2.0 ist ja fast schon aus der Mode gekommen, heute muss alles Social Media Bla heißen. Ich verwende dennoch diesen Begriff, um zu verdeutlichen, dass wir im deutschen Netz seit rund drei/vier Jahren keine Newcomer mehr verzeichnen, die sich zu einer großen, massentauglichen Nummer entwickelt haben und den Geist user-getriebener Services atmen.
Gehen wir hierzu die Liste der Platzhirsche 2.0 durch und schauen auf das Gründungsjahr:
2003: Xing (mit dem Namen OpenBC an den Start gegangen)
2004: Fehlanzeige
2005: StudiVZ, Lokalisten
2006: WKW, Sevenload, MyVideo, Qype
Wo sind nach 2006 Newcomer aufgetaucht, die in meinen Augen das Zeug für Großes haben?
2007? Fehlanzeige.
2008? Fehlanzeige*.
2009? Fehlanzeige.
2010? Fehlanzeige.
* (Man könnte zwar schülerVZ und meinVZ nennen, aber es handelt sich um reine Produktkopien und ist mir daher nicht eigenständig genug.. say „ich bin subjektiv“ :)
Schaut man sich die großen Nummern an, stellen wir schnell fest, dass es sich um 4+2 Social Networks, 2 Videoportale und ein Bewertungsportal handelt. In den beiden erstgenannten Bereichen dominieren US-Firmen den deutschen Markt (YouTube und seit 2009 Facebook nach einem harten Rennen mit WKW und VZ). Obgleich der Markt gesättigt erscheint, ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange für modernere Produkte in diesen Kategorien erreicht. Natürlich werden nun Marketingfans was von Bekanntheit und Markteintrittsbarrieren schwadronieren, doch Innovation hat Marketing immer geschlagen, wenn das Produkt ein neues Nutzungslevel erreicht.
Ich bin der Meinung, dass es in diesen beiden Produktkategorien Chancen für Newcomer gibt. Alleine ein neues Xing hätte exzellente Chancen. Den Markt hat Xing und das VZ-Konglomerat zusammen mit Facebook und LinkedIn kundenseitig eröffnet, zudem kennen die Kunden diese Produkte und wie man sie bedient. Die Phase – bis rund 2005 – ist nun vorbei, wo man ein Netzwerk erklären musste. Einerseits gibt es zahlreiche Kunden, die weder Xing noch LinkedIn aus vielerlei Gründen mögen, andererseits haben sie klare Vorstellungen, was anders sein müsste. Zudem hat sich die Technik im sozialen Bereich weiterentwickelt, so dass eine neue Xing-Firma auf Basis der Kundenbedürfnisse und Innovationen einen prima Start hinlegen könnte.
Im general interest Bereich der Social Networks beobachten wir eine Zunahme der Silver Surfer, die mit Facebook, VZ und WKW mit Sicherheit nicht 100% zufrieden sind.
Ich könnte noch eine Reihe von Sparten aufzählen, aber belassen wir es soweit dabei. Warum traut sich keiner heran? Warum ist seit 2007 Ruhe im Web-Stall? Weil die VCler was von Sättigung erzählen und mit einem „nicht schon wieder“ abwinken? Weil man meint, man habe keine Chance gegen die Alten? Wirtschaftsgeschichte spricht eine andere Sprache: Es gibt immer einen neuen Wettbewerber, der die alten Platzhirsche wegbeißt.
Ich hoffe, dass wir bald wieder was Neues aus deutschen Landen sehen, was das Zeug zum Großen hat. Und es muss nicht unbedingt etwas sein, dass den jetzigen Platzhirschen aus den USA und aus D ähnelt.
Pic by Tambako the Jaguar
15.09.2010 um 22:47 Uhr
Widerspruch! Bei 2010 musst Du „Fehlanzeige“ durch „Buzzriders“ ersetzen.
16.09.2010 um 08:14 Uhr
Ich denke auch, dass es immer einen neuen Platzhirsch am Markt geben kann, leider sind mir zwei Dinge in Deutschland aufgefallen die eigenständige Entwicklungen verhindern.
1.) Fehlende Unterstützung für junge Gründer_Innen
2.) Die neue Kultur der CopyCats
– Viele junge gehen da hin wo das Geschäft eher auf den Markt bringen kann, vor 20 Jahren wäre das noch nicht möglich gewesen. Heutzutage gehen viele junge Gründer_Innen lieber dieses Risiko ein als ihr Projekt zu verlieren und seien wir ehrlich. Deutschland ist nicht für seine UNBürokratie bekannt. Ich finde das sehr schade, dass wir Deutschen immer diese „Das müssen wir erst einmal in allen Einzelheiten begutachten, abstempeln und beglaubigen lassen“ Mentalität auffahren müssen um etwas in die Manege zu lassen. Nur leider nimmt der globale Zirkus keine Rücksicht auf uns und der oder die erhascht den meisten Applaus, dessen Auftritt die Massen begeistert.
– Ich habe in den letzten Jahren beobachtet, dass weniger Eigenentwicklungen auf dem Markt erscheinen, sondern eher Kopien eines bestehenden Systems. Wie oben schon von Ihnen genannt, kann man einfach den Klon klonen (Schüler- und MeinVZ) und trotzdem damit Geld verdienen. Social Media (ich mag die Bezeichnung ebenfalls nicht) wurde gepuscht, man hat damit Geld verdient und gut ist. Leider gibt es kein Web3.0. Ich spreche trotzdem von einer Sättigung, aber wie oben schon angemerkt. Es müsste sich nur jemand trauen ein neues Google oder Yahoo aufzubauen, denn wer mit den großen Spielen will sollte auch das Risiko aufnehmen mal auf die Nase zu fallen.
P.s. Lassen Sie bitte ein Bild aus dem Header raus, denn mir gefällt das minimalistische Schlichte. Meiner Meinung nach.
16.09.2010 um 08:44 Uhr
Gibt es einen Grund für das Wolfsbild (statt eines Hirsches)?
16.09.2010 um 09:08 Uhr
@Petra, ja, ist einerseits ein kleiner Joke (Widerspruch) aber auch „der Wolf jagt die Hirsche“ :)
16.09.2010 um 09:11 Uhr
@Robert danke für die Nennung der Gründe, denen ich voll zustimmen kann, warum es keine eigenständigen Lösungen gibt, die sich durchsetzen. Btw, ja, hatte wegen dem Logo nachgefragt und tatsächlich sind die meisten dafür, einen Schriftzug statt einem Bild zu nutzen
@“Buzzic“ hast nen schönen Namen :)
16.09.2010 um 10:46 Uhr
Qype, ja genau, sollte auf alle Fälle mit rein, danke!!1
16.09.2010 um 16:48 Uhr
Schon erstaunlich, wie wenig deutsche 2.0-Projekte übrig bleiben, selbst wenn man 2.0 so weit fasst, wie du das getan hast. Betrachtet man sich die genannten deutschen Unternehmen hinsichtlich ihrer internationalen Relevanz, so sieht es ganz düster aus.
21.09.2010 um 09:42 Uhr
Friendticker kommt noch denke ich und was ist mit ebay, dailydeal, brands4friends? Ja ist Shopping, aber doch auch web 2.0 und Community.
Silversurfer? Das macht Platinetz.de aber die Zielgruppe ist recht spitz und vielleicht ist die Vermarktung nicht perfekt, deshalb jagen sie nicht durch den Himmel.
26.09.2010 um 10:40 Uhr
Wann wart Plazes? (Exit an Nokia), wann war Cellity, Exit an Nokia, 2006 war Telewebber, exit an Zattoo (erfuhr ich am Donnerstag, hatte ich nicht mitgekriegt).. wer weiß wie viele ‚kleine‘ Exits es gibt, die nicht groß kommuniziert werden?
Google kauft ja nicht selten einfac KNowhow, nicht so sehr ‚Firmen‘.