es gibt Regenmacher, es gibt Traurigmacher, es gibt Wütendmacher und IchWeißNichtWasIchMacher. Aber so einen Tränenmacher wie Obama hat es wohl seit 2.000 Jahren nicht mehr gegegeben.
Sie versammelten sich stumm und leise vor dem Fernseher, einem von vielen, der bei der IBM Konferenz aufgestellt war. Mit stumm und leise meine ich tatsächlich die Amerikaner. Die eigentlich nie sonderlich leise sind, wenn sie sich in Massen versammeln. Sie standen auf den Treppen -auch das Hotelpersonal-, sie standen überall, um diesen Moment im Fernsehen zu erhaschen, der ihnen soviel bedeutet. Als Obama seinen Eid sprach, wurden nahezu ausnahmslos alle Augen feucht. Und ich meine alle. Als er seine Rede schwang, wurden die Augen noch feuchter, auch die der ausländischen Gäste und der ganz harten Kerle. Und traurig war mit Sicherheit keiner, nicht einmal republikanische Augen.
Ich habe mich vorher und nachher mit einigen Amerikanern aller Hautfarben unterhalten können. Nebst vielen Meinungen ob seines Werdens, fiel mir eine Gemeinsamkeit auf. Dieses Mal ruhen die Hoffnungen nicht auf einem einzigen Mann. Der unweigerlich daran zerbrechen und scheitern würde. Dieses Mal ruhen die Hoffnungen der Amerikaner auf sich selbst. Und sie scheinen Geduld mit sich und ihrem neuen Chief Commander, wie ihn manche Amis nennen, zu haben. Ungewöhnlich. Aus Deutschland heraus war ich misstrauisch, was da für ein Messias im mächtigsten und aggressivsten Land des Planeten heranwächst. Aus denn USA heraus sehe ich das etwas anders. Man muss es gesehen und gefühlt haben vor Ort. Es ist nicht so, dass die Menschen zu willenlosen Groupies mutiert sind. Sie betrachten Obama recht zurückhaltend, ungewöhnlich british fast schon. Kein Überschwang der Gefühle. Man akzeptiert, dass man viel aufzuräumen hat und auch mit anpacken muss. Am besten trifft es wohl das Wort „inspired“. Und das sitzt tiefer in den Amis als man denkt. Obama hat gehaucht, die Amis sind touchiert und wiedererweckt. So wie damals Ronald Reagan den Amerikanern wieder den Glauben an sich selbst geschenkt hat.
Ach ja, eins noch: Manche scheinen zu vergessen, dass Obama eben nicht der Weltpräsident ist. Er wird die Interessen der USA mindestens ebenso knallhart vertreten wie seine Vorgänger. Kein Wunder, für die Amerikaner ist USA das Zentrum der Welt. Ich pflege lieber pink bubble zu sagen:)
Wer sich übrigens immer noch nicht an der Vereidigung satt gesehen hat, sollte sich auf Microsofts Photosynth-Seite umschauen (mit Hilfe von Photosynth hat CNN „die Momente“ festgehalten, ihr habt es sicher gesehen. Was ich übrigens nicht verstanden habe oder hatte ich es verpasst: Warum hatte CNN nicht einfach gesagt, von wem das „Sponsoring“ kommt?).
Übrigens, eins noch: Obama hatte bei der Vereidigung gestockt, weil der Richter die Worte falsch herum vorgesagt hat;) Obama hats dann aber richtig herum ausgesprochen. Und keiner ist auf irgendjemanden sauer, im Gegenteil.
22.01.2009 um 08:59 Uhr
Du schreibst vollkommen korrekt, dass Obama Präsident der USA ist, und dass er insbesondere auch deren Interessen vertreten wird. Hinzufügen kann man vielleicht auch, dass in den USA nur zwischen erzkonservativ und konservativ gewählt wird.
Aber er ist jetzt auch der mächtigste Mann der Welt, und auch wenn den meisten das Weltpolizeigehabe der USA nicht zusagt (mir auch nicht), so muss man aber festhalten, dass er in dieser Rolle dennoch auch eine Verantwortung für die Welt übernimmt – alleine weil die USA in jedem Krisenherd der Welt die „Finger drin“ haben. Sollte er seine Außenpolitik so wie angekündigt umsetzen („Wir reichen jedem die Hand, der die Faust lockert.“ – ein wunderschönes Zitat), dann könnte dies eine Chance für alle sein. Natürlich wird ein Bin Laden nicht zum Friedenskämpfer (nach unserer Definition), nur weil der US-Präsident ein netter Kerl ist, aber mit Iran und Gaza möchte ich nur zwei Problemfälle nennen, in denen eine Politik der Vernunft statt des Konflikts langfristig erfolgsversprechender sein sollte.
Schön finde ich übrigens das:
Damit zerstreust du meine (bisher) einzigen Sorgen zum neuen Präsidenten von Obamaland und bestätigst eigentlich auch gleich deine bisherige (aus Funk und Fernsehen ;) bekannte) Meinung zu den Amis: Das sind Macher, keine Schwätzer. In De wird gewählt und anschließend auf die Politik geschimpft… was man selber tun kann, fragt hier kaum einer. Stichwort „Krise“: Ich bin immernoch der Meinung, dass wir das selbst in der Hand haben… Jammern wird uns aber definitiv nicht helfen.
Ui, viel Text am frühen Morgen oO
22.01.2009 um 09:31 Uhr
Ein schöner Text. Mir ist zwar der Rummel um Obama ein wenig zu melodramatisch, auf der anderen Seite bin ich mir bewusst, wie wichtig es ist, dass grade die USA schnell wieder gesunden – in unser aller Interesse.
Und auch wenn Du, Robert, schreibst, dass er kein Weltpräsident ist, fühlte ich mich doch in seiner Rede ebenfalls ein wenig angesprochen. Insofern finde ich auch Deinen Satz „Dieses Mal ruhen die Hoffnungen der Amerikaner auf sich selbst“ so wichtig. Denn unsere Hoffnungen sollten ebenso wie die der Amis auf uns ruhen. Wir sollten jedoch nicht nur hoffen, sondern anpacken. Ich mag nicht daran glauben, dass Menschen scheitern, wenn sie fleißig sind.
22.01.2009 um 08:37 Uhr
Das ist Amiland oder kann sich jemand vorstellen, dass in D jemand so „getouched“ ist weil es einen neuen Kanzler/Kanzlerin gibt? Obama hat natürlich auch das Glück nach einer absoluten Katastrophe (=Bush) anzutreten, wäre er der Nachfolger von einem „normalen“ Präsidenten würde sich das evtl. alles etwas relativieren …
22.01.2009 um 09:43 Uhr
Obama ist unheimlich sympathisch und ich hoffe er wird kein Opfer seines Staates, wie so viele vor ihm.
22.01.2009 um 08:45 Uhr
Wie du bereits in deinem vorletzten Satz sagtest: er ist nicht Weltpräsident. Das vergessen viele (zumindest hierzulande). Trotzdem bleibt zu hoffen, dass sich generell was in der Welt ändert.
22.01.2009 um 08:52 Uhr
weil die Vereidigung so wichtig war gibt es jetzt gleich mal einen Wiederholung für alle die, die die erste nicht gesehen haben…
22.01.2009 um 09:00 Uhr
Danke für diesen Eindruck aus Amiland. Ich muss gestehen, dass ich mir dieser Artikel dieses Gefühl, welches du erlebt hast, vermittelt hat und ich diesen Augenblick nachfühlen konnte.
22.01.2009 um 10:36 Uhr
Gut mal zu wissen wie das Geschehen von der anderen Seite der Erde betrachtet wird. Mein bester Freund ist im Moment in Seattle und der meinte, dass die Kinder (8 bis 10 Jahre alt) dort 2 Wochen vorher das Thema Vereidigung durchgenommen haben und dann alle mit großen Augen während der Schulzeit auf den Fernseher starren durften. Alle hätten gejubelt.
22.01.2009 um 16:41 Uhr
robert, genau wegen solcher postings mag ich deinen blog. gruß aus berlin
22.01.2009 um 21:05 Uhr
genau wegen dem falsch rum war das wohl nicht 1000%ig verfassungsgemäss. er hats heut nochmal geschworen. und hat auch den text richtig herum aufgesagt bekommen… und auf die alte bibel vom lincoln geschworen.
stelle sich bei uns mal einer vor. auf die bibel vom, äh?
adenauer? oder dem alten bismarck?
26.01.2009 um 12:57 Uhr
Sorry, nochmal an der richtigen Stelle:
Dass die Amis den Präsidenten “chief commander” nennen, wäre mir neu. “Commander in chief” ist die offizielle Bezeichnung für das amerik. Staatsoberhaupt.
Grüße
Joh
26.01.2009 um 13:08 Uhr
danke für den Hinweis, aber zwei der Hotelangestellten sagten eben „chief co…“
09.06.2009 um 09:21 Uhr
Ich finde Obama sehr wertvoll in seiner Klasse, er weiß zumindest, wie man die Menschen anredet und vor allen Dingen ein klares Konzept schafft.
Ich finde ihn wundervoll, wie seine Anhänger und wünsche ihm viel Erfolg als Präsident.
Ich bin auch leidenschaftlicher Blogger, von dem abgesehen.
Da kann man wenigstens seine Meinung erläutern, auch wenn es noch so viele Besserwisser gibt auf dieser Welt.
Das vorweg, wünsche noch einen schönen Tag.