ein anonymer Kommentar zum Artikel „Der Weg nach vorne“, den ich gerne nochmals publizieren möchte:
————————————————————
Ich bin den Weg nach unten gegangen. Soweit, dass ich fast nicht mehr konnte. Dass ich nachts stundenlang wach lag und über den allerletzten Weg nachdachte. Den ich wahrscheinlich nie gegangen wäre, weil ich zu feige dazu bin. Es war eine schlimme Zeit.
Pleite war ich nicht. Gemessen an HartzIV, Überschuldung o.ä. ging es mir finanziell geradezu prächtig. Es gibt viele Menschen, die in objektiv viel bedrückenderen Situationen stecken. Aber was zählt schon Objektivität, wenn es um die persönlich gefühlte Verzweiflung geht?
Ich war Lohnsklavin. Leiharbeiterin, 5 Jahre lang. Dabei habe ich eine sehr gute Ausbildung, abgeschlossenes Wirtschaftsstudium, breite Allgemeinbildung, fließende Englischkenntnisse. Aber mein Lebenslauf ist bunt, ich habe lange studiert und nicht nur ein Fach, sehr divergente Sachen gemacht. Nach dem Wirtschaftsstudium im vorgerückten Alter wollte mich keiner. So kam ich irgendwann ins Callcenter, outbound: Ausbeutung pur, grenzwertige Arbeitsweise (zu Details siehe Wallraff). Dagegen war Zeitarbeit Gold.
Beim Einstellungsgespräch sagte man mir, man könne mich vielleiiiicht irgendwo am Empfang brauchen, sonst sei ich zu nichts einzusetzen. Mein erster Job war genau das. Telefon verbinden, tippen. Der zweite: Amerikanischer Konzern im Fusionsprozess, jahrelanger Einstellungsstopp. Assistenz für verschiedene Chefs, teils erträglich, ein paar Highlights, teils langweiligste Routine, teils fast nichts zu tun, insgesamt unterfordert. Gutes Betriebsklima. Interessante Branche, aber nicht meins. Stellenbeschreibung des dritten Jobs: Posteingang und -ausgang. Temporäre Firma, bestehend aus hochbezahlten Interimsmanagern und zeitarbeitendem Admin-Fußvolk. Betriebsklima einer feudalen Klassengesellschaft. Der vierte Job war kurz, aber der beste: Werbeabteilung, stressig, kommunikativ, kreativ, freundliche Atmosphäre. Nach dieser Atempause gab mir der fünfte Einsatz den Rest. Obwohl die Tätigkeit interessant war, jedenfalls für bemessene Zeit. Amerikanischer Konzern, Produktionsstandort, Controlling plus Bonussystem at its worst: ein Kessel unter Druck, immer kurz vorm Explodieren. Da hilft auch keine „Wir sind die Besten“-Motivation mehr. Erfolg, Expansion, aber zu wenig Manpower, zu wenig Maschinen. Atmosphäre der angestifteten Unzufriedenheit, die zivilen Umgangsformen bereits durch Aggressivität erodiert.
Wo immer Du als Leiharbeiter bist, Du erwischst das schlechte Ende, selbst in einer guten Firma. Wo die Umgebung schon schlecht ist, spürst Du es umso schlimmer. Leiharbeit ist Arbeit in faktischer Rechtlosigkeit. Selbst wo man Dir persönlich wohl will, bist Du Mitarbeiter zweiter Klasse. Es schimmert immer durch. Du zählst NICHTS, Du bist reine Arbeitskraft, Produktionsmittel, ein Durchgangsposten. Leasingfirma und Kunde schulden sich was, beide profitieren von dem Deal, der Leiharbeiter ist austauschbar. An Deiner Person, Deiner Entwicklung ist keiner interessiert, da keiner was davon hat. Ein Circulus viciosus: Verantwortungsvollere Aufgaben vertraut man Dir nicht an, da Du ja wieder gehst (und damit das erarbeitete Know-How mitnimmst), da Du aber nur das machen darfst, was alle anderen auch können, kannst Du Dich nicht unersetzlich machen. Und schon gar nicht für gute, „richtige“ Jobs profilieren. Wenn Du gut bist, möchte man Dich zwar möglichst lange haben – aber bitte in Zeitarbeit, da der Stellenplan nichts anderes vorsieht. Solange Dich die Firma haben will, gibt es wiederum keinen Grund für einen Einsatzwechsel, und damit auch keine neue Chance. Den vielbeschworenen Klebeeffekt gibt es, aber nicht oft. Ich habe einige getroffen, meist junge Absolventen, die so ihre erste Stelle bekommen haben. Ich habe aber auch und vor allem die anderen gesehen: die, die jahrelang in Zeitarbeit feststecken und depressiv werden. Und sich von Chefs noch neoliberale Sprüche anhören müssen, sinngemäß: ‚Du hast versagt, bist vielleicht einmal nicht gut genug gewesen, also beklag Dich nicht, dass Du jetzt als Straßenkehrer gehst. Ich würde es auch tun‘.
Jeder geht mit der Depression anders um: da gibt es die Stillen, die in einer Fassade der Hoffnung ihre Situation stoisch ertragen, die, die aufmüpfig werden und irgendwann deshalb vom Leasingnehmer „rausgeschmissen“ werden, und die, die schon in psychotherapeutischer Dauerbehandlung sind.
Was in Dir vorgeht, interessiert keinen. Du hast zu funktionieren. Das Auffangsystem Sozialstaat greift erst, wenn das Kind schon im Brunnen liegt. Es muss Dir schlecht genug gehen. Das gilt fürs Arbeitsleben genauso wie wahrscheinlich für Schulden oder Erziehungsprobleme. Sobald Du unterhalb einer definierten Wasserlinie angekommen bist, kann die Maschinerie anlaufen. Vorher musst Du selbst klarkommen.
Im Fall von Depressionen ist das besonders fatal. Depression versteckt sich. Depressive kapseln sich ein, halten sehr lange die Fassade aufrecht, funktionieren. Und suchen gerade nicht aktiv Hilfe auf. Damit haben auch ehrenamtliche Angebote keinen Ansatzpunkt.
Zeitarbeit war für mich die letzte Chance, einen Job zu finden. Ich war also schon zu Anfang „klein“. Zeitarbeit hat mich noch kleiner gemacht. Bis ich irgendwann fast nicht mehr da war. Zum Beispiel habe ich zuletzt nicht mal mehr Urlaub genommen, weil ich als Aushilfe dafür eingestellt war, dass andere gehen konnten. Ich habe die Rolle der Rechtlosen angenommen, bin regelrecht hineingeschrumpft. Warum? Weil ich keinen Ausweg gesehen habe, keine Perspektive. Wohin in einer Zeit mit fast 5 Millionen Arbeitslosen? Ich hatte schon vorher nicht die Erfahrung gemacht, eine begehrte Arbeitskraft zu sein.
Nach dem letzten Einsatz war ich nicht mehr vermittelbar. Ich spürte, noch einer dieser bescheidenen Jobs wäre das Ende, buchstäblich. Mehrere Vermittlungsgespräche schlugen fehl, ich fragte zuviel, versuchte mich abzusichern, wirkte dadurch nicht mehr anpassungswillig genug. Ich handelte mir sogar noch eine Abmahnung ein, weil ich meine Verletzungen des letzten Jobs nicht diskret genug verbergen mochte. Schließlich kam es zum Mitarbeitergespräch: Ich sollte wieder auf Kurs gebracht werden, aber man lehnte ab, mir zu kündigen. Man glaube an mich, blabla … Es ging nicht um mich als Person, sondern um mich als Produktivposten, als Ware, als Teil der Zielvereinbarung der Vermittlerin. Nach diesem Gespräch kündigte ich selbst.
Es war zu Ende.
Nach einer Phase der Umorientierung bin ich zu dem zurückgekehrt, was ich am besten kann und am liebsten mache, in einer neuen Variante. Dafür habe ich mir ein neues Wissensgebiet angeeignet. Jetzt bin ich selbständig und arbeite daran, dass es richtig aufwärts geht.
Was mir vor allem durch die schlimme Zeit geholfen hat: Mein Freund, der mein Jammern und meine Überempfindlichkeit ertragen hat, obwohl er bei weitem nicht alles nachempfinden oder verstehen konnte. Aber er war da, und das war sehr, sehr viel wert.
Es gibt sicher viele, die Ähnliches zu erzählen hätten. Oder viel Schlimmeres, denn objektiv gesehen war meine Lage im Vergleich zu Leuten z.B. in der Produktion privilegiert. Aber die wenigsten sprechen darüber. Leiharbeit wird in den Medien immer noch vorwiegend beschönigt, als große Chance dargestellt. Obwohl sich längst rumgesprochen haben sollte, dass hier, unterstützt durch die Gesetzgebung, ein ganzer Wirtschaftszweig von einer gigantischen Systemverzerrung zuungunsten der betroffenen Arbeitnehmer lebt. Mit allerlei hässlichen Konsequenzen.
Robert, ich fühle mich sehr angesprochen von Deinem Post, und darum erzähle ich hier meine Geschichte (allerdings anonym, so viel möchte ich im Netz dann doch nicht über mich preisgeben). Vielleicht verschafft sie denen ein bisschen mehr Gehör, die noch mittendrin stecken im Schlamassel, denn da fühlt man sich nur ohnmächtig.
————————————————————
06.02.2009 um 20:25 Uhr
tja… das ist die schlechte Seite des starren Kündigungsschutzes in Deutschland. Solang die Firmen Angestellte kaum noch loswerden, wenns mal schlechter läuft, sind sie quasi auf Leiharbeiter angewiesen, da man mit diesen flexibler kalkulieren kann. Die Firma, die einen Leiharbeiter beschäftigt zahlt ja im Endeffekt nicht weniger Lohn für den… sie bekommt ihn nur schneller, günstiger (weil ohne Abfindungen) und vor allem auch unkomplizierter wieder los.
06.02.2009 um 20:27 Uhr
Ich sag einfach nur „Danke“, dass du deine Erlebnisse mit uns teilst – und alles Gute für die Zukunft.
06.02.2009 um 20:29 Uhr
(@caschy, sag mal bitte Carlo oder jemanden der Powerflasher Bescheid, dass die mir ein Banner mit maximaler Breite von 470 Pixeln zusenden sollen, möchte mein Versprechen einlösen;)
06.02.2009 um 21:05 Uhr
Ich hab wohl eine bessere Leiharbeitsfirma gefunden. Die sind an meiner Entwicklung tatsächlich interessiert.
06.02.2009 um 21:10 Uhr
@frolueb: Naja, starrer Kündigungsschutz ist eine Seite der Medaille, und hier ist es in der Tat schwierig Leute einfach rauszuschmeissen … profitiere gerade ein Stück weit selber davon, da mein Job in diesem Moment in ein Land mit günstigeren Lohnkosten verlagert wird (IT-Branche) … allerdings gibt mir das hauptsächlich Zeit was Neues zu suchen, denn rausgeschmissen werde ich am Ende des Tages so oder so.
Und hier sehe ich auch aktuell das Problem, das Managern einfach die Fantasie (oder vielleicht das Wissen) fehlt mal was Anderes zu machen als Leute zu kicken (oder zu verlagern), wenn es finanzielle Probleme gibt … das scheint mir doch zu einem sehr einseitigen Reflex geworden zu sein und da kommen einem die Leiharbeiter natürlich gerade recht.
Wenn z.B. (hohe) Aktien-Dividenden gezahlt werden sollen und gleichzeitig Leute gekündigt werden stimmt hier für mich was nicht so ganz, aber das ist ein anderes Thema … nicht aufregen und tief durchatmen :-).
06.02.2009 um 21:29 Uhr
ja – so siehts aus in täuschland…. gehen wir den weg nach vorn! jenseits von personalern = menschhändlern mediocrer provenienz. ich glaube NICHT an personaldinstleister – aus eben den genannten gründen. die sklaverei sollte doch auch in mitteleuropa kein thema mehr sein…
06.02.2009 um 22:26 Uhr
einfach nur danke für den beitrag.
07.02.2009 um 01:40 Uhr
Ich bin zwar nicht Leiharbeiter, sondern in einem Dienstleistungsbereich. In unserem Einsatzobjekt heiß es auch nur Klappe halten und damit den Job (vielleicht) etwas sicherer machen. Unsere Arbeitsbedingungen interessieren keinen. Bei uns sehr sehr qualifizierte Leute, zum großen Teil besser als Stammbeschäftigte, ihr Engagement, ihr Wissen, wird nicht nur nicht abgefordert, sondern unterdrückt. Arroganz und Überheblichkeit, Respekt und Anstand auch gegenüber Dienstleistern ist Tagesordnung und täglicher Begleiter.
07.02.2009 um 03:36 Uhr
@DocSarah
Der Personaldienstleister gehörte zu den größeren und hatte zumindest in meiner Stadt einen guten Ruf. An der Oberfläche bin ich immer freundlich und fair behandelt worden. Ich möchte nicht wissen, wie es bei den wirklichen „Menschenhändlern“ aussieht.
Aber schon in den 5 Jahren haben sich die Zustände merklich verschlechtert. Leiharbeitsfirmen stehen inzwischen selbst in knallhartem Wettbewerb untereinander. Es wird jede Lücke im Gesetz genutzt, z.B. ist es inzwischen Usus, die Einstellung von Zeitarbeitern auf die Dauer des ersten Einsatzes zu befristen!
@Thomas
Das Alternativmodell wäre: ganz wenig Kündigungsschutz plus zunächst hohes ALG für einen relativ kurzen Zeitraum. Davon hast Du einen Nutzen, weil Du abgesichert bist und in Ruhe suchen kannst, der Arbeitgeber hat einen Nutzen, weil er flexibler entlassen kann und ins ganze System kommt mehr Bewegung. Leute würden sich wieder trauen zu kündigen, wenn sie aus ihrem Job rausgewachsen oder sonstwie nicht mehr zufrieden sind, und in diese Jobs können Leute nachrücken, die zu diesem Zeitpunkt genau richtig dafür sind.
Leiharbeit ist politisch gepusht worden, weil es ein Weg war, die Arbeitslosenzahlen zu senken. Früher musste ein Leiharbeiter nach 1 Jahr Einsatzdauer bei einem Kunden den gleichen Lohn bekommen wie der fest angestellte Kollege. Dass er dabei faktisch u.U. in einen niedrigeren Tarif eingestuft wurde, ist eine Sache für sich. Diese Regelung ist 2004 gefallen. Das hat das wirtschaftliche Machtverhältnis massiv zugunsten der leasenden Unternehmen verschoben, da Langzeit-Leiharbeit billiger geworden ist. Heute werden in Betrieben Quoten von 10% bis 40% (!) Leiharbeit fest eingeplant. Mit einer Quote von 20% prahlt man schon, wie sozial man doch ist. Ein Skandal sondergleichen ist es auch, wenn ein Personaldienstleister als Tochterfirma gegründet wird mit dem ausschließlichen Zweck, die Mutterfirma dank den Leiharbeitstarifen mit billigeren Arbeitskräften zu versorgen. Der Gewinn des Personaldienstleisters fließt
indirekt in die Tasche der Mutterfirma.
Befristete Verträge, Leiharbeit und andere „unsichere“ Beschäftigungsverhältnisse sind nicht per se schlecht. Aber der Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass die wirtschaftliche Anreizstruktur stimmt, er muss einen vernünftigen Rahmen vorgeben. Dieser ist uns in den letzten Jahrzehnten zunehmend abhanden gekommen. Das ist der Grund, warum es in Deutschland immer mehr Ausbeutung gibt, nicht nur in der Leiharbeit!
@LuNex
Das ist eine Tendenz, die sich auch überall durchzieht. Ich habe so viele Leute gesehen, deren Potenzial nicht abgefordert wird, auch unter Stammbeschäftigten. Es ist bedrückend. Es werden von vornherein Leute eingestellt, die schlicht überqualifiziert sind, vorwiegend aus Prestigedenken. Das führt dazu, dass keiner glücklich wird: der überqualizierte Kollege nicht, weil sein Können nicht abgefordert wird, der „passende“ aber genausowenig, weil er nicht wertgeschätzt und erst recht nicht gefördert wird. Früher konnte man mit mittlerer Reife und Lehre noch ins obere Management aufsteigen (bei einem etablierten Unternehmen, nicht nur als Gründer), heute werden für simple Assistenz- und Orgajobs Hochschulabsolventen eingestellt. Das kann mir keiner mehr mit gestiegenen Anforderungen erklären.
@Robert
Danke, dass Du den Kommentar nochmal als Thema aufgreifst.
07.02.2009 um 06:38 Uhr
Ich wäre mir jetzt nicht zu sehr schlüssig, ob es nur ein Branchen-Symptom ist. Da kenn ich mich auch zu wenig aus. Die Situation mit den Gefühlen, die Du schilderst, waren mir auch schon mal als Auszubildender, als Angestellter, als Leiharbeiter und als Selbständiger bekannt. Grundsätzlich denke ich, dass das Prinzip von Personalleasing eigentlich ein ganz gutes Konzept in der Idee ist. Es gibt wie so überall natürlich Betriebe, die es können, welche die es nicht können und die dümmsten, schwärzeste Schafe.
Das Problem ist aber auch, dass wir uns oftmals selbst zu Lohnsklaven machen. Ganz banal: Es gibt Discounter, die verheizen für billig Ihr Personal und setzen lieber auf Fluktation und ärgern sich über zu hohen Personaldiebstahl, es gibt aber auch sehr wohl anders orientierte Discounter, die obige Probleme um einiges weniger haben. Der Arbeitnehmer hat in der Regel freie Wahl.
Es sind nicht immer die Unternehmen selbst, sondern auch die Hierarchistruktur. Die nahe liegendsde aber meist auch dümmste Option eines Gruppenleiters oder Personalkstenverantwortlichen ist meist, die „Personalmarge“ mehr (unbezahlt) für weniger zu fahren.
Für mich(!) bin ich mit der Lebensstrategie einig geworden, so weit als möglich mich nicht zu sehr in eine finanzielle Abhängigkeiten zu manövrieren. Denn die kann erst den richtigen Druck auslösen. Es klingt einfach, es ist aber so: Es gibt nicht nur eine Firma, es gibt Firmen und Jobs im ganzem Land. Bevor ich einen Arschschelcht-unterWürde bezahlten Job ausführen müsste, würde ich glaube ich lieber Linksabspriner bei der Biotonneabfuhr machen (der Job muss gar nicht mal schlecht sein).
Vielleicht liegt`s aber auch an der Tätigket outbound call center selbst. Entschuldigung: Das muss doch härtester Kaltakquise-Tobak sein, das für manche Produkte zu machen? Ich frage mich da wirklich, warum es im Inernetzeitalter diesen Frust-Fuckjob überhaupt noch gibt. Wenn ich nur an mich denke, wie ich alles bei mir anklingelnde von dort im Keim abwürge und sicher mehr als zur Genüge den ganzen Tag durchgehend/überwiegend von den Angerufenen „Nein-danke/Leck mich“ zurück kommt..?!
Ich kenne mehr als gut Deine Gefühle das Loch in den man reinplumpsen kann und nicht mehr rauszukommen scheint, und das ganz unten/ganz am Ende (definitiv;-). Dein Beitrag hat mich sehr berührt und mich auch an selbst Durchgemachtes erinnert.. Es ist mehr als wichtig, dass Du jemanden hast, Du kannst Dich da sehr glücklich schätzen. Mir hat auch die richige Musik immer mental sehr geholfen.
Ich wünsche Dir alles erdenklich Gute und viel Kraft!
Lass Dich nicht unterkriegen! Nur die, die wissen wie es ganz unten im Leben ausschaut, wissen das Glück und die Zufriedenheit in einer Bescheidenheit vielleicht besser zu schätzen. Ich weiß, schwacher Trost manchal gerade in der Situation.
Danke für Deinen Beitrag.
07.02.2009 um 11:45 Uhr
Ohne die Geschichte zu schmälern finde ich es etwas einfach das ganze Thema auf einen seltsamen Kündigungsschutz und Leiharbeitertum zu reduzieren. Ich denke, da liegt immer ein ganz persönliches Schicksal zu Grunde und die Entwicklungen in einem Menschenleben haben äußerst wenig mit dem Arbeitsmarkt und der Politik zu tun. Dennoch ein ermutigender Post!
07.02.2009 um 19:39 Uhr
@Klaus
Das ist ja das Schlimme, dass sich Lohnsklaverei inzwischen in allen Formen durch die Gesellschaft zieht. Niedrigstlöhne im Wachgewerbe, der Briefzustellung u.a. ( 1 Million Deutsche beziehen ergänzend HartzIV, also obwohl sie berufstätig sind), empörende Arbeitsbedingungen bei Discountern, gesundheitsschädliche Verfahren bei Gewerbebetrieben, die erfolgreich vor den Aufsichtsbehörden versteckt werden, und vieles mehr.
Meine Geschichte ist nur eine kleine Facette dessen, was da draußen los ist.
@dolce
Auch wenn jedes Schicksal eine persönliche Komponente hat, d’accord, sind es die Verhältnisse, die das persönliche Schicksal erst möglich machen. In diesem Fall die wirtschaftlich-politischen. Und gegen die Verhältnisse müssen alle was tun, das schafft einer nicht alleine.
07.02.2009 um 23:02 Uhr
@Styx
Wir Mensche haben zu oft an sich leider die Eigenschaft, zu unbeweglich zu sein. Ursprung ist vielleicht Angst vor Neuem, vor Veränderung und Konsequenzen, Herdentriebverhalten, … Genug Ursachen, die diese Entwicklung in einigen wirtschaftlichen Bereichen begünstigen und die Gesellschaft veeinflussen.
08.02.2009 um 02:33 Uhr
@Klaus
Das ist sicher ein wichtiger Punkt. Sehe ich in gewisser Weise auch bei mir. Angst vor Neuem, Veränderung und Konsequenzen daraus stellen sich bei mir auch als so eine Art Bremsklotz da, obwohl ich ja weiß das es Quatsch ist und es an sich „so einfach“ wäre.
Aber ich sehe auch das teilweise schon so eine Art ausbeutung stattfindet, wenn ich z.B. höhre was manche Friseurin so über sich ergehen lassen muss. Erst mal gibt es ein Hungerlohn. Dann ist es mit 40 Stunden auch nicht getan. Dazu gibt es dann noch Druck wenn nicht genug Haarpflegeprudukte pro Monat verkauft werden, was sicher besonders einfach ist, wenn die Chefin die Leutchen bearbeitet, denen bei einen Haarschnitt von 50 Euro die 30 Euro für irgendwelche Produkte auch egal sind, aber der Rest im Laden soll dann Leuten was verkaufen, die sich freuen das sie überhaupt den Frisör bezahlen kann.
08.02.2009 um 20:51 Uhr
Was mich ja immer wider wundert, das es keinem was auszumachen scheint, das Firmen immer höhere Gewinne machen und das am besten bei singenden Arbeiterzahlen.
Warum wird eine Firma nur reduziert auf Gewinn und das was der Manger verdient?? Ist es nicht so das gerade die Arbeiter das Produzieren, was Geld bringt. Im Moment kommt es mir immer so vor, das der Manger das Produkt produziert und die Arbeiter nur bei Beiwerk sind das man jeder Zeit austauschen kann, aber warum sagen dann mache Ing. das ein hochwertiges Produkt mit Frachtkosten und Lagerhaltung überall gleich teure auf der Welt ist.
Warum ist eine einfache aber sehr gut ausgeführte Arbeit nichts mehr wert, so das man auch davon leben kann, man schaue sich nur den Frisur an und das was seine Mitarbeiter verdienen.
MfG
Michael finger
Holztechniker
08.02.2009 um 22:45 Uhr
@Thomas wie kommst Du zu Deiner Meinung? (IT Branche)? Bin in der SParte noob, aber ich dachte, dass es dort beim richtigen AG läuft?
09.02.2009 um 00:06 Uhr
Auf Phoenix läuft gerade „Leiharbeiter undercover“. Ist aber schon halb rum. Evtl. kommt ja noch mal eine Wiederholung.
09.02.2009 um 00:50 Uhr
@ Michael
Das frag ich mich manchmal auch. Wenns der Firma nicht gut geht, muss etwas passieren, ob das neue Produkte sind oder eben das Senken von Kosten kommt sicher auf den Einzelfall an. Aber wenn die Gewinne nur so sprudeln und es auch nicht den Anschein macht als würde das in naher Zukunft so sein, verstehe ich es auch nicht so ganz. Evtl. sollte man das aber eher allgemein betrachten und nicht auf die Krise bezogen, weil ich schon glaube das die jetzigen Entlassungen eher darauf abziehlen den Laden am laufen zu halten, auch wenn sich das ein wenig mit Dividenden und Bonuszahlen beißt.
Allerdings finde ich dieses ständige Managergebashe auch nicht ganz fair. Wenn die nicht machen was die Aktionäre wollen, dass heißt im großen und ganzen geht es um kurzfristige Gewinnoptimierung sind die ihren Job auch schneller los, als ihnen lieb ist, mal von den Bonuszahlungen abgesehen, die an sich ja nicht das schlechteste sind. Erfolg zu bezahlen ist ja in dem Bereich vernünftig, nur stimmen die Ziele die Belohnt werden nicht so ganz. Da fehlt es an Nachhaltigkeit, sowie auch sozialen und ökologischen Zielen ohne jetzt auf Gewinne zu verzichten.
09.02.2009 um 01:38 Uhr
Bei der aktuellen Situation fällt mir gerade wieder folgendes Interview ein (http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/916564) . Arbeit wird langfristig verschwinden, bzw. sich in Bereiche wie Pflege usw. verlagern. Die Frage ist nur wie das ganze finanziert und organisiert werden soll. Der Ruf nach Arbeitsplätzen und das Versprechen welche zu schaffen ist an sich ein leeres Versprechen. Die Politik und Gesellschaft sollte sich mal damit beschäftigen wie eine solche Welt funktionieren kann und soll, anstatt sinkende Arbeitslosigkeit oder scherze wie Vollbeschäftigung zu versprechen. Arbeitsplätze sind zu einen gewissen Grad mit stärkerem Wirtschaftswachstum verbunden, was aber zumindest in der westlichen Welt auch gerne auf Pump basiert da das Wachstum sonst nicht so hoch (2 %) währe. Wozu Konsum auf Pump auf Dauer führt sieht man ja gerade im Moment.
09.02.2009 um 11:40 Uhr
@Lena: Klar muss man hier unterscheiden, aber zumindest bei grossen Unternehmen herrscht leider oft die Meinung vor, das SW-Entwickler in Deutschland einfach nur teuer sind und leicht durch Entwickler in günstigeren Ländern zu ersetzen sind … Fragen nach Erfahrung und technischem KnowHow werden dabei völlig ausgeblendet … in einer solchen Veranstaltung durfte ich mir mal anhören, dass man für „einen von uns“ schliesslich „7 Inder“ bekommen würde … na schönen Dank.
Ist aber sicherlich auch nicht in allen grossen Unternehmen so und vor allen in eher mittelständischen Unternehmen wird denke ich auch der einzelne Arbeitnehmer noch mehr „wert geschätzt“ (hört sich jetzt komisch an) … und da erwarten die Kunden denke ich auch eher „lokale“ Ansprechpartner … ich denke die Erfahrung muss man leider erstmal machen, eh man es so richtig glaubt, was da teilweise abgeht, hätte ich früher auch nicht geglaubt … wobei ich echt immer Glück mit meinen direkten Vorgesetzten hatte, aber die können bei diese globalen „Outsourcing-Deals“ auch nichts mehr machen, oder sind sogar selbst betroffen … alles in allem bietet aber die IT-Branche natürlich trotzdem noch viele Möglichkeiten :-) … also nicht Bange machen lassen ;)
09.02.2009 um 14:18 Uhr
Es ist bedrückend, wie sich das Leben so entwickeln kann. Und es ist schwer wen es einem anderen noch schlechter geht, der einem sehr nahe steht und man kann nicht recht helfen. Die sozialen Konsequenzen, die ich leider selber gezogen habe, fälschlich, wie ich jetzt im nach hinein bedenke, werden mich wohl fortwährend begleiten. Ich sehen mich nicht am Boden, habe zwar das Potenzial zur Weiterentwicklung, jedoch bin ich durch diese Machtlosigkeit, in diesem einen speziellen Fall etwas abgestumpft. Es ist immer schwer, wenn man sich Sicherheit von einer bestimmten Seite wünscht und sie dann nicht erhält.
Ist die Konsequenz der fortwährend, fehlenden Unterstützung, das ich eine gewisse Kälte an den Tag legen muss, um „normal“ zu funktionieren?
Wie schon zuvor von einem Leser kommentiert, holen einen die Geister oftmals wieder ein.
Das Wichtigste ist doch stark zu bleiben. Und es kann sich jeder glücklich schätzen, der ein intakt funktionierendes Umfeld hat. Zumindest einen festen Bezugspunkt habe ich.
@Anonymous 01:38: Dein Beitrag mit dem Zeitungslink ist wirklich sehr interessant zu lesen. Ich habe mir das Interview eben durchgelesen und bin erstaunt wie sehr ich das alles nachempfinden kann, was der Herr Jeremy Rifkin erzählt. Es wäre wirklich von Vorteil, wenn nicht mehr das Streben nach dem Mammon, das einzige im Leben ist was einen erfüllt.
Ich versuche möglichst wenig Abhängigkeiten aufzubauen. So lebe ich momentan, das kann sich jedoch auch wieder ändern.
„Die größte Last,
ist des finanziellen Hast.“
.. nur lesen … ging mir gerade durch den Kopf.
09.02.2009 um 20:43 Uhr
das ist eine bedrückende, aber auch Mut machende Geschichte. Man bedenke, dass es auch Menschen gibt, die den Absprung nicht schaffen.
Danke für den ausführlichen Kommentar und auch an Robert, uns dieses Erlebnis noch mal zum Lesen bereitzustellen!
10.02.2009 um 17:17 Uhr
Ich denke mal wir brauchen in Deutschland endlich einen flächendeckenden Mindestlohn.
Moderne Lohnsklaverei gibt es leider nicht nur bei Zeitarbeitsfirmen, sondern auch bei festen, „normalen“ Beschäftigungsverhältnissen, z.B. Frisör, Gebäudereinigung, Wachdienst, usw.