Das Blog Carta ist ein Gruppenblog, das ich die meiste Zeit seit Start dieses Blogs am Rande verfolgt habe, selten als Leser. Das liegt zum einen an der Themenauswahl, zum anderen wurde mir persönlich nie so recht klar, wofür Carta als Marke steht bzw. was deren Selbstverständnis ist. Angesichts und zusätzlich zur Tatsache, dass auf Carta eben verschiedene Autoren mitschreiben, fehlte mir eine Art greifbares Gesamtbild oder anders gesagt der Grund, regelmäßig vorbeizuschneien. Bei einem Blog, das ein bis zwei Personen befeuern, kann ich mich auf die Person einlassen und auch an den Blogger gewöhnen. Wenn denn der Schreibstil persönlich-emotional unterfüttert ist. Bei neutral-sachlich gehaltenen Blogs überwiegt mehr der reine Informationsgehalt. Nun sitze ich nicht mit einer Checkliste vor einem Blog und gehe die einzelnen Punkte durch. Heißt? Irgendeinen gefühlten Grund und Aufhänger muss ich schon haben, warum ich ein Blog regelmäßiger lese. So geht es jedem, unbewusst/bewusst. Ich kann daher nicht so genau sagen, warum Carta nicht zu meinen Must-Read Blogs gehört. Es ist mehr ein Gefühl, das man sich kaum bewusst macht.

Carta ist am Wochenende über Rivva.de erneut auf meinen Radar erschienen. Ein „Marvin Oppong“ hat in einem Artikel seinen eigenen Abschied erklärt und einige Gründe genannt. Mir ist dabei ein Punkt aufgefallen, der meinem nebulösen Bild von Carta so nicht entsprach: Er habe kein Honorar für seine Blog-Artikel auf Carta gesehen. Er habe sich aber welche erhofft. Angesichts der Zeitinvestition, die er für Carta aufbringe, scheint ihm dieser finanzielle Ausgleich gefehlt zu haben. Und verlinkt in diesem Zusammenhang auf einen Artikel vom NZZ per November 2008. Darin mutmaßt der Gründer des Blogs (Robin Meyer-Lucht), dass erfolgreiche Carta-Mitarbeiter 500-1.000 Euro verdienen könnten. Es wird nicht ganz klar, auf welche Leistungseinheit sich das bezieht noch auf welchen Abrechnungszeitraum. Meyer-Lucht nennt lediglich einen Zeitkorridor von 3-5 Jahren, um diese Einnahmepotentiale heben zu können.

Nun war mir nicht klar, dass es überhaupt eine Absicht gab, die Seite über die Basiskosten des Betriebs hinaus finanziell zu stützen. Noch war mir klar, dass Autoren auf Carta womöglich pekuniär motiviert sind. Zu abwegig erschien mir dieser Gedanke in meinem Bild von Carta. Ein Gruppenblog mit -auch- finanziellen Absichten ist weder was Schlechtes noch was Schlimmes. Aber ein Blog wie Carta, dessen Eigenbeschreibung bzw. Agenda für mich zumindest unklar ist? Nach der Durchsicht des Artikels von Oppong wurde mir jedoch klar, dass es so ganz non-money-profit einfach nicht geht. Es wäre gut, wenn man den Autoren aus verschiedensten Gründen etwas geben könnte. Wie sieht es denn in den Augen des Gründers damit aus?

Also habe ich kurz in den Archiven von Carta nachgesehen und diesen Artikel von Meyer-Lucht im Dezember 2010 gefunden: In eigener Sache: Carta stellt sich neu auf. Darin ist die Sprache von „Wir denken im Kreis der Herausgeber über neue Format-, Vermarktungs-, Finanzierungs und Aggregationsmodelle nach“ und „Carta braucht jedoch eine neue Konzept- und Finanzierungsrunde„.

Ok, so far, was weiß ich bisher: Carta sieht sich als Non-Profit Projekt, das „Gewinne“ an seine Autoren ausschüttet. Mutmaßlich – was ich bisher rauslesen konnte – über Spenden, Sponsoren und Werbekunden als Einkommensquelle gedacht. Offensichtlich ist es nicht die Absicht gewesen, das Blog zu einer Geldmaschine zu züchten, sondern den qualitativen Anspruchstraum von Journalisten wahr werden zu lassen. 2009 hat man den Grimme Online Award gewonnen. Den einen Teil scheint man hinbekommen zu haben. Den anderen Part, dass mit einer qualitativ hochwertigen Inhalteproduktion die Produzenten Zeit, mitunter auch Geld und Risiken (z.B. Abmahnung) investieren müssen und dieses finanziell gestützt werden sollte, scheint man von Beginn an erkannt aber nicht hinbekommen zu haben. Der Anspruch „Non-Profit“ und pekuniärer Ausgleich schließen sich nicht aus, das wissen wir über zahreiche NGO-Beispiele. Non-Profit heißt ja nicht, dass man keine Umsätze machen darf noch in diesen Kategorien nie nie denkt.

Schauen wir uns einige Grunddaten des Blogs näher an:
– es existiert seit Mitte 2008
– in den letzten 30 Tagen wurden knapp 160.000 Seitenaufrufe verzeichnet
– man nähert sich der Marke von 2.000 Artikeln (ca. 60 Artikel/Monat = 2/Tag)
– im Footer der Seite finden sich fast 40 genannte Autoren
– bei ca. 60 Artikeln/Monat und knapp 40 Autoren ist der individuelle Output extrem niedrig (völlig egal, ob die Autoren nur am Rande ein Auge auf Carta werfen)
– in den letzten drei Monaten zählt Backtype rund 27.000 Tweet-Nennungen
– und 10.000 Kommentare (entspricht rund 50-60 Kommentaren pro Artikel)
– Laut Blogcharts belegt Carta den Platz 5 (416 Nennungen auf anderen Blogs in den letzten 6 Monaten)

Der Output mit ca. 60 Artikeln/Monat ist für ein Blog überdurchschnittlich. Angesichts der Thematik des Blogs in meinen Augen viel zu niedrig. Das spiegelt sich auch in den Seitenaufrufen wieder: 160.000 in 30 Tagen sind mehr oder minder nichts, um wenigstens etwas Potential für Honorare und Sicherheitseinnahmen abzuschöpfen. Die Netz-Resonanz auf die Artikel erscheint überdurchschnittlich hoch für ein Blog. Was sich aber in den Besucherzahlen nicht widerspiegelt. Auch scheint Carta noch kein Medium zu sein, das von anderen bekannten Medien wiederholt und regelmäßig zitiert bzw. genannt wird (TV, Radio, Tageszeitungen offline/online). So ist die mögliche Rolle eines echten Agenda-Setters und Meinungsmachers für Carta im Sinne eine breiteren Publikums nur ein denkbares Szenario, real gesehen jedoch ein langer Weg. Qualität von Inhalten ist das eine, die Fragen der Verbreitung gerade und wegen etwas sperrig anmutender Inhalte für mich stets wichtiger.

Insofern stellt sich mir nicht die Frage, woher sich Carta finanzieren soll, wenn schon das Manna selbst noch nicht ganz stimmig ist. Für mich? Viel zu geringer Output & keine greifbare Marke. Soweit meine Gedanken zu Carta, nachdem ich zufällig über dieses eigentlich bekannte Blog erneut gestoßen bin. Und mir auch endlich die Zeit genommen habe, Carta näher zu betrachten. Ob ich nun Carta häufiger lesen werde? Sicherlich wird es in Twitter wie bisher auch gerne genannt, insofern werde ich darauf mit der Nase gestoßen.

Btw, Mana schreibt man mit zwei „n“, danke Matthias :)