Weithin wird Twitter als der Nachrichtenverbreiter schlechthin verstanden, Facebook eben mehr als mächtig große Kuschelplattform, wo das Verbreiten von Nachrichten mit dazu gehört, nicht aber im Zentrum steht. Das kann man so sehen, man kann aber auch genauer hinschauen.
Ein kleines Zahlenspiel dazu:
In den letzten 30 Tagen kamen laut Google Analytics über Twitter rund 1.000 Besucher auf mein Blog. Bei ca. 8.600 Followern.
In den letzten 30 Tagen kamen laut Google Analytics über Facebook rund 1.200 Besucher auf mein Blog. Bei ca. 1.700 Kontakten.
Der Unterschied ist ziemlich heftig. Obgleich meine Reichweite in bloßen Kontaktzahlen gemünzt auf Facebook ungleich kleiner ist, schiebt Facebook im Vergleich zu den Twitter-Followerzahlen rund 5x mal so stark.
Das lässt sich über bit.ly Links auch recht gut messen:
So hat sich die Klickrate eines Links auf Twitter auf ca. 0,5% eingependelt. Zuvor war das bei ca. 1%-2%. Die Klickrate hat sich mit Zunahme des Followerkreises fast schon linear anmutend reduziert. Kein Wunder, das System von Twitter beruht auf asymmetrischen Kontakten, auf Facebook ist ein Kontakt symmetrisch, man „folgt“ sich gegenseitig.
Zudem sollte man bedenken, dass das Filtersystem von Facebook dem von Twitter überlegen ist. Es gibt die Top-News (TopTrends auf Twitter), dann die mit Twitter vergleichbare Standard-Timeline, Kommentare (=“replies“) und Likes (=“Faving“) wie auch Shares (=“Retweeting“). In allen Belangen ist jede Funktion der von Twitter überlegen, alleine weil sie sichtbarer für Dritte sind und reichhaltiger auch mangels Beschränkung auf 140 Zeichen (Facebook Limits sind weitaus größer). Höchstens die Sharing-Funktion von Facebook setzt sich nicht genügend von Twitters Retweeting ab. Auch die Darstellung der Status-Updates ist besser gelöst, da man die textliche Information o.W. mit Bildern und Videos bestücken kann, Linkverweise auf Facebook werden wo möglich mit einem Thumbnail optisch aufgepeppt. Einzig beim Hashtagging, sprich dem Aggregieren von Informationen über Verstichwortung ist Facebook Twitter unterlegen. Das aber wird bei einem sehr populären Thema nahezu unnütz, wenn im Sekundentakt die Timeline mit neuen Tweets geflutet wird. Und, nur ein geringster Bruchteil der Tweets sind Reaktionen auf heiße Thementrends.
So werden unter dem Strich Informationen stärker wahrgenommen, besser dargestellt und auch besser gefiltert.
Jetzt nochmal zurück zur Frage, ob man wirklich Twitter als den Nachrichtenkanal im Gegensatz zu Facebook interpretieren kann? Ja, nur eben bei Weitem nicht so überlegen, im Gegenteil. Facebook spielt über den sozialen Kontext seine Muskeln aus, wenn es um die Verbreitung von Informationen geht. Auf Dauer – dabei bleibe ich – wird Twitter mangels Spielraum zu innovieren austrocknen.
20.01.2011 um 23:16 Uhr
Ich denke, dass die Stärke von Twitter in der enormen Geschwindigkeit liegt. Das hängt sicherlich mit der schon von Dir erwähnten (a)symmetrischen Möglichkeit des Folgens zusammen. Interessant in diesem Zusammenhang wäre zu erfahren, welche Themen von Twitter auf Facebook landen und umgekehrt. Zeitgleich geht es natürlich auch, jedoch gehe ich auch von der Annahme aus, dass es Menschen gibt, die auf den Kanälen nicht immer die gleichen Botschaften streuen. Und viele Nutzer haben, wie @jki schon schreibt, nicht bei beiden Anbietern einen Account – oder ergänzend, diejenigen Follower, welche ich auf Twitter habe sind nicht eins zu eins auch bei FB zu finden.
Ein weiterer Gedanke ist, dass die Themen bei FB zwar besser wahrgenommen werden, bei Twitter jedoch (ich gebe zu: je nach Berufs- und/oder Interessengruppen) eher konzentrierter in der Timeline landen können. Ich kann dann aus einer größeren Vielfalt wählen, ohne der „subjektiven Vertrauenswürdigkeit“ bei FB zu unterliegen.
Last but not least:
Es gehört häufig noch (trotz eingängiger Kürzel und Link-Shortener) eine gehörige Portion Fantasie und die Fähigkeit gute Teaser zu schreiben dazu, um in 140 Zeichen eine Botschaft für den Empfänger interessant zu gestalten. Will sagen, dass die Ansprache durchaus unterschiedliche Wege gehen kann…
Fazit:
Ich würde nicht so weit gehen, dass Twitter „austrocknen“ wird. Wohl aber – ungeachtet zukünftiger Entwicklungen – ein recht spezifisches Nutzerspektrum aufweist.
20.01.2011 um 22:25 Uhr
Moin Rob,
Twitter kann ich durchsuchen, bei Facebook habe ich das nocht nicht so gecheckt. Ausserdem gibt es immer noch Leute mit Twitter aber ohne FB account. Und bei FB gehören Kontakte zur Infofilterung (je mehr, desto verschiedenere News), bei Twitter kann man unabhängig von der Followerzahl Infos verbreiten und finden (zB über Hashtag – wie oft hat schon jmd etwas retweetet, der Dir eigentlich gar nicht folgt?).
Mit der Klickrate kann ich nachvollziehen, habe auch mehr Besucher wenn ich direkt von FB aus verlinke (jetzt bin ich auch über Deinen FB post drin :-).
20.01.2011 um 22:27 Uhr
guter Punkt mit der Suche! Stimmt.
20.01.2011 um 22:34 Uhr
@jke: Wenn man bei FB ins Suchfeld etwas eingibt und dann auf ‚weitere Ergebnisse für xxx‘ klickt, bekommt man ja die Suchergebnissseite und wählt dann dort z.B. ‚alle Beiträge‘ oder ‚Beiträge von Freunden‘, dann kommt das in etwa der Suche von Twitter gleich.
Ich weiß zwar, dass es das gibt, nutze es aber auch kaum bis gar nicht ;)
20.01.2011 um 23:38 Uhr
Ich denke mal, dass man den Statistiken nur bedingt trauen kann.
Ich würde z.B. Mal behaupten, dass unter den reinen twitter-Usern Technologien wie RSS weiter verbreitet sind als unter reinen Facebook-Usern. Vielleicht haben die twitter-user die Beiträge längst gesehen.
21.01.2011 um 02:48 Uhr
Muss Dir leider ein wenig wiedersprechen. Bei Facebook vernetzen sich Menschen vor allem aus persönlichen Gründen über ihre Profile – oder weil sie sich kennen. Bei Twitter habe ich sowohl persönliche, als auch berufliche und geschäftliche Motivationen. Twitter wird genutzt, um Informationen zu empfangen, zu verarbeitern und weiterzugeben. Ich würde die Gründe hinter den Klicks berücksichtigen – und nicht auf dumme PIs setzen.
21.01.2011 um 09:40 Uhr
Anders wird ein Schuih draus: es gibt mehr Leute, die nicht bei Twitter sind als Leute, die nicht bei FB sind ;)
21.01.2011 um 10:10 Uhr
Vor allem die Schlussfolgerung sehe ich überhaupt nicht so. Facebook ist letztlich austauschbar. Irgendwann kommt ein Netzwerk, was irgendwas neues bietet, und alle pilgern dorthin. Twitter hingegen ist eigentlich ein nicht erklärbares Phänomen (so wie SMS, da versteht noch immer kein Mobilfunk-Manager, warum die Leute das benutzen). Ausserdem macht Twitter gerade sehr viel richtig. Z.B. dass sie erwirken, die User darüber informieren zu dürfen, dass ihre Daten ans FBI rausgegeben werden müssen. Es ist stark zu vermuten, dass Facebook dieselbe Anfrage bekommen hat, von denen hat man aber nichts gehört. In der sicher nicht kleiner werdenden Informationsfreiheitsdebatte könnte das auch noch wichtig werden….
23.01.2011 um 17:57 Uhr
Sehr interessante Frage. Ich habe persönlich immer ein Problem damit, Twitter und Facebook zu vergleichen. Die beiden Tools sind dafür mMn zu verschieden, aber gut – theoretisch kann man ja auch die Vor- und Nachteile eines Wohnmobils mit allem Zipp und Zapp und einem aufs absolut wesentliche reduzierten aber höchst leistungsfähigen 911 GT2 vergleichen.
Mir ist auf unserer Social Media Tour http://www.ori10k.de die ich im Sommer unternommen habe im direkten Vergleich vor allem eines aufgefallen:
Die Menschen auf Twitter sind VIEL kommunikativer und offener als auf Facebook. Ein Web-Designer, den wir in Lodz getroffen haben, brachte es auf den Punkt:
Twitter ist die hippe Bar, in der alle irgendwie auf einer Wellenlänge sind, während Facebook eher die Fußgängerzone ist, in der man sich nicht unbedingt von jedem anquatschen lassen will.
Versuchts mal:
Macht in einer Stadt Eurer Wahl den Vorschlag sich auf ein Bier / Kaffee zu treffen. Einmal auf der Facebook-Fanpage der Stadt und sprecht die ersten 10 Leute dort an. Dann macht das gleiche mit der Twitter Umgebungs-Suche.
Meiner Erfahrung nach wird die Treffer(n)-Quote bei Twitter-Nutzern um ein Vielfaches höher sein. Die Menschen dort sind eher bereit zu kommunizieren, wären sie bei Facebook eher ihre Ruhe haben wollen.
Was Facebook neben einer thematischen Suchfunktion nach vorne bringen würde, wären Rankings wie „Die Einträge mit den meisten likes in den letzten 24 Stunden, Tagen, Wochen“ oder eine Liste aller meiner eigenen Likes vgl. den Favoriten bei Twitter.
Twitter hingegen sollte sich endlich mal Gedanken über wirklich innovative und spannende Werbeformen machen, dann würden die auch langfristig Geld verdienen. Ich hoffe nicht, dass irgendein Manager dort auf die Idee kommt, das große Feature-Fucking vom Zaun zu brechen.
26.01.2011 um 11:19 Uhr
Diese Berechnung ist ziemlicher Unsinn. Sie basiert auf der Auswertung eines einzigen Twitter-Accounts. Dabei hängen die Klickraten bei Twitter extrem davon ab, wie man den Account nutzt. Ich habe zwischen 3% der Follower bis hin 35% Klickraten pro gepostetem Link. Was der Unterschied ist? Auf letztem Account sortiere ich Spamfollower aus, poste nur jeden zehnten Tweet einen Link und interagiere viel mit einen Followern, die ich alle wahrnehme. Soll heißen: Die Klickrate hängt sehr davon ab, wie sehr man Twitter als reinen Trafficgenerator benutzt, oder: Jeder bekommt die Follower, die er verdient.
26.01.2011 um 11:25 Uhr
klar, kann man nicht einfach so von einem Twitter-Account ausgehen. Als einen möglichen Anhaltspunkt. Ich habe daher Wert auf den Funktionsvergleich gelegt, nicht um die Daten zu belegen, sondern es als Aufhänger benutzt.
02.02.2011 um 10:22 Uhr
Interessante Statistik, bei mir ist es fast genau umgekehrt mit dem rücklauf von Twitter und Facebook :-)