Heute im Verlauf des Tages kamen mir mehrfach Berichte über Google via Twitter und Facebook unter die Nase. Thema? Google würde harsche Methodiken anwenden, um Userdaten und Inhalte aus GoogleMail auszulesen. Sinn und Zweck dieser Übung sei der Grundaufbau eines eigenen Social Networks.
So verlinkt z.B. der bekannte Journalist Gutjahr über Twitter („Google baut heimlich an seinem Facebook Killer – jetzt wirklich„) auf einen Artikel von Business Insider „How Google Is Secretly Building Its Facebook Killer„.
Man beschreibt dort, wie Google anhand des Googlemail-Accounts Social Networks scannt und nach Deinen Daten, aber auch den Daten Deiner Buddies sucht. Woher diese Information kommt?
Auszug:
An industry source who competes with Google says, „They are doing this to assemble another copy of the graph by scraping other sources rather than making their own.“ „Why make your own when you can steal someone else’s?“
So, so, eine „industry source“…. ?
Mittlerweile ist bekannt geworden, dass die weltweit renommierte PR-Agentur Burson-Marsteller beauftragt war, eine PR-Kampagne gegen Google zu fahren. Und Blogger wie auch Medien mit sagen wir mal überspitzt heißen und verdrehten Infos zu versorgen. Die Google diskreditieren sollen. Die Story hat Daily Beast aufgedeckt: Facebook Busted in Clumsy Smear on Google. Wie Burson-Marsteller an die Blogger getreten ist und um welche Informationen es sich dabei handelt, könnt Ihr der veröffentlichen Kopie des Mailverkehrs zwischen einem Blogger und der PR-Firma entnehmen. So erscheint der o.g. Artikel von Business Insider -die mittlerweile ihren Artikel entschärft haben- aber auch von anderen Quellen unter einem etwas anderen Licht ;)
Die Financial Times hat einen O-Ton von Burson-Marsteller reinbekommen:
Whatever the rationale, this was not at all standard operating procedure and is against our policies, and the assignment on those terms should have been declined. When talking to the media, we need to adhere to strict standards of transparency about clients, and this incident underscores the absolute importance of that principle.
Die deutschen Medien haben die Story mittlerweile auch für sich entdeckt: siehe Google News. Facebook und der PR-Agentur wird Peinlichkeit bescheinigt, wohl zurecht. Der Techcrunch-Blogger Michael Arrington, kein Kind von Traurigkeit, zeigt sich echauffiert: Facebook Loses Much Face In Secret Smear On Google.
Das noch renommiertere Blog Mashable schreibt drastischer:
It’s one thing to publicly voice your concern about another company’s privacy practices — Microsoft, Google and Facebook have been throwing jabs at each other for some time now — but hiring a PR agent to try to influence bloggers to write negative press about a competitor — that’s a PR catastrophe of the highest degree.
Was lernen wir daraus? Wenn sich zwei Giganten kloppen, geraten gutgläubige Blogger, aber auch selbst gestandene Journalisten unter die Räder. Burson-Marsteller ist keine Anfängeragentur, die nicht wüssten, wie sie Informationen aufbereiten und streuen. Tweets wie der von Gutjahr und Linkhinweise von anderen Usern über Twitter und Facebook auf ähnlich lautende Quellen zeigen, dass die Rechnung fast aufgegangen wäre. Ich würde wohl selbst darauf reinfallen, wenn ich mich thematisch mit Googles sog. „Social Circle“-System nicht schon länger befassen würde. Aber ein guter Schuss Misstrauen gegenüber Facebook ebenso wie Google schadet nicht. Wirklich vor Desinformationen schützen kann man sich kaum, wenn Stories ein gewisses Verbreitungsniveau angenommen haben. Das Korrektiv des Webs schlägt sicherlich zurück, nur ist dann die Frage, ob es noch alle mitbekommen, um was es wirklich ging? Der Schaden ist angerichtet aber nicht ausgebadet.
Stichwort „Misstrauen“: Nützlich ist das vor allen Dingen bei einem Vergleich beider Firmen. Facebook – die Googles Gebahren in einem überzeichnet schlechten Licht unter Zuhilfenahme propagandistischer Argumentationmuster verstanden haben wollen – scheut sich nicht, ausführlichste Trackingmethoden über alle Useraktionen hinweg zu fahren, aber auch aggressivste Werbemethoden gehören zu deren Standardrepertoire. Google ist ebenso wenig ein jungfräuliches Gewächs beim Kampf um User und Werbegelder.
Der Leidtragende ist am Ende der Nutzer, der vor lauter Informationen über Datenlecks und Datenscanning-Methoden kaum noch einzuschätzen vermag, was wer wann wo und warum mit seinen Daten anstellt. Für Politiker ein dankbares Feld, sich einen Namen zu machen. Gerade dann, wenn Wähler unsicher und schlecht informiert sind. Wir, die sich mit den Themen etwas intensiver befassen, haben eher die Chance, Informationen zu erhalten, korrigierende Sichtweisen und Hintergrunde zu erfahren.
Tja, so bleibt mir am Ende nur ein Schulterzucken. Burson-Marsteller steht mit heruntergelassenen Hosen da, Facebook bekommt etwas fett ab, Google hält sich geschickt bedeckt und genießt wohl den Fehler des Konkurrenten. Morgen kann es wieder anders herum aussehen.
Update: Die offizielle Antwort von Facebook liegt nun vor. Man habe keinen fiesen PR-Coup geplant, die PR-Agentur sei demnach so nicht beauftragt (Burson-Marstellers Stellungnahme besagt übrigens exakt das Gegenteil) worden. Man habe lediglich auf Googles Methodik hinweisen wollen, wie der Konkurrent Daten abgreife. Und Facebook meint noch hinzufügen zu müssen, man hätte wohl offener und transparenter agieren sollen, statt den Fokus auf die bloße Information zu legen. Die Logik dahinter: Wüsste man, dass es von Facebook kommt, wäre die Information nicht mehr so werthaltig. Erstaunlich die Hirnwindungen von PR-Profis sind :)
12.05.2011 um 17:55 Uhr
Die Sache wurde in weiten Teilen bereits vor wenigen Tagen in den USA aufgelöst, noch bevor heute einige deutsche Medien sensationslüstern und halbwissend-hysterisch auf Google losgegangen sind. Zumindest war in den Staaten bereits recht schnell klar, dass es sich hier nur übles PR-Gebaren handeln könnte. Apple hielt sich lange und hartnäckig als Drahtzieher der Kampagne. Doch selbst die sonst wenig 2.0-affinen deutschen Nachrichtenagenturen haben bereits heute Mittag erstaunlich breit über das Facebook`sche PR-Eigentor berichtet.
12.05.2011 um 17:59 Uhr
die Sache wurde „vor Tagen aufgelöst“ und heute schreiben die Medien / Blogs jetzt erst darüber? Den Bratengeruch haben einige wahrgenommen, kaum einer geschrieben. Nachdem der Connect heute offiziell hergestellt ist, ist es aufgelöst worden aka Berichterstattung.
12.05.2011 um 19:05 Uhr
Verwunderlich ist das nicht unbedingt. Vieles, was US-Technologie und -Unternehmen betrifft, braucht eine gewisse Zeit, bis es hier relevant ist oder überhaupt ankommt. Gerade bei Facebook sind uns die US-Blogs um einiges voraus, was Zeit und Umfang der Veröffentlichung betrifft. Wie geschrieben: Der Verdacht, dass es sich hier um eine PR-Kampagne handelt, hatten einige schon vor Tagen, dann begann das große Spekulieren. Dass Facebook dahinter steckt, stand heute früh in den US-Zeitungen, bevor dann gegen 14 Uhr die dpa draufsprang. Und natürlich muss sich ein Thema aufbauen. In US-Blogs (zumindest die, die ich abonniert habe), wird gegenwärtig viel erheblicher darüber diskutiert als hierzulande.
12.05.2011 um 22:06 Uhr
> Burson-Marsteller steht mit heruntergelassenen Hosen da,
> Facebook bekommt etwas fett ab, Google hält sich geschickt
> bedeckt und genießt wohl den Fehler des Konkurrenten.
> Morgen kann es wieder anders herum aussehen.
Oh Gott. Du klingst wie ein elender Opportunist, der es sich mit niemandem verderben will. Ich finde deine Haltung, offen gesagt, zum Kotzen. In case you missed it: „Facebooks PR-Nummer könnte sich nun als Glücksfall für Google erweisen. Zwar sei völlig offen, ob Google in Sachen soziale Netzwerke noch den Anschluss an Facebook finden könne, schreibt Dan Lyons bei ´The Daily Beast´. Facebook mit seinen inzwischen mehr als 600 Millionen Nutzern weltweit wird von Branchenbeobachtern oft als große Gefahr für das Google-Geschäft gesehen. Google verdient sein Geld immer noch hauptsächlich mit Anzeigen im Umfeld von Internet-Suchanfragen. Facebook hat hingegen einen Vorsprung bei der ´sozialen Suche´. Lyons Urteil: Nach dieser tollpatschigen Nummer wirke Facebook aber nicht mehr unbesiegbar. ´Tatsächlich sehen sie fast ein bisschen ängstlich aus.´“ (SpOn)
Dir
> bleibt (…) am Ende nur ein Schulterzucken.
Na toll. Und mir ein Brechanfall ob deiner nicht für möglich gehaltenen Instinktlosigkeit. Wer solche bombshell stories bewusst herunterspielt, der hat entweder etwas zu verbergen oder pennt den Schlaf des Selbstgerechten.
13.05.2011 um 00:01 Uhr
Mich wundert schon ein bißchen, daß Facebook so etwas beauftragt und meint, es kommt nicht raus. Immerhin sind ja doch einige Leute in die Sache involviert. Selbst wenn man sagt, die Chancen stehen bei 20%, daß das auffliegt, ist das doch eigentlich zuviel, wenn man die Folgen bedenkt.
Irgendwie ist das Ganze (abgesehen vom moralischen Aspekt) unclever, amateurhaft. Andererseits hat sich Facebook bisher sehr oft wie der Elefant im Porzellanladen verhalten, richtig geschadet hat es aber nie. Zumindest geht es immer noch steil bergauf.
Vielleicht juckt es das Gros der Nutzer auch nicht, man ist ja mittlerweile einiges von Google, Apple, Facebook gewohnt. Wenn man bedenkt, wie man früher Microsoft gebasht hat und sieht, was sich diese tollen Firmen jetzt so leisten …
13.05.2011 um 00:12 Uhr
@Jens ich denke auch, es wird eine Story für die Fachszene bleiben. Die Nutzer interessieren sich für sich, weniger für das Firmengeschehen. Und wenn sie was davon mitbekommen, werden sie eher leicht irritiert sein und an die lieben „oh Vorsicht, Daten“ denken. Schaden wird es dem Vorpreschen von FB nicht. Google ebensowenig.
@Ingo die Vehemenz Deiner persönlichen Wertungsnote spricht dafür, dass Du unbedingt Deine Bewertung zu dem Vorfall als richtigste betrachtet. Wenn dem so ist, möchte ich es dabei belassen, um Dich nicht weiter aus der Contenance zu bringen.
13.05.2011 um 08:43 Uhr
Heftige Sache – FB sollte sich lieber mal selbst an der Nase nehmen…
13.05.2011 um 14:32 Uhr
„den Fokus auf die bloße Information [..] legen.“ ist das neue „die Konkurrenz hinterrücks anschwärzen“. Sehr schön.
13.05.2011 um 15:42 Uhr
@RB:
> (ich) möchte ich es dabei belassen, um Dich nicht
> weiter aus der Contenance zu bringen.
Tja, blöd, wenn einem binnen Nanosekunden die Argumente ausgehen, gell? Selbstkritik ist deine Sache nicht. Lets face it: Dein Beitrag zum Thema war ein einziger schlechter Witz. Schlimm, wie devot du Facebook gegenüber aufgestellt bist. Sieh mal, auf welch hohem Niveau die SpOn´ler erneut sich äußern. Ein Tipp zur Güte: Du solltest deine Nase vermehrt in Blogs der Holzmedien stecken. Diese Leute können schreiben und haben fundierte Meinungen — anders als das Gros deiner Bloggerkollegen. Sascha Lobo findet deine Schreibe ja schrecklich. Et vice versa, kam dann von dir. Na ja, ein bisschen platt, würd ich sagen. Hier also SpOn #2: „Das ging nach hinten los: Facebook hat Google in einer PR-Kampagne vorgeworfen, ohne Zustimmung Informationen von Profilseiten auszuwerten. Doch die Kritik ist reine Heuchelei. Denn die Daten stehen ohnehin frei im Web – vor allem, weil Facebook Nutzer seit Jahren zur Selbstentblößung drängt.“
P.S.: Johnny Häuschen legt noch eins drauf. Wenn selbst die Berliner Popkulturheinis sich regen, ist in der Regel Holland in Not: http://www.spreeblick.com/2011/05/13/icomp-auch-microsoft-bezahlt-burson-marsteller-fur-anti-google-pr/
13.05.2011 um 16:00 Uhr
@Ingo nach der emotionalen Verausgabung wünsche ich Dir ein geruhsames Wochenende
13.05.2011 um 20:32 Uhr
Ich muss dem Kollegen Ingo Esser zustimmen. Dein Blog liest sich wie das Gebrabbel von jemandem, der sich nur mit seinesgleichen – den Bloggern – beschäftigt und die Geschichte dahinter fast komplett ausblendet. Wen interessiert, wie die Bloggerwelt reagiert? Es geht um unethische PR, im Grunde genommen um einen handfesten Skandal zwischen zwei Großunternehmen, wobei der Böse ganz klar Facebook ist. Vielleicht wäre es angebracht mal die PR-Branche selbst kritisch zu hinterfragen und die Gesetzmäßigkeiten anzuprangern. Warum machen PR-Agenturen bei allem mit, obwohl sie es besser wissen? Wo liegt denn die Grenze von korrekter und inkorrekter PR? Wie einfach sind eigentlich Blogger und Journalisten zu beinflussen? Im Grunde lässt deine Facebook-Abneigung doch nur den Schluss zu, dass du einer der ersten gewesen wärest, der zum Beispiel im Gegenzug auf negatives Spinning gegenüber Facebook angesprungen wäre, weil es deine eigene Meinung über Facebook bestätigt hätte, oder? Insofern war es auch für Facebook relativ leicht, negative Informationen über Google zu verbreiten, weil man willige Helfer in den Medien hatte, die wiederum – zu Recht – Google sehr kritisch und negativ sehen.
14.05.2011 um 07:56 Uhr
@Bob Stone:
Danke. Ich bekomme in der Regel wenig Zuspruch, da ich meist in eine Schublade gesteckt werde mit Cholerikern à la Gernot Hassknecht.
14.05.2011 um 10:53 Uhr
Mir gefällt die Betrachtungsweise – vor allem mit Blick auf Blogger und Journalisten, für die eben der schnelle Tweet ein hohes Gut ist. Darunter leidet die echte journalistische Recherche. Von daher habe ich weiterhin die Hoffnung, dass echter unabhängiger Journalismus zumindest in seiner Grundidee überlebt.
Das Vorgehen von Facebook macht deutlich, dass im Internet Transparenz und Intransparenz nah beieinander liegen. Die PR-Branche wie auch Interessenvertretungen wie die „Digitale Gesellschaft“ sollten es sich zur Aufgabe machen, solche Vorgehensweisen hart zu bekämpfen. Mal ganz unabänhig von Datenschutz & Co.
14.05.2011 um 11:01 Uhr
@Christian die Gedanken hat sich seitens PR Tapio Liller gemacht, siehe http://www.opensourcepr.de/2011/05/13/pr-branche-ueberleben-in-der-loewengrube/ (klar, auch die US Vertreter haben sich in den USA zu Wort gemeldet und zeigen sich pikiert). Die Art von Transparenz – die Du angesprochen hast – allerdings erwarte ich nicht von Dienstleistern, die eben nicht dem Konsumenten dienen.
14.05.2011 um 11:04 Uhr
@Bob das „Geblubber“ hat immerhin ein Blogger ins Rollen gebracht, ganz sicher nicht ein PRler. Hieraus sehe ich keinen Anlass, darauf einzugehen, was PR nun Schlimmes tut. Sie tut das seit jeher, wozu sie beauftragt wird, Informationen unters Volk zu bringen, jeglicher Art. Einziger Schutzmechanismus im Zweifel für Blogger ist, zu hinterfragen. Siehe dazu den einen Artikel zuvor.
16.05.2011 um 10:03 Uhr
Ich glaube das der kalte Krieg schon lange läuft. Jedoch im verborgenen. Es ist nur ein Zufall und dummheit von einen Mitarbeiter der sich zu erkennen gab.. Na, beim KGB ( FSB) währe er in Sybirien durch einen Schornstein entlassen worden.
Tomek
16.05.2011 um 11:03 Uhr
Und? Google, Facebook können sich inzwischen viel negatives Leisten, was später wieder positiv dargestellt wird. Morgen ist wieder alles vergessen.
17.05.2011 um 16:55 Uhr
Das wird eine unendliche Geschichte mit Facebook und Google…die haben doch noch gar nicht richtig angefangen. Ich denke da werden wir in der nächsten Zeit immer mehr lesen. Interessant wird es zu sehen, was Microsoft dazu beitragen wird.
18.05.2011 um 14:11 Uhr
Facebook – die Fallen der sozialen Netzwerke
http://is.gd/ez7dy5
15.12.2011 um 22:09 Uhr
dies ist ein test