Anlässlich der Pfändung de Domain Nerdcore.de durch Euroweb haben sich viele gefragt, ob angesichts des Verhältnisses zwischen -laut Gerichtsbeschluss- zu zahlenden Betrag in Höhe von 2.000 Euro und dem Wert der Domain eine Pfändung überhaupt gerechtfertigt sei. Nicht nur ich habe mich gewundert und darüber ausgelassen.

Nun kommt laut Udo Vetter ein interessantes Detail zu Tage, nachdem die Domain im Moment wieder an René Walter „zurückgegangen ist“ (vorläufig, sie befindet sich im sogenannten „Transit“):

Wie sich nun herausstellt, hat Euroweb gegenüber dem Gericht erklärt, die Rechte an Nerdcore.de hätten einen “Schätzwert” von 100 Euro (in Worten: einhundert Euro). Nur in Höhe dieses Betrages wären nach Auffassung von Rechtsanwalt Dominik Boecker die Verpflichtungen Walters erloschen, hätte die Pfändung Bestand gehabt. Walter hätte also trotz Kaperung seiner Domain noch einmal rund 1.000 Euro zahlen müssen.

Und Udo erklärt weiter, warum der Domain-Inhaber Euroweb wieder ausgetragen wurde:

Euroweb wird sich nun fragen lassen müssen, wie es zu der lächerlichen Summe von 100 Euro gekommen ist. Offenbar hat das Gericht den Angaben des Unternehmens blind geglaubt. Das Gericht hat Walter auch nicht angeschrieben und ihm Gelegenheit gegeben, zu dem von Euroweb genannten Schätzwert Stellung zu nehmen. Dazu wäre es aber verpflichtet gewesen.

Siehe hierzu den Beitrag von RA Thomas Schwenke, der auf das sogenannte Schätzwertverfahren eingeht.

Für mich ist das eine interessante Geschichte, da ich davon ausging, dass Euroweb als Internetagentur mit 20.000 Kunden (Eigenaussage) durchaus in der Lage ist, einen Domainwert zu schätzen. 100 Euro mutet da schon sehr „großzügig“ an. Kann man so sehr daneben liegen? Auch muss sich das Gericht unangenehme Fragen gestatten lassen, warum es dieser Schätzung gefolgt ist?

Ich selbst hatte mich bisher nicht darüber ausgelassen, wie hoch ich den Wert schätze. Angesichts der Linkpower, der Bekanntheit der Domain, der PR(esse) und dem Alter der Domain ist alleine der SEO-Wert mindestens mit rund 10.000 Euro anzusetzen, wenn man tief stapeln möchte. Hinzu kommt die Bekanntheit und die PR, was den Wert verdoppelt. So wären wir bei tief gestapelten 20.000 Euro. Einige meinten, die Domain sei verbrannt, was kompletter Nonsens ist, darauf will ich gar nicht erst eingehen. Jede Firma, die einigermaßen knusper ist, hätte 50.000 Euro in den Marketingeffekt investieren können, um ein Vielfaches aus der Auktion herauszuholen (ob nun mit Rückgabe an René oder ohne). Die Presseberichterstattung aus der Auktion (die ja jetzt abgeblasen ist) stellt definitiv einen hohen Wert dar, der mit alternativen Werbeanzeigen (Vergleichswert) unbezahlbar ist.

All dies soll Euroweb nicht klar gewesen sein? Obwohl man immer wieder betont hat, man habe die Reaktionen (PR Faktoren) kommen sehen, man wolle die Domain zu einem guten Zweck versteigern (100 Euro Spende mutet für eine Firma dieser Größe beschämend an, man hat sicher etwas mehr erwartet, aber nicht 100 Euro…), man sei eine erfahrene Internetagentur, usw. Das Verhalten vor Gericht, die Pfändung und das Verhalten danach mutet doch sehr fragwürdig an.

So schreibt Udo Vetter weiter:

Ob Rene Walter wegen dieses Sachverhaltes, den er als “Verschleuderung” von Nerdcore.de bezeichnet, zum Beispiel Strafanzeige wegen Verfahrensbetrugs erstattet, ist aber noch nicht entschieden

Es bleibt interessant. Zunächst der Riesenfehler von René, lang Zeit einfach nichts gemacht zu haben, dann die Pfändung, nun die Wende und dieses Detail. Bleibt die Domain dauerhaft im Besitz von René, wie erklärt Euroweb der Presse die Auktion, die nicht mehr stattfinden wird, welche Seite wird was unternehmen? Wird Euroweb die im Zuge der Story zahlreich aufgekommenen, teils extrem kritischen Stimmen abmahnen? Wie kommt es aus dem Problem heraus, in Google zahlreiche, neue Bezüge vorzufinden? Wird Rene auf Crackajack.de weitermachen oder Nerdcore.de reaktivieren?