47 Jahre zurück

Ein besoffener Assi mit defektem Bremssystem plus Speeding überrollt mich komplett, gerate unters Fahrzeug, mitten in einer Anwohnerzone und zugleich in einer winzigen Seitenstrasse. Kein Kratzer, alles jut. Lebe weiter und hatte 200 Schutzengel, die manchen Kleinkindern in dem Moment helfen. Sonst könnte ich das hier nicht mehr beschreiben. Andere haben weniger Glück!

So sieht der Ort des Geschehens heute aus, fast unverändert. Es kamen lediglich Bordsteine hinzu. Ungefähr auf Höhe des parkenden Autos vorne links hat es mich erwischt. Der Unfallfahrer hielt übrigens nicht an, man konnte ihn aber über die Nachbarschaft schnell ausfindig machen. Hinter dem Bild befindet sich eine Kurve nach rund 20 Metern. Es ist keine Durchgangsstraße, sondern eine unbelebte Seitenstraße.

25 Jahre zurück

Es war ein schöner Sommertag, als ich in der Frankfurter Innenstadt mit dem Fahrrad unterwegs war. Aus den Augenwinkeln heraus bekam ich mit, wie ein Sportauto links aus einer Sackgasse mit hochjaulendem Motor auf den Zebrastreifen vor mir zubretterte. Ich bremste noch schnell ab.

Leider war mir bereits vorher klar, was passieren wird: Der alte Herr mit den beiden Einkaufstüten – der sich auf der anderen Straßenseite gemütlich auf die Mitte zubewegte – hatte keine Chance, noch auszuweichen, da der Autoassi Vollgas gab und alte Menschen nun einmal nicht mehr über die vollen Sinne verfügen. Er machte noch den einen Schritt auf dem Zebrastreifen, um vom Auto volle Kanne mittig erwischt zu werden. Da die Haube typisch für einen Sportwagen eine nach unten verlaufende Form hatte, wurde er schlichtweg von den Füßen geholt. Der Oberkörper drehte sich in der Luft so, dass sein Kopf auf die Haube aufprallte, dann der Rest des Körpers, nur um wieder wie eine Billardkugel in die Luft zurückgeschleudert zu werden. Als wäre der entsetzliche Aufprall nicht schon genug gewesen, knallte der Unglückliche (vermutlich schon tot, ich weiß es nicht) mit dem Kopf voran auf den Asphalt nachdem der ganze Körper in der Luft einen wirren Gliedmaßen-Salto drehte und erst in der Luft die Tüten davonschleuderten (ein merkwürdiges Detail, das sich mir ebenso einbrannte). Es spielt keine Rolle mehr, ob er verblutete oder schon tot war, das Bild der Tüten, die vom Blut umgeben waren, die ausgebreiteten Arme, die Geräusche, das alles wurde mir per Erinnerungslaser eintätowiert. Einziger Trost war und ist, dass er wohl nicht wirklich davon etwas mitbekam.

Der junge Sportwagen-Assi blieb zunächst in seinem Auto – der den Wagen gerade noch so abbremsen konnte, dass er sein Opfer nicht auch noch überfuhr -, anstatt die Eier in der Hose zu haben auszusteigen, um vielleicht zu helfen. Scheiss auf Schock, habe dafür kein Verständnis, selbst mit vollgeschissenen Hosen nicht zu funktionieren, wenn es drauf ankommt. Bis er sich dann herauswagte, waren wir schon beim Opfer, die direkt am Unfallort befindliche Apotheke wurde von Passanten informiert, rief sofort beim Notruf an und versuchte zu helfen. Viel zu helfen war nicht, einen offenen Schädel – ich drücke es bewusst so aus, was die Folgen anging – zusammenzuhalten, gelingt ja fast nicht einmal den besten Ärzten. Ich wünschte mir nur, dass sich dem Assi dieses Szenario ebenfalls eingebrannt hat und ihn dieses Bild zeit seines Lebens verfolgt.

Ich fragte mich, wie unnötig das eigentlich war. Mitten an der Zeil, Konstabler Wache, wo jeder Idiot weiß, dass es ohne Ende Fußgänger gibt. Dort aus einer Sackgasse mit Vollgas zu beschleunigen, um auf den Fußgängerüberweg zuzurasen, ist förmlich tödlicher Vorsatz. Die Situation vor Ort könnt Ihr Euch in Google Earth anschauen. Oder auf Google Maps: Reineckstrasse (=Sackgasse) zur Ecke Fahrgasse, genau da befindet sich der besagte Zebrastreifen.

10 Jahre zurück

Geschrei, Quietschen, Scheppern. Ich stürze zusammen mit meiner Frau auf die Strasse. Sehe erstarrten Fahrer in einem SLK, sehe Sohnemann fluchend 4 Meter vom Fahrzeug entfernt auf der Strasse liegend. Er hat nur Abschürfungen, leichte Prellungen, der Fahrradhelm ist hinüber, das Rad leicht verbogen. Ich entscheide mich wegen Totschlag im Affekt nicht in den Knast zu gehen. Auch hier erneut: Eine ruhige Straße für Anwohner, rechterhand kein Bürgersteig, parkende Autos, in dem Falle sogar ein deutliches Gefälle, schmal. Wer da schnell fährt, ist völlig irre, total assi oder besoffen.

Heute

Natürlich gibt es heute langsam aber sicher Notbremsassistenten, obwohl es Narren (!) gibt, die darüber meckern. Aktive Bremsassistenten könne helfen, die Folgen eines Unfalls zu zu lindern oder aber einen Unfall verhindern. Mir dauert der Einzug der Systeme schon viel zu lange, aber immerhin, irgendwann habe alle Fahrzeuge diese Unterstützung. Um schnell fahrenden Assos in ihren Kisten (ja, habe keine gute Meinung über Schnellfahrer, wozu gibt es Rennstrecken?) den Waffenschein zu entziehen. Leider Gottes hatte der Gesetzgeber noch nicht den Mut, um über Speeding-Ideen zu reden – also idealerweise Geschwindigkeitsüberschreitungen in 30er Zonen -, um dann über die Aufzeichnungssysteme und Sensoren der Autos die Überschreitung an die Behörden melden zu können. Ob das nun im Falle einer Fahrerflucht erfolgt oder ob das bei einer gemessenen Dauerüberschreitung erfolgt, wäre mir beides recht.

Warum? Einem Assi kommste mit SicherheitsBlabla, verkehrserziehendem Gequatsche wie hier oder Akademiker-Peacezeichen nicht bei. Freue mich auf die kommenden Ticketing-Systeme und auch womöglich dem automatisches Stilllegen von Fahrzeugen.

Fotocredit Titelbild „Oldtimer Plymouth“: Sandra Schink.

Technische Aspekte

Ich habe zusätzlich einen eher technischen Artikel geschrieben, der die üblichen Bremswege und Reaktionszeiten von uns Fahrern aufzeigt und wie wenig Zeit wir im Grunde genommen haben:

Tempo 30: 40 Meter oder 2 Sekunden bis zum Tod!