Die Suche nach einem guten Jobeinstieg fällt in der Tat nicht sonderlich leicht. Sowohl für Schüler, die eine Ausbildungsstelle suchen wie auch für Studenten, die sich nach ihrem Abschluss umschauen. Nicht alle schließen die Schule und das Studium mit Bestnoten ab und haben damit bessere Karten bei der Suche nach dem idealen Arbeitgeber.
Wozu aber erst dann suchen, sobald man den „Schein“ in der Hand hält? Kann man nicht bereits vorab tätig werden, lange bevor man in die heiße Phase kommt? Gerade in der heutigen Zeit zeigen Unternehmen zunehmend greifbare Präsenz im Netz. Ob nun via Blog-, Twitter-, Facebook-, Xing- und LinkedIn-Präsenzen. Auf Firmen- und auf Mitarbeiterebene. Nie zuvor war es leichter, mit Firmen in Kontakt zu kommen, Informationen zu sammeln, um Einblicke zu gewinnen. Warum das ein entscheidendes Merkmal ist? Blicken wir dafür etwas zurück, 10-20 Jahre zurück.
Denke ich an meine Zeit in den neunziger Jahren zurück, hatte ich diese Möglichkeiten nicht, mich über das Web zu vernetzen. Das Web war damals noch ein sehr junges Medium. Social Networks, Blogs, Facebook? Es gab zwar Foren, das Usenet, Mailing, ok. Doch war es weit davon entfernt, in der heutigen Anmutung ähnliche Kontaktmöglichkeiten in der Breite zu bieten.
Wie lief das also damals mit der Jobsuche? Sehr klassisch. Nach der Schule hatte ich mich Ende der 80er an der Frankfurter Uni im Fachbereich BWL eingeschrieben. Und Mitte der 90er dann mein Examen absolviert. Mein einziger Vorteil war die Unmenge an Aushilfsjobs bei der Jobsuche, die ich während meines Studiums angenommen hatte. Hertie, Ott & Heinemann, Visa Card, Neckermann Reisen, Hessische Landesbank, Fresenius, Frankfurter Sparkasse, und und und. Wie bekam ich eigentlich meinen Job nach dem Studium? Durch Kontakte.
Während ich bei Neckermann Reisen gejobbt hatte, begegnete ich einem kurz vor der Rente stehenden, hochrangigen Mitarbeiter der Deutschen Bank. Wir verstanden uns in den sechs Monaten unserer Zusammenarbeit extrem gut. Ich hatte jedoch nicht vor, bei der Deutschen Bank anzufangen. Zu der Zeit galt diese Bank als angesehenster Arbeitgeber in Deutschland und ohne ein gutes und schnelles Studium gab es kaum eine Chance, dort überhaupt anzuklopfen. Doch der Zufall spielte eben mit. Nach Abschluss meines Studium schlug ich an einem Wochenende die FAZ auf und erblickte eine Stellenanzeige, „IT Trainee, Deutsche Bank“. Ich machte mir keine großen Hoffnungen mit der Bewerbung, hatte ich doch mein Studium weder schnell noch mit Bestnote abgeschlossen. Aber es hatte geklappt. Warum? Der Personaler hatte mit dem besagten Deutsch-Bänker Kontakt aufgenommen und sich über mich unterhalten. Eigentlich hätte ich keine Chance gehabt. Später lernte ich die anderen Trainees kennen, allesamt mit hervorragenden Abi- und Studien-Abschlüsse. Wir würden „Streber“ dazu sagen :)
Wie gesagt, Kontakte. Im Real-Life. So lief das damals. Entweder bewarb man sich blind oder auf eine Stellenanzeige hin. Oder man hatte um 10 Ecken Kontakte. Je besser der Abschluss umso höher die Chance. Je mehr Kontakte umso höher die Chance. Je besser der Abschluss und je mehr Kontakte umso höher die Chance.
Das hat sich bis heute nicht geändert. Wer kein Abschluss-Überflieger und kein Kontakt-Überflieger ist, für den fällt die Jobsuche umso schwerer aus. Sprich, man kann es sich nicht einfach so aussuchen. Und wer von uns ist schon ein Überflieger, der sich die Jobs eher aussuchen kann? Eben. Doch heute – das hatte ich oben bereits gesagt – kommt eine weitere Komponente dazu. Nicht nur, dass die Firmen zunehmend im Netz greifbarer werden. Auch der Kandidat selbst kann spiegelbildlich aktiv werden. Sie/er kann sich über das Netz erkundigen, was die Firma treibt. Wie sie tickt. Wie sie sich präsentiert. Was ihr wichtig ist. Das kann unser Kandidat nutzen, um die Jobsuche bereits vor der heißen Phase zu erleichtern. Doch nicht nur der Infofluss ist leichter geworden. Auch die Chancen, auf sich aufmerksam zu machen, sind gestiegen. Jeder, der sich wirklich für ein Thema interessiert, kann das unter Beweis stellen. Indem er selbst zum Informationshub wird. Informationen auf Twitter, Xing, Facebook und dem eigenen Blog sammelt, aufbereitet, interpretiert.
Ein Beispiel? Ich hatte mich damals zu meiner BWL-Zeit auf die Bereiche Controlling/Konzernbilanzen, Versicherungslehre und Organisationslehre fokussiert. Es wäre mir ein Leichtes gewesen, hätte ich damals diese Möglichkeiten wie heute gehabt, dazu ein Blog zu betreiben. Themenimpulse gab es genug. Selbstverständlich hätte ich mit Unternehmen Kontakt aufgenommen, um die Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. Ein Kontakt hätte zum nächsten Kontakt geführt. Die wachsende Expertise auf dem Blog wäre ein weiterer Plusfaktor bei der Jobsuche geworden, um sich sein Wunschunternehmen auszusuchen statt eine Bewerbung nach der anderen rauszufeuern. Summa summarum bietet das heutige Netz gute Chancen, Expertise in Zusammenarbeit mit den Unternehmen zu vertiefen und dabei virtuelle Kontakte aufzubauen. Das ist neu im Vergleich zu damals.
Nur, meine damalige Zeit ist nicht nicht die heutige Zeit. Ich habe keinen Einblick in die heutige Jobeinsteiger-Situation. So kann ich nicht sagen, ob die Jobeinsteiger zunehmend diese Chancen erkennen und auch nutzen. Ich kenne lediglich einige wenige Beispiel aus meinem Umfeld, wo das defintiv gut geklappt hatte. Aber das ergibt natürlich kein Gesamtbild. Daher eine Bitte an Euch: Habt Ihr Informationen und Einblicke, ob Schüler und Studenten das Netzumfeld tatsächlich verwenden, um auf sich aufmerksam zu machen? Habt Ihr in Eurem Umfeld Schüler/Studenten, die entsprechend vorgehen? Oder kennt Ihr Firmen, die das selbst positiv wahrgenommen haben?
04.04.2011 um 10:43 Uhr
Hallo Robert,
interessantes Thema. Der einzige Blog aus den Bereichen Mobilität und Verkehr, den ich kenne und der von einem Studenten gemacht wird, ist dieser: http://www.zukunft-mobilitaet.net
Schüler und Studenten sollten auf jeden Fall was online machen. Und ich meine nicht nur passiv mit dem Zusammensuchen von Infos sondern auch aktiv, Gestalterisch und kreativ. Viele Unternehmen suchen Bewerber im Internet und ein guter Blog dürfte mit das beste Aushängeschild sein. Bloggen hat schließlich mit fachlicher Kompetenz wie auch soft skills zu tun. Und ein erfolgreicher Blog hat ja auch viel mit Durchhaltevermögen und Spaß an der Sache (wichtig!) zu tun.
Über Facebook, Twitter, etc. zum Networken muss man nicht diskutieren. Die Hemmschwelle die Leute anzuschreiben, dürfte niedriger liegen als im RL. Man muss halt nur wissen, ob der Gegenüber das auch möchte. Nicht jeder Mitarbeiter eines Unternehmens wird sich freuen, wenn wildfremde Leute ihn anschreiben wie es denn im Unternehmen so ist. Ist ein schmaler Grat. ;-)
Just my 2 cents
Frank
04.04.2011 um 10:49 Uhr
lieben Dank für den wertvollen Input!
04.04.2011 um 11:10 Uhr
„Wer kein Abschluss-Überflieger und kein Kontakt-Überflieger ist, für den fällt die Jobsuche umso schwerer aus.“
Du schreibst es doch selber. Ob man die Kontakte eben reell hat oder virtuell ist heutzutage uninteressant, da wir ja überwiegend unmobil werden. Wir brauchen nicht mehr in ein fremdes Land fliegen, um unser Know-How zu verkaufen.
Was ich jedoch festgestellt habe, ist, dass es auf jeden Einzelnen ankommt. Man findet keinen Job, weil man es muss, sondern weil man seinen Platz in der Gesellschaft gefunden hat. Wer das hat, interessiert sich automatisch für etwas, findet Kontakte, bekommt bessere Noten und hat dann auch die Aussichten auf einen guten Job.
Ob ich nun zum Segeln vor die Tür gehe und dort jemanden kennen lerne, der mir einen Job anbietet, oder im Internet einen Blog erstelle, worüber man sich austauscht und die Person dann an einen glaubt, ist dabei völlig unwichtig. Noten sagen eben nicht viel über eine Person aus, was auch die Personaler wissen.
Wenn hingegen jeder einen Blog schreibt, worin man dann wieder eine riesige Datenflut erhält, bekommt man meist auch keine große Lust sich alle Kandidaten anzuschauen. Egal wie man es hält. Man braucht Kontakte und wer kein großes Selbstwertgefühl hat, kann sich eben im Internet präsentieren. Ganz gleich, was man also tut. Man muss am Ende trotzdem überzeugend sein, dass man der Richtige ist.
Wenn ein Blog daher Studieninhalt ist, erreicht man dadurch auch keine größere Chance. Wer den Kampf mit sich ausmacht einen Job in der Gesellschaft zu bekommen, wird auch mit Hilfe des Internets scheitern. Es ist keine Frage der Technik, sondern immer eine Frage, die man mit sich selbst ausmacht.
Grüße
Chris
04.04.2011 um 11:21 Uhr
Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass man als Student (der noch nicht mal einen Bachelor hat) diverse Jobangebote von Headhuntern und Firmen erhält wenn man ein Blog in einem interessanten Bereich (z.B. SEO, Social Media, Online Reputation) betreibt.
04.04.2011 um 11:35 Uhr
Spannende Frage. Meine Vermutung ist, dass es doch sehr auf das angestrebte berufliche Umfeld ankommt – also ähnlich wie Malte Landwehr beschreibt. Sicher sind auch unsere Studenten – angehende Online-Journalisten und PR-Leute, die an der Hochschule Darmstadt studieren – eher Ausnahmen: Hier kenne ich eine Menge Beispiele, bei denen die Netzaktivitäten ein wichtiger Pluspunkt waren, um einen Job zu bekommen. Wie Du sagst, sind dabei zwei Dinge wichtig: Der Aufbau von Kontakten und das Beweisen von Kompetenz. Hier würde ich zwischen Fach- und Medienkompetenz unterscheiden.
Die Überlegung, dass Schüler oder Studenten zu einem Fachthema (Konzernbilanzen z.B.) bloggen könnten, sehe ich ambivalent: Ja, möglich ist das. Aber weiß, wie groß die Angst vieler ist, etwas falsch zu machen, sprich: sich zu blamieren. Das ist selbst bei unseren Studenten so, die ja dafür ausgebildet werden, zu veröffentlichen. Und ich kann das zum Teil verstehen.
Mein Gefühl ist aber, dass ein Schüler oder ein Student nicht unbedingt beweisen muss, dass er fachlich mit seinen künftigen Chefs mithalten kann. Man kann auch durch ein Fotoblog, eine Website für den eigenen Fußballverein oder ein Online-Referat einige Kompetenzen zeigen – und wird sichtbar im Web und beweist Medienkompetenz. Denke, das ist schon eine Menge für einen Ausbildungs- oder Berufseinsteiger. Allerdings baut man dadurch vermutlich weniger Beziehungen auf, die später für den Job wichtig sein könnten. Die weitergehende Frage ist natürlich, ob ein angehender Ingenieur das genauso benötigt wie ein angehender Lehrer oder Journalist.
04.04.2011 um 11:41 Uhr
sehr lecker, habe langsam genügend Stoff für einen Nachfolgeartikel. Mal schauen, ob noch was reinkommt. Dann No. II verfassen
04.04.2011 um 13:59 Uhr
Sehr interessanter Artikel. Vitamin B(eziehungen) dürfte in der heutigen Zeit immer noch an erster Stelle stehen.
Zum Thema Bloggen als Schüler/Student: Das Potenzial dürfte von vielen Arbeitgebern noch nicht richtig erkannt werden. Dies hängt aber auch von dem Bereich ab, in dem man tätig sein möchte.
Allerdings ist es wichtig festzustellen, dass das Aufsetzen eines Blogs schon eine gewisse Kompentenz erfordert. Das Wissen, was man sich hier aneignet empfinde ich persönlich als sehr hilfreich.
Als BWL-Student mit diversen Praktikas, habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele (nicht alle!) Arbeitgeber froh sind, wenn sie ihr Word/Excel/Emailprogramm halbwegs bedienen können. Da ist es schwer mit Begriffen, wie PHP/CSS/SQL zu punkten, da diese teilweise unbekannt sind. Obwohl IT-Kompetenz auch im kaufmännischen Bereich sehr hilfreich sein kann, werden Kenntnisse der Bewerber auf diesem Gebiet stark unterschätzt / nicht stark genug wahrgenommen. Dies ist dürfte natürlich im der IT-Branche ein wenig anders sein. :-)
Oft wird auch der Bereich der IT-Sicherheit massiv vernachlässigt. Hier besteht bei vielen Endanwendern im kaufmännischen Bereich akuter Nachholbedarf.
Ich wage übrigens mal zu behaupten, dass Leser dieses Blogs, die einen kaufmännischen Hintergrund haben, nicht zu dieser der Gruppe zählen.
04.04.2011 um 22:31 Uhr
Wie Chris schon schreibt, hängt es doch auch sehr von den Unternehmen ab und in welchem Bereich man tätig sein möchte.
Allein ein Account bei Xing, Facebook etc. bringt wenig, egal ob bei Unternehmen oder Studenten.
Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man sich mit den jeweiligen Plattformen etwas beschäftigt, bringt es einem schon ein paar mehr Kontakte. Natürlich steckt nicht hinter jeder Nachricht der Traumjob, aber man bekommt etwas Erfahrung im Umgang wonach Unternehmen suchen und was ihnen wichtig ist.Ein aktuelles und möglichst vollständig ausgefülltes Profil ist schon viel Wert.
Ich glaube aber auch, dass einige Studenten und Schüler das Potenzial des Internets im Bereich Beruf noch nicht so wahrnehmen. Entweder weil sie sich nicht damit beschäftigen oder weil sie Angst haben. Ich habe schon mehrfach das Argument im Freundeskreis gehört „Wenn ich mich bei solchen Plattformen anmelde, dann findet man mich ja ganz leicht über Google etc.“. Da wird diese Transparenz häufig noch als Nachteil gesehen, wobei ich das nicht wirklich verstehen kann. Bisher habe ich keine negativen Erfahrungen mit öffentlichen Profilen gemacht und bin weiterhin der Meinung, dass die regelmäßige Internetnutzung meine Chancen steigert :)
Liebe Grüße
Blogiraffe
06.04.2011 um 21:21 Uhr
Als ich diesen Artikel bei SPON http://www.spiegel.de/karriere/berufsstart/0,1518,754629,00.html gelesen hab, musste ich an deinen Blogartikel denken ;)
Es gibt wohl doch noch genug Leute die das persönliche Gespräch dem digitalen Networken bei der Berufswahl vorziehen. Infos im Netz holen ja, aber Kontakt dann doch lieber im richtigen Leben.
Liebe Grüße,
Blogiraffe