1985 hielt ich ihn zwischen den Fingern. Den Lappen! Den grauen Lappen, denn das war damals seine Farbe. Nicht so ein beliebiges Plastikteilchen wie heute! Meine erste Fahrerlaubnis! Obwohl ich eigentlich kein Auto benötigte, wohnte ich doch schließlich mitten in der frankfurter City.
Und was war das für ein blöder Prüfungstag! Er – der Prüfer – war eine ganz miese Nummer. Im Kommando- und Schreiton ließ er an dem Tag alle fünf Anwärter durchfallen. Davon eine junge Frau, die schon zum dritten Mal die Prüfung ablegen musste. Sie stieg in Tränen aufgelöst aus dem Auto. Durchgefallen! Damit war sie die fünfte des Tages voller Warterei. Ich kam als letzter Proband an die Reihe. Fünf Leichen hinter mir erlebt, nun sollte ich also dran glauben?
„GUTEN TAG!“ erschallte es von hinten, laut und unwirsch. Seine Stimme klang mehr wie die Mischung aus einem übel gelaunten Säufer nach durchzechter Nacht und dem einer Krähe, die es einfach nicht besser kann. Sein zarter Versuch des Mutmachens „WOLLEN WIR DOCH MAL SEHEN, OB SIE ES WENIGSTENS SCHAFFEN, DIE DEPPEN ZUVOR WAREN NICHT DAZU IN DER LAGE!“ klang nicht sehr aufbauend. Mein Fahrlehrer täschelte beruhigend meinen Oberschenkel und seine Augen versuchten ein „Arschbacken zusammenkneifen, das wird schon“ anzudeuten. War das der Fahrlehrer, der nach wenigen Fahrstunden resignierend meinte, ich möge vielleicht Automatik probieren?
Wir tuckerten in einem Golf 2 Diesel (ekliges rot) durch die Straßen Frankfurts, die bereits seit 14 Jahren meine Heimatstadt war. Meine Stadt. Meine Westentasche. Der kann mich mal. Ich will den Lappen! Und tatsächlich, er krächzte und schrie nur halb so laut und halb so wild wie es mir die Probanden mit schmerzverzerrten Gesichtern zuvor schilderten. Ein Funken Gnade? Ein Funken Benchmark, wenigstens einen vor der Schippe des Lappentods springen zu lassen?
1 Minute, alles gut, … 27 Minuten, 28 Minuten, …. 43 Minuten, 44.. Rückfahrt, nur noch wenige hundert Meter. Ich stehe an einer großen Kreuzung, zwei Linksabbiegerspuren. Die dann in drei Spuren übergehen. Tja, der Prüfer krächzt bei Grün los „PASSEN SIE JA AUF, ICH WILL HEIL NACH HAUSE KOMMEN!„. Ich komme mittig heraus… „MÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖP“ erschallt es rechts von uns. Ein gigantischer Betonmischer befindet sich bereits gefühlte Zentimeter im Fondsbereich des Prüfers. Leider war ich an dem Tag zu nett, um den Wagen leicht nach rechts zu steuern, damit der Prüfer mit nassen Unterhöschen breitbeinig nach Hause dackelt und krächzt. Meine Blicke kreuzten sich mit seinem im Innenspiegel: „FAHREN SIE SOFORT RECHTS HERAN!!!„. Ich wurde frech „DAS GEHT LAUT STRASSENVERKEHRSORDNUNG NICHT, ABER ICH KANN GERNE JETZT HALTEN UND SIE WERFEN SICH VOR DEN BETONMISCHER!„. Totenstille. Der Fahrlehrer ließ mich zum Endpunkt fahren. Ich stieg super wütend aus, der Prüfer blaffte „DAS WAR WOHL NIX“…ich so: „NA, PROVISION KASSIEREN?“. Er stampfte von dannen, mir tat die verpasste Chance mit den Unterhosen leid.
Wenige Wochen später, der noch heute so in Verwendung ist:
Heute würde ich diesem [xyz] ein Foto davon auf seine Timeline jagen. Aber wir hatten ja nix. Außer BTX.
Willst Du auch etwas über Deinen ersten Lappen schreiben? Dann gehe bitte zum „Ostwestfalen im Rheinland„: Blogparade: Mein erster Führerschein. Da erfährst Du, wie Du an der Blogparade teilnehmen kannst (kost nix, einfach sabbeln) und was das sein soll (das da oben eben). Siehe auch Jens Beitrag auf Rad.ab oder Jans Beitrag auf Fredericken.
24.03.2015 um 17:29 Uhr
„Fräulein“
:D