Es gab eine Zeit, da wurde viel über RSS gesprochen. Nicht nur, weil die Bloglandschaft am Aufblühen war. Wann das war? Ach, irgendwann zwischen 2000-2007, ungefähr. Ihr könnt Euch das anhand der RSS Geschichte in der Wikipedia ableiten. Nachdem neue Modetrends und Techniken aufkamen – Social Networks, Realtime Web – geriet das Thema RSS unter den technisch Interessierten an den Diskussionsrand.

Als Ergebnis der Diskussionen kann man jedoch festhalten, dass RSS mehr oder minder bei allen Blog-Systemen zum Standard gehört. Auch kamen und gingen RSS Reader Systeme, von denen wir heute kaum noch sprechen. Software, die es dem Leser ermöglicht, Inhalte von verschiedenen Quellen an einer Stelle aufzurufen, ohne die Webseite direkt aufsuchen zu müssen. Das klingt banal, war aber anno 2000 nicht abzusehen. Ohne eine Webseite besuchen zu wollen, hatte man damals nur die Chance, sich über ein etwaig vorhandenes Newsletter Inhalte zu abonnieren. Zahlreiche Seitenanbieter hatten kein Newsletter-System. Heute ist es fast schon ein Klacks, sich die Inhalte bequem liefern zu lassen. Einschränkung: Für diejenigen, die das wissen und wollen. Tendentiell wird man unter Medienschaffenden, PR Agenturen, Wissensarbeitern, ITlern diejenigen finden, die regelmäßig über neue Infos gefüttert werden wollen. Von der Mehrheit der Nutzerschaft kann man nicht sprechen, bis heute ist das Thema RSS immer noch ein technisches Buch mit Sieben Siegeln. Wozu man Inhalte einer Webseite abonnieren muss, ist die zentralere Frage? Ja, wozu, wenn man nicht muss, hat man eben keinen Grund. Das nur am Rande, um RSS einzunorden.

Zurück zu den RSS-Readern. Einzig und allein Google Reader hat die turbulenten Zeiten dieser technischen Entwicklung dergestalt überlebt, so dass man von einem einigermaßen etablierten und bekannten RSS Reader System sprechen kann, wenn überhaupt. Separat ein weiterer Punkt: Die „RSS Syndication“ = Tranpsorttechnik hilft zudem, Inhalte über „XML Standards“ an Informationsdienste strukturiert auszuliefern. Ob es das Befüttern von Reader-Software auf dem iPad ist (z.B. Flipboard) oder dem Admin einer Webseite in Google Webmaster hilft, Seiteninhalte bequem indizieren zu lassen („XML Sitemap“).

RSS spielt demnach welche zentrale Rolle? Es ist eine für den User unsichtbare Technik. Genau das, wofür man es gedacht hatte. Die Nebenrolle ist? Nur „very tech and info hungry user“ kommen mit RSS in Kontakt, wenn sie Readersoftware benutzen. Ich habe keine aktuellen Daten, doch die letzten mir bekannten Untersuchungen sprachen von rund 10%. 10% der Internetnutzer würden aktiv auf RSS-Software zurückgreifen. Kommen wir nach dem langen Vorwort zum eigentlichen Thema.

So stellt sich die Frage, ob man sich als Blogger allzu viele Gedanken um seine RSS Leser machen sollte? Sollte der RSS Feed speziell beworben werden? Gar, Inhalte über RSS gesondert abgebildet werden? Maßnahmen in Betracht gezogen werden, RSS Leser auf Dein Blog zu locken? Ergo? Viele Mühe um RSS? Oder RSS ohne Mühe einbauen, laufen lassen, gut ist?

Beschränken wir uns dabei auf drei Punkte: Leserschaft, Kommentierende und Sharing.

Leserschaft
Betrachten wir zunächst das Verhältnis RSS Abonnenten zu Bloglesern. Immerhin ist ein Blogleser sozusagen die Krone des Bloggens. Jemand liest Deinen Inhalt, schenkt Dir Zeit, verschafft Dir die notwendige Ehre, nimmt Dein geniales Blogdesign war, und, wenn Du Werbung eingebaut hast, klickt gar auf Deine Banner, wow! Und wenn er/sie gar kommentiert, ist es die absolute Krone der Leserschaft, waschechte VIP-Leser. Gut, für den SEO Blogger ist ein Leser nur dann ein guter Leser, wenn er/sie das Blog verlinkt. So ändert sich die Sichtweise recht schnell, je nachdem, welchen Blogger man betrachtet. Dennoch, RSS Leser zu Blogleser. Kann man aus dieser Betrachtung etwas ableiten, um unsere Fragen zu beantworten?

Kann man denn überhaupt sagen, wie viele RSS Leser = Abonnenten auf das Blog überschwappen? Schwer zu sagen, da ich kaum Statistiken dazu gefunden habe. Bemühe ich meine Google Analytics Auswertung, so spuckt es mir folgende Daten aus: Über „Google.com“ und „Google.de“-Referrals kamen 2%-3% der Besuche zustande. „Google Referrals“? Das sind die Verweise von Google-Seiten außerhalb der Google Suchmaschine. Das kann die Bildersuche sein, Google Groups und eben Google Reader. In meinem Fall kann ich annehmen, dass es sich nahezu ausschließlich um Besucher über Google Reader handelt. Setzen wir das in Relation.

Wie viele Google Reader Abonnenten spuckt das System aus? 725. Diese könnten rein theoretisch 725*24*30 Visits pro Monat erzeugen = 522.000 (1 Visit = halbstündig, bezogen auf 30 Tage und Abonnenten). Faktisch kamen laut Analytics 381 Besuche zusammen. Das kratzt an der Promillegrenze. Na ja, die Besucher kommen eben nicht jede halbe Stunde, 24/7 aufs Blog, klar. Also anders gerechnet, etwas realistischer? Wenn jeder Abonnent einmal täglich über den Reader auf mein Blog käme, wären das im Monat 21.750 Visits. In Bezug zum Wert aus Analytics (381)? Entspricht 1,75% vom möglichen Maximum. Da ich erst heute via Feedburner Google Analytics genauer messen lasse, was die Abonnenten mit meinem Feed anstellen, kann ich erst später genauere Daten ausspucken.

Was wir aber schon mal sagen können? Das Engagement der Abonnenten, das Blog direkt aufzusuchen, ist im Grunde genommen nicht nennenswert. Rein statistisch gesehen, Abonnent zu Blogbesucher. Wer sich auch immer etwas daraus erhofft, RSS Abonnenten aufs Blog zu locken, sollte auf Basis dieses geringsten Engagementverhältnisses – wenn es auch für andere Blogs gilt, wovon ich stark ausgehe – keine Pläne machen. Zurück zur Ausgangsüberlegung, was RSS ist? Richtig, eine Transporttechnik, die auch der Bequemlichkeit von Nutzern dient. Schon alleine daraus kann man ableiten, wie wohl die Quote RSS Abonnent zu Blogbesuchern aussieht. Demnach wäre eine Beschäftigung mit RSS und RSS Sonderlösungen irgendwie ineffizient? Man kann sich glücklich schätzen, Leser auf dem Blog zu haben und in einer Parallelwelt RSS Konsumenten zu beglücken, die halt eben da sind? War das die Antwort auf unsere Fragen? Im Grunde genommen ja. Wer gelesen werden will, wird entweder auf dem Blog gelesen oder via RSS, wo ist schon der große Unterschied letztlich?

Kommentierende
Wer kommunizieren will, über Kommentare, sollte das nicht mit den RSS Lesern machen, sondern banalerweise mit den Bloglesern, so easy ist das. Oder? Es kann sein, dass sich ein großer Teil der Kommentierenden – die selten genug sind – aus den RSS Lesern rekrutiert. Wenn dem so ist, schätze Dich glücklich, RSS Abonnenten zu haben. Um aber wirklich zu erfahren, wer Deiner Kommentierenden Dein Blog abonniert hat, musst Du schon fragen. Andere Methoden kenne ich nicht. Wie gesagt, wenn ein guter, spürbarer Teil Deiner Leser aus RSS-Welten kommt und (!) Du kommunizieren möchtest, macht es dann doch Sinn, sich mit RSS zu beschäftigen. Wo platziere ich den RSS Button, wie mache ich darauf aufmerksam, nicht nur via Layout und bunten RSS Bannern, auch über Artikel. Wie bekomme ich die RSS Leser häufiger dazu, ihren Reader zu verlassen, um mit mir zu kommunizieren? Baue ich die Anzeige der Kommentare auch im RSS Feed ein? Baue ich Neugier-Brücken ein? Auf dem Blog gibts was zu sehen, das man nicht in RSS sieht?

Ich könnte zwar an dieser Stelle aufhören, doch geht das schlecht. Immerhin habe ich etwas nicht dazu gesagt. Nämlich? Das Engagement der RSS Abonnenten kann man nicht allein über die Quote RSS Abonnenten zu Blogbesuchern messen. Auch nicht über das Verhältnis RSS Leser zu Kommentierenden. Da ich meine Blogleser kenne, weiß ich also, dass ich darauf hingewiesen werden würde. Was ich nicht sage und was ich sage, ist ein Unterschied. Betrachtet man lediglich eine Sache in sich, wird man auf andere Sachen hingewiesen:) Bevor das erneut passiert, ja, man kann die Betrachtung erweitern.

Sharing is Caring, is RSSing
Nehmen wir an, man sperrt RSS im Blog. Baut es aus. Verzichtet damit auf RSS Abonnenten und eine RSS-Syndikation. Was dann? Eine Mutmaßung wäre, dass RSS User williger und affiner sind, bestimmte Inhalte -darunter auch Dein Blog – nicht nur regelmäßig zu konsumieren, sondern auch mit anderen zu teilen. Warum? Wir können vermuten, dass sich RSS User aus den oben besagten „Medienschaffenden, PR Agenturen, Wissensarbeitern, ITlern“ = „very tech and info hungry user“ rekrutieren. Die zu einem Großteil auf Twitter aktiv sind. Und in Facebook. Die damit was vermutlich machen werden? Das Blog und dessen Inhalte über den Nachrichtendienst Twitter und das soziale Netzwerk Facebook Dritten angedeihen zu lassen. Weil sie angeblich nicht nur Konsumieren, sondern gerne auch die gute Tat des Teilens leben. Erschwert man diesem informations- und teilehungrigen Usertypus den Zugang zu den Blog-Inhalten über eine RSS-Sperre, erschwert man dann nicht das Verbreiten der Blog-Inhalte? Wozu den Informationsbienen des Netzes den Nektar entziehen, die Blumenwiesen voller Blogblüten?

Tja, Vermuten kann man gerne. Nur, ich kenne keine Untersuchung, die einen derartigen Zusammenhang bestätigt. Sind RSS Leser/Nutzer informationshungriger und zugleich affiner, Deine Inhalte Dritten mitzuteilen? Wenn dem so ist, gut. Man kann es annehmen. Mehr aber auch nicht. Man könnte ebenso gut ableiten, dass RSS Technik besonders faule, bequeme Menschen anzieht. Die mehr Wert auf Bequemlichkeit des Konsumierens legen. Warum sollen diese Konsum-Afficionados nun besonders Sharing-affin sein, aktiv Sharer sein, überhaupt ein Mindestmaß an durchschnittlicher Sozialbegabung aufweisen, was Bedingung für das Mitteilen von Informationen ist? Faulheit und Bequemlichkeit korrelieren nicht von Haus aus mit Mitteilungsbedürfnis. Schon mal einen mitteilsamen Mann auf der Couch liegen sehen? Nur so ein Gedanke, RSS nicht per se als das dazu sehen, was die Nutzerschaft vermeintlich angeht.

Hinzu kommt, gibt es einen Zusammenhang zwischen Blog-Thema und RSS Lesertypen? Werden IT Blogs eher RSS-iniert und geshared denn Kosmetikblogs? Her mit der Studie. Was, wenn dem nicht so ist? Was, wenn RSS User keine Teilebärchen sind? Dann bedient das Blog eben rein informationshungrige Konsumenten/Nutzer Deiner Inhalte. Die suchen Dein Blog seltenst auf. Kommentieren noch viel seltener. Ist das nun gut? Schlecht? Warum? Auch so ein Sachverhalt, auf den ich nicht eingegangen bin.

Ich
Bloggen ist was für Egomanen, subjektive Schleudern der persönlichen Meinungswelt. Heißt es. Um die Tradition hochzuhalten, gebe ich meinen Senf dazu. Ich kümmere mich nicht um RSS Leser. Mache mir keine Gedanken, wie und wo ich den gesamten RSS-Kram optimieren kann. Die RSS Leser sind da. Woher die Kommentierenden kommen, ist mir auch egal. Sie sind da. Und woher die Sharings kommen? Ich habe den Like/Tweet-Button eingebaut. Und werfe egomanisch mit Linkhinweisen auf Twitter und Facebook um mich. Und wer unbedingt ohne diese Hilfsmittelchen liken twittern, bit.ly#en möchte, schafft das schon ohne meine große Hilfe. Mir persönlich ist es egal, ob RSS User Consumer, Sharer, Liker, Linker sind. Wo ich was optimieren kann oder nicht, ist irrelevant für mich als Blogger und mein Blog. Das Engagement mit den Lesern ist für mich gut genug. Wenn ich etwas optimieren würde, dann zunächst meine Inhalteaufbereitung, meine Themenauswahl, meinen Rechercheaufwand, meine Artikelfrequenz, mein Layout. Irgendwo zum Schluss käme dann RSS. Das wäre meine Reihenfolge, ausgehend vom Prinzip „minimum input, maximum output“.

Sollte es aber Blogger geben, die sich den Kopf machen wollen, wozu und was man mit RSS anstellen kann, denen habe ich hoffentlich Hinweise gegeben, was man tun könnte. RSS zugänglicher zu gestalten. Um mehr Abonnenten zu gewinnen. Oder und auch Kommentierende. Oder, um mehr Sharer zu haben. Je nachdem, was man für sein Blog will und je nachdem, an welche Zusammenhänge man glaubt, was RSS User für Nutzertypen sind. Ich glaube jedoch nicht, dass RSS an erster Stelle steht, worum man sich den Kopf machen sollte.