Es ist schon einige Zeit her. Ich war mit Sohnemann in Frankfurt spazieren und geriet in irgendeine Demo. Ehe ich es mich versehen konnte, waren ich und Sohnemann umgeben von Polizisten und Vermummten.

Da passierte es und ein Stein erwischte meinen Sohn schwerst am Schädel, so dass er mit mehrfachen Schädelbasisbruch in die Intensivstation musste.

Anwesende Pressefotografen knippsten die ganze Zeit über die Schlachtenszenarien. So dass ich annehmen durfte, dass möglicherweise einer der Fotografen die miese Ratte geknippst hatte, um ihm möglicherweise zu identifizieren und hinter Gitter zu bringen, bevor ich ihm möglicherweise die Eier abschneiden kann.

Das Blöde? Keiner der Pressefotografen rückt die Fotos raus, da man sich auf Pressefreiheit beruft. Ich verstehe die Welt nicht mehr!

Gedankenkonstrukt aus. Mir ist das Gott sei Dank nicht in Realität passiert, Sohnemann hat das nie erlebt und ich muss nicht nach Gerechtigkeit schreien. Gerechtigkeit, weil sich Pressefotografen feige hinter ihren Kameras und Pressefreiheit verstecken dürfen. Weil es ihr gutes Recht ist. Wo ist aber das gute Recht desjenigen, der Vater ist, dessen Sohn tatsächlich schwer verletzt ins Krankenhaus kam?

So und nicht anders ist es einem Polizisten real ergangen, dessen Vater die Nachricht ereilt hat, dass blöde Wichser auf seinen Sohn so schwer eingeprügelt hatten, dass er schwer verletzt eingeliefert werden musste.

Zitat 1 in der TAZ zum Hintegrund:

An jenem Samstag hatten sich 5.000 linke AktivistInnen aus ganz Europa zu einem antikapitalistischen Protestmarsch durch die Bankenmetropole getroffen. Gewaltbereite Demonstranten warfen Pflastersteine auf Geschäfte, Autos und Bankgebäude. Die Polizei nahm über 100 Teilnehmer fest. Bis heute sucht die Polizei allerdings noch die schwarz gekleideten Personen, die auf einen Polizeibeamten mit einem Kantholz einprügelten, ihn traten und mit Reizgas besprühten. Der Beamte wurde schwer verletzt und kam für mehrere Tage auf die Intensivstation.

Nun jammert und klagt die Pressebranche über Hausdurchsuchungen bei Pressefotografen. Die Polizei sucht nach Bildern. Darf sie aber nicht. Laut dem deutschen Recht. Niemand der Jammerer ist scheinbar Vater eines schwer verletzten Sohns. Niemand der Pressefuzzis schreibt und knippst aus Leibesseele, sondern weil es pures Business ist, weil es ihr Job ist, weil sie dafür Kohle bekommen, und weder Vater Staat noch Bürger verteidigen. Sie nutzen und verstecken sich hinter Pressefreiheit, wenn es ihnen passt, weil es eben historisch bedingt ein wichtiges Recht ist, und nehmen hin, dass Unrecht geschieht. Um knippsen und schreiben zu können. Das ist klassische Feigheit und nichts anderes.

Zitat 2 in der TAZ, Kommentar des Journalisten:

ich halte es für eine Selbstverständlichkeit, dass Pressefotografen ihre Bilder nicht freiwillig an die Polzei herausgeben. Wenn die Demonstranten mitbekommen, dass Pressefotografen ihre Bilder der Polizei überlassen, müssen sie befürchten, von den Demonstranten als Hilfspolizisten wahrgenommen zu werden. Und das heißt in Fällen wie diesen auch, dass unsere Fotografen genau wie der Polizist zusammengeschlagen würden. Die Arbeit unserer Fotografen wäre zu gefährlich. Sie sind darauf angewiesen, von allen Beteiligten als unabhängige Berichterstatter wahrgenommen zu werden. Nur dann können sie auch mitten im Getümmel ungefährdet ihrer Arbeit nachgehen. Genau deshalb hat der Gesetzgeber auch das Zeugnisverweigerungsrecht und das Beschlagnahmeverbot für Journalisten, Geistliche, Anwälte, Ärzte und Abgeordnete geschaffen. Wenn es das Beschlagnahmeverbot für Journalisten nicht geben würde, hätten unsere Fotografen auf der Demonstration gar nicht ungestört fotografieren können. Die Fotos, die die Polizei haben will, würden gar nicht existieren.

Ich schreibe das bewusst ins Extrem, wohlwissend, dass nichts und niemand über dem Gesetz steht. Aber, genauso wenig geht nichts über das eigene Gewissen. ich möchte nicht Fotograf sein, um dem Vater des Sohnes ins Gesicht zu sagen, dass er sich ins Knie ficken soll, wenn er die Bilder haben will, wo die Täter womöglich zu erkennen sind. Wenn es darum geht, sich hinter einem Recht verbergen zu können, um Unrecht und die eigene Sicherheit hinzunehmen, ist es eine Gewissensfrage und nicht mehr eine Rechtsfrage. Und selbst für den Preis, dass man selbst bluten muss dafür eines Tages. Aber dann doch lieber den sicheren Gehaltsscheck zur Erfüllung der Renditevorgaben der Geschäftsverlage denn unsicheren Vollblutjob? Ich könnte nicht Pressefotograf sein. Ich möchte mich nicht verstecken wollen hinter Paragraphen.