Ich habe Gerald Steffens befragt, um Euch einen Einblick in die Berufswelt des „SEOs“ zu geben. Was ist ein SEO? Ein Mensch, der sich mit Fragen rund um Suchmaschinenoptimierung aka „Search Engine Optimization“ (=SEO) beschäftigt. Und wer ist Gerald Steffens? Er ist ein SEO. Ein Guter dazu. Und schon lange im Geschäft. Nebenher betreibt er u.a. die Blogs „SOS SEO“ (das immer wieder mit kreativen Beiträgen glänzt) und „SEO.de„. Das größte Lob für einen SEO ist natürlich ein Link hier, mehr Links da, dann glänzen die Augen, schneller pocht das das SEO-Herz. Der Lobeskür bin ich nun zu Genüge nachgekommen und starte mit dem Interview.

Frage 1:
Was ist der Unterschied zwischen einem SEO im Jahr 2000 und heute im Jahr 2011? Haben sich die Aufgabengebiete drastisch verändert?

Ja. Damals sah die Internet-Welt noch sehr viel übersichtlicher aus. In Deutschland waren Suchmaschinen wie Fireball Ziel der seotechnischen Bemühungen. Google war erst auf dem Sprung und bei vielen Seos noch gar nicht auf dem Radar. Wikipedia, Blogs, Bookmark- und Artikel-Verzeichnisse mussten eigentlich erst noch erfunden werden. Ganz zu Schweigen von dem ganzen sozialen und interaktiven Kram wie Digg, Twitter oder Facebook. Damals waren Webkataloge State of the Art. Es wurde auf Title-Tags, Keyword-Dichte und Meta Keywords geachtet, klassische Onpage Optimierung war angesagt. Alles ziemlich übersichtlich, Seo-Bücher waren damals deutlich dünner als heute

Heute ist die Seo-Welt sehr viel komplexer geworden. Eine der Hauptursachen dafür war die von Google eingeführte linkzentrische Suchmetrik. Damit war plötzlich alles irgendwie miteinander vernetzt. Mit als Erstes durften das die Besitzer von Gästebüchern ausbaden, wo sich Seos zum Verdruss der Betreiber hemmungslos mit freien Links eindeckten. Das Verbiegen des Internets hatte begonnen. Danach haben sich Seos auf alles Neue gestürzt, wo die Links nicht niet- und nagelfest waren. Katalogs, Foren, Blogs, Web 2.0 Plattformen usw. Die Jagd nach dem PageRank war eröffnet.

Seos lernen permanent dazu, müssen mit der Zeit gehen. Die alten Regeln ändern sich, neue Faktoren wie Besucherverhalten und Votings fließen in die Algorithmen der Suchmaschinen mit ein. Duplicate Content wird zum Ärgernis, Nofollow-Attribute und Canonical Tags erweitern das Rüstzeug. Dinge wie Googles Universal Search sorgen für weitere Kriegsschauplätze – Bilder, Videos, Shopprodukte, Maps und News sind eine Wissenschaft für sich. Ebenso wie Google Suggest und seine Auswirkungen auf die Besucherströme. Last but not least erschwert die zunehmende Lokalisierung und Personalisierung der Suchergebnisse des Seos Arbeit.

Frage 2:
Kann jeder einfach so ein guter SEO werden oder welche Anforderungen siehst Du?

Nein. Es kann sich zwar jeder Seo nennen, der in der Lage ist, einen Link in HTML zu gießen, aber um wirklich ein guter Seo zu werden, bedarf es mehr als das Lesen eines Seo-Buches. Ein gewisses technisches Grundverständnis wäre auf jeden Fall hilfreich, eine hohe Lernbereitschaft sollte vorhanden sein und langjährige Erfahrung. Wer das alles sinnvoll verarbeitet und mit seinem gesunden Menschenverstand verknüpft hat, der kann sich ein guter Seo nennen.

Frage 3:
Was sind denn die typischen Aufgabengebiete eines modernen SEOs?

Holla, das zu Beantworten könnte in einen Roman ausarten und hängt von vielen Faktoren ab. Es ist auf jeden Fall mehr als ein paar Backlinks zu verlegen oder zu organisieren. Viele Randdisziplinen wie Usabilty, SEM, Virales Marketing spielen in die Projekte mit herein. Auch SMO, also Social Media Optimization, kann eine Rolle spielen. Da setzt man am Ende ganze Facebook-Seiten um oder baut Redaktionsteams auf und sorgt für deren seologische Weiterbildung. Natürlich müssen aber auch die handwerklichen Grundgriffe sitzen – seofreundliche Seiten- und URL Strukturen sind angesagt, Keyword Analysen liefern das Content-Futter. Backlinks werden analysiert, recherchiert, getauscht, gemietet oder gekauft. Im Prinzip wie früher, aber alles eine Stufe komplizierter. Deshalb sind heutzutage SEO-Tools wie die von Sistrix, Searchmetrics, Seolytics oder Xovi unerlässliche Hilfsmittel für den modernen Seo, da er so eine Unmenge an Zeit sparen und sich den wichtigeren Dingen seiner Seo-Arbeit widmen kann.

Frage 4:
Würdest Du sagen, dass für Unternehmen SEO-Maßnahmen wichtiger denn herkömmliche Werbemaßnahmen (z.B. Bannereinblendungen) im Internet sind?

Ja. Was erwartest du von einem Seo sonst für eine Antwort? Aber ich schränke das mal ein, es hängt von vielen Faktoren ab. Es mag Seiten geben, die mit anderen Werbemaßnahmen besser fahren. Oder zumindest stressfreier. Zudem kostet Seo Geld, das wieder eingespielt sein will. Dabei wäre ein guter Seo bzw eine gute Seo-Firma hilfreich. Die muss man aber erst mal finden. Und die müssen zu einem passen. Es gibt durchaus Unternehmen, die geben viel Geld für Seo aus, setzen aber nicht mal 20% von den Vorschlägen ihrer Seo-Firma um. In so einem Fall könnte die Firma auch einfach nur weiter Banner schalten und sich das Geld für Seo sparen.

Frage 5:
Warum haben SEOs einen schlechten Ruf? Oder haben die keinen schlechten Ruf?

Seos arbeiten oft in einer Grauzone. Mit reinem White Hat Seo hat man es schwerer als wenn man noch graue Methoden in den Seo-Mix hineingibt. Und die Auftraggeber haben oft nicht die Geduld für langfristige saubere Arbeit, insbesondere wenn sie sehen, was ihre Konkurrenten für Erfolge mit miesen Tricks erzielen. Da liegt die Versuchung nahe auf die dunkle Seite der Macht zu wechseln. In der Regel bekommen diese Firmen dann auch genau den Seo, den sie verdienen. Und guter Ruf oder schlechter Ruf, wen interessiert schon eine langweilige White Hat SEO Geschichte, Meinungen macht man mit Skandalgeschichten a la Bloggergate oder Gründerszenes Samwerleaks. Und so wird der gemeine Seo auch in Zukunft als gemein dargestellt werden.

Frage 6:
Wie verändert sich SEO in den nächsten Jahren, wagst Du eine Prognose?

Oha, solche Fragen hasse ich. Das Internet ist so schnelllebig, da kann man nur falsch liegen. Seo wird noch komplexer. Besucherverhalten und Votings werden immer stärker in die Rankings der Suchmaschinen einfließen. Sozusagen kollektive Intelligenz versus Linkverbiegung. Die Bedeutung von Links wird mit der Zeit abnehmen, das wird aber erstens dauern und zweitens schleichend vonstatten gehen. Und die Seos werden natürlich versuchen die neuen Faktoren zu gamen.