es ist weltweit durch die Presse und das Netz gegangen: Nachdem Goldman Sachs und Digital Sky Technologies rund 500 Mio USD in Facebook gepumpt haben, wird Facebooks Marktwert nunmehr auf 50 Mrd USD geschätzt (siehe NY Times).

Facebook ist das weltweit meistbesuchte soziale Netzwerk mit angeblich 600 Mio Mitgliedern, ein großer Teil sei davon regelmäßig aktiv (so in D, wo von rund 14 Mio Mitgliedern ca. 10 Mio einmal täglich reinschneit). Die ganzen Zahlenwerke dazu könnt Ihr Euch in der FAZ anschauen. Festzuhalten bleibt, dass Facebook weiterhin anscheinend rasant wächst, angeblich habe es in den USA Google als meistbesuchte Seite mittlerweile sogar abgelöst.

Über die Einnahmen weiß man nichts Objektives, da Facebook selbst keine Geschäftszahlen offiziell publiziert. Inoffiziell wird gemutmaßt, wenn man Google nach Quellen bemüht, dass Facebook 2009 rund 800 Mio USD umgesetzt habe, 2010 soll man sogar bis zu 2 Mrd USD verdient haben, was mehr wäre, denn damals Google im gleichem Unternehmensalter verdient hat. Update: Mittlerweile sind offizielle Facbeook-Zahlen an die Öffentlichkeit gelangt. Kurz: Facebook macht im Altersvergleich mit Google zwar etwas weniger Umsatz, unter dem Strich bleibt aber mehr kleben (=> Umsatz Google > Facebook / Gewinn Facebook > Google).

Wie kommt man eigentlich trotz aller Eckdaten auf diese höllische Bewertung von 50 Mrd USD? Das „Verfahren“ ist sehr grob: Man kann die privat gehandelten Anteile von Facebook auf Basis der Verkaufspreise hochrechnen oder aber man nutzt Deals wie Goldman Sachs, um aufgrund dieser Investitionsanteile den Marktwert zu schätzen. Soweit schon mal besser als nichts.

Dennoch, was würde diese hohe Bewertung rechtfertigen, die eBay und Yahoo – zwei etablierte, aber wankende Unternehmen – übersteigt?

1. Investoren haben ein starkes Interesse, ihre in Facebook gepumpten Gelder hoch zu verzinsen. Sie sind bestrebt, ihre Anteile zu einem höheren Wert wieder loszuwerden. Heißt? Sie setzen alles dran, dass sich der geschätzte Marktwert erhöht. Unternehmen wie Goldman Sachs oder auch Microsoft sind dazu durchaus in der Lage, Signale zu setzen. Es ist eine Mischung aus Zockerei und ökonomisch kalter Logik. Und natürlich orientieren sich Marktteilnehmer an den bisher ausgehandelten Preisen. Die in der Phase des projizierten Wachstums eines Unternehmens eher nach oben denn nach unten tendieren.

2. Das rasante Wachstum von Facebook weckt Hoffnungen, dass Facebook nicht nur ein temporäres Trugbild ist, sondern einen nachhaltigen Platz im Netz findet. Angesichts der immer weiter um sich greifenden Vernetzung von Facebook Usern und der Popularität von Social Networks in ausnahmslos allen Ländern weltweit scheint dies keine bloße Annahme zu sein. Social Networks scheinen im kulturellen Habitus der Gesellschaften verankert zu werden. Wenn man das so sagen kann, wenn etwas zu einer ehernen Gewohnheit der Kommunikation wird, so ist es naheliegend, dass die Marktführer mit hohen Bewertungen beglückt werden (siehe oben hohe Aktivierungsquote der User).

3. Eng damit zusammenhängend ist die Funktion eines Social Networks tragender Bestandteil der Bewertung. Wenn Menschen auf einem Platz zusammenkommen, um sich auszutauschen und miteinander zu interagieren, liegen im gleichen Atemzug ökonomische Nutzeffekte nahe. Angefangen bei der klassischen Platzierung von Werbung, über eigene Facebook Präsenzen als Anziehungspunkte für Kunden bis hin zur zunehmenden Empfehlungskraft der Konsumenten zum Nutzen ökonomischer Güter (und damit dem Kauf). Jüngst kamen Hoffnungen auf neue Einnahmepotentiale auf, die mit der Einführung von Facebook Places zu erklären sind (lokale Werbung sei das große Ding schlechthin, etwas, wonach Google schon lange schielt = ein Großteil des BSP einer Ökonomie wird lokal geschaffen). Ergo? Je größer ein derartiger Platz wie Facebook wird, umso größer werden einerseits die Hürden für Konkurrenten (Markteintrittsbarrieren) und umso größer auch die Mehrwertschöpfung selbst.

4. Ein Vergleich mit Google hinkt, dennoch ist er durchaus erlaubt. Immerhin bietet Google einen recht simplen Ansatz: Hieve die schiere Menge von Informationen im Netz, sortiere sie und biete den Menschen daraus einen hohen Nutzen. Menschen haben den Wert schon lange erkannt, informiert zu sein. Doch nicht nur Google beherrscht dieses Geschäft. Auch andere kann man ohne Weiteres in diesem zentralen Bereich menschlicher Bedürfnisse sehen: Facebook bzw. Social Networks generell. Überall da wo sich Menschen austauschen, werden mitunter wertvolle Informationen transportiert, die natürlich in Teilen ökonomisch relevant sind. Ob es nun der Hinweis auf eine tolle Werbung ist, ein doofes Restaurant, ein klasse Produkt, what ever. Wir wissen, dass Informationen per se ein wertvolles Gut sind, das bewertbar ist (Börsen funktionieren und bewegen Unsummen von Werten ausschließlich nach dem Informationsprinzip). Im Punkt 3. sprach ich von „Empfehlungskraft“. Das ist jedoch nur ein Teil der Gesamtheit an bewertbaren und ökonomisch wertvollen Informationen. Es ist übrigens in meinen Augen anzunehmen, dass persönliche Informationsübermittlung (No.1 bei Empfehlungen) zunehmend durch digitale Informationsübermittlung ersetzt wird, was die Empfehlungswertigkeit als solches angeht.

Der andere Teil der geschaffenen Informationswerte ist die Effizienz des Informationsflusses selbst. Wenn Menschen zunehmend lernen, sich auf digitalen Wegen vernetzt auszutauschen, werden Informationsflüsse immer schneller aber auch gezielter vom Sender zum Empfänger weitergereicht. Man kann diesen steten Lernvorgang nicht hoch genug bewerten. So wissen wir aus den Wirtschaftswissenschaften schon lange, wie immens wichtig Informationsflüsse für Märkte sind. Wichtiger noch als verkehrslogistische Infrastrukturen, die mit immensen Investitionen bewertet und geschaffen wurden. Facebook steht heute im Zentrum dieser Entwicklung. Was liegt näher, denn Facebook schon alleine aus diesem Grund eine hohe Bewertung zuzugestehen? Es spielt dabei nicht einmal so sehr eine Rolle, wie und was Facebook als Mittelsmann und technischer Träger dieses Informationsflusses daraus macht, um Werte zu schöpfen und schaffen (selbstredend, oben daher nicht erwähnt, dass die Grundlage des Ganzen auf Facebooks Know How basiert, Datenprofile zu erstellen und zu verstehen). Es spielt vielmehr eine Rolle, dass Marktteilnehmer Facebook diese potentielle Wertschöpfung zutrauen.

Ob nun Facebook 50 Mrd USD wert ist, mehr oder weniger, ist an sich lediglich ein Spiel des Marktes. Im Moment beobachten wir eine Summe aus Hoffnungsprojektionen, die man untermauern, ebenso falsifizieren kann. Jedoch, die Hoffnungsträger dominieren zur Zeit. Das wird sich bis zum Börsengang von Facebook nicht ändern. Und auch nicht ändern, solange keine neue Anwendungsklasse entsteht, die das System Social Network ersetzen könnte. Momentan ist das nirgends in Sicht, was im Netz Chancen hätte, derart vielen Menschen einen adäquaten Nutzen zu versprechen und Anbieter wie Facebook vergessen ließe. Wie auch, ein soziales Netzwerk bildet digital soziale Verhaltensweisen ab. Das geht nicht „weg“, da wir Menschen sozial ticken.