Da daußen schwirrt ein komischer Kauz herum, dessen Namen ich zuvor nicht gehört hatte. Er hatte das Pech, ein urheberrechtlich geschütztes Bild (mehr oder minder ist jedes Bild urheberrechtlich geschützt, solange die Erben das Erbrecht nicht in Anspruch nahmen) auf Twitter zu posten. Mit dem witzigen Verweis:

Ich habe das besagte Foto im August 2014 über die Google Bildersuche (Suchbegriff „Rostock-Lichtenhagen“, viertes Bild) gefunden. Das Bild enthält keinen Copyright-Vermerk und ist auch ansonsten nicht als urheberrechtlich geschützt gekennzeichnet. Über meinen Account @janboehm habe ich das Bild getwittert, ohne sonstigen Text und unter Angabe des Fotocredits, den ich dem Dateinamen des Bildes entnommen habe (lichtenhagen_martin_langer.jpg). Nein, ich habe den Fotografen „martin_langer“ nicht vorher gefragt, ob ich das Bild twittern darf. Ja, ich befand mich in der (offenbar falschen) Annahme, dass der Fotograf dieses zeitgeschichtliche Fotodokument (möglicherweise unter Angabe des Fotocredits) zur honorarfreien Verwendung außerhalb professioneller Presse freigegeben habe.

rob2

rob1Man muss dazusagen, dass der Keks 150k Follower auf Twitter hat und durchaus als wie auch immer gearteter Medienschaffender zu bezeichnen ist (irgendein Moderator in spe im ZDF Neo Magazin Royal). Insofern ist es witzig zu lesen, wie das ein angeblicher Vollprofi in bester Newbie-Manier verargumentiert. Ok, er jammert, weil er bei einer Art von Klauen erwischt wurde. Jo mei, pipi-in-Hose-und-Daumen-im-Mund-erwischt. Passierte jedem von uns im Leben.

Er macht eine Nummer draus, was ein Vollprofi nun einmal eben tun würde. Der zwar keinen Blassen vom Urheberrecht, aber durchaus ein Gespür für die Massen-PR hat. Er bejammert das Unrecht, das ihm angetan worden sei (Lehrgeldsumme knapp 1.000 Euro). Das Unrecht, das anderen geschehen sei, die das besagte Bild auch posten würden, weil sie abgemahnt worden seien. Gerechtigkeitssinn wecken. Klappt meistens. Und das Unrecht des vollgespissten Nazis zu seiner Wehklage ergänzt (der damals auf dem Bild um die Welt ging), wie ein Fotograf doch unfairerweise Geld mit dem Leid Dritter verdient (das Argument dient zur Hemmschwellensenkung der Gefolgschaft des Profis aber auch zur Reduktion menschlicher Größe des Fotografen, aka absichtlicher Freigabe zum Abschuss):

Aber, das würde ich mir wünschen, Herr Langer [so heißt der Fotograf und Urheber des besagten Bildes], erst wenn irgendwann die normalen Internetprivatnutzer von unserer Meinungsverschiedenheit etwas haben – nämlich eine praktikable Rechtsnorm – erst dann hätten sie 1992 das Persönlichkeitsrecht des betrunkenen, unglücklich „bierbefleckten“ und vor allem offenbar nicht mit einem ähnlich engagierten Rechtsbeistand wie dem Ihren ausgestatteten Harald Ewert († 2006) nicht vollends umsonst verletzt. Oder gab es das Persönlichkeitsrecht wie wir es heute kennen 1992 noch nicht? Fragen Sie doch mal Ihren Abmahnanwalt. Oder blättert der gerade noch bei „Rechtsmissbrauch“?

Der Clou, als würden die obigen Hebel nicht reichen und der Einkaufswagen nicht schon voll genug sein: Er möchte sich zum inoffiziellen Sprecher des Urheberrechts aufschwingen, unbedingt zur Diskussion beitragen, wie das Urheberrecht novelliert werden müsste. Ohne einen Blassen davon zu haben, wie weit wir alle schon im Alltagsgebrauch praktikablere Verfahren und Pfade belatscht haben. Der Noob, der die Sandale schwingt. Tatsächlich greifen das User auf. Cool:) Wen wundert es? Er hat sich im Aldi-Regal bedient, billige PR eingekauft.

Letztlich geht es dem Keks um PR, die mir wertlos ist. Morgen wird es eine Krebsstiftung sein, übermorgen der Antrag, Rote Ampeln in Pink anzustreichen, weil das viel freundlicher wirkt. Als Blogger kenne ich dieses banale Spiel, wie man kleine Internetmassen simpel bewegen kann. Schön zu sehen, dass es funktioniert:) Verstehen und Bespielen können es nur die Wenigsten. Der da gehört zu einer kleinen Elite.

Lieber Fotograf Martin Langer, Du bist lediglich ein Bauer im Schachspiel. Warte bisserl ab und Dein Name ist wieder vergessen. Der Sturm legt sich schneller als gedacht, das Wasserglas ist sehr klein.