ich musste schmunzeln, als ich auf DRadio die Aussage las „Die Zeiten in denen Blogs in aller Munde waren und die Besucherzahlen stiegen, sind längst vorbei. Heute steckt die Blog-Szene in der Krise: weniger Besucher, weniger Blogger, schwächere Google-Rankings.„. Freitag (so heißt wirklich ein angeblich bekanntes Massenmedium) meint was Ahnliches.
Es ist mir völlig schleierhaft, wie man auf diese Aussage kommt. Ob sie nun Bezug nimmt auf eine witzige Analyse oder zusammengereimt wurde, was zusammenreimbar erscheint.
1. Punkt: Blogger die stetig, ausdauernd und sogar mehr bloggen haben nicht weniger Besucher, sondern stabile oder steigende Besucherzahlen. So einfach ist das. Blogger die weniger bloggen oder gar aufhören, weisen gegenteilige Effekte auf. Woher ich das weiß? Nach 10 Jahren Bloggerei verkauft mir auch kein renommierter Deutschlandradio-Sender andere Zusammenhänge.
2. Google soll angeblich keine Blogs mehr mögen und nicht mehr künstlich bevorzugen. Sagt DRadio. Wäre mir auch komplett schleierhaft, wie man drauf kommen soll. Bezüge zu entsprechenden Berichten auf SEO-Blogs sind – sagen wir es mal nett – niedlich. Es spricht nichts dafür, dass Google Blogs lieber haben muss noch spricht etwas dagegen. Manche Blogs haben 5% Google-Besucher, manche bis zu 95%. Im Schnitt – sagt meine statistische Erfahrung – pendeln Blogs um 30%-40% Besucheranteil via Google. Aufgrund der neuen Besucherpfade – die Social Media/Networks aufgetan haben – spielt Google jedoch eine zunehmend abnehmende Rolle, insofern der Blogger diese neuen Kanäle nutzt. Selbst wenn Google Blogs rein theoretisch nicht mehr so lieb haben sollte,… es ist shitegal geworden. Auf der anderen Seite führe ich hunderte von Gesprächen mit Bloggern pro Jahr und fast kaum eine jammert, dass ihn Google Mama verlassen habe. Im Gegenteil.
3. Angeblich seien Facebook, Google+ und Twitter schuld, dass die Blogs in der Krise stecken, man auch nicht mehr so oft bloggen würde. Im Grunde genommen ist auch diese Aussage Bullshit. Wer Bock auf Bloggen hat, bloggt eben. Wer sich schon damals zwingen musste, um mal einen Piep im Netz abzusondern, wird heilfroh sein, dass es FB und Konsorten gibt, wo das Piepen viel leichter vonstatten geht. Blogger selbst sind noch viel froher drum. Wo wir früher nur Mama Google und andere Blogs hatten, um Leser zu finden, steht uns heute ein riesiges Arsenal zur Verfügung. Was selbst minderbegabte Blogger zu nutzen wissen.
Gesamtheitlich wundern mich derartige, merkwürdige Mutmaßungen. Allerorten ploppen Blogs auf, allerorten machen sie sich dran, im Bereich Gaming, Sports, Finance, Automotive, Fashion, Beauty, Lifestyle, Cooking, Housing, Technology und und und, um den alteingesessenen Medien ein Stückchen Butter vom Brot zu ziehen (schon mal blasse Moderedakteurinnen in der zweiten Reihe hinter Modebloggerinnen auf Modeschauen gesehen? Süßer Anblick, wenn Zickenaugen töten möchten). Schwer zu übersehen eigentlich. Oder worauf schaut man denn? Nur weil noch keiner von uns so deppert war, auf die Idee zu kommen, ein 300 Meter hohes, verglastes Hochhaus zu bauen, weil keiner auf die Idee kam, althergebrachte Symbole des Erfolges, der Macht und des Geldes zu errichten, heißt es eben nicht, dass Blogs nix reißen, in der Krise seien noch dergleichen Unfug. Es soll auch Jammerlappen geben, die es am Finanziellen festmachen. Die meinen, dass man mit Blogs nix verdienen kann, weil sie es selbst nie probiert oder selbst nie gepackt haben. Ist das eine Frage der Wasserkonsistenz oder der Ente, die nicht schwimmen kann? Es gibt in der Tat auch manch einen, der meint, dass Blogs kein Massenmedium wurden. Auch so ein Schmunzler. Es gibt hunderte von Blogs die als „one-man/woman-mass medium“ wesentlich mehr und effizienteres reißen als fette Redaktionen, denen das Geld davonschwimmt und die dermaßen an Ineffizienz glänzen, dass einem Controller die Tränensäcke platzen. Es kann gut sein, dass sämtliche Blogs zusammen größer sind als die Leithammelmedien. Das hat noch keiner untersucht. Ich anstelle der alten Massenmedien würde das auch lieber nicht tun.
Arrogant? Ja, ein bisserl. Bin schon zu lange im Blogbusiness um mir Krisen-Stories verkaufen zu lassen. Ich stehe breitschultrig-urgemütlich hier, schmunzel vor mich dahin und blogge so ein Zeugs mit links weg. Ähnlich gelassen sieht es Thomas Gigold auf Medienrauschen: Irgendwas mit „Blogkrise“.
Ihr wollt mehr die feine statt breitschultrige Art? Am besten und feinsten nimmt das Christoph Kappes auseinander: Blogkultur als Antwort auf die Komplexität der Gesellschaft und der Krise ihrer Institutionen. Worauf es wirklich ankommt, welche tektonischen Bewegungen zu sehen sind, die unsere Gesellschaft verändern und auch weiter verändern werden.
24.01.2013 um 15:12 Uhr
Sehr fein geschrieben. Passt! ;)
24.01.2013 um 15:16 Uhr
Wer richtig liegt, darf auch mal arrogant sein (was du nicht bist; ich finde diesen Einwurf nur amüsant) Blogs sind solange nicht tot, wie es Menschen gibt, die (gerne) publizieren. Ich lebe jedenfalls noch etwas vor mich hin, wenn’s recht ist ;)
24.01.2013 um 15:16 Uhr
Breitschultrig-urgemütlich … nehme das mit einem weiblichen Lächeln und glaube an die Blogs.
Gefällt mir ungemein.
24.01.2013 um 15:27 Uhr
Arrogant finde ich den Text auch nicht. Er stimmt einfach: Ein paar lassen das mit den Blogs, ein paar ziehen es durch und andere fangen an. Die Krise sehe ich auch nicht – zumindest ist die Krise des Freitags größer als die angebliche Krise der Blogs :-)
24.01.2013 um 15:27 Uhr
Eine „Blog-Krise“ kann ich auch nicht sehen. Gut, manche sagen mein Horizont sei eingeschränkt, weil ich ja eh nur auf Autos stehe. Aber sorry – eine Blogkrise? Ich hab noch nie soviele Blogs gelesen wie zur Zeit und ich habe noch nie so viele Blogger gekannt. Und alle berichten einstimmig: Steigende Zugriffszahlen.
24.01.2013 um 15:28 Uhr
Solange sich noch jeden Tag jemand auf der Suche nach „Raupe, grün, Haare, giftig“ über Google auf mein Blog verirrt, solange blogge ich weiter, auch ohne Geld zu verdienen.
Vielen nicht kommerziellen Blogs hat G+ sogar Auftrieb gegeben.
24.01.2013 um 15:57 Uhr
Ich hörte schon 2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und jetzt dieses Jahr Blogs sterben aus und und und. Kann ich nicht nachvollziehen. Ich hörte auch das letztes Jahr die Welt untergeht und was ist passiert? Genau, nichts! Blogs kommen und gehen und wenn sie nicht gestorben sind bloggen sie noch heute.
24.01.2013 um 16:01 Uhr
http://d.pr/i/3OwC
Blog vor knapp 16 Monaten gestartet. Genug gesagt.
24.01.2013 um 16:03 Uhr
na, da haben sich die dradio-leute sicher etwas von (social-media-)“experten“ zuflüstern lassen…
und: ein bisschen arroganz ist nie verkehrt. wenn du zu allem ja und amen sagen würdest, könnten wie keine interessanten blog-beiträge mehr von dir lesen, weil du dazu nicht mehr kommen würdest…
24.01.2013 um 16:21 Uhr
Hallo Robert,
wenn ich meine steigenden Besucherzahlen betrachte, dann muß ich über solch seltsame Ansichten über Blogs auch schmunzeln! ;-)
Du hast da wieder mal ein Thema angesprochen, daß mich irgendwie zu einem eigenen Artikel inspiriert. Ich nehme mal an, daß du nichts gegen einen Link zu deinem Artikel hast! Mal sehen, ob ich heute noch dazu komme.
Grüße aus TmoWizard’s Castle
Mike, TmoWizard
24.01.2013 um 17:33 Uhr
So sehr ich Blogs auch schätze: Das Beispiel mit der Modenschau geht nach hinten los und zeigt eine Schattenseite. Viele Blogs/Blogger lassen sich direkt von Unternehmen kaufen, damit entsprechende Inhalte publiziert werden. Dabei geht es nicht immer um das „sich etwas in den Block diktieren lassen“, sondern den direkten Zusammenhang zwischen Geld und Veröffentlichung. Das ist eine ganz andere Dimension als das Schalten von Werbung auf großen Seiten oder in Magazinen, das in aller Regel von anderen Personen bearbeitet/entschieden wird. Diese Trennung von Redaktion und Vertrieb (Anzeigen) fehlt den meisten Blogs
24.01.2013 um 17:38 Uhr
Wo du recht hast…
Kann es ebenfalls bestätigen mit Blick auf meine Blogs. Viel schreiben, viele gute Beiträge = mehr Traffic.
Weniger schreiben = abnehmender Traffic.
Google hilft enorm, Twitter und Facebook sind aber immer wertvoller geworden.
Schade ist nur – und das ist wirklich ein Trend der letzten zwei Jahre – dass Blogs weniger untereinander verlinken. Aber auch das scheint sich zuletzt wieder zu ändern. Gut so.
25.01.2013 um 12:34 Uhr
Sehr guter Artikel. Ich kann das auch nicht bestätigen, dass Google keine Blogs mehr mag. Und ja: Je mehr man schreibt desto größer wird die Sichtbarkeit bei Google. Das konnte ich selbst feststellen. Auch Twitter ist ein super Treiber, um Bloginhalte unters Volk zu bringen. Mit Google+ mache ich derzeit auch gute Erfahrungen, auch wenn Google+ in Deutschland noch nicht so verbreitet ist wie in den USA. UND: Bloggerrelations sollte man natürlich nicht unterschätzen.
25.01.2013 um 13:47 Uhr
Für lange Zeit galten die Blogs als tot, jetzt sind sie nur noch in der Krise. Es freut mich, wenn sich die Dinge zum Positiven verändern.
Solange meine Besucher von dieser Krise nichts mitbekommen, soll mir das egal sein.
25.01.2013 um 15:02 Uhr
Halte diese ominös prophezeite Blogkrise auch für Quatsch, vielmehr haben Blogs sich aus meiner Sicht in vielen Bereichen der Berichterstattung etabliert und/oder werden von den „klassischen“ Medien zitiert.
Von daher, du hast vollkommen Recht, Robert.
25.01.2013 um 16:59 Uhr
Blogsterben? Das ich nicht lache!!!
Ich verdiene seit 2006 meinen kompletten Lebensunterhalt mit meinem Blog. Das Haus ist seit zwei Jahren abgezahlt, habe null Euro Schulden, fahre einen bar bezahlten nagelneuen SUV mit 215 PS, alles Dank meines Blogs… Die spinnen da beim DRadio.
25.01.2013 um 18:32 Uhr
Ich sehe auch keine Krise, aber irgendwas muss man ja immer erzählen. Habt ihr schon gehört? Bei Facebook kann man sich Likes und Fans kaufen – sowas hat heute sogar für eine Bild-Titelstory und für ein Pro7 Bericht für Taff gereicht!
25.01.2013 um 23:56 Uhr
Werter Herr Basic,
einen Blog am Leben zu halten, ist nun mal nicht jedermanns Sache. Ganz gleich, welchem Thema man sich widmet, gehört Kontinuität zu einem Blog. Das müssen nicht unbedingt tägliche Einträge sein, aber es darf auch nicht der Eindruck einer verstaubten und verlassenen Wohnung entstehen. So gesehen, könnte ich mir schon vorstellen, dass Bloggen kein Massenphänomen ist wie Twittern oder Facebook-Ratschen.
Ohne zu wissen, ob sich das bei Suchmaschinen auswirkt oder nicht, glaube ich, dass der Blog schon darum eine Zukunft hat, weil er durchaus auch zum Innehalten und Reflektieren anregen kann. Bei der Vielzahl von Angeboten ist es doch klar, dass die Besucherzahlen nicht ins Unendliche steigen werden. Im Gegenteil, jeder neue Blog nimmt irgendeinem anderen Besucher ab.
Daraus eine Krise zu machen, halte auch ich für sehr „optimistisch“.
Mit freundlichem Gruß
Anton Potche
26.01.2013 um 05:46 Uhr
Ich sehe da keine Krise!
dafür aber in anderen Bereichen unseres Lebens.
Todgesagte leben immer länger.
26.01.2013 um 10:18 Uhr
Jetzt mal ehrlich: Woran liegt es, dass Artikel über die Blogszene anscheinend immer von Journalisten geschrieben werden, denen sich der Gebrauch von Suchmaschinen offensichtlich bisher nicht erschlossen hat?
29.01.2013 um 17:06 Uhr
Macht mich nicht schwach! ;-) Ich habe doch gerade erst einen neuen Blog ins Leben gerufen und meine Zahlen steigen (noch). Guter Artikel, auf den Punkt! :-)
09.02.2013 um 14:09 Uhr
Nun ich denke, es man hier nicht von Krise reden kann. Als ich vor 6 Monaten meine Blogsuchmaschine http://www.yabusco.com ins Leben gerufen habe, verzeichne ich einen stätigen Zuwachs an Blogs. Nicht nur etablierte Blogs sondern auch neu gestartete Blogs werden indexiert, was mir persönlich den Eindruck vermittelt, dass es keine Blogkrise gibt.
09.02.2013 um 15:00 Uhr
kannst Du etwas zu Anzahl der indizierten Blogs sagen?
09.02.2013 um 16:15 Uhr
Nun zur Zeit sind es etwa 4500 Blogs und etwa 80000+ Artikel und News