Im Zuge der Novellierung des JMSTV wurde nebst einigen weiteren Aspekten auch der Punkt „brauche ich jetzt einen Jugendschutzbeauftragten“ diskutiert. Ich habe mir dazu einige Infos durchgelesen, was wohl das neue JMSTV 2 mit sich bringt. Die folgenden Schilderungen sind natürlich keine Rechtsberatung, dazu fragt Euren RA, ich interpretiere das aus meiner Sicht. Übrigens, das JMSTV 2 hängt mir zu den Ohren raus, aber was solls, viele Blogger haben Fragen, bringen wir es langsam zu Ende, gehen wir also das Thema JSB durch. Die ganze Sammlung meiner JMSTV-Artikel findet Ihr über das Tag „ihr wisst schon welches„.

Schauen wir uns zunächst den Wortlaut des JMSTV 2 dazu an (Neues gegenüber JMSTV 1 ist fett markiert):

§ 7 Jugendschutzbeauftragte

(1) Wer länderübergreifendes Fernsehen veranstaltet, hat einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen. Gleiches gilt für geschäftsmäßige Anbieter von allgemein zugänglichen Telemedien die entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte enthalten, sowie für Anbieter von Suchmaschinen.

(2) Anbieter von Telemedien mit weniger als 50 Mitarbeitern oder nachweislich weniger als zehn Millionen Zugriffen im Monatsdurchschnitt eines Jahres sowie Veranstalter, die nicht bundesweit verbreitetes Fernsehen veranstalten, können auf die Bestellung verzichten, wenn sie sich einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle anschließen und diese zur Wahrnehmung der Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten verpflichten sowie entsprechend Absatz 3 beteiligen und informieren.

(3) Der Jugendschutzbeauftragte ist Ansprechpartner für die Nutzer und berät den Anbieter in Fragen des Jugendschutzes. Er ist vom Anbieter bei Fragen der Herstellung, des Erwerbs, der Pla nung und der Gestaltung von Angeboten und bei allen Entscheidungen zur Wahrung des Jugendschutzes angemessen und rechtzeitig zu beteiligen und über das jeweilige Angebot vollständig zu informieren. Er kann dem Anbieter eine Beschränkung oder Änderung von Angeboten vorschlagen. Der Anbieter hat wesentliche Informationen über den Jugendschutzbeauftragten leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten. Sie müssen insbesondere Namen, Anschrift und Daten enthalten, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihm ermöglichen.

(4) Der Jugendschutzbeauftragte muss die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde besitzen. Er ist in seiner Tätigkeit weisungsfrei. Er darf wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht benachteiligt werden. Ihm sind die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Sachmittel zur Verfügung zu stellen. Er ist unter Fortzahlung seiner Bezüge soweit für seine Aufgaben erforderlich von der Arbeitsleistung freizustellen.

(5) Die Jugendschutzbeauftragten der Anbieter sollen in einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch eintreten.

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§ 24 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Anbieter vorsätzlich oder fahrlässig
….

10. entgegen § 7 Abs. 1 keinen Jugendschutzbeauftragten bestellt,

11. entgegen § 7 Abs. 3 Satz 4 und 5 nicht die wesentlichen Informationen über den Jugendschutzbeauftragten leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar hält,

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden.

(4) Zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die zuständige Landesmedienanstalt.

Wann braucht man wohl einen JSB?
Antwort: „für geschäftsmäßige Anbieter von allgemein zugänglichen Telemedien die entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte enthalten„.

Geschäftsmäßig?
Die Frage ist nun, was ist ein geschäftsmäßiger Anbieter von allgemein zugänglichen Telemedien? Ist das ein Blogger überhaupt, ein Blogger mit einem mickrigen AdSense-Banner und 10 Euro Monatseinnahmen, ein Freiberufler, der über seinen Job bloggt, ein Blogger, der zwischen 0 und 1 Mio Euro im Monat verdient, ein Blogger, der abwechselnd privat und beruflich schreibt? Ich kann diese Frage bisher für mich nicht klar beantworten.

Das Dumme ist, dass das Wörtchen „geschäftsmäßig“ für eine große Rechtsunsicherheit sorgt. Speziell im Sinne des sogenannten Telemediengesetzes §5. Siehe hierzu die Wikipedia. Manche versuchen den Begriff „geschäftsmäßig“ auf die reine Definition der Nachhaltigkeit zu begrenzen, während Logiker und Pragmatiker argumentieren, dass damit eben nicht private Anbieter gemeint sind, sondern eigens beispielsweise Organisationen wie Museen und NGOs ohne Gewinnerzielungsabsicht & Erwerbscharakter vom Gesetzgeber inkludiert werden sollten. Wie dem auch sei, ich halte mich an die Interpretation, dass es sich ums liebe Geld dreht.

Wer ist also geschäftsmäßig unterwegs?
Ich würde – aufgrund bestehender Urteile von Gerichten / ich erspare Euch jetzt die Auflistung der zahlreichen Quellen – stark davon ausgehen, dass es sich um Blogger handelt, die ganz klar aus gewerblichen Gründen heraus bloggen. Dazu gehören für mich eindeutig Blogs wie MyDealz, Netzwertig oder das LawBlog.

Was ist mit Bloggern, die von Freiberuflern betrieben werden und abwechselnd privat und geschäftlich bloggen? Spreeblick? Bildblog? Whudat? Was ist mit den Bloggern, die ihr Misch-Blog von ihrer eigentlichen Geschäftsdomain getrennt haben, über eine unterschiedliche Domain? Schulterzucken. Ich weiß es nicht!

Was ist mit Bloggern, die Angestellte sind, jedoch ihr Blog als Hobby betrachten und ein „mickriges“ Banner platziert haben, und damit die typischen 1-100 Euro/Monat einkassieren? Ihr primärer Antriebsgrund sei nicht das Erzielen von Einnahmen, auch nicht ihr sekundärer und tertiärer. Schulterzucken, ich weiß es nicht!

Was ist mit Bloggern, die rein und klar aus privaten Gründen betrieben werden, demnach keine geschäftlichen Inhalte noch Banner zu finden sind? Hier würde ich sagen, dass kein vernunftbegabter Richter den Passus „geschäftsmäßig“ zu Ungunsten dieses Privatbloggers auslegen würde. Denn das hieße, dem Blogger unverhältnismäßig hohe Kosten aufzubürden. Gesetze und deren Auslegung unterliegen Gott sei Dank im deutschen Rechtsstaat stets einer Abwägung.

Nachdem das geschäftsmäßige geklärt ist, befassen wir uns doch mal mit „jugendgefährdenden und entwicklungsbeinträchtigenden Inhalten“.
Hierzu möchte ich Euch bitten, dass Ihr Euch den Artikel zum Beschwerdeweg anschaut, der die Abmahngefahr durch Abmahnzocker für Privatblogger aufzeigt. Dort liste ich auf, was darunter fällt. Denn nur wenn diese Bedingung 2 (Bedingung 1: „geschäftsmäßiges Angebot“) „jugendgefährdend oder entwicklungsbeinträchtigend“ erfüllt ist, braucht einen JSB. Sprich, die meisten, kommerziellen Blogger werden keinen brauchen, das ist recht klar, rein aus meiner Erfahrung über die Inhalte, die geboten werden.

Das Problem ist weniger der Begriff „jugendgefährdend“, sondern eher der schwammige Begriff „entwicklungsbeeinträchtigend“. Der Gesetzgeber hat mit voller Absicht diesen Gummi-Paragraphen seit 2003 drin, denn er möchte damit aussagen, dass die Definition den vorherrschenden Werten der Gesellschaft obliegt. Na klasse, bescheuerter geht es nicht einerseits, andererseits muss man es begrüßen, dass nicht alle Gesetze bis ins Kleinste in unser Leben regelnd greifen sollen.

Heißt? Es ist für Laien wie uns im Zweifelsfalls kaum zu beurteilen, ob wir „entwicklungsgefährdende Inhalte“ anbieten und damit Kinder erschrecken, ängstigen, zu Killern ausbilden. Heißt? Es ist zum Kotzen, wenn man entscheiden muss, ob man einen Jugendschutzbeauftragten („JSB“) braucht. Ok, eventuell ist das nicht so wild, schauen wir etwas weiter.

Was kostet denn ein JSB?
Das hängt davon ab, ob man sich der FSM anschließt. Minimum kostet der Spaß 4.000 Euro Jahresbeitrag. Dann bestellt das FSM einen JSB. Oder? Man schnappt sich eines der Angebote aus dem Netz. So bin ich auf folgende Anbieter gestoßen, die ich jedoch nicht beurteilen kann.

1. Jugenschutz.net preist sein Angebot mit „ab 9,90 Euro/Monat“ an. Zu den Leistungen gehört offensichtlich die Erlaubnis, den Anbieter als JSB ins eigene Impressum eintragen zu dürfen und auch ein -vermutlich- flüchtiger Check der Webseite
2. JS-Beauftragter.de fängt mit 4,88 pro Domain und unterschiedlichen Laufzeiten an. Inkludiert ist ebenfalls eine Nennung im Impressum und eine „Erstprüfung“. Mir gefällt JS-Beauftragte.de aufgrund der sehr sachlichen und informativ gehaltenen FAQ sehr gut und schlägt die meisten Anwaltsseiten, die sich hierzu anbieten, mit Abstand (die machen mangels Infos einem nur Angst, finde ich völlig beknackt diese Methodik)!
3. Nicht unerwähnt möchte ich Erotik-Jugendschutz.de lassen, die u.a .eine Sichtung des Inhaltes für 19,90 anbieten. Wie gut die Sichtung ist und ob man sich darauf verlassen kann? Tja, ich weiß es nicht.

Ich kenne kein Ranking von JSB-Anbietern. Weiß jemand mehr?

Kann denn jeder ein JSB werden?
Also Euer gefälliger Freund und Kumpel? Nope, sich in die Gefahr zu Mauscheln zu begeben, ist unnötig. Ein JSB sollte sich laut KJM und Jugendschutz.net (beiden wichtigsten Behörden bei JMSTV-Ahndungen) aber auch laut FSM „auskennen“. Die haben dazu schon einige, ausführlichste (!) Schreiben verfasst, worauf es ankommt. Also lasst es einfach mit dem Schummeln. So hoch sind die Kosten zur Bestellung eines JSB wie man sieht nicht. Wozu mauscheln?

Soweit dazu, als Nächstes werde ich die KJM/das Jugenschutz.net aber auch JS-Beauftragte.de interviewen, was den JSB angeht. Stay tuned.

Wo wird der JSB auf der Webseite genannt?
Die zahlreichen Beispiel zeigen mir, dass sich eine Platzierung im Impressum etabliert hat, seit 2003 übrigens. Welche Angaben notwendig sind, entnimmt Ihr oben dem Gesetz.

Zusammengefasst
Es gibt Anbieter, für für recht laues Geld Erstprüfungen anbieten. Daraus könnt Ihr ableiten, ob Ihr einen JSB benötigt. Wenn Ihr ganz sicher gehen wollt, schnappt Euch einen Anwalt Eurer Vertrauens für eine Überprüfung. Wenn Ihr denn einen wirklich braucht, hört nicht auf das jammernde Gequake der Angstmacher, dass man sich unbedingt der FSM für 4.000 Euro/Jahr anschließen muss. Das ist Bullshit! Greift auf einen der Anbieter im Netz zurück, die günstig genug sind und damit Eure Erstpflichten abdecken. Tauscht Euch aus, wer als JSB Eurer Meinung nach gut ist, seit smart und helft Euch untereinander. Die meisten halb- und vollkommerziellen Blogger werden sich einen JSB schenken können, da ihre sachlich gehaltenen Fachtexte sowieso keine JSB-Bestellungspflicht nach sich ziehen.