Vasco Sommer-Nunes ist kein unbekanntes Gesicht in der deutschen Internetszene. Er ist einer von zwei Gründern der mokono GmbH mit Sitz in Berlin, die rund 20 Mitarbeiter beschäftigt. Die mokono GmbH versteht sich als Online-Vermarkter im Bereich Social Media und als Blog-Betreiber. Siehe About. So wird bspw. Blog.de von mokono betrieben. Vasco ist seit 2005 in diesem Bereich unterwegs, von daher ein interessanter Gesprächspartner für mich, wenn es rund um Blog-Vermarktungsfragen geht. Zumal mich Vasco erst kürzlich gefragt hatte, ob ich nicht am AGOF-Messverfahren als Blogger teilnehmen möchte, was ich bejaht habe. Aus der Anfrage ergab sich damit auch das Interview, weil mich die AGOF-Story interessiert hat, immerhin macht das AGOF nicht für mau, dazu aber mehr weiter unten. Das Interview dürfte sich für all diejenigen lohnen, die einerseits die Seite der Werbewelt besser verstehen wollen, andererseits als Blogger nach Einnahmemöglichkeiten suchen, wo die Knackpunkte sind und wo Lösungen liegen könnten.

1. Stell Dich bitte kurz vor
Mein Name ist Vasco Sommer-Nunes, ich bin einer der Gründer und Geschäftsführer der mokono GmbH, die Blogs vermarktet und eigene Blogcommunities betreibt.

2. Mokono hat Rivva unter die Arme gegriffen. Warum hast Du Dich dafür entschieden? Und was ist Mokono konkret?
Es gab viele Gründe, rivva unter die Arme zu greifen. Erstens war die Abschaltung ein Verlust nicht nur für Blogger, sondern für die deutsche Internetlandschaft. rivva war und ist eine der besten deutschsprachigen Webseiten. Zweitens sahen wir eine sehr gute Chance der werbetreibenden Industrie vorzuleben, wie positiv das Blogumfeld eine Marke aufnehmen kann. Drittens konnten wir Frank Westphal, dem Entwickler von rivva, durch den gewonnen Werbepartner ein Umfeld schaffen, in dem er sich voll auf rivva konzentrieren kann und sich erstmal keine Sorgen über eine Finanzierung machen muss.

Danach streben wir bei mokono: Bloggern als Vermarktungspartner zur Seite zu stehen, damit Blogger sich auf’s Bloggen konzentrieren und damit auch Erträge generieren können, wenn sie dies wünschen. Wir selbst konnten so auch der Blogosphäre einen Dienst erweisen und unsere Position als Blogvermarkter weiter bei Bloggern und Werbetreibenden festigen. Das zahlt sich für alle aus.

3. mokono und blog.de zusammen genommen stellen interessante Werbemöglichkeiten dar. Inwiefern kannst Du daher etwas dazu sagen, wie sich die Werbeindustrie pro oder contra Blogs interessiert?
Die Werbeindustrie interessiert sich immer mehr für Blogs, denn viele Marketingverantwortliche haben begriffen, dass sich die Aufmerksamkeitsökonomie verschoben hat. Der moderne Rezipient ist mitteilungsbedürftig und will auch authentische Inhalte konsumieren, Subjektivität wird dabei ausdrücklich verlangt. Objektivität (oder zumindest den Anspruch daran) erwartet man weiterhin von den etablierten Titeln mit professionellen Redaktionen. Die Kombination aus Reichweite und authentischer Kommunikation aber macht Blogger zur wohl einflussreichsten Kosumentengruppe online. Diese zu ignorieren kann teuer werden. Zudem profitieren Blogs von facebook und Twitter, weil ihre Blogbeiträge in den Statusnachrichten anderer Nutzer verlinkt werden.

4. Wenn Du Dir die lange Blogentwicklung in Deutschland vor Augen hältst, was ist aus Deiner Sicht Wesentliches auszumachen?
Die deutsche Blogosphäre unterschätzt sich noch. Comscore hat im Oktober letzten Jahres ermittelt, dass über 40% der deutschen Internetnutzer Blogs konsumieren. Das sind über 20 Mio Menschen. Das Unterschätzen kommt vielleicht daher, dass man zu früh auf ein Szenario wie in den USA gehofft hat, welches sich hierzulande nicht sofort eingestellt hat. Neues dauert hier eben oft ein wenig länger, wenn es nicht gleich um´s Sparen geht. Wahrscheinlich war es einfach notwendig, dass die IHK erst einen Lehrgang zum Social Media Manager ins Leben ruft.

5. Hinsichtlich der Blogmonetarisierung, warum ist es in Deinen Augen für Blogger bis dato immer schon sehr schwer gewesen, ein spürbares Einkommen zu entwickeln?
Es war schwierig, weil dieses neue Umfeld für viele Marketingverantwortliche zunächst einmal als gefährlich wahrgenommen wurde. Schließlich gab es keine Redaktion mehr, die man anrufen und der man mit dem Storno der nächsten Anzeigenkampagne drohen konnte, wenn die Inhalte mal nicht so waren, wie man es gerne hätte. Diese Angst schwindet jedoch immer mehr. Zum Einen hat man gelernt, mit mündigeren Konsumenten umzugehen. Die Armeen von Social Media Missionaren mussten aber erstmal entstehen, durchs Land ziehen, „Zuhören“ als oberstes Gebot predigen und vermitteln, dass Kritiker die größten Fans sein können. Das hat geholfen, jetzt hat man weniger Angst. Außerdem hat man etwas viel Wichtigeres erlebt: nämlich dass Blogger sich auch für Produkte begeistern können und ihr hohes Sendungsbewusstsein ebenso positiv wirken kann. Diese Erlebnisse mussten aber auch erst einmal gemacht werden.

Jetzt steht ein ganz wesentlicher Punkt aus, den die Blogosphäre nehmen muss: die Operationalisierung, also das Ermöglichen einer effizienten Buchung von vielen Blogs durch werbetreibende Unternehmen. Und das auf mehreren Ebenen, nicht nur Banneradvertising. Das hat in Deutschland noch nicht stattgefunden und dem nehmen wir uns jetzt an.

Blogs bieten vielfältige Vermarktungsmöglichkeiten. Ein normaler Onlinevermarkter vermarktet die gängigen Bannerwerbeflächen, was nur 1 Ertragskanal ist. Dabei gibt es aber noch viel mehr. Wir arbeiten daran, die von uns identifizierten Vermarktungskanäle unter einem Dach zu bündeln und so für Blogger leicht nutzbar zu machen [Anm.: Was Vasco damit konkreter meinen könnte, findet Ihr in einem T3N-Beitrag „Die sechs Säulen der Blog-Vermarktung]. Blogger können dann aus den Vermarktungskanälen beliebig wählen und ihr Inventar individuell und leicht monetarisieren. Das dürfte spannend werden und einiges ändern. Die deutsche Blogosphäre schlägt sich eigentlich erstaunlich gut wenn man bedenkt, wie wenig vom Werbekuchen bisher bei ihr abfällt.

6. Kannst Du uns erklären, warum Du die jüngste Zeit dazu übergegangen bist, Blogs in die AGOF aufzunehmen und auch für die Kosten aufzukommen?
Die Bereitschaft, in Blogs zu werben, ist jetzt da. Aber aufgrund der heterogenen Struktur und tausender, verhältnismässig kleiner Publisher ist es für die meisten Werbetreibenden zu aufwendig, die richtigen Blogs zu identifizieren und mit Kampagnen zu belegen. Deswegen fließt der große Strom der Werbegelder an der Blogosphäre bisher vorbei. Dieser Strom wird laut OVK Prognose für 2011 (.pdf) rund 3.7 Milliarden Euro in Deutschland betragen. Das wird für klassische Onlinewerbung ausgegeben, also *ohne* Suchmaschinenmarketing und Affiliate. Insgesamt werden es über 6 Mrd sein. In Deutschland gibt es ca. 54 Mio Internetnutzer, laut Comscore schauen sich über 40% Blogs an. Aber wie viel der 3.7 Mrd Euro landen davon in der Blogosphäre? Bestimmt noch nicht mal 1%. Wir wollen die Reichweite gar nicht in direkte Korrelation mit dem gesamten Werbevolumina setzen. Aber hier besteht eindeutig ein Missverhältnis, welches strukturell bedingt ist. Wir haben es identifiziert und wollen es lösen. Kollektives Blogger-Aufwachen ist also angesagt. Ein wichtiger Schritt dafür ist die Abbildung der Reichweite der Blogosphäre in der AGOF und dafür brauchen wir die Unterstützung der Blogosphäre.

online-werbekuchen deutschland

Das marktführende System, über das in Deutschland die Onlinewerbeplanung läuft, heißt AGOF. Es erleichtert den unter hohen Zeitdruck stehenden Mediaplanern die tägliche Arbeit ungemein. Allerdings sind in diesem System auch nur die Webseiten vertreten, die ihre Reichweite durch das Einbinden eines AGOF-Codes ausweisen. Wer nicht drin ist, hat es also deutlich schwerer, überhaupt auf das Radar eines Mediaplaners zu kommen, weil der Planer vielleicht gar nicht weiß, dass die Seite überhaupt existiert. Zudem bestehen vielen Kunden auch auf eine AGOF Auswertung.

Diese Aufgabe muss die Blogosphäre jetzt lösen. Sie muss sich einfach pragmatisch, unemotional und smart als Vermarktungsgemeinschaft organisieren, ihre Reichweite bündeln und in der AGOF abbilden lassen. Damit bietet sie einen effizienten Zugang zu den Systemen, über die die großen Mediaagenturen Werbeetats auf Werbeflächen buchen. Im Organisieren der Blogosphäre und dem Schaffen der richtigen Schnittstellen sehen wir unsere Aufgabe: Blogger können sich bei uns zur Vermarktung anmelden. Nach positiver Prüfung durch uns wir versorgen Blogger mit den entsprechenden Codes, ordnen im Hintergrund die richtigen Belegungseinheiten AGOF-konform zu, bearbeiten die Prüfberichte der IVW und bilden so die Reichweite in der AGOF ab.

Wir sind fest davon überzeugt, dass wir das Geld, welches wir ersteinmal für die Ausweisung der Blogs zahlen müssen, wieder reinspielen werden. Deswegen gehen wir in Vorleistung. Und nicht nur das. Dieser Schritt wird Bloggern in Deutschland zu einem deutlich stabileren Einkommen verhelfen, wenn sie dies wollen. Das wiederum wird unsere Medienlandschaft bereichern, denn ein höherer finanzieller Spielraum wird vielen intelligenten Stimmen die Freiheit zum Bloggen geben, die sie bisher nicht hatten. Hier steckt ein ungeheurer Mehrwert für uns alle, nicht nur Blogger und Werbetreibende.

Blogger müssen als Kollektiv begreifen, welche Chance vor ihnen liegt. Jetzt müssen wir einfach gemeinsam smart sein, Geduld haben und besonnen einen Schritt nach dem anderen machen. Geld ist nicht alles. Aber es kann helfen.