Ist lange her, dass mir eine weitere Geschichte – erneut während meine Job-Zeit in der Deutschen Bank – passiert ist. Ich arbeitete zu der Zeit als IT-Trainee in Eschborn bei Frankfurt/Main. Damals lief ein Riesenprojekt, die IT der Deutschen Bank komplett zu modernisieren. Mit einem der obersten Verantwortlichen dieses Milliardenprojekts hatte ich Bekanntschaft machen dürfen.

Man muss sich den Typen so vorstellen: Kurzgeschorenes Haar, in den 50ern, an die 2 Meter groß, bullig, Stiernacken, stahlblaue oder stahlgraue Augen. Und ein aufbrausender Herrgott vor dem Herren.

Ich sitze nichtsahnend in einem Büro, zusammen mit Projektleitern, als der – mir zu dem Zeitpunkt völlig unbekannte – Herrgott in das Zimmer stürmt, sich hinsetzt, mit seiner großen Faust mit aller Kraft auf den Tisch donnert und völlig barbarisch losbrüllt. Ich kann es nicht mehr genau wiedergeben. Irgendwas war schiefgelaufen, irgendein Vorstand würde bald eine Lokation besuchen, um sich selbst ein Bild vom Stand der Dinge zu machen, der Termin sei aber bedroht, man würde nicht zeitig fertig sein. „Ihr Arschlöcher“ und dergleichen Worte fielen. Ich war entsetzt und schockiert zugleich. Doch mein kurzer Blick zu meinem Fachvorgesetzten, der sich ebenfalls im Zimmer befand, verriet mir, dass ich ruhig bleiben solle. Er nickte nur kurz negierend, meinen aggressiven Blick gut lesend, dass ich was sagen will.

Tja, so schnell wie der Typ reingeschneit kam, stürmte er wieder heraus. Interessant ist, dass ich in meinen Erinnerungen diesen Menschen in schwarzen Lederklamotten, Stiefeln und passender Kappe vor mir sehe. Selbstredend, was ich damit meine.

Kurz danach erfuhr ich dann auch, um wen es sich handelt. Eben einem der obersten Herren. Der Choleriker war dafür berüchtigt, Mitarbeiter reihenweise fertigzumachen. Auf niederträchtigtste Art seine Stellung ausnutzend. Denn sein Chef wiederum – Vorstand der Bank – hielt zu ihm und war nicht minder von gleichen Naturell. Gleiches gesellt sich zu Gleichen, heißt es. Vollends schockiert war ich, nachdem ich von seinem Assistenten erfuhr, wie er eines Morgens einen Mitarbeiter im Aufzug zur Sau gemacht hatte. Der Mitarbeiter wünschte ihm einfach einen „Gggg..gggg…. mm.mmmmhhh.. morgen“, stotternd, weil er eben stotterte, ein gesundheitlicher Defekt. Die Worte des Cholerikers waren daraufhin: „Halten sie die Fresse“.

Wie derart bizarre Menschen Vorgesetzte werden können? Und wie sie sich halten können? Je höher die Position umso schadhafter wirkt sich das auf Mitarbeiter aus, auf die gesamte Mitarbeiterschaft. Mir unerklärlich, wie Arschlöcher soziale Verantwortung bekommen dürfen. Doch danach war mir spätestens klar, dass das blabla der Deutschen Bank von wegen „Vorgesetzte sind Vorbilder und das müssen sie alle leben“ eben nur blabla war.

Was ich daraus mitgenommen habe? Eigentlich nicht viel. Ich war anders gebaut, wollte weder Arschloch noch Choleriker sein. Das war ich vorher nicht, was hätte ich daraus lernen sollen? Nur ein Prinzip, dass Firmen nicht streng genug darauf achten, Krebsgeschwüre zu verhindern, Mitarbeiter nicht genug nach sozialen Fähigkeiten bewerten. Das schlimmste dabei ist: Gerade in Konzernen erringen höhere Vorgesetzte nahezu unangreifbaren Status, völlig unabhängig ihrer persönlichen Art. Sie können wüten und schreien, erbärmlichst führen. Mitarbeiter sehen keinen Hebel, sich diesen Vorgesetzten entgegenzustellen. Ihr Hebel ist stets 1000x kürzer. Wer legt sich schon mit den Göttern im Herrenanzug an? Obgleich ich heute der Meinung bin, dass ein leitender Angestellten unabhängig seiner Stellung keine Chance hat, wenn Mitarbeiter geschlossen dagegenhalten. Geschlossen? Eben… tja…