Nach dem ersten EU-Beitrag auf meinem Blog (wer wählt den EU-Kommissionspräsidenten und was sind seine Aufgaben) schauen wir uns an, was eigentlich EU-Kommissionen sind, welche es gibt und für was sie zuständig sind.

Fangen wir auf der ersten Ebene an: Die Kommissionsmitglieder
Die EU-Kommission besteht aus 28 Mitgliedern. Einer ist der Kommissionspräsident, der Richtlinienkompetenz für seine 27 Kollegen besitzt, obgleich er dem Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik weniger in die Arbeit hereinpfuschen kann.

Die EU Kommissare tagen wöchentlich und haben die alleinige Befugnis, dem EU-Rat und dem EU-Parlament Gesetzesvorschläge zu unterbreiten („alleiniges Initiativrecht im EU-Gesetzgebungsverfahren„). Obgleich das EU-Parlament der Kommission Vorschläge unterbreiten darf, neue Gesetzesvorschläge zu erarbeiten, verbleibt das faktische Recht bei der Kommission.

Heißt? Die Kommission ist die Exekutive der EU. Sie kümmert sich um die Ausarbeitung aber auch Einhaltung der Gesetze. Wenn man so will, stellt die EU-Kommission den Kanzler und die Minister. Also das Kabinett? Ja, kann man so sagen. Kein Kabinett ohne Ministerien und kein Minister ohne direkte Mitarbeiter: Hierzu gibt es die Generaldirektionen und dessen eigenes Mini-Kabinett. Erstmal das Kabinett.

Die zweite Ebene: Das Kabinett eines EU-Kommissars
Als Beispiel picken wir uns EU Kommissar Tonio Borg und seinen Zuständigkeitsbereich „Gesundheit und Verbaucherschutz“ heraus.

Zitat Wikipedia

Die Generaldirektion ist eingerichtet worden, um die Gesundheit und Sicherheit der europäischen Bürger zu verbessern und das Verbrauchervertrauen zu stärken. Die Europäische Union hat im Laufe der Jahre zahlreiche Vorschriften über die Sicherheit von Lebensmitteln und anderen Produkten, über die Rechte der Verbraucher und den Schutz der menschlichen Gesundheit erlassen. Die Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz ist damit beauftragt, diese Rechtsvorschriften auf dem neuesten Stand zu halten.

Angewendet werden die Vorschriften zum Gesundheits- und Verbraucherschutz von den nationalen, regionalen oder kommunalen Regierungsstellen in den EU-Mitgliedstaaten. Deren Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass Lebensmittelerzeuger, Hersteller und Händler im jeweiligen Land die Rechtsvorschriften einhalten. Gleichwohl gehört es auch zu unseren Aufgaben, zu überprüfen, dass dies wirklich geschieht und dass die Vorschriften in allen EU-Mitgliedstaaten ordnungsgemäß angewendet werden.

Tonios Kabinett besteht aus 21 Personen, die ihm direkt zuarbeiten. Die Übersicht der Personen und deren Aufgabenbereiche findet Ihr auf seiner eigenen EU-Seite. Wenn man so will, ist das quasi sein Stab.

Die dritte Ebene: Die Generaldirektionen der EU
Die 27 EU Kommissare verantworten die Generaldirektionen. Die wiederum selbst in folgende Bereiche und Abteilungen unterteilt sind, am Beispiel der Generaldirektion „Gesundheit und Verbraucher„:
Direktion A: Allgemeine Angelegenheiten (6 Abteilungen)
Direktion B: Verbraucherangelegenheiten (6 Abteilungen)
Direktion C: Öffentliche Gesundheit (4 Abteilungen)
Direktion D: Gesundheitssystem und Produkte (5 Abteilungen)
Direktion E: Sicherheit der Nahrungsmittelproduktion (6 Abteilungen)
Direktion F: Lebensmittel- und Veterinärbüro (7 Abteilungen)
Direktion G: Veterinäre und Internationale Angelegenheiten (8 Abteilungen)

Die Liste der Zuständigkeitsbereiche der EU-Kommisssare

  • Präsident – José Manuel Barroso
  • Vizepräsidentin, Außen- und Sicherheitspolitik – Catherine Ashton
  • Vizepräsidentin, Digitale Agenda – Neelie Kroes
  • Vizepräsident, Institutionelle Beziehungen und Verwaltung – Maroš Šefčovič
  • Vizepräsidentin, Justiz und Grundrechte – Viviane Reding
  • Vizepräsident, Unternehmen und Industrie – Antonio Tajani
  • Vizepräsident, Verkehr – Siim Kallas
  • Vizepräsident, Wettbewerb – Joaquín Almunia
  • Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit – László Andor
  • Bildung, Kultur und Jugend, Mehrsprachigkeit – Androulla Vassiliou
  • Binnenmarkt und Dienstleistungen – Michel Barnier
  • Energie – Günther Oettinger
  • Entwicklung – Andris Piebalgs
  • Erweiterung und europäische Nachbarschaftspolitik – Štefan Füle
  • Finanzplanung und Haushalt – Janusz Lewandowski
  • Fischerei und maritime Angelegenheiten – Maria Damanaki
  • Forschung und Innovation – Máire Geoghegan-Quinn
  • Gesundheit – Tonio Borg
  • Handel – Karel De Gucht
  • Humanitäre Hilfe und Krisenschutz – Kristalina Georgiewa
  • Inneres – Cecilia Malmström
  • Klimaschutz – Connie Hedegaard
  • Landwirtschaft und ländliche Entwicklung – Dacian Cioloș
  • Regionalpolitik – Johannes Hahn
  • Steuern, Zollunion und Betrugsbekämpfung – Algirdas Šemeta
  • Umwelt – Janez Potočnik
  • Verbraucherschutz – Neven Mimica
  • Vizepräsident, Wirtschaft und Währung – Olli Rehn

Die Leiter der o.g. Generaldirektionen (siehe Liste der Generaldirektoren unten) sind den EU Kommissaren unterstellt und haben die verwaltungstechnische Oberheit über ihre Generaldirektion. Staatssekretäre der Ministerien also? Ja, in etwa. Sie werden für fünf Jahre auf ihren Posten berufen.

Das grobe Unterteilungsschema sieht wie folgt aus:
P: Politikfelder (Policies)
E: Außenbeziehungen (External relations)
G: Allgemeine Dienste (General services)
I: Interne Dienste (Internal services)

Daraus ergeben sich zur Zeit 43 Generaldirektionen, Ämter und Dienste mit rund 24.000 Angestellten.

Im Rang den Generaldirektionen gleichgestellt sind auch einige Europäische Ämter (etwa das Statistische Amt) und Dienste der Europäischen Kommission (wie Übersetzungs-, Dolmetsch-, Pressedienst). Auch die zeitlich begrenzt eingerichteten Exekutivagenturen der Europäischen Union haben den Rang einer Generaldirektion. Insgesamt umfasst die Verwaltung der Kommission rund 24.000 Mitarbeiter (zum Vergleich: die deutsche Bundesverwaltung beschäftigt etwa 316.500, die Schweizer Bundesverwaltung etwa 33.000 Mitarbeiter). (Quelle)

  • P – Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit – Koos Richelle – Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit
  • P – Bildung und Kultur – Jan Truszczynski – Bildung und Kultur
  • P – Binnenmarkt und Dienstleistungen – Jonathan Faull – Binnenmarkt und Dienstleistungen
  • P – Energie – Dominique Ristori – Energie
  • P – Mobilität und Verkehr – Joao Aguiar Machado – Verkehr
  • P – Maritime Angelegenheiten und Fischerei – Lowri Evans – Fischerei und maritime Angelegenheiten
  • P – Forschung und Innovation – Robert-Jan Smits – Forschung und Innovation
  • P – Gemeinsame Forschungsstelle – Vladimír ŠUCHA – Forschung und Innovation
  • P – Gesundheit und Verbraucher – Paola Testori Coggi – Gesundheit und Verbraucherpolitik
  • P – Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien – Paul Robert Madelin – Digitale Agenda
  • P – Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft – Françoise Le Bail – Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft
  • P – Inneres – Matthias Ruete – Inneres
  • P – Landwirtschaft und ländliche Entwicklung – Jerzy Bogdan Plewa – Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
  • P – Regionalpolitik – Walter Deffaa – Regionalpolitik
  • P – Steuern und Zollunion – Heinz Zourek – Steuern und Zollunion
  • P – Umwelt – Karl Falkenberg – Umwelt
  • – Klimapolitik – Jos Delbeke – Klimaschutz
  • P – Unternehmen und Industrie – Daniel Calleja Crespo – Unternehmen und Industrie
  • P – Wettbewerb – Alexander Italianer – Wettbewerb
  • P – Wirtschaft und Finanzen – Marco Buti – Wirtschaft und Finanzen
  • E – Humanitäre Hilfe – Claus Sørensen – Humanitäre Hilfe und Krisenschutz
  • E – Europäischer Auswärtiger Dienst (1) – Catherine Ashton – Hoher Vertreter
  • E – Erweiterung – Stefano Sannino – Erweiterung
  • E – Entwicklung und Zusammenarbeit – Fokion Fotiadis – Entwicklung
  • E – Handel – Jean-Luc Demarty – Handel
  • G – Amt für Veröffentlichungen – Martine Reicherts – Kommissionspräsident
  • G – Betrugsbekämpfung – Giovanni Kessler – Steuern und Zollunion
  • G – Statistisches Amt – Walter Radermacher – Verwaltung
  • G – Generalsekretariat – Catherine Day – Kommissionspräsident
  • G – Kommunikation – Gregory Paulger – Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft
  • I – Amt für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche – Stephen Quest – Verwaltung
  • I – Beratergremium für europäische Politik – Jean-Claude Thébault – Kommissionspräsident
  • I – Datenverarbeitung – Francisco García Morán – Verwaltung
  • I – Datenschutzbeauftragter – Peter Johan Hustinx – Kommissionspräsident
  • I – Gemeinsamer Dolmetscher- und Konferenzdienst – Marco Benedetti – Mehrsprachigkeit
  • I – Amt für Gebäude, Anlagen und Logistik – Brüssel – Gábor Zúpko – Verwaltung
  • I – Amt für Gebäude, Anlagen und Logistik – Luxemburg – Marian O’Leary – Verwaltung
  • I – Finanzplanung und Haushalt – Hervé Jouanjean – Finanzplanung und Haushalt
  • I – Interner Auditdienst – Brian Gray – Steuern und Zollunion
  • I – Juristischer Dienst – Luís Romero Requena – Kommissionspräsident
  • I – Personal und Verwaltung – Nicholas David Bearfield – Verwaltung
  • I – Übersetzung – Rytis Martikonis – Mehrsprachigkeit
  • I – Humanressourcen und Sicherheit – Irène Souka – Verwaltung

Budgetierung
Zum Abschluss kommen wir zu den Kosten des gesamten Apparates. Fangen wir beim typischen Medien-Buzzing an. Was verdient ein EU-Kommissar?

Das ist recht einfach geregelt:

Für ihre Tätigkeit erhalten die Kommissionsmitglieder aus dem EU-Haushalt ein Brutto-Grundgehalt von 20.278,23 Euro, die Vizepräsidenten der Kommission 22.531,36 Euro, der Kommissionspräsident 24.874,62 Euro im Monat (Stand: Juli 2009). Dieses Gehalt wird versteuert, die Steuern fließen in den EU-Haushalt zurück. Zudem erhalten die Kommissare eine Residenzzulage von 15 % des Grundgehalts sowie eine Aufwandsentschädigung von 607 Euro (Vizepräsidenten 911,38 Euro, Präsident 1418,07 Euro). Das Einkommen der Kommissionsmitglieder liegt damit im oberen Bereich dessen, was Regierungsmitglieder in den großen EU-Mitgliedstaaten üblicherweise verdienen; allerdings erhalten nationale Regierungsmitglieder teils noch weitere Formen von Zusatzvergütungen. Nach ihrer Amtszeit erhalten die Kommissionsmitglieder ab ihrem 65. Lebensjahr ein Ruhegehalt, das sich an der Dauer der Amtszeit berechnet. Es beträgt für jedes Amtsjahr 4,275 %, maximal aber 70 % des letzten Grundgehalts.

Klingt nach viel, ist aber herzlich wenig. Denn lediglich 5,9% des Gesamtbudgets i.H.v. 142 Mrd EUR (anno 2014) fließen in die Verwaltungskosten. Macht in etwa knapp über 8,4 Mrd Euro.
EU Haushalt 2014

Weiß jemand, wieviel Prozent der Ausgaben in die deutsche Bundesverwaltung fließen?

Eine Quelle spricht von Personalkosten:
255.000 Beschäftige waren in der Bundesverwaltung anno 2012 unterwegs.
Personalkosten: 8,7 Mrd Euro.
Personalkostenquote 2012: 8,9%.
Wir reden demnach nur von den Personalkosten, nicht von den gesamten Verwaltungskosten (Grundstücke, Energie, Honorare an Dritte, Reisekosten, etcpp.), die für die Verwaltung des Staatsgebietes BRD in Bundesangelegenheiten aufgebracht werden müssen.