schon zu meinen Schulzeiten fand ich Geschichte extrem spannend. Die Vorstellung, wie damals Menschen gelebt, gedacht, sich angezogen, sich abgemurkst, sich neu erfunden haben, hat mich schon immer fasziniert. Was mich am meisten erstaunt, welches Tempo wir Mensch dabei an den Tag legen. Für manche Dinge wiederum brauchen wir extrem lange, das wird deutlich, wenn man sich mit der Herkunft von Familiennamen beschäftigt, eine überaus spannende Geschichte. Angefangen von der Idee (die Bevölkerung nahm zu und siedelte dichter vaD in Städten, so wurde die Unterscheidung rein nach dem Vornamen irgendwann zu undeutlich) bis hin zur gesetzlichen Normierung. Überhaupt die Idee als solche, Menschen Bezeichnungen zu geben, um sie besser zu unterscheiden, um die Bezeichnungen dann komplexer zu gestalten, erscheint banal, ist aber grandios. Ideen und Einsichten treiben uns voran. Manche Dinge können wir nicht gleich realisieren. So kann man sich die Frage stellen, ob eine Demokratie vor 1000 Jahren mangels bestimmter Voraussetzungen – zB im kommunikativen Bereich – überhaupt funktioniert hätte?

Betrachten wir die Zeitspanne vom Jahr 1 n.Chr. bis heute 2.010 n. Christus. 2.000 Jahre erscheinen unglaublich lang. Und was ist nicht alles in dieser Zeit passiert?

Doch man muss sich eines vor Augen halten: Was heißen schon 2.000 Jahre, wenn man sich fragt, wie viele Generationen diese Zeitspanne umfasst? Wenn ich richtig gerechnet habe, so leben in einem Jahrhundert 4 Generationen. Idealtypisch: Die Ur-Großeltern werden um die Jahrhundertwende geboren, die Großeltern im ersten Viertel des Jahrhunderts, die Eltern ungefähr zur Mitte, die Kinder im letzten Viertel eines Jahrhunderts. Wenn wir die Zahl 4 zu Grunde legen:
– eintausend Jahre umfassen 40 Generationen
– so begann die Geschichte von Martin Luther vor 5 Jahrhunderten = 20 Generationen
– so endete das römische Reich vor rund 15 Jahrhunderten = 60 Generationen
– die Geschichte Jesu begann vor 20 Jahrhunderten = 80 Generationen
– das deutsche Reich (1871) wurde vor gerade einmal 5 Generationen gegründet
– das Reich der Sumerer existierte im 4. Jahrtausend vor Christus = 240 Generationen
usw usf

Überlegt man sich dann, wie sich Gesellschaften, Nationen, Gebräuche, Wissen und Sprachen verändert haben, erscheint einem das angesichts dieser dramatisch niedrigen Generations-Iterationen bei Weitem nicht mehr so langsam. Eines meiner Lieblingsbeispiele ist die Tatsache, dass Homosexuelle und Unverheiratete Mitte des letzten Jahrhunderts keine Mietwohnung bekamen, die Frau als Hausfrau abgestempelt war, unsere Großeltern und Eltern merkwürdigen Ausgehritualen ausgesetzt waren, wenn man an die Kleiderordnung denkt. Und diese Zeitspanne erscheint einem wie gestern. Die Änderungen jedoch sind dramatisch.

Heißt: Wir Menschen verändern uns und unsere Umgebung in dramatisch kurzen Zeitspannen. Exakt das halte ich mir immer vor Augen, wenn ich mich im Internet tummel und daran denke, welche Auswirkungen es auf uns in lediglich 4 Generationen haben könnte. Zwei Generationen, die das Aufkommen des Internets erlebt haben, eine dritte Generation, die damit von Beginn an aufwächst und eine nachkommende Generation, die 100 Jahre nach Erfindung des Internets kaum noch emotional durchdringen können wird, wie es „damals“ zu den „Frühzeiten“ aussah.

Summa summarum schmunzel ich stets über die Menschen, die der Meinung sind, dass sich „nichts so schnell ändern wird“. Die in ihrer Zeit denken, aber kaum ein Gespür noch Vorstellung haben, dass sie von Veränderung umgeben sind.