über das Thema hatte ich schon mehrere Male sinniert. Gerade als Intensivnutzer des Webs kommt es mir gerne in den Sinn, dass ich noch lange nicht das Netz als alleinigen Kommunikationskanal betrachte bzw. besser gesagt fühle. Wir kennen wohl alle die profane und banale Aussage „das reale Bier schmeckt besser“.
Doch geht es mir jetzt nicht darum, warum das Virtuelle das Reale als etwas im zwischenmenschlichen Sinne Verstandenes ersetzen mag. Es geht mir eher um den Gedanken, ob wir uns zunehmend mit kontinuierlicher Nutzung des Virtuellen darauf trainieren, realphysische Kommunikation mit virtueller Kommunikation allmählich gleichzusetzen? Das dürfte kaum ein rationaler Prozess sein. Es wird wohl ein mental-emotionaler Prozess sein.
Wir kennen das im Bereich „Flow“ und Spielen. Wir vergessen alles um uns herum, sehen nicht einmal mehr den Bildschirm. Wir fühlen bei dieser Art von Einlassung das gesamte Spektrum an Emotionen, das wir auch aus dem Umgang mit der realphysischen Welt kennen. Der Unterschied ist lediglich, dass die Reize digital konstruiert werden. Werden digital konstruierte Reize in der zwischenmenschlichen Kommunikation eines Tages als vollwertig und gleichwertig zur „Face-to-Face“ Kommunikation wahrgenommen?
Würde man es ganz weit denken, tragen wir das Potential seit jeher in uns, jegliche, kommunikative Form als vollwertig anzunehmen. Wenn man so will, nehmen wir die Welt indirekt wahr. Ob es nun Licht ist, Druck, Geschmack, Geruch, Wärme oder Klang. Sämtliche Umweltsignale werden durch unsere Nervenbahnen gefiltert und im Gehirn interpretiert. Was ist demnach ein Baum? Ein Energiemuster, eine Ansammlung von Teilchen. Unser Gehirn sagt uns Menschen normiert, dass es eben wie ein Baum aussehen muss. Kein Wunder, rührt doch das Standardisieren der Warhnehmung von einem gleichartig aufgebauten Gehirn her. Der Baum reizt unsere Sinne zusätzlich durch Druck (anfassen), durch Schall (Bewegungsgeräusche durch Wind ausgelöst), durch Geruch und sogar auch durch Geschmack (Geruch und Geschmack liegen nahe beieinander).
Ist demnach ein virtueller Baum nur ein halber Baum? Wir erfahren lediglich bei einer digitalen Baumsimulation weder Geschmack noch Geruch, auch kein Druckgefühl durch den Tastsinn. Audiovisuelles ist jedoch vorhanden. Das visuelle Element verblasst etwas, da uns die Größenrelationen fehlen, wenn wir nicht persönlich neben einem Baum stehen und staunen.
Würde man es weiter denken, muss man zum Schluss kommen, dass unser sensorischer Apparat und das Interpretationssystem bei realphysischen Anreizen kompletter und intensiver angesprochen werden. Der Gang durch den Wald oder das vis-a-vis Gespräch mit einem Menschen kann die virtuelle Reizwelt noch nicht adäquat abbilden. Schon alleine das Kommunizieren via Text fällt uns schwer. Wir sind zwar seit Jahrhunderten darauf trainiert worden, Texte zu verfasen und auch zu lesen, doch der Aufwand erscheint immens hoch. Im Vergleich zu einem Echtzeitgespräch mit einem Menschen, die sich gegenüber sitzen. Nicht nur der digital konstruierte Interpretationsapparat scheint extrem stockend zu sein. Ich habe keine Zahlenwerke dazu, aber wenn ich raten müsste, würde ich vermuten, dass rund 1.000.000x an sinnlichen Informationen im realen Gespräch übertragen werden, gegenüber einem rein digitalen Gespräch in der gleichen Zeiteinheit. Obwohl mehr Informationen übertragen werden, dürfte die Verarbeitung der Informationen flüssiger, kompletter erscheinen (Unterbewusstsein, konditionierter Sinnesapparat).
Trotz dem Mangel an Sinnen, die die Digitale konstruieren und ansprechen kann, bin ich davon überzeugt, dass Menschen lernen und sich anpassen. Ich weiß allerdings nicht, wie wir digitale Informationen verarbeiten werden in Zukunft. Statt Informationen wie im realphysischen Bereich massiv auszublenden und auszufiltern, dürften wir wohl zunehmend Informationslücken (bedingt aus dem Mangel an Sinnesinformationen) interpolieren, sprich Lücken mit angenommenen Informationen auffüllen.
Wir tun das bereits heute: Wir können einen Text je nach Emotion freundlich oder aber unfreundlich interpretieren. Lacht der Sender oder ist der Sender böse? Auch können wir sogar vermeintlich ein Bild von der Person herstellen. Erstaunlich, und das nur mit bloßen Textinformationen. Das scheinen wir relativ schnell nach der Erfindung der Buchstabensuppe erlernt zu haben. So logisch ist das nicht. Es zeigt aber eindeutig auf, dass wir in der Lage sind, bei einem Mangel an kompletten Sinnesinformationen Lücken auszufüllen, eine fantasische Fähigkeit. Diese Fähigkeit dürfte mit der Zeit zunehmen.
So habe ich keine echte Antwort, wie auch, ob wir virtuelle Kommunikation irgendwann als vollwertig wahrnehmen werden. Klar ist mir nur, dass wir dazu in der Lage sind, da unser Interpretationsapparat auch diese Fähigkeit mitbringt. Es hat uns schließlich dazu gebracht, dass wir als Lebensform die Umwelt anpassen können. Wir können Dinge und Zusammenhänge projizieren, seit jeher. Sonst wäre keine Erfindung möglich gewesen. Warum sollte das nicht auch für menschliche Kommunikation in allen Bereichen gelten?
Was bedeutet das aber für uns? Für unsere Werte? Für unser Bild von der Welt und von Menschen? Werden wir weitaus besser mit einem Mangel an Sinnesinformationen umgehen können, damit weitaus besser Menschen aus wenigen Bruchstücken an Informationen verstehen lernen? Alleine die Vorstellung, dass wir digital bestimmte Kommunikation womöglich als vollwertig betrachten, dürfte erhebliche, soziale Folgen haben. Nicht nur im Sinne einer Freundschaft. Auch im politischen Sinne, wenn es um Wirkkräfte von Ideen und Vorstellungen geht. Facebook ist ein Scheißendreck (sorry für den drastischen Begriff) dagegen, wenn es politische Aktivitäten via Netz gehen wird. Ohne es zunächst bewerten zu wollen. Aber die Sprengkraft der Bedeutung dieser schleichenden Entwicklung – als Mensch im Zusammenspiel mit Maschinen – dürfte für unsere komplette Zivilisation weitaus größer als bisher gedacht sein bzw. als es mir bis jetzt klar gewesen ist.
Maschinen verändern uns. Statt gemeinsam allein, müsste es dann nicht auch heißen, alleine mit der Maschine gemeinsam? Auch, wird die Maschine ein echter Freund sein? Selbst das ist vorstellbar. Immerhin bauen wir Maschinen nach unserem Abbild, was das Interpretieren von Informationen angeht.
28.02.2011 um 15:33 Uhr
Lieber Robert,
meiner Meinung geht es nicht um das entweder oder sondern um das sowohl als auch. Das Virtuelle ist schon so alt wie die Menschheit; schon immer haben wir virtuelle Räume oder Abbilder der Wirklichkeit geschaffen. Nimm die Höhle von Lascaux, die die ältesten erhaltenen Kunstwerke der Menschheit enthält; diese gewaltigen Bilder, die das Wesen der abgebildeten Tiere so genau zeigen. Warum muss man sich Gedanken über Wirklichkeiten machen, im Grunde geht es um Wirkungen.
Diese Wirkungen muss man im Kontext sehen: Trinkt man ein erfrischendes Bier, weil man durstig ist, erfrischt es sehr viel mehr, als das Bild eines Bieres. Trotzdem zeigt das Bild alle Informationen, unser Hirn spult in die Zukunft vor, wir können es schon fast schmecken.
Haben wir nicht schon alle einmal im dunklen Kino gesessen und für 2 Stunden alles um uns herum vergessen, weil der Film uns packte? Der Abspann lief und wir erwachten in der Wirklichkeit und fielen in ein Loch, weil das Erlebte uns so schnell verlies.
Texte zu verfassen und zu lesen ist eine nicht zu unterschätzende Kulturleistung. Oft kommen mir Menschen emotional so nahe, allein durch das, was sie schreiben. Sähe ich sie nur oder hörte ich ihnen zu, es wäre nie so tief.
Warum sollte das Virtuelle nicht als vollwertig angesehen werden? Eine virtuelle Plattform teilen sich alle Menschen: Es sind die Träume, im Moment des Träumens erlebe ich meinen Traum als Wirklichkeit, er löst Emotionen aus. Erst wenn ich aufgewacht bin, erkenne ich den Unterschied, erlebe ich das Geträumte als virtuelles Geschehen. Aber das löscht nicht die Empfindungen aus, die beim Träumen waren.
Ich denke, schon immer gab es das Virtuelle. Aber es gibt unterschiedliche Menschen; manche lassen sich tiefer hinein fallen als andere. Wenn wir das virtuelle auf allen Ebenen (Das kann auch ein Bild in einer Ausstellung sein) als Bereicherung erleben, als Erweiterung unserer selbst, kommen wir zu einem neuen Verständnis. Die Kunst spielte schon immer mit der Illusion, sehen wir sie als erweiterte Wirklichkeit. Kommunikation ist immer als vollwertig anzusehen, egal mit wie viel Sinnen man sie wahrnimmt. Auch ein Taubstummer kann kommunizieren, trotz der eingeschränkten Möglichkeiten ist die Kommunikation genauso wertvoll wie jede andere auch.
Vielen Dank für deinen Beitrag; ich mag Dinge, die mich zum Denken anregen :-)
28.02.2011 um 15:51 Uhr
was für ein par force Ritt durch die Sinneswelt.
Es geht viel einfacher und wenn man will auch viel komplizierter.
Versuch doch mal Dir vorzustellen, was in Dir vorgeht, wenn Du einen Film siehst. Irgendeinen, womöglich gar einen Zeichentrickfilm oder einen Sexfilm. Keine Gerüche, keine taktilen eindrücke kene Temeratruempfindungen keine was weiß ich nur optik und seit einigen zig Jahren auch akustische Eindrücke. Und das Resultat ist? Siehst Du.
Sprache kann man, wenn man will auch als Aneinanderreihung von Bildern begreifen. Dein Buam ist ein Baum, weil wir ihm die Chiffre Baum gegeben haben. Er ist eine Vielzahl von dem was wir unter Bäumen subsumieren. So ein eifaches Wort wie begreifen ist eine uralte Methapfer und wir lesen und sprechen in Metaphern/Bildern. Über die Menge der Eindrücke, die Dich sekündlich Heimsuchen sind Berechnngen angestellt worden. Ich bin zu faul die Zahlen zu suchen, aber das, was in unsere denkkiste ankommt und mit dem wir wahrnehmen unter 0,0001 % wenn nicht weniger.
Es fängt ja schon damit an, dass Du das Gesicht Deines Gegenüber (egal ob digital oder direkt wirklich vor Dir) nur in Auszügen wahrnimmst. reduktion ist das Geheimnis, oder hast Du bemerkt, dass Du während du das liest auf Deinem Hosenboden sitzt oder dass dein Husenbund dich kneift oder Du Shuhe hast, die einfach Deinen Spann berühren. Nein. Also brauchen wir uns an dieser Stelle keine Sorgen um Verknappung der (analogen) Information zu machen. Wir brauche uns nicht großartig anzupassen, wir sind daran angepaßt zu abstrahieren und uns unsere eigene extrem reduzierte Spiegelwelt innerhalb unseres Kopfes zu machen. Es fängt damit an, dass ich Dich bitte Dir eine Vase vorzustellen. Meinst Du Du hast die dreidimensionale Form irgendeiner Vase vor Dir, nein, Du hast eine Meta-Chiffre im Kopf, die sich dauernd ändert nur Die Deine ist, egal, was ich Dir gerade schreibe.
Ich denke, Du machst Dir an etlichen Stellen in diesem Artikel unnötige Gedanken. leider muss ich jetzt weg, sonst würde ich versuchen es Dir dezidierter klarzumachen. Wenn Du magst, lass es mich wissen. Grüsse aus der einfachen Welt meiner Gedanken
Badger-West
28.02.2011 um 16:06 Uhr
Du beschreibst mehr einen Zustand, einen Status Quo. Ich interessiere mich für de Fluss, da wir uns doch sehr speziell im Netz trainieren, manche Stunden pro Tag über lange Zeiträume hinweg. Was heißt das gesamtheitlich über Generationen hinweg? Das finde ich spannend. Also? Mehr schreiben:))
@Gabi, bittschön, wunderbar erklärt. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, geht es um Akzeptanz im kulturellen Sinne, bevor eine Änderung allgemein eintritt?
28.02.2011 um 16:21 Uhr
@Robert, genau, es geht um die Kultur des Virtuellen, die eigentlich schon immer da war, es ist keine neue Erfindung. Was ist real und was ist virtuell? Die Gefühle, die ich habe sind für mich real, für einen anderen aber virtuell.
Im Grunde begegnet uns das Virtuelle immer und überall. Alle kulturelle Leistungen der Menschheit haben immer eine virtuelle Komponente, jeder Theaterbesuch, jedes Buch, dass ich lese.
Will ich einen anderen Menschen begreifen, muss ich mir immer des virtuellen Anteils bewusst sein: Im Grunde sind wir alle eine Insel. Jede Form der Kommunikation dient dazu, diese Insel zu verlassen, egal ob diese Kommunikation von Angesicht zu Angesicht stattfindet oder über andere Kanäle.
28.02.2011 um 16:36 Uhr
wenn man es so versteht, wundert Dich dann nicht die häufige Distanz zum Internet? Die vielen zu eigen ist? Wenn wir es in Deinem Sinne sehen würden, dass wir eine Insel verlassen, seit jeher, dürfte das so nicht auftreten.
28.02.2011 um 17:10 Uhr
@Robert, dass hat mit mangelnder Toleranz zu tun. Die Bereitschaft, die eigene Insel zu verlassen ist oft nicht sehr groß, egal ob im Internet oder anderswo. Geh doch mal in eine Kunstausstellung, das Publikum ist da sehr sparsam vertreten. Massenmedien bieten kaum echte Kommunikation.
Alle Menschen, die kommunizieren wollen, die ihre Insel verlassen wollen, was auch immer mit Toleranz einhergeht, finden Wege. Einer dieser Wege ist das Internet. Es wird nicht mehr lange dauern, bis immer mehr Menschen die Möglichkeiten erkennen. Auch werden sich die Kommunikationsmöglichkeiten im Netz vervielfältigen. Künstler werden das Netz mehr und mehr entdecken und zur Kommunikation nutzen.
In Vom Nächsten zum Nichts habe ich ein neues Kunstprojekt vorgestellt: Die Erschaffung einer virtuellen Entität.
Die höchst spannenden Fragen dabei sind:
* Wie weit kann man gehen?
* In welchem Maße lässt sich der Betrachter darauf ein?
* Wie stark identifiziert sich der Künstler mit dieser Identität?
* Wie groß ist die Gefahr des „sich verlierens“ für den Künstler?
* Kann er einen objektiven Standpunkt bewahren?
* Kann man diese Entität auf eine Reise durch das Netz schicken?
* Würde das Publikum eine virtuelle Entität akzeptieren oder sollte man es im Unklaren lassen?
Ich werde mit den Vorbereitungen beginnen und mir viele Gedanken machen, welcher Art diese virtuelle Entität sein könnte, wie man sie auf eine Reise durch das Netz schicken kann.
Das hat sehr viel mit deiner Frage der Kommunikation zu tun, z. B. werden wir mit künstlichen Wesen kommunizieren? Wie werden wir mit ihnen kommunizieren? Kommunizieren wir anders mit ihnen, wenn wir um ihre Künstlichkeit wissen?
Ich habe auch keine endgültigen Antworten, aber ich trenne die virtuelle Kommunikation nicht von anderer Kommunikation. Wichtig für mich ist die Toleranz, das Einlassen auf neue Möglichkeiten, sehen, was es mit uns macht. Über den Tellerrand sehen ist eine so spannende Sache, ich kann kaum verstehen, dass sich nicht viel mehr Menschen darauf einlassen. Hier muss also noch etwas anderes zum Tragen kommen, ich vermute, es ist Angst.
28.02.2011 um 17:13 Uhr
interessanter weise verspüre ich auch Angst, mehr ob der Entwicklung, da einfach kaum konkret einschätzbar, was die Änderungen und Folgen angeht. Auch wird Angst eine große Rolle beim sozialen Ansehen spielen, wie man öffentl. wahrgenommen werden kann (nix Neues bei Unternehmen zB, wo sich das sehr deutlich zeigt).
28.02.2011 um 18:13 Uhr
Vorweg: ich meine, was ich schreibe üüüüüberhaupt nicht böse, im Gegenteil ☺: (bitte sieh mir die Typos nach. Nach Deinem Par Force Ritt folgt nun meiner, ich liebe Klammern usw. sorry)
Gerne, also lass uns reden (ich bin zurück am Mac und habe wirklich Lust den Artikel zu besprechen.)
Mir geht es eben so, und das kennst Du bestimmt auch, das irgendein Papier so quer dasteht, dass es schwer fällt Ordnung in die teilweise durchaus vernünftigen Gedanken zu bringen. Da sind wir auch schon bei einem Zentralen Punkt in Deinem Papier, bei dem Du meiner Meinung nach WIRKLICH in Richtung unfreiwilliger Veränderung des e-lesenden Menschen denken kannst und musst. Ich habe das irgendwann und irgendwo mal ausführlicher erklärt, hier die Kurzform: Verändertes Lesen. kurzes Lesen, oberflächliches Lesen. Querlesen, bei Artikeln, wie der, den Du geschrieben hast und den ich als Bemerkung gerade schreiben will, ist man schon weit außerhalb des mean square Wertes für Blogbeiträge =400-800 Worte. Es geht um Lesen also, das unsere Perzeption, die Rezeption wird’s schon richten, auf eine besondere Weise herausfordert. Nicht nur quer wahrnehmen, wie sich durch geschrieben Piktogramme zu wühlen um wenigstens den Sinn des gelesenen so halbwegs zu erfassen, sondern das was, warum und das WIE etwas geschrieben wurde erfahren und vor allem erkennen und schätzen.) So jetzt weiter (ca. 250 Wörter)
Ich meine, man müsste Deinen Artikel, so interessant er für den unvorbereiteten Leser sein mag, weil er schön viele ungefähr bekannte Wörter, Begriffe und laienhafte Vorstellungen berührt, erst einmal sortieren um herauszuarbeiten wo eigentlich Deine Intentionen liegen bzw, wo er im, ich nenne es biologisch neuronalen Sinn in die Irre läuft. Wenn Du Dir die Mühe machst, mal die Teile rauszuschmeißen, die ich angesprochen habe, dann kommen wir vielleicht gemeinsam dahin, was Du meinst.
Zitat“…realphysische Kommunikation mit virtueller Kommunikation allmählich gleichzusetzen? Das dürfte kaum ein rationaler Prozess sein. Es wird wohl ein mental-emotionaler Prozess sein. „
Was ist mit realphysisch gemein? Ich nehme an Du und ich sitzen an der Bar und reden. Was passier eigentlich dabei? Wir benutzen einige verschiedene Ebenen der Kommunikation. Sprachlich/Kontextuell/Körpersprachlich/Geruchlich. Soweit, so einverstanden. Es gibt aus meiner Sicht außer dem der Darreichungsform keinen Unterschied zwischen einem Buch/Zeitschrift/Werbeblättchen und diesem Blogartikel oder Deinen und meinen Aktivitäten im Netz etc. (Vielleicht ist die Geschwindigkeit öher, so what, wir fahren mit unseren Autos auch 240 auf der Autobahn oder im Formel 1 Rennen, dafür waren wir, deiner Logik folgend auch nicht gemacht) Aber, alle diese Dinge sind mehr oder weniger gleich abstrakt gegenüber einem wirklichen Gespräch. Sprache ist nur in den wenigsten Teilen, etwa in einem juristischen Texte rational oder sagen wir besser logisch. Also ist diese Aussage lets say an empty bag. Die Unterschiede zwischen mental und emotional bzw. das schöne Wortkonstrukt mental-eotional ist ebenso inhaltsleer oder inhaltsvoll. Denn ich bin sicher, dass mindest die Emotionen („verärgert, unmutig, widerspruchbergend, hoffentlich nicht verletzt, evtl., wenn Du mit einem gewissen Bldungs-oder anderem Dünkel auf meinen Text herabsiehst, arrogant oder was weiß ich), auch auf das im web 2.0 Geäußerte, genau so funktionieren wie eben noch mit mir an der virtuellen Bar. Also kein wirklicher Unterschied zu dem seit Jahrhunderten geübten Umgang mit geschriebenem. (Ca. 480 Wörter)
Aus meiner Ecke, der Sinnesphysiologie, der Neurophysiologie und des Perzeptions- gegenüber dem Rezeptionsvermögen ist vieles von dem Du sprichst, Wortgeklingel, basierend, auf dem was z.B. twick.it (auch nur ein Beispiel), oder TV oder die Wissenschaftsbeilage der Süddeutschen Zeitung bei Dir hinterlassen haben, an „Wissen“ zur Verfügung stellen.
Zitat: „Würde man es ganz weit denken, tragen wir das Potential seit jeher in uns, jegliche, kommunikative Form als vollwertig anzunehmen. Wenn man so will, nehmen wir die Welt indirekt wahr. Ob es nun Licht ist, Druck, Geschmack, Geruch, Wärme oder Klang. Sämtliche Umweltsignale werden durch unsere Nervenbahnen gefiltert und im Gehirn interpretiert. Was ist demnach ein Baum? Ein Energiemuster, eine Ansammlung von Teilchen. Unser Gehirn sagt uns Menschen normiert, dass es eben wie ein Baum aussehen muss. Kein Wunder, rührt doch das Standardisieren der Warhnehmung von einem gleichartig aufgebauten Gehirn her. Der Baum reizt unsere Sinne zusätzlich durch Druck (anfassen), durch Schall (Bewegungsgeräusche durch Wind ausgelöst), durch Geruch und sogar auch durch Geschmack (Geruch und Geschmack liegen nahe beieinander).“
Dieses ganz Kapitel ist sehr wirr und in Teilen seit langen Zeiten völlig trivial (Zitat“ Sämtliche Umweltsignale werden durch unsere Nervenbahnen gefiltert und im Gehirn interpretiert“. Das ist neurophysiologisch und philosophisch klarer Konstruktivistisch. Zum ersten sollte man Stehen, zum zweiten kann man stehen) aber Dein Schluß ist trotzdem unzutreffend, weil verschiedene Dinge unreflektiert vermischend. Das eine ist die Benennung eines Baumes. Da schrieb ich in meiner vorigen Bemerkung was es mit (Sprach-)Bildern bzw. das Wort als Metapher auf sich hat. Vielleicht siehst Du mal in irgendeinem Buch (sorry für diese Bildmethapher)über Sprachphilosophie nach, es muss ja nicht gleich Heidegger (über die Sprache ) sein oder Wittgenstein. Aber wir haben nur Chiffren für das was da draußen ist. Genau wie wir nur innere Chiffren für das haben was wir meinen zu erleben. Das Internet fügt nur Dinge hinzu, die wir mit Chiffren versehen und mit Bedeutung füllen. Tolles Buch: „Die Bedeutung von Bedeutung“ Hilary Putnam. Die Standardisieren der Wahrnehmung ist nun gleich völliger Unsinn, sorry. Wenn das denn so wäre dann sähen wir alle dasselbe Rot, hörten dasselbe Cis und fühlten denselben Schmerz. Wenn man darüber nachdenkt, wird es einem klar. Andernfalls würden wir WISSEN, was ein Schimpanse oder Orang Utan denkt oder unsere Partner (entschuldige die Reihenfolge). Und würden nicht seit Ewigkeiten rumrätseln, ob ein Hund Schmerzen hat. Die Ähnlichkeit des Gehirns auf die Du dich beziehst mag grobanatomisch noch angehen. Funktionell (softwaremäßig) ist das nun absolut irrig.
So, dass ist nun eine weitere Zwischenbemerkung. Vielleicht siehst Du Dir das mal an und wir machen anschließend weiter.
Bevor ich vorläufig schließe, noch ein paar Bemerkungen zu Deiner Antwort an mich.
Zitat: „Du beschreibst mehr einen Zustand, einen Status Quo. Ich interessiere mich für de Fluss, da wir uns doch sehr speziell im Netz trainieren, manche Stunden pro Tag über lange Zeiträume hinweg. Was heißt das „gesamtheitlich über Generationen hinweg? ((Also evolutionär? BW)) Das finde ich spannend.))
Hast Du Dir jemals darüber Gedanken gemacht, wohin sich die Menschheit (physiologisch/philosophis/pathologisch etc. entwickelt (evolviert) hatte, weil wir lesen, stundenlang einen Schmöcker lesen. OK. Zeitweise Deprivation ist zugegeben. So what. Es klingelt an der Tür und wir sind wieder im Jetzt und Hier. Ich denke Du versuchst, bis auf das obengenannte Querlesen, eine Entwicklung des Homo sapiens web-ensis zu entdecken/vermuten und mit ungeeigneten Mittel und Argumenten zu belegen. Trockene Vernunft reicht hin um die sich ergebenden Situationen zu bewerten, oder glaubst Du der Schriftwechsel zwischen XX und YY und mag er auch Tausende von Briefen umfassen, hätte Wahrnehmungsphysiologsch, Wirklichkeitswahrnehmend, Flow-technisch bei ihnen irgendetwas nachhaltig (Scheisswort) verändert, außer in dem Moment in dem er niedergeschrieben wurde?
Mein Herr sie scheinen mir unbewußt abzudriften. Das was wir hier tun, ist nichts Besonderes, Es wird unseren Hintern platter, unsere Augen schlechter und unser Wissen höffentlich größer machen. Aber ansonsten gibt es keinen Beeinflussenden Deus es Web der uns verändert. Es sei denn die Inhalte dessen was wir Erleben. Sie machen uns klüger, dümmer, geiler. Was immer wir wollen.
Wegen des dozierenden Tons zerknirschte Grüsse.
Badger West
1200 Wörter
28.02.2011 um 20:36 Uhr
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass virtuelle Kommunikation jemals die realphysische Kommunikation ersetzen kann.
Ein gutes Beispiel ist für mich hier das Thema Fernbeziehung. Da sitzt der Mensch den man liebt 100derte oder sogar 1000de Kilometer weit entfernt von einem weg und alles was einem in diesen Phasen bleibt ist die virtuelle Kommunikation. Die muss dann einfach mal für eine Weile reichen, tut sie aber nicht. Je länger die Zeit wird, die man nicht beieinander ist wird, desto weniger „fühlt“ man den anderen und umso mehr sehnt man sich danach wieder in „real“ beisammen zu sein.
Natürlich ist es durch Dinge wie Skype und Handyflatrates einfacher geworden, man kann den anderen hören und sehen, ja sogar mit dem Rechner im Bett und laufendem Skype-Viedeocall gemeinsam einschlafen aber das sind alles nur Krücken, die die Sehnsucht den anderen wieder in die Arme zu nehmen, zu spüren und zu riechen ein bisschen lindern aber nicht ansatzweise ersetzen können.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, auch nicht über Generationen hinweg, das sich das Bedürfnis „Nähe“ durch ein virtuelles Derivat ersetzen lässt. Vielleicht bin ich da zu romantisch aber ich kann mir das einfach nicht vorstellen.
28.02.2011 um 21:41 Uhr
Freundschaft ist doch mehr als das Interpretieren von Information. Und im strengen Sinne interpretieren Maschinen nicht, sondern sie verarbeiten Daten. Das ganze menschentypische Deutungsgeschehen samt seiner emotionalen Komponente ist der Maschine fremd, oder?
01.03.2011 um 01:00 Uhr
Wie vielfach schon gesagt wurde, ist virtuelle Kommunikation nicht neu. Früher hat man recht intensiven Briefwechsel betrieben oder Emotionen durch Kunst zum Ausdruck gebracht. Die Gefahr die ich bei einer zunehmenden Computer/Netz-gestützten Kommunikation sehe ist, dass wir zu maschinell denkend werden. Die Maschinen sollten sich dem Computer anpassen, tun sie gewissermaßen auch, indem die Usability besser wird, aber trotzdem beugen wir uns der Technik. Man siehe welche Veränderung die Einführung der Uhr gebracht hat. Den Deutschen freut es, da er alles schön planen und verplanen kann, doch wir sind Sklaven der Zeit geworden. Niemand möchte mehr warten und durch schneller werdende Kommunikationswege wird das nicht besser.
Das tägliche Auseinandersetzen über mehrerer Stunden mit diesem Medium wird uns und unsere Nachkommen nicht unberührt lassen, nur gleicht eine permanente Flucht in die Virtualität nicht der Flucht in eine illusorische Traumwelt? Ich denke, wir werden erst schlauer sein, wenn wir das Ganze über 1-2 Generationen probiert haben. Das ist ja letztlich das, was William Ogburn als cultural lag bezeichnet hat.
Als ich den Artikel gelesen habe, kam mir der Gedanke, dass theoretisch jegliche Art von Subjektivität virtuell ist. Wie schon erwähnt wurde, nehmen wir alles über unsere Sinne wahr und so stark gefiltert, dass wirklich nur der stärkste Reiz durch kommt. Doch kann man beweisen, dass das was wir sehen und fühlen real existent ist? Im Prinzip könnte unsere Realität auch ein Traum sein und die Technik knüpft mit ihrer eigenen Welt an.
@Robert: Das Interpolieren von Annahmen ist eine wirklich witzige antrainierte Fähigkeit die wir heute haben. Und Menschen sind so getrimmt, dass sie alles unbekannte immer mit positiven Attributen bestücken. Das ist auch der Grund (sorry, bin gerade zu faul zu schaun, wer das geschrieben hatte), dass man sich geschriebenen viel intensiver hingeben kann. Ein gutes Buch dazu ist auch Gut gegen Nordwind, wo der Mann kapitulierend eingesteht, dass er gegen eine Gedankenkonstrukt seiner Frau nicht ankommen kann und verlangt letztlich, dass die beiden sich treffen, damit endlich wieder Normalität in das Leben einkehren kann.
@Gabi: Zu dem Taubstummen: Man kann nicht nicht kommunizieren ;-)
06.03.2011 um 13:26 Uhr
Leute, ihr schreibt zu viel. Gemeinsam allein ist kein Phänomen einer virtuellen Welt, sondern das Gefühl der Abkopplung von der Umgebung. Da spielt es keine Rolle, wo man gemeinsam alleine ist. Ob im Restaurant unter zig Leuten, jetzt Karneval in der vollen Kneipe, mit einer Person, von der man sich entfremdet hat, etc. Egal, alles gleich. Das Gefühl bestimmt, nicht die objektive ‚reale‘ Welt.