es geistern leider – nur zu verständlich – Unsicherheiten bei der Bestellung des Jugendschutzbeautragten herum. So sagt zB Udo Vetter:
Ganz untätig bleiben können Blogger aber nicht, sollte der JMStV am 1. Januar 2011 in Kraft treten. Wer nicht nur auf rein privater Ebene ins Internet schreibt, muss einen Jugendschutzbeauftragten nennen und eine E-Mail-Adresse angeben, über die der Beauftragte schnell erreichbar ist. Der Jugendschutzbeauftragte soll zwar die nötigen Fachkenntnisse haben. Das bedeutet aber nicht, dass er hierfür eine besondere Fortbildung nachweisen muss. Jeder Blogger, der sich die Fachkenntnisse zutraut (und wer tut das nach Lektüre dieses Beitrags nicht?) kann demnach sein eigener Jugendschutzbeauftragter sein.
Ich bin kein Rechtsverdreher, aber imho ist das nicht ganz richtig, was Udo sagt. Im Gesetzesentwurf steht unter „§7 Jugendschutzbeauftragte“ folgendes:
Wer länderübergreifendes Fernsehen veranstaltet, hat einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen. Gleiches gilt für geschäftsmäßige Anbieter von allgemein zugänglichen Telemedien die entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte enthalten, sowie für Anbieter von Suchmaschinen.
Ich habe häufig gelesen, dass es zB für Blogger mit Werbebannern zu einem Zwang führe, einen Jugendschutzbeauftragten zu benennen. Der übrigens laut Entwurf im §7.3 mit genauen Anschrifts- und Kontaktdaten auf der Seite zu benennen ist. Das Erstere ist falsch, das Zweitere richtig. Blogger mit Werbebannern sind meiner Meinung nach zwar geschäftsmäßige Anbieter, jedoch mitnichten automatisch Anbieter von „entwicklungsbeeinträchtigenden oder jugendgefährdenden Inhalten“. Wenn ein Blogger gar kein geschäftsmäßiger Anbieter ist? Das stellt sich noch einfacher dar: Er braucht gar keinen Beauftragten, selbst wenn er „gefährliche“ Inhalte einstellt. So liest sich das Gesetz bzw. der Entwurf.
Ergo: Auch hier gilt ähnlich wie bei der Alterskennzeichnung, dass die meisten Blogger keinen Beauftragten benennen müssen. Das mag was anderes für Pornoblogger mit geschäftmäßiger Anmutung sein.
Ich weiß leider nicht, woher die Vermutung stammt, dass alle einen derartigen Beauftragten benennen müssten, noch weiß ich, warum ein Rechtsexperte wie Udo Vetter die gleiche Gerüchteküche schürt. Ich gehe davon aus, dass er einer Falschinformation aufgesessen ist.
01.12.2010 um 15:13 Uhr
Ich lese mich gerade mal etwas in das Thema ein, da man ja nicht völlig blauäugig in sowas rein laufen sollte aber anscheinend ist es etwas wie mit dem Impressum, viele Infos und schwer zu beurteilen was korrekt ist und was nicht, solange es kein direktes Urteil dazu gibt.
01.12.2010 um 15:44 Uhr
OK. So ähnlich hatte ich es auch gelesen (verstanden), aber wiederum bei Udo und auch auf anderen Blogs/Infoseiten anders gesehen. Ich selber bin auf jeden Fall meilenweit von jugendgefährdenden oder entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten entfernt. Um ganz sicher zu gehen, überlege ich mir aber dennoch, alle Werbebanner zum 31.12. lahm zu legen und dann mal abzuwarten, was sich in der Bloggerlandschaft ergibt.
01.12.2010 um 20:13 Uhr
HI Robert,
hast Du schon irgendwelche Infos, wie normale Unternehmen mit dem JMStV umgehen sollten? Habe mich da ein paar Stunden lang durchgelesen aber ein endgültiges Ergebnis hat sich mir nicht erschlossen. Muss ich als Betreiber einer Unternehmens Homepage eine Altersverfügbarkeit angeben? Werde ich durch Filtermechanismen herausgefiltert, wenn ich keine Alterskennzeichnung für meine Unternehmens Homepage habe? Besteht überhaupt jetzt schon Handlungsbedarf, weil das Gesetz noch garnicht „durch“ ist? Wie sollten sich Unternehmen verhalten, die in keinster Art und Weise jugendgefährdende Inhalte im Netz anbieten?
Aus meiner Sicht bisher alles Panikmache und noch mehr Bürokratisierung, die mal wieder exakt bei unseren Landesgrenzen aufhört zu funktionieren.
02.12.2010 um 18:17 Uhr
Deine Interpretation, dass wer keine „entwicklungsbeeinträchtigenden oder jugendgefährdenden Inhalte“ anbietet, auch keinen Jugenschutzbeauftragten haben muss, finde ich schlüssig.
Was jedoch die „Geschäftsmäßigkeit“ angeht… ich bin ebenfalls kein Anwalt, aber beim Thema Impressum, wo „Geschäftsmäßigkeit“ ja auch relevant ist bin ich bis jetzt immer von folgender Erklärung ausgegangen (siehe http://www.bahnhof-hamburg.de/impressum.html):
„Doch hier muß klar unterschieden werden zwischen den beiden Begriffen „geschäftsmäßig“ und „gewerbsmäßig“. Der Begriff „gewerbsmäßig“ trifft auf eine Tätigkeit in der Tat erst dann zu, wenn mit ihr Geld erwirtschaftet werden soll (Gewinnerzielungsabsicht). Der Begriff „geschäftsmäßig“ aber bezeichnet sämtliche Tätigkeiten, die ernsthaft betrieben werden und die nicht nur vorübergehend sind (nachhaltige Tätigkeiten).“
Dies deckt sich mit der Definition in TKG §3, Punkt 10 (http://www.gesetze-im-internet.de/tkg_2004/__3.html):
“ „geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ [ist] das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht.“
Demnach erfüllt also eigentlich jedes Blog das Kriterium der „Geschäftsmäßigkeit“, unabhängig davon ob man Ads schaltet oder nicht. Mir ist klar, dass der JMStV nicht das TKG ist, aber da beide im selben Themenfeld operieren und der JMStV, soweit ich weiß, keine eigene Definition von „geschäftsmäßig“ enthält, halte ich es für äußerst wahrscheinlich, würde ich erstmal von der TKG-Definition ausgehen.
02.12.2010 um 18:31 Uhr
guter Punkt, aber siehe hier besser
http://www.realname-diskussion.info/webimp.htm
02.12.2010 um 23:32 Uhr
„Ich bin kein Rechtsverdreher“ aber dennoch maßt du dir an, einen Rechtsanwalt falsches Verständnis zu unterstellen?
Das klingt jetzt angriffslustiger als es eigentlich soll, aber ich bin an dieser Stelle irgendwie hängen geblieben… ;)
Meinem Verständnis nach hast du als Laie lediglich eine andere Interpretation des jmstv als ein Rechtsanwalt. Nichts für ungut, aber da traue ich einem Anwalt mehr zu.
Das mit dem „eigenen Jugendschutzbeauftragter sein“ schließt sich in deinem Zitat aus dem jmstv auch gar nicht aus.
Interessant bei diesem Thema ist auch der kurze Beitrag der Anwaltskanzlei Ferner, wo es eher nüchtern und locker aber ebenso schlüssig aufgefasst:
http://www.ferner-alsdorf.de/2010/11/jmstv-versuchen-wir-es-mal-mit-verfassungskonformer-auslegung/wettbewerbsrecht/strafrecht/rechtsanwalt/verkehrsrecht/
03.12.2010 um 00:06 Uhr
@ds, Logik muss nicht unbedingt mit Recht etwas zu tun haben, das lernt man schnell an der Uni in Rechtsvorlesungen, wie dem auch sei, die Annäherung an diesen o.g. Passus basiert auf Logik: Lesen des Wortes und Hinterfragen nach Ausschlussprinzip, was es nicht heißen kann, zB wegen Unzumutbarkeit, einem Rechtsprinzip (ist es zumutbar, dass jeder Publizierende…)=
03.12.2010 um 18:34 Uhr
Geschäftsmäßig handelt ein Diensteanbieter, wenn er Teledienste aufgrund einer nachhaltigen Tätigkeit mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht erbringt.
Gewinnerzielungsabsicht = Gewerbemäßig
Geschäftsmäßig = Regelmäßig
Nachhaltig = „Kann man auch in 3 Tagen noch sehen“
Irritierend ist die Erwähnung des „privaten Gelegenheitsgeschäftes“ in Verbindung mit einem Handel. Das Gelegenheitsgeschäft bezieht sich allerdings auf das unregelmäßige (ab und zu mal), nicht auf den Handel.