität ist, dass Du schnell merkst, ob man willens ist, Dir zusätzliche Hintergrundinfos zu geben. Was schließlich Deine Leser interessiert, nicht das allgemeine WischiWaschi von tollen Produkten. Ein dritter Aspekt ist: Wer wird seitens des Kunden auf Fragen antworten, die Leser formulieren? Nichts ist dümmer, als einen Beitrag zu verfassen, Leser kommentieren, die betreffende Firma schweigt. Das färbt auch auf Dich ab bzw. Dein Blog.
6. Frage nach, wie es mit Disclosuren aussieht? Eine PR-Agentur, die Dich darauf nicht von sich aus hinweist, agiert vermutlich unprofessionell. Unprofessionelle PR-Agenturen sind mit Vorsicht zu genießen. Wenn Du das zugeschickte Produkt behalten kannst und Du das dem Leser nicht angibst, agierst Du als Blogger ebenso unprofessionell. Das Disclosure schützt Dich vor Dummheiten.
Also, zusammengefasst:
1. Wer ist der Kunde
2. Was sind die Ziele
3. Warum Du
4. Wie sieht es mit kritischen Beiträgen aus
5. Wo sind die Disclosure-Vereinbarungen
Die Fragen schützen Dich davor, dass Du Dich entgegen Deiner Wertvorstellungen und Absichten aus Versehen bzw. aus Absicht benutzen lässt. Ebenso hilft es der PR-Agentur, sowohl Dir gegenüber und dem Kunden gegenüber im Dreiklang zu agieren. Immerhin muss man verstehen, dass PR-Agenturen nach wie vor im Umgang mit Bloggern weitestgehend unerfahren sind. Eine Verbesserung der Standards bei der Kommunikation hilft allen Seiten.
12.05.2011 um 11:15 Uhr
Ein sehr spannender Beitrag. Ich denke, von Trommelaffen hat man als Firma rein gar nichts – diese Art der Berichterstattung fällt einfach sofort auf. Aus meiner Sicht ist es besser, sich wirklich für Blogs zu interessieren, die zum eigenen Weg passen. Das kann in einem Fall zu Kooperationen in Form von Posts führen, im anderen einfach nur zu einem spannenden Dialog. Wenn der Kunde Qualitätsansprüche hat, dann wird sich auch die PR-Agentur hoffentlich nicht dazu hinreißen lassen, unpassende Blogs auszuwählen oder eine „Dieses-Produkt-rettet-ihr-Leben“-Strategie zu fahren. Mit Betonung auf: hoffentlich. :-)
12.05.2011 um 11:17 Uhr
Und die wichtigste Frage an PR-Agenturen, die alle anderen erübrigt:
1. Könnt ihr gut gucken? Ja? Dann seht zu, daß ihr euch wegtrollt.
12.05.2011 um 11:18 Uhr
Das ist keine Frage, sondern eine Meinung ;)
12.05.2011 um 11:41 Uhr
Vor nem Jahr hat mir irgendeine Agentur mal „Dynamid“ aus Holz geschickt, verpackt in einem Karton, der wie ein Betonklotz aussieht. Und genau wie du beschrieben hast, sollte man da irgendwas zusammen mit den Lesern herausfinden^^
Jedenfalls hab ich darüber nicht berichtet, wer auf meinem Blog erscheinen will, soll entweder ein gutes Tablet rausbringen, dann kauf ich es mir sogar selbst und teste es unabhängig, oder gefälligst Werbung buchen.
Man merkt außerdem, dass die Agenturen die Blogs meistens nicht lesen. Ich bekomme immer mal wieder unaufgefordert irgendwas zugeschickt, erst kürzlich ne USB Lampe^^, dabei sollten sie wissen, dass ich nur über Tablets schreibe, und zwar nur über Tablets und Dingen, die etwas damit zu tun haben. Seit 2 Jahren… und nicht über Laptops oder USB Lampen^^
12.05.2011 um 11:47 Uhr
Klasse Beitrag und eine schöne Idee, auch mal den „Bloggerkollegen“ ein paar Tipps zu geben. Das trägt auf jeden Fall zu besserem gegenseitigen Verständnis und professionellerem (hoffentlich auch entspannterem) Umgang miteinander bei. Wenn PRler Transparenz einfordern (was sie sollten), dann sind Blogger am Zug, diese auch zu realisieren. Das vermeidet unnötige Missverständnisse und böses Blut.
12.05.2011 um 12:22 Uhr
Ein sehr schöner Beitrag. Doch die Realität sah bei mir anders aus. Mir wurde einfach was zugeschickt und es wurde nicht gefragt. Ich war von dem was mir zugeschickt wurde, ziemlich entsetzt, weil ich dachte, da will mir jemand was böses. Daher habe ich das Paket zurück geschickt und UPS beauftragt, den anonymen Absender heruaszufinden.
Nachdem ich wusste, wer hinter der Aktion stand, habe ich hingeschrieben und mich über die Art und Weise der Aktion beschwert. Bis heute habe ich keine Antwort erhalten, stattdessen hat mir die Firma schon wieder ein Paket geschickt. Angeblich hätte ich bei einem Gewinnspiel gewonnen.
12.05.2011 um 14:03 Uhr
Eine sehr schöne Zusammenfassung. Ich möchte folgendes ergänzen (auch wenn ich vermute, der Teil fehlt mit Absicht):
Der Preis.
Eine, wie ich finde, der wichtigsten Fragen. Viele PR-Agenturen werfen einfach mal einen sehr tiefen Geldbetrag in die Runde und bitte dieses oder jenes Video platzieren, mit Link da und dorthin, 300 Worte, und gefälligst ohne Hinweis auf Werbung.
Solche Blog-Einträge sieht man immer wieder. Dabei merkt der Autor aber nicht, welchen Preis er dafür zahlt: Ist die Werbemasche besonders plump wird sein Blog nach und nach ignoriert. Manchmal kommt es sogar vor, dass Suchmaschinen das Blog abstrafen und ins Nichts ab Seite 3 der Suchergebnisse verbannen. Um das Video einzubinden und vielleicht noch einen passablen Text darüber zu schreiben opfert man darüber hinaus eine Stunde Freizeit. Und das für 20 Euro.
Wenn man Aufwand und Risiko einrechnet und die Tipps im Artikel beherzigt, so darf man ruhig auch ein paar Forderungen stellen bezüglich Preis. Die Frage die man sich stellen muss: Wie viel muss der Kunde bereit sein auszugeben, damit für mich die Rechnung aufgeht? Bei offenbar unseriösen Angeboten darf man auch ruhig mal ein paar Hundert Euronen fordern ;)
Springt der Werbende beim minimalsten Aufbegehren sogleich ab, hat der Blogger bereits gewonnen: er hat sich nämlich die Finger nicht verbrannt.
12.05.2011 um 14:48 Uhr
@Goggi, ich verstehe Deinen Kommentar unter dem Thema „Sponsored Postings“, was aber hier nicht das Thema war. Das wäre unter dem Titel „bezahlte Artikel“ aka Werbung gelaufen. Darum gings aber nicht, daher taucht das auch nicht als „Frage“ auf.
13.05.2011 um 11:20 Uhr
Kenne ich auch. Die Oberfrechheit finde ich aber Mailanfragen von Agenturen, die (positive) Artikel für ihre Kunden platzieren wollen (dürfen natürlich auch neutral sein) und dafür dann 50 Euro anbieten.
14.05.2011 um 19:23 Uhr
Danke für diese Checkliste.
16.05.2011 um 10:28 Uhr
Wirklich sehr interessanter artikel!
18.05.2011 um 19:05 Uhr
Ich frag immer nach Geld.