Nachdem Sascha Pallenberg die Story veröffentlicht hat (siehe O-Ton), dass Onlinekosten.de versteckten Linkhandel betreibt, sind die Reaktionen vielfältig ausgefallen. Sascha hat sich mittlerweile dazu geäußert: Einige persoenliche Anmerkungen zu “Bloggergate”. Wer sich einen Überblick verschaffen möchte, für den habe ich eine Linksammlung auf bit.ly erstellt.

Die Mehrheit der Reaktionen deutet darauf hin, dass man etwas Größeres angesichts Saschas Andeutungen vermutet habe, letztlich sei das wenig bis gar nicht interessant. Der Meinung bin ich nicht. Dazu muss man etwas die Geschichte der Blogosphäre betrachten.

Die Geschichte der deutschen Blogosphäre ist seit jeher eine Frage nach dem Bildnis. Was sind Blogs, wozu gibt es sie, warum bloggt man, was bringen sie, wofür stehen sie? Die Summe aus dem Tun jedes einzelnen Bloggers, aus daraus resultierenden Ereignissen und Kontakten Dritter mit Blogs ergibt ein kulturelles Gesamtbild von Blogs. Das ist nicht durch die Bank weg unbedingt ein Positives. Ich würde eher das Gegenteil behaupten, Blogs werden bis heute eher negativ gesamtgesellschaftlich beäugt.

Woher das kommt? Gerade in der Frühphase haben Politiker, Unternehmen und die Presse ihre negativen Erfahrungen im Umgang mit Bloggern sammeln dürfen. Selbstverständlich hat das seine Kreise über eine private wie auch öffentliche Weitergabe dieser Erfahrungen gezogen. Kritisiert man einen Journalisten, fühlen sich dessen Kollegen angegriffen. Auch wenn es nur ein Blogger ist, sind es dann eben „die“ Blogger, die kritisieren.

Wir generalisieren Erfahrungen als Menschen seit jeher. Wenige beeinflussen das Bild für viele Menschen. Es ist unsere Art, wie wir frühe Erfahrungen vor allen Dingen mit neuen Objekten – hier Blogs – weitergeben. Zudem neigen wir dazu, Neuem misstrauischer gegenüber eingestellt zu sein. Differenzierung entsteht erst mit der Zeit. Nicht mehr Wenige bestimmen das Bild der Gesamtheit, sondern Viele haben ihre eigenen Erfahrungen mit Blogs gesammelt. Das dauert.

So wirkt Differenzierung als ausgleichender Faktor gegenüber der Generalisierung von Erfahrungen durch Wenige. Es entsteht eine Art von Gleichgewicht. Jedoch, sollten neue, negative Erfahrungen mit einzelnen Beteiligten auftreten, stören sie dieses Gleichgewicht empfindlich. Differenzierung tritt in den Hintergrund, die Generalisierung greift wieder um sich. So sprechen wir heute von „den Politikern“, „den Vertretern“, „den Autoreportern“ und winken ab. Obgleich die Summe der Erfahrungen auf langen Jahren und unzähligen Ereignissen der Vergangenheit basiert, können einzelne Ereignisse Bildnisse in kürzester Zeit verändern. Wir können aus dem Bereich der Blogosphäre einige Ereignisse benennen, die diese Wirkung aufgezeigt haben. Dem Kenner werden schnell Stichworte wie Opel, Edelman, Transparency International, Jamba und viele mehr einfallen. All diese blog-populären Ereignisse hatten langfristige, spürbare Auswirkungen. Die Stories selbst waren schnell rum, die Wirkung hallte und hallt lange nach. Das Gleichgewicht ist stets ein sensibles Produkt.

Zum Gleichgewicht aus den frühen, eher negativ generalisierten Erfahrungen haben viele Blogger dazu beigetragen, dass sich das Außenbild von Blogs verändert hat, differenzierter wurde, insgesamt etwas positiver. Blogger haben einzeln und gemeinsam bewusst und unbewusst dazu beigetragen, dass Blogs ernster genommen werden, überhaupt wahrgenommen werden, mehr wert geschätzt werden. Ob nun im politischen, wirtschaftlichen oder gesamtgesellschaftlichen Sinne. Akzeptanz zu erreichen, ist ein mühsames und dauerhaftes Bestreben. Das Wirken der Blogs diffundiert seit Jahren in die Gesellschaft und zieht seine Kreise.

Heute? Es ist bei Weitem als Blogger nicht mehr so schwierig, einen Messezugang als „Presse/Blogger“ zu erhalten. Es ist nicht mehr so schwierig, PR-Abteilungen zu kontaktieren, insgesamt denkt die Wirtschaft nicht mehr an Blogs vorbei. Allerorten sind Blogs mit der Gesellschaft integrierter geworden. Die Presse hat sich etwas beruhigt und zieht nicht mehr so vielstimmig über Blogger daher. Sogar manche Politiker gehen vermehrt auf Blogger zu, suchen das Gespräch. Wissenschaftler haben allmählich Blogs mehr für sich entdeckt. Allgemein erntet man nicht mehr nur doofe Fragezeichen, wenn man sich auch als Blogger tituliert. Es hat lange gedauert. Lange? Eigentlich ein Jahrzehnt. Ist das lang?

Allerdings, noch immer müssen sich Blogs strecken und recken, über alle Maßen, wenn sie sich finanzieren lassen wollen. Es ist mehr Krampf als Kampf. Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis der zahlreichen, negativen Ereignisse vergangener Jahre.

Nach der Darstellung, wie sich die Blogosphäre entwickelt hat, welche Faktoren eine Rolle spielen, kommen wir nun zu Christoph Berger und Onlinekosten.de/BasicThinking.de. Ich habe sein Interview auf Spon gelesen. Er verliert keinen Ton darüber, dass man Bloggern unter der Hand Links auf Kommerzseiten gegen Bares angeboten hat und keine Verpflichtung abverlangt wurde, dies als Werbung zu deklarieren. Entweder scheint er zu lange ins Geld-Glas geschaut zu haben oder er ist sich tatsächlich nicht bewusst, wie bescheuert das im Grunde genommen ist. Werbung ist als solche zu kennzeichnen. Punkt. Gelaber hin, Gelaber her.

Blogger, die das nicht tun, schädigen die Gesamtheit der Blogs. Sie schädigen vor allen Dingen die lange und mühsame Arbeit sauber vorgehender Blogger. Christoph Berger und die Firma, für die er arbeitet, schädigen Blogger.

Ich bin nicht willens, die Art und Weise dieses Geschäfts hinzunehmen. Christoph Bergers Verhalten ist geschäftsschädigend für Blogger, droht lang andauernde Wirkungen zu entfalten. Dass auch noch mein Ex-Blog als Türöffner benutzt wurde, ist beschämend. Ich erwarte von Euch
1. eine Erklärung, dass Ihr das geschäftsschädigende Verhalten abstellt
2. die Benennung der Verantwortlichen, da Du, Christoph Berger, nicht alleine entscheiden durftest
3. eine öffentliche Entschuldigung
4. und eine Erklärung, warum vertraglich bestimmt – entgegen gesetzlicher Bestimmungen – Dokumente des Geschäftsverkehrs vernichtet werden sollten? So heißt es:

Werden die Aufbewahrungspflichten nicht eingehalten und entspricht die Buchführung damit nicht den §§ 140 bis 148 AO, so ist die Finanzbehörde berechtigt, die Besteuerungsgrundlage zu schätzen. Weiterhin kann bei der Verletzung der Buchführungspflichten je nach Einzelfall aufgrund der Verwirklichung von Steuerstraftatbeständen oder anderen Straftatbeständen eine nicht unerhebliche Freiheitsstrafe drohen

Ich glaube nicht, dass dieser Vertragsbestandteil humoristisch gedacht war. Wurden von beteiligten Blogger Aufbewahrungspflichten verletzt? Von Euch? Habt Ihr tatsächlich dazu aufgefordert??? Nicht, dass das Finanzamt Fragen stellt, bei Euch und bei den Bloggern. Eine Meldung erfolgt schneller als man denkt, Finanzämter lesen gerne Blogs. Was den Verstoß gegen weitere rechtliche Maßgaben angeht, die aus dem Vertrag interpretierbar sind, haben sich bereits Fachanwälte im Netz geäußert. Habt Ihr sicher auch gelesen.

Ich distanziere mich ausdrücklich von dieser Art des Geschäfts, Werbung nicht offen zu deklarieren. Und es tut mir leid, Basic Thinking an Euch verkauft zu haben.