Erstaunliches (oder auch nicht, je nach Sicht der Dinge) ereignete sich in meinem Postfach. Folgende Mail trudelte ein
Hallo, Ich bin auf Ihr Blog während meiner Recherche für ein Outreach-Projekt für Sony Electronics Europe gekommen. Ihre Artikel haben mich sehr interessiert. Wir kontaktieren europäische Blogger wie Sie, die sich mit Ihrer Thematik befassen, und Ihre Kommentare sind hoch interessant und relevant zu unserer Recherche. Wir würden Ihnen gerne Inhalt für Ihr Blog anbeiten. Wären Sie daran interessiert? Der Inhalt unseres Beitrages ist rein Informativ und beinhaltet keine Art kommerzieller noch promotioneller Hintergründe. Sie können uns sogar ein Titel und Thema vorgeben, worüber wir schreiben würden. Dieser Beitrag zu Ihrem Blog könnte optionelle Links zur Sony-Internetseite und anderen hilfreichen Informationsresourcen zu diesem Thema beinhalten. Ich bedanke mich herzlichst für Ihre Zeit und freue mich auf Ihre Rückmeldung.
Der Text ist in mehrfacher Hinsicht interessant.
1. Normalerweise hätte ich wie sonst auch üblich die Mail als Spam gleich wegsortiert. Denn das Muster ist spammy. Davon bekomme ich einen Haufen Anfragen gleichen Musters. Nur eben nicht immer von so prominenten Unternehmen wie Sony.
2. Die Mail enthält zig grammatikalische Fehler. Typisch für Linkspammer aber auch typisch für Sony, die vermutlich professioneller arbeiten?
3. Rückfragen ergaben, dass der Absender in der Tat als Agentur für Sony tätig ist. Auch das Vorgehen ist so abgesegnet, auf europäischer Ebene. Texte für Blogger schreiben. Umso erstaunlicher ist es, dass Sony auf derartige Mittel zurückgreift. Denn, wer bittschön von den Großunternehmen ist so gepudert, um Zeitungen mit einem solchen Spam-Text anzugehen? Keines, das bei gesunden PR Verstand ist. Weder in Deutschland noch in Europa. Ok, kann man bei schmuddeligen Presseorganen versuchen, was die Sache nicht besser macht. Sind Blogger für Sony also schmuddelig genug?
4. Betont wird trotz kommerziellen Hintergrund, dass es ja mal so gar nicht kommerziell sei. Ich fühle mich doppelt auf den Arm genommen. Spam plus eine schale Behauptung. Wo ist der notwendige Hinweis, dass es um Advertorials geht? Wo steht, dass es ein Blogger sowohl im juristischen aber auch ethischen Sinne deutlich machen müsste? Klar läuft der Blogger in Deutschland Gefahr, kräftig zahlen zu dürfen, wenn er werbliche Texte nicht kennzeichnet. Es kommt nicht darauf an, ob der Inhalt werblich erscheint, sondern für wen da geworben wird letztlich.
5. Sollten sich Blogger tatsächlich diese Nase aufsetzen, reiten sie sich doppelt bei der Textübernahme rein: Duplicate Content ist nicht Googles Ding. Oder glaubt jemand wirklich, dass eine Agentur individuelle Texte anfertigt? Ebenso ist es nicht weitab vom Gedanken, dass diese Form von Linkbuildig entweder Google direkt aufstößt oder aber spätestens, wenn ein missgünstiger Blogger in UK/F/ESP den Sony-Bedien-Mich-Blogger anschwärzt. Und laut meinen Infos haben sich bisher nicht nur Blogger-Basics wie ich beschwert. Irgendwann ploppt das eine Nummer größer auf. Die englische Presse ist nicht gerade für ihre Zuckergusshandschuhe bekannt.
Was ist Fakt nach einigen Kontakten mit Sony?
Sony Europe hat dieses Vorgehen abgenickt und für gut befunden. Sony ist sich auf europäischer Ebene nicht bewusst, dass diese Form von Internetmarketing schmierig ist. Argument: „Es funktioniert doch, viele Blogger machen da mit!“ (Beileid, EU-Blogger). Sony Deutschland weist allerdings diese Form von Internetmarketing von sich. Wie das? Konzerne haben viele Arme. Und manche Arme haben andere Sichtweisen, also keinen common sense. Manchmal ist eine bunte, kulturelle Mischung interessant, in dem Falle aber weder nützlich noch produktiv. Interessant ist, dass Sony offensichtlich im Bereich Blogger Relations absolut unsicher ist, wie es eigentlich zu verfahren hat. Diese Mail alleine zeigt mir schon, dass sich der Konzern angesichts seiner gigantischen Produktpalette nicht mal ansatzweise bewusst ist, wie man einheitlich interessant statt schmierig kommuniziert. Warum Sony kein Risk-Management betreibt und die Sachlage nicht rational betrachtet, weiß ich nicht. Die Art und Weise – wie Sony Europe Blogger auf europäischer Ebene aufs Glatteis führt -ist gefundenes Fressi Fressi für Google, Wettbewerber, bissige Blogger (mit Sony kann man prima spielen), Anwälte und kritische Leser.
Mir persönlich obliegt es nicht, Sony zu erzählen, was sie zu tun haben. Their business, their risk. Aber Bloggen ist mein „business“. Ich sehe nicht ein, warum Großkonzerne Bloggerkanäle verschmutzen und auf Dauer ins schlechte Licht rücken. Sony Europe ist gepudert. Bitte abschminken.
05.02.2013 um 16:15 Uhr
Es gibt inzwischen eine Bloggergeneration aus der schule der US/Australian Onlien Marketer, denen vollkommen egal ist woher ihr Content kommt. bei denen stößt sowas auf offene Ohren.
05.02.2013 um 16:16 Uhr
(sorry nur wegen ‚ich will die anderen Kommentare)
05.02.2013 um 16:19 Uhr
(letzten Satz habe ich jetzt nicht verstanden)
05.02.2013 um 16:23 Uhr
Gassner hat beim ersten Kommentar vergessen den ‚mail mich an baby, wenn du was neues hast‘-Knopf zu drücken
05.02.2013 um 17:15 Uhr
Hi Rob,
was mich gleich zu Beginn wunderte, war dieses „Hallo“. Etwas persönlicher hätte man die Anfrage schon stellen können. Ich finde gerade diesen Aspekt sehr wichtig, den es ist die mindeste Form des Respekts. Und hier liegt wahrscheinlich des öfteren der erste Knackpunkt. Verstehe ich einfach nicht dass das immer wieder passiert.
Würde mich natürlich interessieren, ob Du von anderen Bloggern weißt, die das erhalten haben und ob sie mitmachen oder nicht. Aber das können wir ja mal in Ruhe besprechen.
Viele Grüße
Jo
06.02.2013 um 00:04 Uhr
Jeder, der mal ein Sony-Produkt besaß und in die Verlegenheit kam, dass es kaputt war und repariert werden musste, hat sehr schnell gemerkt, dass Sony sich einen Kericht um Kundenorientierung, Customer Loyalty und viele andere Dinge kümmert und zwar völlig unabhängig davon, ob es Privatleute sind, die unter einem defekten Sony-Produkt leiden, oder Firmenkunden. Dass Sony als an sich ideenreiches Unternehmen ständig daran schrammt, in die Bedeutungslosigkeit der Unterhaltungsmärkte abzudriften, hat seine jahrzehntelang gepflegte Tradition, einfach nicht auf Kunden zu hören und mit ihnen zusammen zu werken. Da passt das, was du da erlebst, einfach nahtlos dazu. Das deckt meine Erfahrungen mit Sony der letzten 25 Jahre einszueins. Und zwar sowohl privat, als auch gewerblich und das selbst im Broadcast-Umfeld.
06.02.2013 um 12:38 Uhr
Ja @Johannes Lenz es gibt mehr. Bei mir kam die Mail im November allerdings Themenbezogen. Es ging um Tablet Trends, Designs und Bildbearbeitungsapps. Inhaltlich war die eMail aber ähnlich.
Ich habe nicht drauf reagiert.
06.02.2013 um 18:04 Uhr
Das erinnert mich etwas an diese Sparkassenwerbung – „Was macht die Konkurrenz?“ – … wir bleiben bei den Fähnchen.
Wahrscheinlich ist da einer in der Vorstandschaft auf diese neue Medium Blogs aufmerksam gemacht worden. Ich kann mir sogar vorstellen, dass die da Artikel schreiben lassen und keine Pressemitteilungen verschicken. Schließlich sollst Du ja das Thema vorgeben. Heimlich spekulieren sie dann darauf, dass die Leute schon nen Link zu Sony spendieren, was sicherlich auch viele machen. Das Riskio für Sony seh ich nicht so. Ein kleiner Shitstorm – oder eher ein laues Lüftchen?
Und: Nein ich will auch keinen Sony-Text;-)
06.02.2013 um 22:40 Uhr
Die eMail bekomm ich schon zum dritten Mal und der betreuende wollte mir sogar selbst ein Text anfertigen … und dabei durfte ich mir ein Wunschtitel aussuchen. Zahlen wollte er für die Publikation allerdings nicht :-)
30.03.2013 um 23:01 Uhr
Wie ja im Bericht erwähnt funktioniert das. Was ist passiert mit Sony? Von Google sind sie auf jeden Fall nicht abgestraft worden.
Die Großen Brands erwischts halt leider nicht.