Wir beobachten zur Zeit eine sehr spannende Entwicklung. Google hat mit Google Plus einen neuen Dienst lanciert. Mit Einführung des Dienstes pocht Google auf Einhaltung der Regel, als User Klarnamen zu verwenden. Dies hat die letzten Tage zu immer größer werdenden Diskussionen geführt. Die sich um den Punkt drehen, ob Google Usern nicht doch die Möglichkeit zugestehen sollte, Pseudonyme zu verwenden. Auf diesen Punkt möchte ich nicht abheben, ob Klarnamen gut oder schlecht sind, sondern auf etwas anderes.

Was droht dem Google Plus User, der keine Klarnamen verwendet? Eine Sperre. Was zieht aber die Sperre nach sich? So berichtet „Die Ennomane“ auf seinem Blog, dass er verpetzt worden sei, weil er ein Pseudonym auf Google Plus verwendet habe. Und Google hat nicht nur seinen Google Plus Account gesperrt, sondern alle anderen Dienste ebenso, die der User genutzt hat. Im dedizierten Fall ist der Stand der Dinge wie folgt: Die Ennomane kann Google Plus nicht mehr nutzen (lesend/schreibend), Google Buzz (lesend/schreibend) und Google Reader (schreibend) nicht mehr nutzen. Alle anderen Dienste wie Google Mail sind erst nach einem telefonischen „Entsperrungs-Procedere“ wieder nutzbar.

Andere User berichten über ähnliche Effekte, mal war nur Google Plus betroffen und weitere Dienste, mal das komplette Dienstgefüge im Googleversum.

Noch ist unklar, wenn ein User in Google Plus von Google gesperrt wird, welche Dienste konkret zusätzlich gesperrt werden und welche nicht. Update: Eine gute Übersicht der Varianten und betroffener User findet Ihr auf Yucatree.

Dies führt zum zentralen Punkt: Das Googleversum ist heute schon über die unterschiedlichsten Dienste mal mehr mal weniger ineinander verzahnt. Mit Zunahme der Kopplung unterschiedlicher Dienste wird es zunehmend undurchschaubarer für Kunden, was bei einer Sperre passiert. Zumal der Anlass für eine Sperre aufgrund der unklaren Google-Aussagen (say Support-Mails) stets sehr diffus bleibt (berüchtigte Google-AdSense/Google Ranking Sperren/Abstrafungen, hunderttausendfach diskutiert).

Google Plus ist nur ein weiterer Tropfen auf den heißen Stein. Und lässt sich hinsichtlich der Sperrproblematiken durchaus mit Facebook vergleichen. Es gibt heute einen Haufen Gründe, einfach so bei Facebook rauszufliegen (Verpetzen durch User, Verstoß gegen irgendeine der 2 Mio Richtlinien). So wirklich weiß man als Betroffener nicht, was los war. Nur, bei Facebook führt die Sperre nicht zum Entzug zahlreicher Clouddienste wie bei Google. Facebook kennt nur Facebook. Google kennt Apps, Mail, AdSense, G+, YouTube, Picasa, gar Android-Handys und und und.

Konsequenz?
Für mich leitet sich daraus ab, gerade für Google Plus einen Google-Account zu nutzen, den ich nur für G+ nutze. Wie ich jedoch meinen jetzigen Account so umswitchen soll, ist mir völlig unklar. Normalerweise würde ich die hinterlegte GoogleMail-Adresse ändern, doch das geht nicht, keine Einstellungsmöglichkeit dazu.

Für Google leitet sich daraus ein zunehmendes Problem ab. Was im Grunde wie ein Vorteil für den Anbieter aussieht, unterschiedlichste Cloud-Dienste im Sinne des Kunden zu verzahnen, kommt die Sperrproblematik immer stärker auf. Einmal gesperrt, überall gesperrt? Nur teilweise gesperrt? Wie vermittle ich das dem Kunden, wenn im Hintergrund die Unsicherheit wächst -auch über aufkommende Diskussionen im Netz-, die Unzahl an Konstellationen (als Sperranlass und -konsequenz) einfach zu groß wird?

Das, was eigentlich Google zum Vorteil gereicht -Cloud-Dienste zu koppeln, Mehrwerte zu schaffen-, könnte sich als Bumerang erweisen. Werden Kunden komplexen Cloud-Gebilden positiver oder negativer gegenüber eingestellt sein? Es muss nur das Gerücht entstehen, dass alle Dienste gesperrt werden. Und dann? Schaut Euch hierzu die öffentliche Diskussion auf Google Plus aufmerksam an. Die Problematik der verzahnten Dienste und der damit einhergehenden Unsicherheiten wird nur zu deutlich. Und es geht hierbei nicht nur um Google Plus, wenn wir von Diensten sprechen.

Wer das Problem hat, der wird spätestens dann die Nachteile des Massensupports von Google kennen lernen. Es gibt keine Nummer, wo man als Normalsterblicher einfach so anrufen und das Problem dialogisch durchkauen kann. Keine freundliche Stimme am anderen Ende der Leitung. Stattdessen Massenabfertigung-Mails von Google, automatisierte Texte, Schema-F Verfahren. Emotional gesehen ist das für verunsicherte Kunden eine Katastrophe, das verbleibende Gefühl sehr negativ. Auf Dauer? Mit jedem Kundenkilometer, mit jeder Zunahme der Nutzungsniveaus der Cloud-Dienste, wird das Supportproblem gewaltiger.

Konkret bin ich gespannt, was Google diesbezüglich unternehmen wird, wie es gerade am Beispiel von Google Plus und der Klarnamen-Problematik eindeutige Botschaften senden wird.