Es gibt unter den Bloggern zwei sehr populäre Maßnahmen, um sein Blog zu monetarisieren: Advertorials und Links. Seltener bekommt ein Blogger Honorare für Promotion-Events vor Ort. Die Art und Weise, wie extrem amateurhaft hierbei vorgegangen wird, zieht einem die Schuhe aus.
In der Regel läuft das wie folgt ab: Eine Agentur (SEO, PR, Anbieter) schreibt Dir eine Mail und bittet Dich, gegen ein Honorar X einen Text zu verfassen, der eine Dienstleistung bzw. ein Produkt vorstellt oder eine Webseite gezielt verlinkt. Der Blogger freut sich über den kurzen Mailweg, schlägt zu, schreibt und kassiert ab.
Was passiert dann? Die Landesmedienanstalt bekommt davon Wind, dass wieder einmal ein Blogger ein Advertorial verfasst hat. Und verdonnert den Blogger zu einem saftigen Bußgeld. Der Blogger klagt. Es sei doch der Auftraggeber gewesen, der das so wollte, nicht zu sagen, es handele sich um Werbung. Der Richter bescheinigt dem Blogger eine Teilschuld, da er weder darauf hingewiesen hat, dass es sich um werbliche Texte handelt und damit den Leser bewusst täuscht, noch sich um die rechtlichen Gepflogenheiten erkundigt hat, die bei derartigen Verträgen Standard sind. Oder der Richter weist den Blogger darauf hin, dass er verpflichtet war zu liefern (der Auftraggber zerrt den Blogger vor Gericht, da er den Vertrag nicht erfüllt hat), aus der Nicht-Lieferung dem Auftraggeber Schäden entstanden sind, die abzugelten sind. Verträge? Welche Verträge?
Nehmen wir mal an, ein derartiger Auftrag wäre als „Werkvertrag“ einzuordnen. Schauen wir uns dazu die gute, alte Wikipedia an, was zu Werkverträgen geschrieben wird, super easy (Dienstvertrag findet ihr natürlich auch):
Beim Werkvertrag schuldet der Werkunternehmer dem Werkbesteller die Herstellung eines Werkes, das heißt die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges tatsächlicher Natur und der Werkbesteller als Gegenleistung dem Werkunternehmer den vereinbarten Werklohn. Beim Werkvertrag ist die Herstellung eines Werkes die vertraglich geschuldete Leistung als Tatbestandsmerkmal. Dabei ist es unerheblich, ob das Werk eine Sache oder ein unkörperliches Produkt von Arbeit (z. B. Computerprogramme) ist. Der rechtliche Werkbegriff in diesem Sinne umfasst materielle und immaterielle Sachen, wie auch Erfolgsergebnisse einer Dienstleistung.
Abzugrenzen ist der Werkvertrag insbesondere vom Dienst- und Kaufvertrag. Dabei ist beim Werkvertrag im Gegensatz zum Dienstvertrag ein bestimmter Erfolg geschuldet und nicht lediglich eine Tätigkeit oder Sorgfaltsverbindlichkeit. Beim Kaufvertrag ist nicht die Herstellung, sondern die Verschaffung der Sache Vertragsinhalt. Die Fälligkeit der Vergütung des Werkvertrags tritt mit der Abnahme des Werkes ein (§ 640, § 641 BGB). Damit tritt der Unternehmer mit der Erstellung des Werkes in Vorleistung, soweit nichts anderes vereinbart wurde. Die Herstellung beweglicher Sachen unterliegt kaufrechtlichen Regeln (§ 651 BGB). Der früher in diesen Fällen einschlägige Werklieferungsvertrag wurde im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung abgeschafft.
War doch einfach und jedem Blogger, jung, alt, erfahren oder unerfahren natürlich glasklar. Und ebenso klar ist, was sich hinter einem Werkvertrag verbirgt
– Detaillierte Aufgabenstellung
– Fertigstellungstermin
– Kosten
– Gewährleistungen
– Haftungsvereinbarungen
– Festlegungen zur Vertragskündigung
– Nutzungsrechte
– Zahlungsvereinbarungen
Sagt die Wikipedia, Ihr hättet das natürlich ohne Wikipedia auch so gewusst. All diese Punkte sollten vertraglich in Schriftform vereinbart und unterzeichnet werden.
Alles das wird typischerweise bei derartigen Deals zwischen Linkkäufer bzw. Advertorial-Auftraggeber oder eben der Eventagentur und dem Blogger nicht einmal ansatzweise in den Mails geregelt (die Summe daraus nennt sich übrigens auch Vertrag). Eindeutig wird nichts geregelt und lässt viel Spielraum für Risiken offen. Dume, kurze Mails, kein genauer, expliziter Vertrag mit all den o.g. Punkten, dazu irgendwelche mündlichen Absprachen, das ist draußen die gebloggte Realtität. Verträge schützen, machen klar, bereinigen Missverständnisse im Vorfeld und regulieren Garantie-/Haftungsfragen. Verträge regeln Rechte und Pflichten. Das ist der Sinn eines Vertrages. Regelt man das nicht, wissen viele Blogger nicht einmal ansatzweise, was das nach sich zieht. Also regelt man lieber etwaige Haftungsfragen, die sich aus Abmahnungen Dritter bzw. Bußgeldbescheiden ergeben [z.B. aus nicht deklarierter Werbung/Promotion]. Der gewiefte Blogger wird dieses Risiko, was sich auf mehrere 10.000 Euro belaufen kann, selbstverständlich auf den Auftraggeber abwälzen. Sollte das so im Vertrag stehen.
Sollte demnach kein expliziter Vertrag vorliegen? Könnte sich der Auftraggeber lachend die Hände reiben, wenn der Richter die Gesamtschuld dem Blogger auferlegt. Der es hätte besser wissen müssen („können“ interessiert nicht, wer gewerblich agiert). Oder die Promoagentur verklagt den Blogger, weil er typischerweise wieder mal nicht erschienen ist, auf Entgang von Einnahmen und die Erstattung von Kosten, die hierbei entstanden sind. Oder der PC war abgestürzt, so konnte man den Text nicht wie vereinbart liefern. Pech? Plus Risiko aus Nichterüllung eines Vertrags.
Im Klartext: Wer sich ohne vertragliche Grundlage auf derartige Deals einlässt, lässt als Blogger das Risiko zu, bei zahlreichen Problemszenarien nachher schlauer zu sein, vorher dümmer zu agieren, letztlich um einige Erfahrungen klüger und geteert, gefedert und geschröpft das gewerbliche Bloggen ohne Vertragsgrundlagen schleunigst verlässt. Damit das nicht passiert: Befasst Euch mit Verträgen im gewerblichen Umfeld. Lasst Rechtsanwälte dran. Sichert Euch ab. Und bleibt mir beim Bloggen sauber :)
17.06.2013 um 18:13 Uhr
Mal unabhängig davon, dass es mit Sicherheit verpönt ist, überhaupt nicht sinnvoll und man sich in keinem Fall verkaufen sollte – blabla. Jedenfalls nicht öffentlich.
Nun bin ich schon seit Jahren in diesem Bereich unterwegs und habe noch nicht mitbekommen, dass solche Dinge wirklich passieren. Die Landesmedienanstalt belangt einen? ich frage mich, um ehrlich zu sein, wie das überhaupt auffliegen sollte. Verstehe ich nicht.
Cheers.
01.07.2013 um 16:23 Uhr
Hallo Robert,
super Artikel. Aber wie soll jemand erfahren ob ein Artikel mit einem externen Link für weitere Infos und passend zum Thema bezahlt wurde? Bisher konnte ich nirgendwo eine Antwort finden.
04.07.2013 um 23:26 Uhr
Ich glaub auch das ist sehr hypothetisch. Ich kenn das aus dem Zeitungswesen, da passiert das auch, dass da nicht immer Anzeige dabei steht. Aber es kann passieren, dass dich die böse Konkurrenz anschwärzt. (Und das ist schon passiert) Also wenn dem Konkurrenten auffällt – huch da haben aber in dem Monat 25 Blogs über xy geschrieben… dann könnte der da ne Liste machen … Aber wohl wirklich hypothetisch.
Du kannst es aber ja so machen wie bei Stefan Raab mit dauerwerbesendung und auf jeder Seite „Werbung“ schreiben;-)
08.07.2013 um 11:49 Uhr
Hallo,
sehr interessanter Artikel, habe selber auch schon bezahlte Blog Artikel veröffentlicht und mir über solche Konsequenzen keinen Kopf gemacht. In Zukunft werde ich mich wohl vorher absichern. Wenn ich den Artikel als Werbung kennzeichne wäre das dann OK?
Grüsse
Enrico