Es ist lange her. Ich war stolz wie Oscar, ein Teil der Deutschen Bank zu sein. Das mögen andere Mitarbeiter und Ex-Mitarbeiter für sich anders sehen. Ich sah es so für mich. Es fing schon damit an, dass ich meine Zweifel hatte, was ich Type bei der stockkonservativen Bank als Einsteiger überhaupt sollte? Würde ich da rein passen? Lauter Streber und Schleimer?
Nichts davon erwies sich als wie erwartet. Im Grunde lag es an einem Mitarbeiter, den ich während meiner Studienzeit im Rahmen eines Aushilfsjobs kennen lernte. Er arbeitete mit mir zusammen an einem Projekt. Nicht bei der Deutschen Bank. Bei einer anderen Firma. Und ich lernte ihn, seine Art, sein Wissen, seine Werte und seine Ehrlichkeit zu schätzen. Ja. Er war konservativ. Aber nicht erzkonservativ, sondern er hatte Charakter. An ihm lag es, dass ich es überhaupt wagte, bei dem damals anerkanntesten (was die Beliebtheit für Berufseinsteiger anging) Unternehmen anzuklopfen. Ich bekam den Job.
Was soll ich sagen? Ich hatte fantastische sieben Jahre. Und konnte mich austoben, so sein, wie ich bin. Ich bin kein Bänker. Das nicht. Aber ich habe genug der alten Garde kennengelernt, um zu sagen, es waren exorbitant großartige Menschen darunter, ebenso wie diejenigen, denen man ungerne die Hand schüttelte. Die gibt es überall. Kein Grund, das ganze Unternehmen zu verdammen. Im Gegenteil. Die Quote derjenigen, die Werte und Anstand kannten und kennen, die sich ohne Wenn und Aber in Arbeit stürzten, die sich für Mitarbeiter einsetzten, Fehlerkultur ohne „der andere ist schuld“ lebten, war hoch. So hoch, dass ich überrascht war. Das war meine Bank. Und ich war stolz, ein Teil davon zu sein.
Es mag sein, dass sich das mit den Jahren des Wandels änderte. Als es darum ging, die Bank zu modernisieren. Zu viele „Alte“ mussten gehen. Unsere Charakterköpfe und Träger der Deutschen Bank Kultur. Was danach kam und auch übrig blieb, erhöhte die Quote der Drückeberger, Angsthasen und Buckler. Es war gefühlt nicht mehr meine Bank. Die Wertekultur war von dannen, die mir wichtig ist, und nicht das viele Geld, das bei Weitem nicht die Relevanz für echte Mitarbeiter hat. Es gelang der Deutschen Bank imho nicht, das zu bleiben, was man einst war. Als Produkt dessen nicht umsonst das deutsche Vorzeigeunternehmen weltweit, nicht nur inländisch. So ist es kein Wunder, dass die Deutsche Bank als beliebtester Arbeitgeber in die zweite Ligaklasse abrutschte. Ich mag nicht einmal mehr schauen, wo sich die Deutsche Bank heute tummelt. Ich kann auch nicht beurteilen, ob die Zeiten des Wandels heute eine Bank erzeugt haben, wo es wieder Spaß macht. Ein Teil der Firma zu sein. Ist es so? Ich weiß es nicht.
Doch eines unserer herausragendsten Gesichter, einer unserer herausragendsten Kollegen war Prof. Dr. Norbert Walter. Den ich extrem schätzte. Für seine Klugheit. Seine Offenheit. Seine Werte. Er war nicht nur einer unserer Aushängeschilder. Er war auch einer der gefragtesten Ökonomen in Deutschland, in Europa und weltweit. Er war einer dieser Prototypen, die die Bank zu dem machten, was sie einst war. Ecke, Kante, Intelligenz, Biss, Disziplin, Werte. Das war nicht ohne Grund so. A-Team Player, kein Haufen B- und C-Team Player. Und was mir besonders auffiel: Er war kein Gesichtsloser. Er sprach von Werten und Verantwortung des Finanzsektors. Schon damals. Nicht nur, als es akut wurde. Gäbe es mehr von diesen Lichtgestalten, würden die Banken nicht unter ihrem exorbitant schlechten Image leiden.
Er verstarb leider viel zu früh. Natürlich ging und gehe ich davon aus, dass sich „meine“ Deutsche Bank dazu äußert. Ob in den News (so wie die deutsche Presse und viele, die ihn kannten und schätzten). Auf Twitter oder auf Facebook, wo die Deutsche Bank Präsenz zeigt. Doch bis jetzt sehe ich keine Reaktion.
Wenn das so bleiben sollte, habe ich keinen Grund mehr, stolz auf meine Bank zu sein. Größe kommt nicht nur von Bilanzgröße und Gewinngröße. Größe kommt von innerer Größe, einen der verdientesten Kollegen der Deutschen Bank in ihrer langen Geschichte zu würdigen. Deutsche Bank, ich höre von Euch etwas dazu? Als Ex-Mitarbeiter mache ich mir leichte Hoffnungen, dass Ihr Eure innere Richtschnur nicht vollends verloren habt. Wir, die einst ein Teil von Euch waren, ebenso die immer noch ein Teil von Euch sind, werden es registrieren.
Update: Siehe aktuellen Eintrag auf der db research Seite. Der Konzern lässt DB Research sprechen… aber der Konzern schweigt. Schwache Leistung, die einen eklatanten Mangel an Größe zeigt.
01.09.2012 um 14:58 Uhr
Jetzt habe ich auch das Facebook-Posting verstanden. Ich dachte erst: Okay, Rob ist Kunde der Deutschen Bank. Aber warum identifiziert er sich so mit dem Laden? Das passt gar nicht zu ihm. Fanboytum?!
Das Posting macht es klar.
LG vom Wannsee,
Sebastian
01.09.2012 um 15:06 Uhr
Fanboy einer Bank.. gibt es das :))
01.09.2012 um 15:15 Uhr
Ganz sicher. Kenne einige GLS-Fanboys.
10.09.2012 um 10:08 Uhr
Auch ich war einmal bei der Deutschen Bank beschäftigt, damals noch zu Zeiten Alfred Herrhausens. Dieses Gefühl, das du da beschreibst, kenne ich genau. Heute bin ich nur noch stolz und froh, früh genug die Bankenbranche verlassen zu haben und insbesondere die Deutsche Bank.
13.09.2012 um 14:34 Uhr
Hat denn jemand die aktuelle Entwicklung mitbekommen? Die beiden neuen Chefs peilen eine neue Strategie an (bspw. Halbierung des Renditenziels). Was hält der Autor davon?
15.09.2012 um 10:54 Uhr
Absurd finde ich auch die Berichterstattung zur Kehrtwende der DB unter ihren neuen Chefs, die vor ein paar Tagen mit großem medialen Echo eingeläutet wurde. Dass dahinter die Menschlichkeit steht, kann ich kaum glauben. Das ist schlicht dem größeren Sicherheitsbedürfnis geschuldet und vorauseilendem Gehorsam, um gute Argumente zu haben, wenn es um die Aufteilung von Geschäfts- und Investmentbanken geht… Was nicht heißen soll, dass es an sich eine schlechte Entwicklung wäre.
25.09.2012 um 13:50 Uhr
Also ich bin jetzt nicht bei der Deutschen Bank, aber ich habe immer mehr den Eindruck, als wenn die Deutsche Bank sich immer und immer mehr auf Gewinnabsichten fokusieren ohne dabei den sozialen Aspekt zu beachten. Man hört ja immer wieder, dass sich die Deutsche Bank an Geschäften beteiligt, die nicht gerade (ich nenn es jetzt einfach mal) menschlich sind. Wie beispielsweise das Wetten auf Nahrungsmittel usw.
Grüße
Holger
25.09.2012 um 16:11 Uhr
Meine Erfahrung (Ausbildung)
Die Ausbildung zum Bankkaufmann bzw. zur Bankkauffrau ist eine so genannte duale Ausbildung, d.h. einerseits arbeitet der Auszubildenden in verschiedenen Zweigstellen und Abteilungen andererseits wird das theoretische Wissen in der Berufsschule vermittelt. Bei meiner Bank war es so organisiert, dass ich drei Tage in der Woche in die Bank und zwei Tage in die ca. 50 km entfernte Berufsschule gehen musste. Im großes und ganzen war die Ausbildung sehr organsiert und es hat Spaß gemacht
29.09.2012 um 16:34 Uhr
Du hast recht, auch ich habe diesen Wandel bei der deutschen Bank gespürt. Zwar nicht als Mitarbeiter, aber als Kunde. Und wenn die negativen Seiten schon bei Kunden ankommen, dann sollte sich die Gechäftsführung schleuingst darum kümmern, wieder alles zum Alten zu machen.
15.10.2012 um 14:43 Uhr
Hoppla! Das ist völlig an mir vorbeigegangen! Sehr schade – er hat zwischen all den Effekthaschern und Panikmachern immer sehr unaufgeregt eine andere Optik auf den aktuellen Zustand gebracht und nachvollziehbar seine Sicht begründet.
To complete the picture….
Ja, auf jeden Fall zu früh!
29.10.2012 um 19:14 Uhr
Naja – Die Banken erfüllen immer noch einen wichtigen Zweck und wir alle sind auf diese angewiesen. Es gibt immer noch die Ausnahmen, aber diese sind zum Glück nur sehr selten.