ok, so alt bin mit 43 nun auch nicht, aber als Blogger nicht mehr einer, der sein Blog vor 1 Monat gestartet hat. Würde aber gerne als Altblogger eine Replik zu den Eindrücken eines neuen Bloggers geben.

Das, was Johannes schreibt, ist treffend formuliert. Die Blogger-Welt ist umfangreicher, vernetzter und verteilter geworden.

Durch… Posterous, Amplify oder aber auch myON-ID wird die ursprüngliche Blogkultur reformiert (Johannes Lenz)

Wie war das zu Opas Zeiten vor rund 5-6 Jahren? Die Ära der Social Networks hatte erst gerade begonnen und wurde von Seiten wie MySpace und Friendster dominiert. Derartige Dinge wie eine Timeline stellvertretend für das Real Time Web gab es nicht. Sprich, es gab noch kein Twitter und das aufkommende Facebook kannte noch keinen Activity Stream (womöglich eine gedankliche Vorlage für die dialogische Twitter-Timeline?).

Anno 2005 gab es im deutschen Umfeld für diejenigen, die publizieren wollten, folgende, bekannte Möglichkeiten:
– WordPress / Movable Type / Blogger.com und andere Bloglösungen
– Technorati.com war die Vernetzungsmaschinerie, um Blogverweise zu filtern
– Mutter Google war für neue Blogger die wichtigste Maschine, um Leser zu finden
– neben der Möglichkeit, über Kommentarverweise (Direktkommentare und die ab ca. 2005 aufkommende Trackback/Pingback Mechanik) auf sich aufmerksam zu machen

Summa summarum, waren die Möglichkeiten im Vergleich zu heute sehr eingeschränkt. Wer unter den Bloggern kaum Feedback bekam, wurde in dieser Blogosphäre nur sehr eingeschränkt wahrgenommen. Die Vernetzungsmechaniken im Sinne von Aufmerksamkeit waren einerseits blog-zentrisch und andererseits am Rande von Lösungen wie Technorati gestützt.

Anno 2010? Es haben massive Weiterentwicklungen stattgefunden, die einen Altblogger wie mich manchmal an einen alten Cowboy erinnern, der vor Gleisen steht und sich fragt, wie sich die Welt verändert hat. Heute habe ich als Blogger zahlreiche Möglichkeiten, zu Wort zu kommen. Manche sind ineinander vernetzt, andere machen es zu einem Kinderspiel. Johannes hat schon einige aufgezählt, zur Wiederholung:
– Twitter und Facebook haben sich auch in D zu vorzüglichen Vernetzungsschwerpunkten entwickelt, die man extrem gut für sein Blog nutzen kann.
– Posterous, Yiid oder MyONID stehen für Tools, die das Bloggen bereits von vornherein zu einem Kinderspiel machen, zudem eigene Vernetzungsmechaniken mit sich bringen (wer liest mein Blog, pushe Inhalt zu Plattformen wie Twitter, etcpp)
– Google ist dramatisch schneller geworden und zeigt Inhalte Minuten nach der Veröffentlichung im Suchindex an
– Nochmals Google: Es wird in Zukunft mittels der neuen Suchroutinen noch einfacher, Inhalte Web-Freunden anzuzeigen, sobald die neuerdings eingeführten Social Search Mechaniken (Video) um sich greifen. Vielen ist diese Maßnahme von Google und ihre Bedeutung nicht mal annähernd bewusst geworden.

Es ist nicht mehr wie früher, so blog-zentrisch. Da steht man also da und bewundert diese Entwicklung, zugleich fragt man sich, wie weit man sich als bloggende Person im Netz auf all diesen Seiten verteilen möchte? Ob das Blog überhaupt noch seine Rolle als zentraler Träger einer Person spielen kann? Das sind weniger Fragen der technischen Zugänglichkeit, sondern mentale Fragen. Ich bin ins Netz hineingewachsen, wo es über 30 Jahre lang in meinem Leben kein Netz gab. Diese Umstellung war nicht ohne und hat immens reale Auswirkungen auf mein Leben gehabt. Und heute muss ich mich fragen, wie ich mein digitales Ich im Netz verteile, ausgehend aus dem Selbstverständnis, ein Blogger zu sein, der seinen eigenen Platz kennt und es sich dort eingerichtet hat. Gar nicht mal so einfach diese Umstellung. Ja, es ist schon ein bisschen wie der oben besagte Cowboy, der vor Gleisen steht. Die Entwicklung innerhalb von lediglich 5 Jahren war rasant. Das wird wohl kaum aufhören. Und man stellt sich unweigerlich die Frage, ob man es nicht ruhiger angehen lassen möchte. Im Wissen, dass man das Leben nicht auf einen Schlag erfährt und Vieles seine Zeit braucht, verarbeitet zu werden. Wie weit lasse ich mich von der Technik treiben? Meine Antwort habe ich für mich gefunden: Nutzen kann ich all diese Wunderwerke ohne Weiteres, doch meine innere Distanz wirkt wie ein Entschleunigungsfilter der dafür Sorge trägt, die Entwicklungen ausgewogen und mit Abstand zu betrachten.